- Steuerreformen: Einführung von sonderabschreibungen und Körperschaftsteuersenkungen zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit.
- Rechtsforminnovationen: Neue „Gesellschaft mit gebundenem Vermögen“ zur Förderung sozial-ökologischer Unternehmen.
- Bürokratieabbau: One-Stop-Shop für Unternehmensgründungen innerhalb von 24 Stunden geplant.
- Unterstützung für Start-ups: Deutschlandfonds soll 100 Mrd. Euro für Investitionen mobilisieren.
- Wettbewerbsrecht: Schnellere und effektivere Kartellverfahren angestrebt, um fairen Wettbewerb zu sichern.
- Verbraucherschutz: Stärkere Regulierung des Ticketzweitmarkts und AGB-Reformen geplant.
- Digitale Transformation: Umsetzung des „Once-Only-Prinzips“ zur Vereinfachung von Verwaltungsprozessen.
Der Koalitionsvertrag 2025 der (voraussichtlich) neuen Bundesregierung unter Führung von CDU/CSU und SPD enthält umfangreiche Vorhaben im Wirtschafts- und Wirtschaftsrecht. Im Folgenden werden die wichtigsten Neuerungen und Reformen mit Bezug auf Unternehmen, Selbstständige und Investoren systematisch zusammengefasst und juristisch eingeordnet. Schwerpunkte liegen auf Änderungen im Steuer-, Gesellschafts-, Vertrags- und Wettbewerbsrecht, der Förderung von Start-ups und KMU, der Verwaltungsdigitalisierung und digitalen Geschäftsmodellen, Investitions- und Förderprogrammen sowie EU-bezogenen und landespolitischen Initiativen.
Steuerrechtliche Änderungen für Unternehmen und Investoren
Degressive Abschreibung und Körperschaftsteuer-Senkung: Unternehmen sollen von einem „Investitions-Booster“ profitieren: Für Anschaffungen in den Jahren 2025, 2026 und 2027 wird eine degressive Sonderabschreibung von 30 % eingeführt. Dies ermöglicht schnellere Abschreibung von Investitionen in Maschinen und Anlagen und wirkt als steuerlicher Anreiz, ähnlich einer Turbo-Abschreibung. Außerdem wird der Körperschaftsteuersatz ab 2028 schrittweise um insgesamt 5 Prozentpunkte gesenkt – in fünf jährlichen Schritten zu je 1 %-Punkt. Dadurch würde der nominale Körperschaftsteuersatz von derzeit 15 % ab 2028 jährlich sinken, was die Gesamtbelastung (inkl. Gewerbesteuer) perspektivisch von ~30 % näher an ~25 % bringt. Diese Entlastung soll insbesondere die internationale Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen erhöhen.
Optionsmodell und Thesaurierungsbegünstigung: Viele mittelständische Unternehmen sind keine Kapitalgesellschaften, sondern werden transparent besteuert (Einkommensteuer). Um hier Rechtsformneutralität herzustellen, soll das Optionsmodell nach § 1a KStG – das Personenhandelsgesellschaften die Besteuerung wie eine Kapitalgesellschaft ermöglicht – wesentlich verbessert werden. Ebenso wird die Thesaurierungsbegünstigung nach § 34a EStG reformiert. Diese Begünstigung erlaubt derzeit Einzelunternehmen und Personengesellschaften, nicht entnommene Gewinne mit einem niedrigen Steuersatz zu besteuern. Geplant ist, beide Instrumente einfacher und attraktiver auszugestalten, sodass einbehaltene Gewinne und reinvestierte Gewinne steuerlich begünstigt werden und nicht von hoher Einkommensteuer progressiv aufgezehrt werden. Dadurch können auch Personengesellschaften und Einzelunternehmer stärker von den Körperschaftsteuersenkungen profitieren. Zudem wird geprüft, ob ab 2027 neu gegründete Unternehmen unabhängig von ihrer Rechtsform in den Anwendungsbereich der Körperschaftsteuer fallen können. Diese Prüfung deutet auf eine mögliche zukünftige automatische Option für Start-ups hin, von Beginn an wie Kapitalgesellschaften besteuert zu werden.
Entlastungen bei der Stromsteuer und Energiesteuern: Zur Senkung der Energiekosten für die Wirtschaft wird die Stromsteuer auf das EU-Mindestmaß abgesenkt. Geplant ist eine Reduktion um mindestens 5 Ct/kWh, indem die Stromsteuer „so schnell wie möglich“ auf den europarechtlich niedrigsten zulässigen Satz gesenkt wird. Dies entlastet insbesondere energieintensive Unternehmen und stärkt die Wettbewerbsfähigkeit des Industriestandorts. Ebenso sollen bestimmte Umlagen und Netzentgelte reduziert werden, z.B. wurde die Abschaffung der nationalen Gaspeicherumlage vereinbart. Insgesamt ergeben sich daraus spürbare Kostensenkungen für Unternehmen in energieintensiven Branchen.
Entlastung kleiner und mittlerer Einkommen: Zwar steht dies nicht im Vordergrund für Unternehmen, doch im Zuge einer breit angelegten Steuerreform soll zur Mitte der Legislaturperiode die Einkommensteuer für kleine und mittlere Einkommen gesenkt werden. Indirekt profitieren hierdurch auch Inhaber kleiner Betriebe und Personengesellschafter, die ihren Gewinn über die Einkommensteuer versteuern. Der Solidaritätszuschlag bleibt allerdings unverändert bestehen – eine vollständige Abschaffung (die aus Sicht vieler Unternehmer wünschenswert war) ist also nicht Teil der Vereinbarung.
