Der 8. Senat des Oberlandesgerichts München hat entschieden, dass ein Kunde von Telefonica Deutschland für seine in 508 Mobilfunk-Verträgen angesammelten „Easy-Money Gutschriften“ von der Beklagten, der Telefonica Germany, 224.840,02 Euro nebst Zinsen erhält.
Der Kläger ist Eigentümer und Besitzer von insgesamt 508 Loop SIM-Karten mit Easy-Money Funktion der Beklagten. Über das Guthaben von Vorbesitzern der SIM-Karten, Aufladen der Karten via Überweisungen von Girokonten, Aufladen über gekaufte Loop-UP-Karten hat der Kläger auf den Karten ein Gesamtguthaben von ca. 225.000,00 Euro angesammelt. Außerdem hat er das Guthaben auch dadurch erlangt, dass bei jedem Anruf ein Gutschriftenwert generiert wird („Easy-Money Gutschriftensystem“). Die Beklagte hatte im Jahr 2015 die 508 Karten des Klägers gesperrt und im Februar 2016 dem Kläger zunächst ordentlich, später außerordentlich gekündigt.
Mit der Klage hat sich der Kläger gegen diese Kündigungen gewehrt und primär die Feststellung beantragt, dass die Kündigungen unwirksam waren. Außerdem verlangte er festzustellen, dass bei künftiger wirksamer Beendigung der Vertragsverhältnisse die Guthaben auf den SIM-Karten in voller Höhe auszuzahlen seien. Er hat hilfsweise, d.h. für den Fall, dass eine Kündigung wirksam war und die Vertragsverhältnisse beendet wurden, Auszahlung des angesammelten Guthabens auf seinen Karten (ca. 225.000,00 Euro) und Schadensersatz bezüglich des angeblichen Sammlerwertes der SIM-Karten in Höhe von ca. 100.000,00 Euro verlangt.
Die Beklagte hatte sich gegen die Klage gewandt und vortragen lassen, dass die Kündigungen möglich und wirksam gewesen seien. Der Kläger habe auch keine über die positiven Saldi auf den Guthabenkonten hinausgehende Zahlungsansprüche, da er Wahlwiederholungs-Apps zur Erhöhung seines Guthabens benutzt habe und damit gegen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen und gegen Treu und Glauben verstoßen habe.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und festgestellt, dass die Kündigungen der 508 Mobilfunk-Verträge nicht wirksam waren. Über den nur hilfsweise gestellten Zahlungsantrag musste das Landgericht daher nicht mehr entscheiden.
Auf die von der Beklagten gegen das landgerichtliche Urteil eingelegte Berufung hat der 8. Senat des OLG München heute entschieden, dass durch die ordentliche Kündigung der Beklagten die Vertragsverhältnisse zwar wirksam beendet wurden. Der Senat hat dann aber dem Hilfsantrag des Klägers auf Auszahlung des aufgelaufenen Guthabensbetrags in Höhe von 224.840,02 Euro zum Zeitpunkt der Beendigung der Verträge nebst Zinsen stattgegeben. Diese Guthabenshöhe beruhe auf Einzahlungen bzw. Aufladungen und auch aus im Easy-Money-Programm entstandenen Gutschriften, die nur einheitlich auf den Guthabenkonten geführt würden. Der Senat ist der Auffassung, dass die Beklagte von Anfang an konkret darlegen und beweisen hätte müssen, welcher Betrag davon auf die von ihr behauptete missbräuchliche Nutzung der „Easy-Money-Funktion“, z.B. durch Nutzung von Wahlwiederholungs-Apps oder overlapping calls, entfalle. Dies habe die Beklagte erst eine Woche vor der mündlichen Verhandlung und damit nicht rechtzeitig getan. Da der Kläger diese verspätete Aufteilung in zulässiger Weise bestritten habe, wäre hierzu nunmehr eine Beweisaufnahme erforderlich, die den Rechtsstreit verzögern würde. Daher sei der verspätete Vortrag der Beklagten hierzu nicht mehr zu berücksichtigen.
Ob sich der Kläger hinsichtlich der Easy-money-Guthabensteile den Einwand treuwidrigen Verhaltens entgegenhalten lassen müsste, weil er diese Guthabensteile durch Wahlwiederholungs-Apps und overlapping calls zumindest überwiegend selbst kreiert hat, musste der Senat daher nicht mehr entscheiden.
Einen Anspruch auf Ersatz des angeblichen Sammlerwerts der SIM-Karten in Höhe von ca. 100.000,00 Euro verneint der Senat, weil die Kündigung rechtmäßig gewesen sei und es damit an einer Pflichtverletzung oder unerlaubten Handlung als Voraussetzung für einen Schadensersatzanspruch fehle.
Der Senat hat die Revision zum BGH nicht zugelassen. Die im Rechtsstreit unterlegenen Beklagte kann deshalb (nur) mit Nichtzulassungsbeschwerde zum BGH gegen die Entscheidung vorgehen.