Gestern habe ich bereits ein von mir erstrittenes, spannendes Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe vorgestellt, mit dem ich für eine Mandantin ein bedeutendes Ergebnis erzielen konnte. Dabei wurde deutlich, dass im Rahmen eines Dienstvertrags – im Gegensatz zum Werkvertrag – vor allem die ordnungsgemäße Erbringung der vereinbarten Tätigkeit im Vordergrund steht und nicht der wirtschaftliche Erfolg. Heute möchte ich einen besonderen Aspekt dieses Urteils herausgreifen, den ich für besonders relevant halte, da er weit über den Bereich des Influencer-Managements hinausgeht und auch für Marketingagenturen, Webdesigner sowie weitere Dienstleister von großer Bedeutung sein kann.
In der täglichen Praxis kommt es häufig vor, dass Auftraggeber versuchen, Zahlungen zu kürzen, indem sie die erbrachte Leistung als mangelhaft oder unzureichend bewerten. Diese Vorgehensweise beruht oft auf einer rein subjektiven Wahrnehmung, die den vertraglichen Grundlagen jedoch nicht gerecht wird. Wie im Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe eindrücklich dargestellt, begründet ein Dienstvertrag den Vergütungsanspruch bereits mit der ordnungsgemäßen Leistungserbringung – selbst dann, wenn das wirtschaftliche Ergebnis hinter den Erwartungen zurückbleibt. Ein pauschaler Zahlungsnachlass wegen einer subjektiven Unzufriedenheit ist daher nicht zulässig, solange die erbrachte Leistung im Gesamtkontext einen brauchbaren Beitrag leistet.
Diese Klarstellung schafft nicht nur Rechtssicherheit für Dienstleister, sondern stärkt auch die vertragliche Position gegenüber Auftraggebern. Sie zeigt, dass die objektive Bewertung der Leistung im Vordergrund steht und nicht etwa individuelle Erfolgserwartungen. Gerade in Bereichen, in denen der Erfolg von vielen variablen Faktoren abhängt – wie im Influencer-Management, aber auch im Marketing und bei der Webseitengestaltung – ist diese Differenzierung von entscheidender Bedeutung. Auftraggeber müssen im Streitfall substantiiert darlegen, inwiefern die Leistung erheblich von den vertraglichen Vereinbarungen abweicht, anstatt sich allein auf eine subjektive Unzufriedenheit zu berufen.
Im Folgenden wird zunächst auf die juristischen Grundlagen des Dienstvertrags eingegangen, wobei insbesondere die Unterschiede zum Werkvertrag herausgestellt werden.
Juristische Grundlagen des Dienstvertrags
Das deutsche Vertragsrecht unterscheidet grundsätzlich zwischen Dienst- und Werkvertrag. Beim Dienstvertrag steht – anders als beim Werkvertrag – die ordnungsgemäße Erbringung der vereinbarten Tätigkeit im Vordergrund, ohne dass ein konkreter Erfolg geschuldet wird. Maßgeblich sind hierbei die Vorschriften des § 611 BGB (Dienstvertrag) sowie des § 612 BGB (Vergütung). Während beim Werkvertrag Mängelansprüche nach §§ 633 ff. BGB greifen, begründet der Dienstvertrag bereits mit der ordnungsgemäßen Leistungserbringung den Vergütungsanspruch. Das Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe verdeutlicht, dass eine subjektiv als mangelhaft empfundene Leistung nicht automatisch zu einer Kürzung oder zum vollständigen Verfall der Vergütung führen darf, sofern die erbrachte Leistung im Gesamtkontext als brauchbar einzustufen ist.
Ergänzend dazu hat der Bundesgerichtshof (BGH) klargestellt, dass eine Rückabwicklung eines Dienstvertrags nur dann in Betracht kommt, wenn die erbrachte Leistung als total unbrauchbar angesehen werden muss – also keinerlei funktionale oder nutzbare Elemente mehr aufweist. Demnach reichen bloße Minderleistungen oder subjektive Unzufriedenheiten des Auftraggebers nicht aus, um den Vertrag rückabzuwickeln. Erst wenn die erbrachte Leistung objektiv betrachtet keinerlei Nutzen mehr bietet, besteht die Möglichkeit, den Vertrag in vollem Umfang rückabzuwickeln. Diese höchstrichterliche Rechtsprechung untermauert die Bedeutung einer objektiven Bewertung der Leistungserbringung und sichert den Dienstleistern ab, dass sie auch im Falle von Beanstandungen grundsätzlich Anspruch auf die vereinbarte Vergütung behalten, sofern die erbrachte Leistung noch einen brauchbaren Beitrag leistet.
Eine wichtige Aussage des Urteils lässt sich wie folgt zusammenfassen: Entscheidend für die Beurteilung einer Dienstleistung ist, ob die vertraglich geschuldete Tätigkeit ordnungsgemäß erbracht wurde. Eine subjektive Unzufriedenheit des Auftraggebers begründet demnach keinen Anspruch auf eine pauschale Zahlungskürzung. Im Streitfall obliegt es dem Auftraggeber, substantiell darzulegen, inwiefern die erbrachte Leistung erheblich von den vertraglichen Vereinbarungen abweicht. Eine bloße Feststellung von Unzufriedenheit genügt hierfür nicht. Zudem hebt das Urteil hervor, dass der Dienstvertrag schon mit der Leistungserbringung einen Vergütungsanspruch begründet – selbst wenn das wirtschaftliche Ergebnis hinter den Erwartungen zurückbleibt.
