Es wird wohl Zeit. Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat darüber zu entscheiden, ob ein Veranstalter von Sportwetten, der im Inland nicht über die hierfür erforderliche Konzession der zuständigen Behörde verfügte, die verlorenen Wetteinsätze eines Spielers erstatten muss.
Von dem Verfahren unter dem Aktenzeichen I ZR 53/23, das der Senat ausgesetzt hat, unterscheidet sich diese Sache maßgeblich dadurch, dass Gegenstand hier nicht Online-Pokerspiele sind, die dem Totalverbot des § 4 Abs. 4 Glücksspielstaatsvertrag in der am 1. Juli 2012 in Kraft getretenen und bis zum 30. Juni 2021 geltenden Fassung (GlüStV 2012) unterlagen, sondern Online-Sportwetten, für die der beklagte Veranstalter eine Konzession nach § 4 Abs. 5, §§ 4a, 10a GlüStV 2012 beantragt hatte..
Sachverhalt:
Die Beklagte mit Sitz in Malta bietet im Internet über eine deutschsprachige Webseite Sportwetten an. Der Kläger nahm von 2013 bis 2018 an Sportwetten der Beklagten teil. Während dieses Zeitraums verfügte die Beklagte über eine Lizenz der maltesischen Glücksspielaufsichtsbehörde, aber nicht über eine Erlaubnis zur Veranstaltung von Sportwetten der deutschen Behörde. Die Beklagte hatte eine solche Konzession beantragt. Auf Antrag der Beklagten verpflichtete das Verwaltungsgericht Wiesbaden die zuständige Behörde, der Beklagten die Konzession zu erteilen (vgl. VG Wiesbaden, Urteil vom 31. Oktober 2016 – 5 K 1388/14.WI). Dies erfolgte mit Bescheid vom 9. Oktober 2020.
Der Kläger macht die Unzulässigkeit der Sportwetten sowie die Unwirksamkeit der Wettverträge geltend. Er behauptet, er habe nicht gewusst, dass es sich bei dem Angebot der Beklagten um ein verbotenes Glücksspiel gehandelt habe. Mit seiner Klage hat er von der Beklagten Rückzahlung der an sie geleisteten Zahlungen in Höhe der erlittenen Verluste von 3.719,26 € nebst Zinsen sowie Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten verlangt.
Bisheriger Prozessverlauf:
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung des Klägers hat das Landgericht zurückgewiesen. Es hat angenommen, dem Kläger stehe kein Rückzahlungsanspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB zu. Die Beklagte habe die Zahlungen des Klägers nicht ohne Rechtsgrund erlangt, weil die Verträge über Sportwetten wirksam seien. Die Beklagte habe zwar gegen § 4 Abs. 1 sowie gegen § 4 Abs. 4 und 5 GlüStV 2012 verstoßen. Daraus resultiere jedoch keine Nichtigkeit der Verträge gemäß § 134 BGB. Der einseitige Verstoß gegen ein Verbotsgesetz führe nur zur Nichtigkeit, wenn der Gesetzeszweck anders nicht zu erreichen sei und die rechtsgeschäftlich getroffene Regelung nicht hingenommen werden dürfe. Davon könne nicht ausgegangen werden, denn die Beklagte habe eine Konzession nach § 10a Abs. 2 GlüStV 2012 beantragt und die inhaltlichen Voraussetzungen für eine Erlaubniserteilung erfüllt. Das Fehlen der Erlaubnis sei lediglich darauf zurückzuführen gewesen, dass die Durchführung des Konzessionsverfahrens unionsrechtswidrig gewesen sei. In dieser Konstellation sei weder eine strafrechtliche Ahndung des Verstoßes noch eine verwaltungsrechtliche Untersagung der Veranstaltung von Sportwetten möglich gewesen. Zivilrechtlich führe dies dazu, dass ein Verstoß gegen die Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrags nicht zur Nichtigkeit der Wettverträge nach § 134 BGB führe.
Ein Anspruch des Klägers folge auch nicht aus § 823 Abs. 2 BGB. § 4 Abs. 4 und 5 GlüStV 2012 und § 284 StGB kämen unter den genannten Voraussetzungen nicht als Schutzgesetze im Sinn des § 823 Abs. 2 BGB in Betracht.
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Anträge weiter.