Als ich vor 25 Jahren JustGamers gründete, waren “Influencer” noch die Gaming-Magazine, die über neue Computerspiele im stationären Handel berichteten. Heute beraten wir in meiner Kanzlei regelmäßig Agenturen und Creator zu rechtlichen Fragen im Influencer Marketing. Die Dynamik dieser Branche erinnert mich oft an die frühen Tage des Gaming-Journalismus – schnelllebig, innovativ und rechtlich häufig in Graubereichen.
Rechtliche Grundlagen der Creator Economy
Letzte Woche saß eine Marketing-Agentur bei mir, die einen großen Beauty-Brand bei Influencer-Kampagnen betreut. Ihr Problem: Die bisherigen Verträge waren zu starr für die dynamische Creator-Wirtschaft. Ein klassisches Beispiel dafür, wie traditionelle Vertragsmodelle an der Realität der Creator Economy scheitern.
Die Werbekennzeichnung ist dabei nur die Spitze des Eisbergs. Als jemand, der selbst aus dem Content-Bereich kommt, verstehe ich den Balanceakt zwischen authentischer Kommunikation und rechtlichen Anforderungen. Während früher ein einfaches “#Anzeige” ausreichte, müssen heute plattformspezifische Besonderheiten beachtet werden. Ein Gaming-Influencer aus meiner Beratungspraxis markierte seine Sponsored Streams beispielsweise nur im Stream-Titel – und bekam prompt Ärger mit der Landesmedienanstalt. Mit der richtigen vertraglichen Regelung hätte das verhindert werden können.
Vertragsgestaltung für die moderne Content-Welt
Nach fast 20 Jahren als Rechtsanwalt und 25 Jahren als Unternehmer im Digitalbereich weiß ich: Starre Vorgaben funktionieren im Creator-Bereich nicht. Ein moderner Influencer-Vertrag muss die Balance zwischen rechtlicher Absicherung und kreativer Freiheit finden. In meiner Praxis hat sich bewährt, mit Rahmenvereinbarungen zu arbeiten, die grundlegende Aspekte wie Brandvorgaben und Freigabeprozesse regeln, aber genug Spielraum für spontane Content-Anpassungen lassen.
Besonders wichtig ist dabei die Rechteklärung. Aus eigener Erfahrung als ehemaliger Content-Creator (auch wenn ich nur selbst Spiele getestet habe, davon aber eines pro Tag 😉 weiß ich, wie schnell hier Konflikte entstehen können. Ein durchdachter Vertrag regelt nicht nur die unmittelbare Nutzung der Inhalte, sondern auch Fragen der Zweitverwertung, Archivierung und Portfolio-Nutzung. Dabei gilt es, die Interessen beider Seiten fair auszubalancieren.
Internationale Dimensionen und Krisenmanagement
Die Creator-Szene kennt keine Grenzen – und genau das macht die rechtliche Gestaltung so spannend. In meiner Kanzlei erlebe ich täglich, wie wichtig ein durchdachtes internationales Setup ist. Während in Deutschland bestimmte Werbekennzeichnungen ausreichen, gelten in anderen Ländern völlig andere Regeln. Ein Vertrag muss diese Unterschiede berücksichtigen und gleichzeitig praktikabel bleiben.
Mindestens genauso wichtig ist ein durchdachtes Krisenmanagement. Erst kürzlich hatte ich einen Fall, bei dem ein Creator durch unbedachte Äußerungen in die Schlagzeilen geriet. Dank klarer vertraglicher Regelungen konnte die Situation schnell und professionell gelöst werden. Dabei geht es nicht darum, Creator zu gängeln, sondern klare Leitplanken für die Zusammenarbeit zu setzen.
Vergütungsmodelle in der Creator Economy
Ein Thema, das mir in meiner Beratungspraxis besonders häufig begegnet, ist die rechtssichere Gestaltung von Vergütungsmodellen. Die Zeiten pauschaler Post-Honorare sind längst vorbei. In einem aktuellen Fall aus meiner Kanzlei ging es um eine komplexe Performance-basierte Vergütung, bei der neben der Basis-Zahlung auch Engagement-Raten und Conversion-Metriken berücksichtigt werden sollten.
