Ich versuche hier auf dem Blog regelmäßig jungen Startups aus dem Esport, Social-Media oder Gamesbereich juristische Begriffe und Prozesse bei der Gründung oder bei Investments näher zu bringen.
Was ist Vesting?
Von dem sogenannten Vesting haben dabei denke ich sehr viele noch nichts gehört, dabei bieten sich diese Art von Verträge gerade bei jungen Startups an, die im Bootstrap-Verfahren (also u.a. mit viel Eigenleistung) betrieben werden. Aber auch sobald man Investments akquirieren möchte, um schnell zu wachsen, wird man sich oft mit dem Konzept vertraut machen müssen.
Das Vesting ist dabei ein Überbegriff für eine Art von Vertragsklausel, die vor allem die Abgabe von Rechten eines ausscheidenden Gesellschafters betreffen. Im Falle von “Stock Options” oder ähnliches Konstruktionen für Mitarbeiter können diese Verträge auch Nicht-Gesellschafter betreffen. Die Klausel beinhalten dabei dass Mitarbeiter für die Zeit der Tätigkeit im Unternehmen Beteiligungsrechte erhalten (die Anteile werden “gevestet”), jedoch bei einem frühen Ausstieg, beispielsweise wenn sich Gründer verstreiten, Anteile abgegeben werden müssen an die übrig gebliebenen Gesellschafter.
Vesting soll die Treue zum Unternehmen fördern, denn ein Teil der Anteile eines Gründers kann die Gesellschafter einziehen, wenn dieser das Unternehmen vorzeitig verlässt und daher nicht mehr zu Unternehmenswachstum beiträgt. Damit soll verhindern werden, dass dieser von der reinen Gründung profitiert, indem er später an einem eventuellen Exit voll beteiligt wird. Das Unternehmen kann nach dem Abgang von Mitgründern so auch Ersatz finde und diese mit Unternehmensanteilen motivieren.
Der Kaufpreis der Anteile kann dabei auch von den Umständen abhängen, unter denen der Gründer/ Mitarbeiter aus dem Startup ausgeschieden ist. Verlässt er das Unternehmen im Einvernehmen mit den Regelungen, nennt man dies einen “Good Leaver”. Im umgekehrten Fall, einen “Bad Leaver” kann durchaus geregelt werden, dass Anteile nur zum ursprünglichen Kaufpreis bzw. den Nominalwert, zurückerstattet werden. Hier ist die Regelungsbandbreite groß, aber auch gefährlich.
Vestingvereinbarungen werden in aller Regel nicht direkt in den Gesellschafterverträgen geregelt, da deren Inhalte über das Handelsregister eingesehen werden können. Vielmehr werden meist separate Verträge geschlossen, bei denen jedoch zu beachten ist, dass diese wegen 15 III und IV GmbHG immer notariell beurkundet werden sollten. Aus dem anglo-amerikanischen Rechtsraum stammend werden diese oft auch “syndication agreements“ genannt.
Typische Konstruktionen
Vestingvereinbarungen sollten in aller Regel von Profis erstellt werden, denn auch wenn es nicht viel Rechtsprechung dazu gibt, so gelten einige Grundregeln. Die Vereinbarungen müssen immer einer gewissen Konkretisierung genügen. So wäre eine Staffelung wie “gevestet x Anteile nach 1. Projekt, x nach 2. etc.” wohl machbar. Ein vollständiges Vesting erst nach Abschluss von fünf Projekten wäre aber problematisch. Problematische Vestingklausel führen später genau zu dem Zeitpunkt zum Streit, in dem man sich bereits nicht mehr einig ist und können daher schnell auch zu einer Insolvenz eines Unternehmens führen.
Aus dem oben genannten Grund der Konkretisierung muss ein Zeitraum und die Art und Weise der Andienung vereinbart werden.
Bei einem linearen linearen Vesting werden Anteile über einen bestimmten Zeitraum gut geschrieben. Je treuer man dem Unternehmen ist, je mehr Anteile erhält man. Das mag nicht für alle passen, weswegen grundsätzlich auch ein Performancevesting möglich ist, bei dem die Menge der Anteile an vorher vereinbarte Unternehmenskennzahlen gekoppelt ist. Gerade bei Investments ist dies oft der Fall. In den unterschiedlichen Arten gibt es zudem noch zahlreiche Sonderformen, die vor allem den Eintritt weiterer Investoren oder auch den früheren Verkauf des Unternehmens betreffen.
Üblich ist auch die Vereinbarung eines sogenannten “Cliff“, ein Zeitraum in dem kein Vesting von Anteile stattfindet. Damit sollen vor allem frühe Exits von Gründern, aber auch eine zersplitterte Beteiligungsstruktur verhindert werden.
Für Esport-Teams, Agenturen, Startups geeignet?
Vesting-Klauseln erhöhen durchaus den Gründungsaufwand und somit natürlich Kosten für Rechtsanwälte, Notare und dergleichen. Vesting Klausel können aber gerade sehr agilen Teams, die sich eher spontan gegründet haben und nicht aus Seriengründern bestehen. Mit Hilfe von Vestingklauseln können vor allem Junggründer, deren Unternehmenserfolg viel von Eigenleistung aber auch von Kontinuität des Gründerteams abhängt, die Entwicklung des eigenen Ventures besser steuern und optimieren. Alternativ könnten sich Gründer über “Slicing the Pie”-Vereinbarungen informieren, die ich in diesem Artikel vorgestellt habe. Werden diese mit Treundhandvereinbarungen kombiniert, können ähnliche Ergebnisse erzielt werden.
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