Gewerbesteuer und Kommunen: An der Gewerbesteuer selbst ändert sich nichts Grundlegendes – die Kommunen behalten die Hoheit über die Hebesätze. Allerdings wird angemerkt, dass niedrige Hebesätze zur Ansiedlung von Unternehmen genutzt werden können, und es soll verhindert werden, dass Kommunen mit geringem Steueraufkommen hierdurch finanzielle Nachteile erleiden. Geplant ist, Kommunen unterstützend zur Seite zu stehen, die aus Wettbewerbsgründen bewusst einen niedrigen Gewerbesteuersatz wählen. Dieses Detail zeigt die Verknüpfung zwischen Bundes- und Kommunalsteuerpolitik, ohne dass konkret ein Bundesgesetz hierfür genannt wird (möglicherweise über den kommunalen Finanzausgleich).
Forschungszulage und weitere steuerliche Anreize: Um Innovation zu fördern, wird die steuerliche Forschungszulage deutlich ausgeweitet – Fördersatz und Bemessungsgrundlage werden deutlich angehoben und das Verfahren vereinfacht. Dies erhöht die steuerlichen Anreize für F&E-Ausgaben von Unternehmen (die Forschungszulage gemäß Forschungszulagengesetz (FZulG) war bislang gedeckelt, diese Deckelung wird gelockert). Ferner sollen Überstundenvergütungen und verlängerte Lebensarbeitszeit im Arbeitnehmerbereich steuerlich begünstigt werden (z.B. durch einen neuen steuerlichen Anreiz zur Ausweitung der Arbeitszeit für Fachkräfte) – solche Maßnahmen wirken indirekt auch auf die Verfügbarkeit von Arbeitskraft für Unternehmen. Insgesamt setzt die Koalition auf steuerliche Entlastungen und Investitionsanreize, um Wachstum zu stimulieren.
Gesellschaftsrecht: Reformen für Unternehmen und neue Rechtsformen
Aktienrechtliches Beschlussmängelrecht: Das Koalitionspapier sieht eine Reform des aktienrechtlichen Beschlussmängelrechts vor. Dieses betrifft die Anfechtung und Nichtigkeit von Hauptversammlungsbeschlüssen (§§ 241 ff. AktG). Durch die Reform sollen Rechtssicherheit und die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts gestärkt und Missbrauchsmöglichkeiten eingedämmt werden. Konkret ist davon auszugehen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Anfechtung von Hauptversammlungsbeschlüssen (oft genutzt von Aktionärs-Minderheiten, um Beschlüsse zu blockieren oder Verzögerungen zu erzwingen) verschärft bzw. Verfahren beschleunigt werden. Für Aktiengesellschaften und Investoren bedeutet dies voraussichtlich weniger Rechtsunsicherheit bei Unternehmensentscheidungen, da missbräuchliche Anfechtungsklagen erschwert werden. Diese Änderung erfordert eine Anpassung des Aktiengesetzes (AktG), insbesondere der §§ 243 ff. AktG, um beispielsweise klarere Fristen, Filter für Klagebefugnisse oder höhere Anforderungen an die Darlegung von Rechtsverstößen festzulegen.
Neue Rechtsform „Gesellschaft mit gebundenem Vermögen“ und Genossenschaftsrecht: Ein weiterer innovativer Schritt ist die geplante Einführung einer neuen eigenständigen Rechtsform, der „Gesellschaft mit gebundenem Vermögen“. Hierbei handelt es sich um ein Gesellschaftsmodell, bei dem das Vermögen dauerhaft einem bestimmten Zweck gewidmet ist und nicht an Gesellschafter ausgeschüttet werden kann (asset-lock-Prinzip). Die Koalition nennt als Merkmale eine unabhängige Vermögensbindung und mitgliedschaftliche Teilhabe ohne spezielle steuerliche Privilegierung oder Diskriminierung. Dieses Modell zielt offenbar auf sozial-ökologische Unternehmen oder Purpose-Unternehmen ab, die ihre Gewinne reinvestieren und nicht an externe Anteilseigner ausschütten wollen. Die Rechtsform soll eine Alternative zur klassischen GmbH, Stiftung oder Genossenschaft bieten. Ihre Einführung erfordert einen neuen gesetzlichen Rahmen, vermutlich ein eigenes Gesetz oder eine Ergänzung im GmbH-Recht, da sie „eigenständig“ neben bestehenden Formen stehen soll.
Parallel dazu soll das Recht der Genossenschaften modernisiert werden. Genossenschaften (eingetragene Genossenschaften nach GenG) sind für Mittelstand und soziale Unternehmen wichtig. Eine Modernisierung könnte Erleichterungen bei Gründung, Kapitalaufnahme oder dem Prüfungswesen bedeuten. Möglicherweise werden starre Regeln gelockert, um Genossenschaften attraktiver zu machen, ohne ihr demokratisches Wesen zu verlieren.
Stärkung der freien Berufe: Zwar kein klassisches Gesellschaftsrecht, aber im Vertragstext wird auch die Selbstverwaltung der Freien Berufe und deren Versorgungswerke ausdrücklich gestärkt. Das unterstreicht, dass die Koalition an der Kammerstruktur und Autonomie etwa von Rechtsanwälten, Ärzten, Apothekern etc. festhalten will. Dies schließt geplante Änderungen wie die Reform des Statusfeststellungsverfahrens für Scheinselbstständigkeit mit ein, um mehr Klarheit zu schaffen, wer als Selbstständiger gelten kann.
Insgesamt sollen Unternehmen in geeignete Rechtskleider gehüllt werden können: Sei es durch effizientere Aktienrechtsverfahren, neue hybride Gesellschaftsformen mit gebundenem Vermögen oder weiterhin starke Genossenschaften und freie Berufe. Diese Maßnahmen zielen darauf, rechtliche Rahmenbedingungen moderner und flexibler zu gestalten und zugleich bewährte Prinzipien (Mitbestimmung, Mitgliedschaftsrechte, Vermögensbindung) zu erhalten.