Die rechtliche Herausforderung liegt hier oft im Detail: Wie definiert man “erfolgreiche” Performance? Welche Metriken sind rechtlich belastbar? Als ehemaliger Betreiber von JustGamers weiß ich, wie wichtig transparente und nachvollziehbare Kennzahlen sind. In der Praxis hat sich bewährt, verschiedene Vergütungskomponenten zu kombinieren: Ein garantiertes Grundhonorar, das die Basisleistungen abdeckt, ergänzt durch klar definierte Performance-Boni. Dabei müssen die Messmethoden und Abrechnungszeiträume präzise festgelegt werden, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden.
Plattformspezifische Besonderheiten
Die rechtlichen Anforderungen unterscheiden sich je nach Plattform erheblich. Auf TikTok gelten andere Regeln als auf YouTube oder Instagram. Ein Beispiel aus meiner aktuellen Beratungspraxis: Ein Creator hatte auf TikTok eine erfolgreiche Kampagne durchgeführt, wollte die Inhalte dann aber auf YouTube wiederverwerten – ohne zu beachten, dass die vertraglichen Nutzungsrechte plattformspezifisch beschränkt waren.
Für Instagram-Kampagnen empfehle ich meinen Mandanten beispielsweise immer, die Story-Nutzung gesondert zu regeln. Die Vergänglichkeit der Stories erfordert andere rechtliche Rahmenbedingungen als permanente Posts. Bei YouTube-Verträgen wiederum ist die Langzeitnutzung ein kritischer Punkt: Wie lange darf ein gesponsertes Video online bleiben? Was passiert bei Änderungen der Marketingstrategie des Brands?
Besonders spannend finde ich die rechtlichen Herausforderungen bei Live-Streaming-Plattformen wie Twitch. Hier muss der Vertrag flexibel genug sein, um auf unvorhersehbare Situationen im Live-Setting zu reagieren, gleichzeitig aber klare Leitplanken für die Zusammenarbeit setzen.
Dokumentation und Compliance in der Praxis
Ein Aspekt, der oft unterschätzt wird, ist die rechtssichere Dokumentation von Influencer-Kampagnen. Als Anwalt, der seit fast 20 Jahren Digitalunternehmen berät, kann ich nur betonen: Gute Dokumentation ist keine Bürokratie, sondern Absicherung für alle Beteiligten.
In meiner Kanzlei haben wir dafür ein dreistufiges System entwickelt: Zunächst die Basis-Dokumentation, die alle wesentlichen Vereinbarungen und Briefings umfasst. Darauf aufbauend ein Campaign-Tracking, das die tatsächliche Umsetzung der vereinbarten Leistungen nachvollziehbar macht. Und schließlich ein Compliance-Protokoll, das die Einhaltung rechtlicher Vorgaben dokumentiert.
Besonders wichtig ist dabei die Dokumentation der Werbekennzeichnung. Ein Mandant aus dem Beauty-Bereich hatte kürzlich Ärger mit einer Verbraucherzentrale, konnte aber dank lückenloser Dokumentation nachweisen, dass alle Posts korrekt gekennzeichnet waren. Diese Art von Absicherung ist heute unverzichtbar.
Blick in die Zukunft
Als jemand, der die Entwicklung der digitalen Medien von Anfang an miterlebt hat, wage ich eine Prognose: Die Creator Economy wird sich weiter professionalisieren. Neue Technologien wie Metaverse, KI-generierte Inhalte und Blockchain werden zusätzliche rechtliche Fragen aufwerfen. Umso wichtiger ist es, Verträge zu gestalten, die zukunftsfähig sind und sich an neue Entwicklungen anpassen können.
Ein guter Influencer-Vertrag muss dabei drei Dinge leisten: rechtliche Sicherheit bieten, praktikabel sein und genug Flexibilität für kreative Entwicklung lassen. Als Rechtsanwalt mit eigener Digital-Erfahrung verstehe ich die Herausforderungen der Creator Economy aus erster Hand. Lasst uns gemeinsam Vertragsstrukturen entwickeln, die zu eurer Arbeitsweise passen und euch rechtlich absichern.