Der EuGH hat heute eine Entscheidung zur Enforcement-Richtline veröffentlicht, die sich mit Verhaltensregeln in Lizenzverträgen beschäftigt.
Die Entscheidung des EuGH
Danach sind die Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums und die Richtlinie 2009/24/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über den Rechtsschutz von Computerprogrammen dahin auszulegen, dass die Verletzung einer Klausel eines Lizenzvertrags für ein Computerprogramm, die die gewerblichen Schutzrechte des Inhabers der Urheberrechte an diesem Programm betrifft, unter den Begriff „gewerbliche Schutzrechte … verletzen“ im Sinne der Richtlinie 2004/48 fällt und folglich der Inhaber die in dieser Richtlinie vorgesehenen Garantien unabhängig von der nach nationalem Recht anwendbaren Haftungsregelung in Anspruch nehmen darf.
Die ursprüngliche Klage
Mit einem Vertrag vom 25. August 2010, geändert durch einen Nachtrag vom 1. April 2012, gewährte die Klägerin der Beklagten eine Lizenz und einen Wartungsvertrag für ein Softwarepaket namens ClickOnSite, einer Software für ein zentralisiertes Projektmanagement, die es der Beklagten ermöglichen sollte, die Entwicklung des Ausbaus ihrer Mobilfunkantennen durch ihre Teams und ihre externen technischen Dienstleister in Echtzeit zu organisieren und zu verfolgen.
Die ursprüngliche Klage betraf das Problem, das die Beklagte die Software u. a. durch die Schaffung neuer Formulare verändert habe. Als Begründung dafür, dass die Beklagte nicht berechtigt gewesen sei, diese nach Ansicht der Klägerin wesentlichen Änderungen vorzunehmen, machte diese u. a. geltend, dass es dem Kunden gemäß Art. 6 („Umfang der Lizenz“) des Lizenzvertrags ausdrücklich untersagt sei, das Softwarepaket unmittelbar oder mittelbar zu vervielfältigen, es zu dekompilieren und/oder daran Maßnahmen des Reverse-Engineering durchzuführen sowie die Software zu ändern, zu korrigieren oder anzupassen sowie unmittelbar oder mittelbar sekundäre und ergänzende Werke in Bezug auf diese Software zu erstellen.
Mit Urteil vom 6. Januar 2017 erklärte das französiche Gericht die geltend gemachten Haftungsansprüche aus unerlaubter Handlung für unzulässig. Das Gericht vertrat die Meinung, dass im geistigen Eigentums zwei gesonderte Haftungsregelungen geben würde, von denen die eine deliktischer Art sei und für die Verletzung der gesetzlich festgelegten Nutzungsrechte des Urhebers der Software gelte, während die andere vertraglicher Art sei und für die Verletzung eines vertraglich vorbehaltenen Urheberrechts gelte. Im vorliegenden Fall würden der Beklagten keine unerlaubten Handlungen in Form von die Software betreffenden deliktsrechtlichen Verletzungshandlungen, sondern Verstöße gegen ihre vertraglichen Verpflichtungen vorgeworfen, die mit einer Klage wegen vertraglicher Haftung geltend gemacht werden müssten.
Fazit
Der EuGH kam wegen der Vorlage des Berufungsgerichtes jedoch zu der Auffassung, dass die Richtlinien 2004/48 und 2009/24 dahin auszulegen sind, dass die Verletzung einer Klausel eines Lizenzvertrags für ein Computerprogramm, die die gewerblichen Schutzrechte des Inhabers der Urheberrechte an diesem Programm betrifft durch den Inhaber unabhängig von der nach nationalem Recht anwendbaren Haftungsregelung geltend gemach werden kann.