Vertragsrecht und Verbraucherschutz: AGB-Reform, Bauträgerverträge, Ticketing
Reform des AGB-Rechts unter Unternehmen: Die Koalition plant, das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) gezielt zu reformieren. Hintergrund ist, dass aktuell auch zwischen Unternehmen (B2B) AGB-Klauseln unwirksam sein können, wenn sie den anderen Vertragspartner unangemessen benachteiligen (§§ 305 ff. BGB gelten im Grunde auch für Verträge zwischen Unternehmen, wenngleich mit etwas großzügigerem Maßstab). Künftig soll großen Kapitalgesellschaften i.S.d. § 267 Abs. 3 HGB, die untereinander Verträge mit AGB schließen, mehr Vertragsfreiheit eingeräumt werden. Vereinfacht: Große Unternehmen sollen sich darauf verlassen können, dass ihre im Rahmen der Privatautonomie getroffenen AGB-Vereinbarungen von Gerichten anerkannt werden. Dies würde eine erhebliche Stärkung der Vertragsfreiheit im unternehmerischen Geschäftsverkehr bedeuten. Juristisch dürfte dies auf eine Einschränkung der AGB-Kontrolle im B2B-Bereich hinauslaufen, etwa durch Änderung von § 310 BGB (der Ausnahmen vorsieht) oder Einführung eines neuen Schwellenwertes: Wenn zwei „große Kapitalgesellschaften“ kontrahieren, soll keine Inhaltskontrolle der Vertragsklauseln mehr stattfinden. Damit würden umfangreiche vertragliche Risikoüberwälzungen, Haftungsbegrenzungen etc. zwischen solchen Unternehmen leichter durchsetzbar – was der Rechtssicherheit im Geschäftsverkehr dient und Deutschland als Vertragsstandort attraktiver machen könnte.
Bauträgervertragsrecht – Schutz vor Bauträgerinsolvenzen: Im Immobilien- und Baubereich will die Koalition prüfen, wie Verbraucher beim Immobilienkauf besser vor der Insolvenz des Bauträgers geschützt werden können. Derzeit laufen Bauträgerverträge oft nach § 650u BGB, wobei Zahlungen nach Baufortschritt erfolgen und eine Sicherheit i.H.v. 5 % einbehalten wird. Geht ein Bauträger pleite, drohen Erwerbern jedoch Verlust und unvollendete Objekte. Mögliche Ansätze der Koalition sind Insolvenzschutzmodelle wie z.B. treuhänderische Verwaltung von Vorauszahlungen, Fertigstellungsversicherungen oder Ausweitung der gesetzlichen Bürgschaftspflichten. Konkrete Normen wurden nicht genannt, aber Anpassungen im Makler- und Bauträgerverordnung (MaBV) oder im BGB sind denkbar. Für Verbraucher würde dies mehr Vertrauen beim Kauf vom Plan bedeuten, für Bauträger möglicherweise erhöhte Auflagen (die jedoch seriöse Anbieter ohnehin oft erfüllen).
Regulierung des Ticket-Zweitmarkts: Ein weiterer verbraucherschutzrechtlicher Vorstoß ist die geplante stärkere Regulierung des Ticketzweitmarktes (Weiterverkauf von Eintrittskarten). Durch sogenanntes „Ticket-Touting“ und Online-Börsen zahlen Verbraucher oft extreme Preise und fallen mitunter auf Betrug herein. Die Koalition will Wucherpreise, Intransparenz und unlautere Praktiken beim Weiterverkauf von Tickets eindämmen. Geplante Maßnahmen umfassen u.a. Preisobergrenzen für Wiederverkäufe, Transparenzpflichten über Originalpreis und Identität des Verkäufers sowie eine Notice-and-Takedown-Verpflichtung für Plattformen bei Falschinformationen. Das heißt, Ticketbörsen müssten gemeldete falsche Angaben (z.B. manipulierte Preise oder falsche Ticketkategorien) umgehend entfernen. Veranstalter sollen besser gegen Ticketspekulanten vorgehen können. Juristisch dürfte dies auf eine Änderung des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) oder spezieller Vorgaben in der Gewerbeordnung hinauslaufen. Bereits jetzt sind Weiterverkäufe in AGB mancher Veranstalter eingeschränkt; künftig könnten gesetzliche Schranken gezogen werden. Das erhöht den Verbraucherschutz und die Chancen, Tickets zum Originalpreis zu bekommen, während es Spekulationsgeschäfte unattraktiver macht.
Allgemeiner Verbraucherschutz und Vertragsbestätigung: Darüber hinaus soll der Verbraucherschutz umfassend gestärkt werden. Eine wichtige konkrete Neuerung ist die Einführung einer allgemeinen Bestätigungslösung für telefonisch angebahnte Dauerschuldverhältnisse. Das bedeutet: Wenn z.B. am Telefon ein Energievertrag, Zeitschriftenabo o.ä. abgeschlossen wurde, soll er nur wirksam werden, wenn der Verbraucher den Vertrag anschließend z.B. schriftlich oder per Klick nochmals bestätigt. Dies schützt vor untergeschobenen Verträgen durch Telefonwerbung. Zudem will Deutschland sich auf EU-Ebene dafür einsetzen, Schutzlücken im digitalen Verbraucherrecht zu schließen und digitale Angebote „by design“ verbraucherfreundlich zu gestalten – Stichworte: voreingestellte Datenschutzfreundlichkeit, transparente Algorithmen bei Produktsuchen, etc. Auch die Inkasso-Reform von 2021 wird evaluiert und verbleibender Missbrauch durch Inkassounternehmen bekämpft, um z.B. überhöhte Inkassogebühren weiter einzudämmen.
