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Wichtigste Punkte
  • Gewährleistung ist die gesetzliche Mängelhaftung des Verkäufers bei mangelhaften Produkten oder Leistungen.

  • Beim Kaufrecht kann der Verbraucher Nacherfüllung verlangen, gefolgt von Minderung oder Rücktritt bei Fehlschlagen.

  • Die Gewährleistungsfrist beträgt 2 Jahre für neue und 5 Jahre für Immobilien; kürzere Fristen sind bei Gebrauchtwaren möglich.

  • Garantie ist ein zusätzliches, freiwilliges Versprechen, das über die gesetzliche Gewährleistung hinausgeht.

  • Startups müssen ihre Gewährleistungspflichten kennen und in AGB klar regeln, um rechtliche Probleme zu vermeiden.

  • Im B2B-Geschäft kann die Gewährleistung durch Vertrag modifiziert oder ausgeschlossen werden, was häufig vorkommt.

  • Startups sollten sich der gesetzlichen Verpflichtungen bewusst sein und diese als Teil ihres Qualitätsversprechens nutzen.

Wichtigste Punkte

  • Gewährleistung bezeichnet die gesetzliche Mängelhaftung des Verkäufers oder Werkunternehmers gegenüber dem Käufer bzw. Besteller, falls die Sache oder Werkleistung bei Übergabe mangelhaft ist.

  • Im Kaufrecht kann der Verbraucher bei einem Sach- oder Rechtsmangel zunächst Nacherfüllung verlangen (Nachbesserung oder Ersatzlieferung). Schlägt diese fehl, stehen ihm Minderung (Preisnachlass) oder Rücktritt (Rückabwicklung) zu, ggf. zusätzlich Schadensersatz.

  • Die Gewährleistungsfrist beträgt bei neuen Sachen 2 Jahre (bei Immobilien 5 Jahre), bei gebrauchten Sachen kann sie an Verbraucher auf 1 Jahr verkürzt werden. Gegenüber Unternehmen können Gewährleistungsrechte vertraglich umfangreicher modifiziert oder ausgeschlossen werden.

  • Gewährleistung ist vom Garantieversprechen zu unterscheiden: Eine Garantie ist eine freiwillige Zusage des Herstellers oder Verkäufers, die die gesetzlichen Rechte ergänzt oder erweitert.

  • Für Startups, z.B. im E-Commerce oder Softwarevertrieb, ist es wichtig, die eigenen Gewährleistungspflichten zu kennen und in AGB klar zu regeln, sowie bei B2B-Geschäften etwaige Gewährleistungsausschlüsse (soweit zulässig) vorzusehen.

Gesetzliche Regelungen der Sachmängelhaftung

Die Gewährleistung im Kaufrecht ist in den §§ 434 ff. BGB geregelt. Ein Sachmangel liegt vor, wenn die Ist-Beschaffenheit der Kaufsache von der Soll-Beschaffenheit abweicht – etwa das Produkt funktioniert nicht wie beschrieben oder weist Defekte auf. Beim Werkvertrag (§ 633 BGB) spricht man von Mangel, wenn das Werk nicht die vereinbarte Beschaffenheit hat oder sich nicht für die gewöhnliche/vertraglich vorausgesetzte Verwendung eignet.

Tritt ein Mangel zu Tage, hat der Käufer/Besteller grundsätzlich folgende Rechte:

  1. Nacherfüllung: Der Schuldner (Verkäufer/Werkunternehmer) darf zuerst versuchen, den Mangel zu beheben. Im Kaufrecht hat der Käufer Wahlrecht zwischen Reparatur oder Lieferung einer mangelfreien Sache, der Verkäufer kann aber eine Art verweigern, wenn unverhältnismäßig teuer.

  2. Verweigerungsrecht: Der Verkäufer kann die Nacherfüllung insgesamt verweigern, wenn sie mit unverhältnismäßig hohen Kosten verbunden ist (was selten greift).

  3. Schlägt die Nacherfüllung fehl (mind. 2 erfolglose Versuche oder unzumutbare Verzögerung) oder wird verweigert, kann der Käufer Minderung (Kaufpreisherabsetzung) erklären oder Rücktritt vom Vertrag (gegen Rückgabe der Sache) erklären.

