Gestern Abend fiel in Brüssel eine Entscheidung, die viele Rechtsexperten, aber vor allem auch Unternehmen und Institutionen des Internet, als brandgefährlich für die Demokratie und die weitere Entwicklung des freien Internet in Europa ansehen. EU-Staaten, Kommission und Parlament haben sich u.a. auf die Einführung von verpflichtenden Uploadfiltern geeinigt. Mit Abschluss der Reform werden zahlreiche Internetseiten, Portale, aber natürlich auch Mobileapps, Social Networks und viele weitere Anbieter überprüfen müssen, ob die von Nutzerinnen und Nutzern hochgeladene Inhalte Urheberrechtsverletzungen darstellen. Die Pflicht, Uploadfilter einzubauen, dürfte damit fast jeden treffen, der Nutzerinhalte in irgendeiner Form einbaut, im schlimmsten Fall angefangen beim Avatar in einem Internetforum. Wo die Grenzen sein werden, wenn überhaupt, ist kaum abzusehen.
Auf Twitter und anderen Plattformen erhebt sich immer mehr Protest und auch Demonstrationen sind bereits vielerorts angekündigt.
Die Petition gegen die Reform auf Change.org haben bereits fast 5 Millionen Menschen unterschrieben.
Als Rechtsanwalt mit einem Schwerpunkt im Urheberrecht fällt es mir eigentlich schwer gegen eine Regelung zu sein, die eigentlich Kreative schützen soll. Schaut man jedoch tiefer in die Art und Weise, wie die Reform zustande kommen soll, ist man schockiert, mit welcher Lobbyarbeit hier die EU überschüttet wird und wir unausgegoren die Interessenabwägung ausfällt. Von den Problemen, die uns Juristen sodann im Alltag begegnen werden, die potenziellen Abmahnwellen, die Abgrenzungsprobleme und vieles weiteres möchte ich gar nicht erst anfangen. Denn während Urheber, Kreative und andere Schöpfer ohne Zweifel Anspruch auf eine faire Entlohnung von Arbeit haben, und dieses zahlreichen Plattformen sicherlich massiv beschränkt wird, so ist die Gefahr von Missbrauch einfach viel zu groß. Ohne Kontrollmöglichkeiten und rein automatisiert, werden nur vermeintlich legale Plattformen in der Geschäftsentfaltung beschränkt, zehntausende Anbieter mit potenziell hohen Kosten für die Filter und enormen Rechtsverteidigungskosten belastet, währen Untergrundplattformen im Bereich Filesharing etc. sich um die dann geltende Pflicht ebenso wenig kümmern werden, wie diese jetzt schon nicht bereits geltendes Urheberrecht beachten.
Hinzu kommt natürlich die Frage, ob sich zahlreiche Profiteure der Reform, die die Änderungen mit masiver Lobbyarbeit ermöglichten, nicht am Ende ins eigene Fleisch schneiden. Aber das wird die Zukunft zeigen.