Diese vertrags- und verbraucherrechtlichen Maßnahmen stärken einerseits die Vertragsfreiheit zwischen Profi-Unternehmen, bringen andererseits mehr Schutz für Verbraucher in sensiblen Bereichen (Immobilienkauf, Ticketkauf, Telefonwerbung). Unternehmen sollten die AGB-Reform aufmerksam verfolgen – hier bahnt sich eine erhebliche Erleichterung im B2B-Geschäft an. Verbrauchernahe Branchen (Bauträger, Eventveranstalter, Inkasso) müssen sich hingegen auf zusätzliche Regulierungen einstellen.
Wettbewerbsrecht: Schneller, schlagkräftiger und europatauglich
Effizientere Kartellverfahren und Digital Markets Act: Der Koalitionsvertrag betont, dass fairer Wettbewerb konstitutiv für die Soziale Marktwirtschaft ist und kündigt daher eine Weiterentwicklung des Wettbewerbs- und Kartellrechts an . Konkret sollen Kartellverfahren beschleunigt und effizienter werden, um Unternehmen zügiger Rechtsklarheit zu geben. Dazu gehört vermutlich eine personelle Stärkung des Bundeskartellamts und prozessuale Reformen (z.B. bei Nachprüfungsverfahren). Zudem wird die effektive Durchsetzung des EU-Digital Markets Act (DMA) unterstützt. Der DMA ist seit 2023 in Kraft und reguliert große digitale „Gatekeeper“-Plattformen. Die Koalition will sicherstellen, dass die zuständigen Behörden (v.a. EU-Kommission, ggf. das Bundeskartellamt als nationaler Arm) rasch und wirkungsvoll gegen Missbrauch von Marktmacht im Digitalmarkt vorgehen. Dies bedeutet für Big-Tech-Unternehmen eine klare Ansage, dass Deutschland strenge Kontrolle unterstützt – für Start-ups und den Mittelstand bietet es die Chance fairerer Wettbewerbsbedingungen gegenüber großen Plattformanbietern.
Europäische Souveränität im Wettbewerbsrecht – Fusionskontrolle lockern: Interessant ist das Signal, europäische Souveränität und Sicherheitsinteressen im Wettbewerbsrecht stärker zu gewichten, insbesondere in der Fusionskontrolle. Damit reagiert die Koalition auf Debatten wie den geplatzten Siemens-Alstom-Zusammenschluss 2019, der von der EU-Kommission aus Wettbewerbsgründen untersagt wurde, obwohl er aus Sicht Deutschlands/Frankreichs zur Bildung eines europäischen Champions gegen asiatische Konkurrenz nötig schien. Die Bundesregierung will, dass bei EU-Fusionsprüfungen künftig globale Wettbewerbsfähigkeit und strategische Interessen Europas mehr berücksichtigt werden. Das kann bedeuten, dass man in Brüssel auf Flexibilisierungen der Fusionskontroll-Verordnung drängt oder politisch mehr Ausnahmen für strategische Fusionen ermöglichen will. Hierzu passt auch die Einrichtung einer Expertenkommission „Wettbewerb und Künstliche Intelligenz“ beim Bundeswirtschaftsministerium. Diese soll vermutlich prüfen, wie KI zur besseren Marktüberwachung genutzt werden kann oder wie neue KI-getriebene Geschäftsmodelle reguliert werden sollten, ohne den Wettbewerb zu verzerren.
Aktualisierung des GWB („GWB XII“?): Schon die Vorgängerregierung hatte mit der GWB-Novelle 2021 („GWB10“) und 2023 („GWB11“) digitalwirtschaftliche Kartellrechtsinstrumente eingeführt (z.B. § 19a GWB gegen Digitalkonzern-Macht). Nun dürfte eine weitere Novelle folgen, um das nationale Recht an die EU-Vorgaben (DMA, geplante EU Digitale Märkte Verordnung) anzupassen und Verfahrensbeschleunigungen umzusetzen. Die Koalition spricht explizit von schnelleren Verfahren und effektiver Anwendung des Kartellrechts. Unternehmen können also mit kürzeren Prüfzeiten bei Fusionen und rigoroserer Ahndung von Kartellen rechnen.
Kein Steuerdumping im Binnenmarkt: Erwähnenswert ist auch das Bekenntnis, Steuerdumping und unfairen Steuerwettbewerb in der EU nicht zu akzeptieren. Dies knüpft ans Wettbewerbsrecht im weiteren Sinne an – die Koalition will darauf hinwirken, dass sich EU-Staaten nicht durch extrem niedrige Unternehmensteuern Wettbewerbsvorteile verschaffen (z.B. Mindeststeuersätze, Umsetzung der OECD-Mindeststeuer von 15 % global). Das kann für international agierende Firmen bedeuten, dass Steuervermeidungsmodelle innerhalb der EU weiter zurückgedrängt werden.
Unterm Strich signalisiert die Koalition: Wettbewerbsrecht wird modernisiert und europäisiert. Schnelle Verfahren, starke Durchsetzung auch gegenüber Digitalkonzernen und zugleich strategischer Weitblick bei europäischen Firmenzusammenschlüssen sollen zusammengedacht werden. Für Unternehmen ergibt sich die Chance, dass Missbrauch durch marktmächtige Konkurrenten schneller gestoppt wird, aber auch die Herausforderung, dass eigene Fusionen oder Kartellrechtsverstöße konsequent verfolgt bleiben. Das Bundeskartellamt dürfte noch mehr Bedeutung und vielleicht zusätzliche Befugnisse erhalten, gerade im Zusammenwirken mit EU-Regeln.