  4. Schadensersatz: Unabhängig davon kann unter bestimmten Voraussetzungen Schadensersatz gefordert werden, wenn dem Verkäufer ein Verschulden zur Last fällt (z.B. fahrlässig mangelhafte Ware geliefert).

  5. Beim Werkvertrag gibt es analog Rechte zur Selbstvornahme (Mangel selbst beseitigen und Ersatz der Aufwendungen verlangen).

Gewährleistung im B2C- vs. B2B-Geschäft

Verbraucher genießen umfassenden gesetzlich vorgeschriebenen Gewährleistungsschutz:

  • Beweislastumkehr: Tritt der Mangel innerhalb von 12 Monaten (bei Verträgen ab 2022, zuvor 6 Monaten) ab Übergabe auf, wird vermutet, dass er schon bei Übergabe vorlag. Der Verkäufer muss dann das Gegenteil beweisen, will er nicht nacherfüllen.

  • Gewährleistung kann gegenüber Verbrauchern vertraglich nicht ausgeschlossen oder verkürzt werden (bei Neuwaren). Bei Gebrauchtwaren ist Verkürzung auf 1 Jahr möglich, aber ein völliger Ausschluss ist unzulässig.

  • Hat der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen oder eine Garantie für die Beschaffenheit übernommen, gelten längere Fristen bzw. besondere Regeln.

Im reinen Geschäftskundenverkehr (B2B) kann die Gewährleistung durch Vertrag modifiziert werden:

  • Häufig werden Gewährleistungsfristen verkürzt (z.B. 12 Monate) oder Gewährleistung ganz ausgeschlossen („wie besichtigt und gekauft“), soweit dem keine Arglist entgegensteht.

  • Über § 444 BGB kann Gewährleistung nicht ausgeschlossen werden, wenn der Verkäufer einen Mangel arglistig verschweigt oder eine Garantie übernommen hat.

  • Bei beidseitigen Handelsgeschäften greift zudem die Untersuchungs- und Rügepflicht (§ 377 HGB): Der Käufer (wenn Kaufmann) muss die Ware nach Erhalt unverzüglich prüfen und Mängel anzeigen, sonst gilt die Ware als genehmigt und Gewährleistungsrechte sind verwirkt.

Abgrenzung zur Garantie

Eine Garantie ist ein freiwilliges Versprechen, das über die gesetzliche Gewährleistung hinausgeht. Beispielsweise gibt ein Hersteller 3 Jahre Garantie auf ein Produkt, obwohl die gesetzliche Gewährleistung nur 2 Jahre beträgt. Im Garantiefall kann der Berechtigte die im Garantieversprechen genannten Leistungen verlangen (oft Reparatur oder Austausch). Die Garantie schließt die gesetzlichen Rechte nicht aus (§ 443 BGB), sondern besteht unabhängig daneben.

Für Kunden wichtig: Gewährleistung immer beim Vertragspartner (Händler) geltend machen; Garantie meist direkt beim Hersteller oder Garantiegeber.

Praxis für Startups

Startups, die Produkte oder Software vertreiben, sollten:

  • Sich der gesetzlichen Gewährleistungspflichten bewusst sein. Im Kundenservice sollte z.B. klar sein, wie mit Mängelrügen umzugehen ist (Nachbesserung durch Update/Patch, Umtausch etc.).

  • In AGB für B2B-Kunden Gewährleistung angemessen begrenzen (z.B. Verkürzung der Frist auf 1 Jahr, Ausschluss für gebrauchte Teile, Implementierung der Rügeobliegenheit).

  • Überlegen, ob sie eine Garantie anbieten wollen, um Vertrauen zu schaffen (z.B. „12 Monate Funktionsgarantie“). Diese muss dann aber auch erfüllt werden können, was Kosten verursachen kann.

  • Bei eigenen Einkäufen (z.B. Komponenten für Hardware-Startups) die Lieferantenverträge prüfen: Gewährleistungsausschlüsse des Lieferanten können das Startup treffen, also ggf. Verhandlungspunkt.

Insgesamt bietet die gesetzliche Gewährleistung Endkunden einen wichtigen Basisschutz. Startups sollten diesen nicht als lästige Pflicht sehen, sondern als Qualitätsversprechen: Wer gute Produkte liefert, hat in der Regel wenig Gewährleistungsfälle und kann mit Kulanz und klaren Regeln Kundenbindung stärken.

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