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Gewerbesteuer

Definition und rechtliche Grundlagen:

Die Gewerbesteuer ist eine Realsteuer, die von Gemeinden auf die objektive Ertragskraft eines Gewerbebetriebs erhoben wird. Sie stellt eine der wichtigsten Einnahmequellen für Kommunen dar und ist im Gewerbesteuergesetz (GewStG) geregelt. Die Gewerbesteuer wurde 1936 in ihrer heutigen Form eingeführt und hat seitdem mehrere Reformen durchlaufen. Als Teil des deutschen Steuersystems trägt sie zur Finanzierung kommunaler Aufgaben bei und beeinflusst gleichzeitig die Standortattraktivität für Unternehmen.

Die rechtliche Grundlage bildet neben dem GewStG auch die Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung (GewStDV). Zudem spielen das Grundgesetz (insbesondere Art. 106 Abs. 6 GG zur Ertragshoheit) und die jeweiligen Landesverfassungen eine wichtige Rolle bei der Ausgestaltung und Erhebung der Gewerbesteuer.

Steuerpflichtige und Bemessungsgrundlage:

Gewerbesteuerpflichtig sind grundsätzlich alle im Inland betriebenen Gewerbebetriebe. Dies umfasst sowohl Einzelunternehmen und Personengesellschaften als auch Kapitalgesellschaften. Freiberufler und land- und forstwirtschaftliche Betriebe sind von der Gewerbesteuer befreit. Die Bemessungsgrundlage für die Gewerbesteuer ist der Gewerbeertrag, der sich aus dem nach Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuergesetz ermittelten Gewinn unter Berücksichtigung bestimmter Hinzurechnungen und Kürzungen ergibt.

Zu den wichtigsten Hinzurechnungen gehören:
1. Entgelte für Schulden (z.B. Zinsen) zu 25%
2. Renten und dauernde Lasten zu 25%
3. Gewinnanteile des stillen Gesellschafters zu 25%
4. Miet- und Pachtzinsen für bewegliche Wirtschaftsgüter zu 20%
5. Miet- und Pachtzinsen für unbewegliche Wirtschaftsgüter zu 50%

Kürzungen erfolgen unter anderem für:
1. 1,2% des Einheitswerts des zum Betriebsvermögen gehörenden Grundbesitzes
2. Gewinne aus Anteilen an anderen Gewerbebetrieben
3. Ausländische Einkünfte, soweit diese nicht der inländischen Besteuerung unterliegen

Berechnung und Hebesätze:

Die Berechnung der Gewerbesteuer erfolgt in mehreren Schritten:

1. Ermittlung des Gewerbeertrags
2. Abrundung auf volle 100 Euro und Abzug des Freibetrags (24.500 Euro für natürliche Personen und Personengesellschaften)
3. Anwendung der Steuermesszahl (3,5% seit 2008)
4. Multiplikation des Steuermessbetrags mit dem Hebesatz der Gemeinde

Der Hebesatz wird von jeder Gemeinde individuell festgelegt und variiert stark zwischen den Kommunen. Der bundesweite Durchschnitt liegt bei etwa 400%, wobei Großstädte oft deutlich höhere Hebesätze haben. Die Gewerbesteuer-Hebesätze reichen von 200% in einigen kleinen Gemeinden bis zu über 500% in Großstädten wie München oder Frankfurt am Main.

Für Personengesellschaften und Einzelunternehmen gibt es eine Ermäßigung bei der Einkommensteuer, um eine Doppelbelastung zu vermeiden. Nach § 35 EStG kann die Gewerbesteuer pauschal auf die Einkommensteuer angerechnet werden.

Bedeutung für Unternehmen und Kommunen:

Die Gewerbesteuer hat eine doppelte Bedeutung: Einerseits ist sie eine wichtige Einnahmequelle für Kommunen, andererseits stellt sie einen bedeutenden Kostenfaktor für Unternehmen dar. Für Kommunen macht die Gewerbesteuer oft den größten Teil der Steuereinnahmen aus und ermöglicht die Finanzierung lokaler Infrastruktur und Dienstleistungen. Die Höhe des Hebesatzes ist daher ein wichtiges Instrument im kommunalen Standortwettbewerb.

Für Unternehmen ist die Gewerbesteuer ein wesentlicher Faktor bei der Standortwahl und der Steuerplanung. Die Gesamtsteuerbelastung eines Unternehmens in Deutschland setzt sich aus Körperschaftsteuer, Solidaritätszuschlag und Gewerbesteuer zusammen und kann je nach Standort erheblich variieren. Dies führt mitunter zu Standortverlagerungen oder zur Nutzung von Gestaltungsmöglichkeiten wie der gewerbesteuerlichen Organschaft.

Aktuelle Entwicklungen und Diskussionen:

Die Gewerbesteuer ist regelmäßig Gegenstand politischer und wirtschaftlicher Diskussionen:

1. Reform oder Abschaffung: Es gibt immer wieder Vorschläge zur grundlegenden Reform oder sogar Abschaffung der Gewerbesteuer, etwa zugunsten eines höheren kommunalen Anteils an der Umsatzsteuer.

2. Erweiterung des Kreises der Steuerpflichtigen: Diskutiert wird eine Einbeziehung der Freiberufler in die Gewerbesteuerpflicht.

3. Anpassung an die digitale Wirtschaft: Die zunehmende Bedeutung digitaler Geschäftsmodelle stellt die traditionelle Anknüpfung der Gewerbesteuer an physische Betriebsstätten in Frage.

4. Volatilität der Einnahmen: Kommunen sind durch die starke Abhängigkeit von der konjunkturabhängigen Gewerbesteuer anfällig für Einnahmeschwankungen.

5. Interkommunaler Wettbewerb: Die Möglichkeit der Kommunen, die Hebesätze frei festzulegen, führt zu einem Steuerwettbewerb, der kritisch diskutiert wird.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Gewerbesteuer ein komplexes und vielschichtiges Element des deutschen Steuersystems ist. Sie spielt eine zentrale Rolle für die Finanzierung der Kommunen und ist gleichzeitig ein wichtiger Faktor für die Standortentscheidungen und die Steuerplanung von Unternehmen. Die zukünftige Ausgestaltung der Gewerbesteuer wird weiterhin Gegenstand wirtschaftspolitischer Debatten bleiben, insbesondere im Hinblick auf die Herausforderungen der Globalisierung und Digitalisierung.

 

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