Förderung von Start-ups und KMU: Bürokratieabbau und Finanzierung
One-Stop-Shop und Gründung in 24 Stunden: Ein zentrales Anliegen ist die Erleichterung von Unternehmensgründungen. Geplant ist ein vollständiger One-Stop-Shop, der alle Behördenwege für eine Gründung digital auf einer Plattform bündelt, sodass eine Unternehmensgründung innerhalb von 24 Stunden möglich wird. Notarielle Vorgänge sollen vereinfacht und digitalisiert werden, inkl. automatischem Datenaustausch zwischen Notaren, Finanzämtern und Gewerbeämtern. Dies knüpft an das Onlinezugangsgesetz (OZG) an, geht aber noch darüber hinaus. Aktuell müssen Gründer oft Tage oder Wochen auf Handelsregistereintrag, Steuernummer etc. warten – künftig soll all das in einem Tag erledigt sein. Realisiert wird das nur durch digitale Beurkundung (Online-Notartermine, wie mit dem Gesetz zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie (DiRUG) bereits ansatzweise eingeführt), und eine enge Verzahnung aller Register und Ämter. Juristisch bedeutet das eine Vielzahl an Änderungen vom GmbHG bis zur Handelsregisterverordnung, aber die Richtung ist klar: Deutschland soll von der Bürokratiehürde zum Gründerland werden.
„Gründerschutzzone“ und Bürokratieabbau: Es wird sogar eine „Gründerschutzzone“ geprüft. Dies könnte bedeuten, dass neue Unternehmen in den ersten Jahren weniger Bürokratielasten tragen oder bei geringfügigen Verstößen Milde erfahren. Möglich wäre z.B. ein Bürokratie-Moratorium für Start-ups, in dem Prüfungen ausgesetzt oder Meldepflichten vereinfacht werden. Ein konkretes Beispiel im Vertrag: Statistikpflichten – für zwei Jahre soll ein Moratorium für neue Statistikerhebungen gelten, alle bestehenden Statistikpflichten sollen überprüft werden. Das entlastet gerade kleinere Unternehmen erheblich, die oft mit Auskunftsbögen (z.B. vom Statistischen Bundesamt) konfrontiert sind.
Entlastungen für Mittelstand und Handwerk: Der Mittelstand, das Handwerk und Solo-Selbstständige werden explizit in den Fokus genommen. Flexiblere gesetzliche Rahmenbedingungen, einfachere Vergabeverfahren und schnellere Genehmigungen sollen diese Rückgratbranchen unterstützen. Dazu zählt die Abschaffung unnötiger Schriftformerfordernisse, insbesondere im Arbeitsrecht – etwa sollen befristete Arbeitsverträge künftig ohne handschriftliche Unterschrift (also digital) geschlossen werden können. Bisher schreibt § 14 Abs. 4 TzBfG die Schriftform vor; diese Hürde soll fallen. Auch das Verwaltungsverfahren wird innoviert: Die Genehmigungsfiktion (§ 42a VwVfG), wonach ein Antrag als genehmigt gilt, wenn die Behörde nicht fristgerecht entscheidet, soll zum Regelfall werden – künftig gilt sie immer, sofern nicht ausdrücklich per Gesetz ausgeschlossen. Das ist ein Paradigmenwechsel im deutschen Verwaltungsrecht, der die Planungs- und Investitionssicherheit enorm steigert. Unternehmen können dann bei vielen Anträgen darauf bauen, dass nach Fristablauf automatisch grünes Licht gilt, statt im Ungewissen zu hängen.
Meisterprüfungen und Fachkräftesicherung: Die Durchlässigkeit zwischen beruflicher und akademischer Bildung wird erhöht – Meister sollen leichter studieren können und Auszubildende bessere Förderungen bekommen. Gegen den Fachkräftemangel werden beschleunigte Arbeitsvisa und Anerkennungsverfahren für ausländische Fachkräfte angegangen. Gemeinsam mit den Bundesländern soll die Fachkräftestrategie ausgebaut werden, z.B. durch einheitliche Anerkennungsverfahren innerhalb von 8 Wochen für im Ausland erworbene Berufsabschlüsse. Davon profitieren Unternehmen direkt, da sie schneller qualifiziertes Personal einstellen können.
Unternehmensnachfolge und Gründerförderung im Handwerk: Im Handwerk stehen in den nächsten Jahren ca. 125.000 Betriebe zur Übergabe an Nachfolger an. Die Koalition will Betriebsübergaben erleichtern und Existenzgründungen im Handwerk fördern. Dazu gehören vermutlich Beratungsprogramme, finanzielle Unterstützung für Übernehmer (z.B. Bürgschaftsbanken) und Abbau bürokratischer Hürden bei Gewerbeübernahmen. Außerdem soll der Investitionsstau in Bildungsstätten (Meisterschulen, überbetriebliche Lehrwerkstätten) durch verlässliche Förderung abgebaut werden – ein wichtiger Punkt, um die Qualität der Ausbildung zu halten.
Besondere Zielgruppen fördern: Die Koalition will auch Gründerinnen (weibliche Start-ups) gezielt fördern. Bereits bestehende Programme wie der Female Founders Fonds könnten ausgebaut werden. Zudem wird betont, dass es Förderung speziell für Verteidigungs- und Sicherheits-Start-ups geben soll, indem öffentliche Finanzierungshilfen auch für solche technologiegeladenen Gründungen geöffnet werden. Frauen und diverse Gründer will man stärker unterstützen, um deren unternehmerisches Potenzial zu heben.