Auswirkungen auf die Praxis
Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe hat weitreichende praktische Konsequenzen. Auch wenn einzelne Leistungsaspekte als nicht optimal bewertet werden, besteht grundsätzlich ein Anspruch auf Vergütung, sofern die vertraglich vereinbarte Tätigkeit im Wesentlichen erbracht wurde. Eine einseitige Zahlungskürzung durch den Auftraggeber, allein gestützt auf Kritik am wirtschaftlichen Erfolg der Dienstleistung, ist daher unzulässig. Diese Klarstellung stärkt die Position des Dienstleisters und reduziert das Streitpotenzial in späteren Auseinandersetzungen, da sie eine objektive Bewertung der erbrachten Leistung als verlässliche Vertragsgrundlage etabliert.
Insbesondere in künstlerischen und kreativen Bereichen – etwa bei der Erstellung von Logos, der Gestaltung von Webseiten oder der Betreuung von Kunden durch Marketingagenturen sowie im Influencer- und Künstlermanagement – kursiert häufig die Auffassung, dass bereits eine subjektiv empfundene Minderleistung ausreiche, um Gewährleistungsansprüche geltend zu machen oder gar eine Neuanfertigung der Arbeit zu verlangen. Aussagen wie „Deine Arbeit war schlecht, mach neu“ oder „Versuch nochmal, ich habe doch Gewährleistung“ verkennen dabei die Grundlagen eines Dienstleistungsvertrages. Im Rahmen eines solchen Vertrages schuldet der Dienstleister die ordnungsgemäße Erbringung der vereinbarten Leistung – ohne jedoch einen konkreten Erfolg zu garantieren. Eine bloße subjektive Kritik kann daher nicht als ausreichender Grund herangezogen werden, um eine Zahlungskürzung oder gar eine Rückabwicklung zu rechtfertigen.
Ungeachtet der positiven Klarstellungen der Rechtsprechung bleibt eine präzise und umfassende Vertragsgestaltung unerlässlich. Insbesondere sollten folgende Punkte in Dienstleistungsverträgen berücksichtigt werden:
- Präzise Leistungsbeschreibung: Eine eindeutige Definition des Leistungsumfangs und der einzelnen Teilleistungen verhindert spätere Auslegungsschwierigkeiten.
- Ausschluss von Erfolgsgarantien: Gerade im Marketing und bei Influencer-Kampagnen sollte der vertragliche Fokus auf der ordnungsgemäßen Leistungserbringung liegen und nicht auf der Garantie eines wirtschaftlichen Erfolgs.
- Regelungen zur Mängelrüge: Klare Fristen und Modalitäten für die Beanstandung von Mängeln verhindern, dass Beanstandungen erst zu einem späten Zeitpunkt erhoben werden.
- Zahlungsmodalitäten: Vereinbarungen zu Abschlagszahlungen und klar definierte Zahlungsfristen minimieren das Risiko nachträglicher Streitigkeiten.
- Vertragsstrafen und Haftungsbegrenzungen: Angemessene Regelungen zu Vertragsstrafen im Falle wesentlicher Leistungsstörungen können als präventives Instrument dienen – stets unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung.
Diese ergänzenden Punkte unterstreichen, dass die ordnungsgemäße Erbringung der Leistung – unabhängig von subjektiven Erfolgserwartungen oder künstlerischen Bewertungsmaßstäben – im Mittelpunkt des Dienstleistungsvertrages steht. Auf diese Weise können Dienstleister auch in kreativen Branchen ihre vertraglichen Ansprüche wahren, ohne sich ungerechtfertigten Nachforderungen oder wiederholten Neuanfertigungen auszusetzen.
Fazit
Das Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe zeigt eindrücklich, dass der Vergütungsanspruch im Rahmen eines Dienstvertrags an die ordnungsgemäße Erbringung der vertraglich geschuldeten Tätigkeit geknüpft ist – auch wenn die Leistung subjektiv als „schlecht“ empfunden wird. Für mich persönlich war es ein Erfolg, dieses Urteil für eine Mandantin zu erwirken. Die daraus abgeleiteten Grundsätze bieten jedoch auch für Marketingagenturen, Webdesigner und andere Dienstleister eine solide rechtliche Grundlage, um sich gegen nachträgliche Zahlungskürzungen abzusichern. Eine präzise Vertragsgestaltung stellt dabei das wirksamste Mittel dar, um zukünftige Streitigkeiten zu vermeiden und den eigenen Vergütungsanspruch nachhaltig zu sichern. Weitere Details und eine tiefergehende Fallanalyse finden sich in meinem Blogpost “Spannendes Influencer-Management Urteil aus Karlsruhe“.