Zusammengefasst setzen CDU/SPD im Koalitionsvertrag klare Akzente für ein gründungsfreundliches Klima: Bürokratieabbau, Digitalisierung von Verfahren und finanzielle Anreize sollen Unternehmensgründungen und den Mittelstand spürbar entlasten. Für Gründer und KMU bedeutet das: zukünftig weniger Formulare, schnellere Behördengänge (oft gar keine physischen mehr) und bessere Finanzierungsmöglichkeiten (siehe nächster Abschnitt). Gleichzeitig wird in Bildung und Fachkräfte investiert, damit es genug qualifizierte Mitarbeiter gibt, um Wachstum zu ermöglichen.
Digitalisierung der Verwaltung und rechtliche Rahmen für digitale Geschäftsmodelle
Digitaler Staat und Once-Only-Prinzip: Ein großer Schwerpunkt liegt auf der Digitalisierung der Verwaltung. Ziel ist ein vorausschauender, vernetzter, leistungsfähiger und nutzerzentrierter Staat, der „digital first“ denkt. Konkret sollen Bund, Länder und Kommunen das Once-Only-Prinzip umsetzen, d.h. Bürger und Unternehmen müssen bestimmte Daten nur einmal eingeben, und Behörden nutzen diese dann medienbruchfrei gemeinsam. Dieses Prinzip vermeidet redundante Anträge – z.B. würde eine Firma, die bereits eine Steuer-ID hat, dieselbe Info nicht erneut beim Gewerbeamt angeben müssen. Rechtsänderungen sind hierfür z.B. im Bundesdatenschutzgesetz und diversen Fachgesetzen nötig, um Datenaustausch zu erlauben, aber die Richtung ist klar vorgegeben.
Digitale Identität und sichere Infrastrukturen: Die Koalition will eine bürgerfreundliche digitale Identität etablieren – erwähnt wird z.B. die Deutschland-ID und die europäische E-ID (EUDI-Wallet). Damit sollen digitale Behördengänge noch einfacher werden, weil man sich online eindeutig und sicher ausweisen kann. Außerdem wird in Cloud-Infrastrukturen, Netze und Rechenzentren investiert, um digitale Souveränität zu gewährleisten. Ein Deutsches Verwaltungsportal (DVP) mit souveränen Standards soll geschaffen werden, um Datenaustausch und Sicherheit zu gewährleisten. Das schließt auch den Schutz vor Cyberangriffen ein, was für Unternehmen wichtig ist, die ihre Daten der Verwaltung anvertrauen.
Open Source und digitale Souveränität: Auf technischer Ebene fördert die Regierung Open-Source-Software und offene Standards. Es wird ein Zentrum Digitale Souveränität (ZenDiS) und eine Bundesagentur für Sprunginnovationen (SPRIND) strategisch ausgerichtet, um Schlüsseltechnologien im digitalen Bereich voranzubringen. Für Unternehmen bedeutet das potenziell mehr staatlich unterstützte Innovationsprojekte und offene Plattformen, die sie nutzen können. Die Öffnung von Schnittstellen im E-Government wird auch Start-ups ermöglichen, auf Verwaltungsdaten aufzusetzen und neue Services anzubieten (Stichwort GovTech).
Rechtliche Rahmen für KI, Daten und neue Geschäftsmodelle: Die Koalition sieht digitale Schlüsseltechnologien wie Künstliche Intelligenz (KI), Quantencomputing, Robotik, IKT, Photonik und Nanoelektronik als zentral für die Transformation. Es wird eine KI-Offensive gestartet, u.a. mit einem „100.000-GPU-Programm (AI-Gigafactory)“, um massiv Rechenleistung für KI in Deutschland bereitzustellen. Wichtig aus rechtlicher Sicht: Man will prüfen, in welcher Form Haftungsregeln mit Blick auf KI auf EU-Ebene angepasst werden müssen Das heißt, die Regierung denkt voraus, wie z.B. die Produkthaftung oder Verkehrshaftung sein muss, wenn KI-Systeme Entscheidungen treffen (z.B. autonomes Fahren, Medizin-AI). Hier wird auf EU-Initiativen (wie den Entwurf einer KI-Haftungsrichtlinie) abgestellt, die Deutschland aktiv begleiten will.
Auch Datenschutz und Datenverwendung bleiben Thema: Digitale Angebote sollen „by design“ und „by default“ verbraucherfreundlich und datenschutzfreundlich sein. Unternehmen müssen sich also auf eine Regulierung einstellen, die privacy-freundliche Voreinstellungen vorschreibt (im Einklang mit der EU-Datenschutz-Grundverordnung und Initiativen wie der ePrivacy-Verordnung). Gleichzeitig will die Koalition Datenräume fördern, damit Daten besser geteilt und genutzt werden können (Stichwort Datenpooling, Datentreuhand – nicht explizit im Text genannt, aber oft gefordert von CDU/SPD ). Es geht um die Balance: Datenzugang für Innovation vs. Datenschutz.
Digitale Geschäftsmodelle im Finanzsektor: Auch FinTechs und Krypto-Unternehmen werden berücksichtigt. Die Regulierung von Kryptowerten, dem grauen Kapitalmarkt und Schattenbanken wird auf Lücken überprüft und ggf. verschärft. Nach den Erfahrungen mit Krypto-Börsen und -Assets (z.B. Insolvenzen, Betrugsfälle) will man sicherstellen, dass Anleger geschützt sind und keine regulatorischen Schlupflöcher bestehen. Das dürfte Änderungen im Kryptowerte-Transfer-Gesetz (KryptoTG), im Wertpapierhandelsgesetz und der Aufsicht (BaFin-Befugnisse) bedeuten. Gleichzeitig sollen Innovationen nicht abgewürgt werden – ein schwieriger Balanceakt, den die Koalition aber mit Blick auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit meistern will.
Zusammenfassend soll der digitale Staat Wirklichkeit werden: Effiziente eGovernment-Prozesse, eine digitale Identität, sowie klare Regeln für Zukunftstechnologien wie KI und Krypto. Für Unternehmen entstehen dadurch Chancen (leichterer Umgang mit Behörden, neue Geschäftsmodelle im GovTech-Bereich) und klare Leitplanken (KI-Haftung, Datenschutz-„by design“, strengere Krypto-Regeln). Wichtig ist, dass die Umsetzung rasch erfolgt – der Koalitionsvertrag nennt z.B. konkret, dass eine Kommission bis Q4 2025 Vorschläge erarbeiten soll, wie Planungs- und Genehmigungsverfahren digitalisiert und entbürokratisiert werden können.
Investitions- und Förderprogramme: Deutschlandfonds und Zukunftskapital
Deutschlandfonds – 100 Milliarden für Wachstum: Ein Highlight im Koalitionsvertrag ist die Einrichtung eines „Deutschlandfonds“ als zentrales Investitions- und Beteiligungsinstrument. Dieser Fonds soll als Dachfonds private und staatliche Finanzierungskraft bündeln. Geplant ist, dass der Bund 10 Mrd. € Eigenmittel (Garantien oder Finanzierungen) bereitstellt und damit via Hebeleffekt mindestens 100 Mrd. € an Investitionskapital mobilisiert. Im Fokus stehen Wagnis- und Wachstumskapital für Mittelstand und Scale-ups – also spätere Finanzierungsrunden, damit Start-ups in Deutschland bleiben und wachsen können. Die Entscheidungen sollen nach unternehmerischen Kriterien fallen, also der Fonds wird professionell gemanagt, mit dem Investitionsfokus auf Deutschland. Interessant: Das Modell soll Vorbild für ähnliche Fonds in den Ländern sein, d.h. auch Bundesländer könnten eigene Regionalfonds auflegen. Für innovative Unternehmen bedeutet das: mehr verfügbares Kapital für Expansion, möglicherweise vergleichbar mit dem europäischen Investitionsfonds – hier aber national fokussiert.
Zukunftsfonds und Venture Capital: Der bereits existierende Zukunftsfonds (ein Fonds-Fonds für Start-up-Finanzierung, 10 Mrd. Volumen bis 2030) wird über 2030 hinaus verstetigt und ausgebaut. Die Koalition nennt explizit die WIN-Initiative (Wagniskapitalinitiative) mit einem Ziel von über 25 Mrd. € Investitionen, die mehr als verdoppelt werden sollen. Außerdem soll die gesamte Start-up-Finanzierungsarchitektur einem „Effizienz-Check“ unterzogen werden – d.h. man prüft, ob die Vielzahl bestehender Programme (High-Tech Gründerfonds, KfW Capital, Förderbanken der Länder etc.) gut verzahnt sind oder besser gebündelt werden.
Ein weiterer Aspekt: Durch Einsatz der Solvency-II-Novelle auf EU-Ebene will man Erleichterungen für institutionelle Investoren schaffen, damit z.B. Versicherungen mehr in Infrastruktur und Venture Capital investieren können. Indem Eigenkapitalanforderungen gesenkt werden (sofern europarechtlich möglich), sollen Milliarden Euro an privatem Wagniskapital mobilisiert werden. Ferner wird erwogen, einen zusätzlichen nationalen Dachfonds (einen „additiven nationalen Kapitaltipf“) einzurichten, falls möglich.
Öffentliche Förderprogramme modernisieren: Die Koalition will Förderregeln und -praxis für Industrieansiedlungen und Großvorhaben modernisieren und bürokratische Hürden abbauen. Gerade bei Großinvestitionen (z.B. Bau eines Chipwerks) sollen Förderzusagen schneller kommen und weniger Papier erfordern. Auch die Förderprogramme zur Dekarbonisierung der Industrie werden fortgeführt und optimiert Dabei sollen staatliche Förderungen künftig an Kriterien wie Standortsicherung geknüpft werden – Unternehmen, die hohe Subventionen bekommen, sollen sich z.B. verpflichten, nicht kurzfristig abzuwandern.
Branchenspezifische Initiativen: Einige Schlüsselindustrien werden ausdrücklich genannt: Die Biotechnologie wird als Schlüsselindustrie gefördert und regulatorisch erleichtert (insb. im Hinblick auf neue genomische Techniken). Das soll Gründungen in der Biotech-Branche helfen – ggf. durch beschleunigte Zulassungsverfahren für Gen-Editing-Technologien oder verbesserte Forschungsbedingungen. Die Automobilindustrie soll weiterhin unterstützt werden, u.a. durch Kaufanreize für E-Mobilität und den Ausbau der Ladeinfrastruktur. Hier listet der Vertrag konkrete Schritte: u.a. Anhebung der Preisgrenze für die Dienstwagen-Förderung von E-Autos auf 100.000 €, Sonderabschreibungen für E-Fahrzeuge, Kfz-Steuerbefreiung für E-Autos bis 2035 sowie Förderung von Plug-in-Hybriden und Range Extendern. Diese Maßnahmen kombinieren steuerliche Anreize mit direkten Förderprogrammen (z.B. für bestimmte Technologien oder Einkommensgruppen über den EU-Klimasozialfonds) Investoren in CleanTech und E-Mobility können daraus Vorteile ziehen, da Nachfrageseite und Infrastruktur gestützt werden.
Öffnung für Sicherheits- und Verteidigungstechnologie: Öffentliche Finanzierungsprogramme (etwa der KfW oder staatliche Beteiligungsgesellschaften) sollen auch für Sicherheits- und Verteidigungstechnologie geöffnet werden. Bisher waren solche Dual-Use- oder Rüstungs-Start-ups oft von Förderprogrammen ausgeschlossen. Künftig soll z.B. ein Drohnen- oder Cybersecurity-Startup eher Unterstützung erhalten, was angesichts der sicherheitspolitischen Lage als notwendig erachtet wird.
Im Ergebnis schafft der Koalitionsvertrag eine umfassende Förderlandschaft, die von früher Förderung (Start-ups, Gründerinnen) über Wachstums- und Beteiligungskapital (Deutschlandfonds, Zukunftsfonds) bis hin zu Branchentransformation (Auto, Energie, BioTech) reicht. Für Unternehmen und Investoren bedeutet das bessere Finanzierungschancen und planbare Unterstützung bei zukunftsgerichteten Projekten. Allerdings wird auch Wert auf Effizienz gelegt – es kann also zu einer Bündelung von Programmen kommen, um Überschneidungen zu vermeiden (Stichwort Effizienz-Check).
EU-bezogene wirtschaftsrechtliche Vorhaben
Die Koalition denkt wirtschaftspolitisch stark europäisch. Viele der genannten Maßnahmen beziehen sich auf EU-Recht oder zielen auf Einflussnahme in Brüssel:
- EU-Binnenmarkt ausbauen: Der europäische Binnenmarkt soll als Motor der Wirtschaft weiterentwickelt werden, besonders in Bereichen Energie, Gesundheit (medizinische Produkte, Pharma), Digitales, Telekom und Verkehr. Wettbewerb im Binnenmarkt soll auf Innovation und Leistungsfähigkeit beruhen, nicht auf Unterbietung von Standards. Man spricht sich deutlich gegen Steuerdumping zwischen EU-Staaten aus und für eine echte Kapitalmarkt- und Bankenunion (Stichwort Spar- und Investitionsunion), um privates Kapital EU-weit besser zu mobilisieren. Für Unternehmen heißt das: Es wird auf EU-Ebene weiter an einheitlichen Regeln gearbeitet (z.B. bei Kapitalmarktzugang), was grenzüberschreitende Geschäfte erleichtern soll.
- Handelspolitik und Abkommen: Im Vertrag unterstützen CDU/SPD die Handelsagenda der EU-Kommission. Man will weitere Freihandels- und Investitionsabkommen abschließen. Genannt werden die zügige Ratifizierung des EU-Abkommens mit Chile (Rohstoffpartnerschaft), sowie die Abkommen mit Mercosur und Mexiko. Auch laufende Verhandlungen mit Indien, Australien und ASEAN-Staaten werden unterstützt. Mittelfristig strebt man sogar mit den USA ein Handelsabkommen an – nach dem Aus für TTIP ist dies bemerkenswert. Zudem wird ein EU-only Ansatz forciert, d.h. Handelsabkommen sollen möglichst nicht gemischt sein (die also von allen nationalen Parlamenten ratifiziert werden müssen), sondern nur EU-weit, um schneller in Kraft zu treten. Für exportorientierte Firmen verspricht das neue Märkte und weniger Handelshemmnisse.
- WTO und Handelsstreitigkeiten: Die Koalition setzt sich für den Erhalt des WTO-Systems ein, erkennt aber, dass es Reformen braucht (z.B. Streitbeilegungsmechanismus). Inzwischen drängt man auch auf Abmilderung protektionistischer Maßnahmen anderer (etwa US-Zölle, wie in Nachrichten angedeutet).
- Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM): Die Koalition unterstützt Vereinfachungen beim EU-CO2-Grenzausgleich (CBAM). Sie begrüßt Vorschläge der EU-Kommission (Omnibus-Paket) und will den Mechanismus entbürokratischer und effizienter machen. Für Unternehmen heißt das: Der Importzoll auf CO2-intensive Produkte soll handhabbar bleiben und keine unverhältnismäßige Belastung für Importeure oder nachgelagerte Betriebe darstellen.
- Zollunion und E-Commerce: Bei der anstehenden Reform der EU-Zollunion will Deutschland erreichen, dass E-Commerce-Vorschläge bevorzugt behandelt werden. Hintergrund: Im Onlinehandel gibt es viele Kleinsendungen aus Drittstaaten, bei denen Umsatzsteuer/Zoll oft hinterzogen werden. Hier braucht es digitale Lösungen. Unternehmen im Onlinehandel müssen sich auf neue EU-Zollregeln einstellen, die wahrscheinlich Meldepflichten für Plattformen und automatisierte Verfahren enthalten.
- EU-Gesetzgebung ablehnen, wo nötig: Interessant ist die klare Aussage, dass man das geplante EU-Bodengesetz (eine EU-Verordnung zum Bodenschutz) ablehnt, um weitere Belastungen zu verhindern. Ebenso wird betont, dass man nationale Übererfüllungen („Gold-Plating“) vermeiden will – z.B. wurde erwähnt, dass eine über EU-Maß hinausgehende Quote für klimaneutrale Flugtreibstoffe (Power-to-Liquid) sofort abgeschafft wird. Das zeigt: Wo die EU Mindeststandards setzt, will diese Koalition nicht darüber hinausgehen, um die eigene Wirtschaft nicht stärker zu belasten als nötig.
- Europäische Sozialpolitik & Arbeitsrecht: Auf EU-Ebene unterstützt Deutschland den Aufbau eines EU-weiten Beratungsnetzwerks und einen elektronischen europäischen Sozialversicherungsausweis. Außerdem will man die Entsendemeldungen in der EU einfacher machen – vermutlich durch Digitalisierung und Harmonisierung. Gleichzeitig achtet man darauf, Spielräume zu nutzen: Die EU-Arbeitszeitrichtlinie lässt bestimmte Öffnungsklauseln zu; hier wird z.B. die Ausnahme im Arbeitszeitgesetz (§ 10 ArbZG) um das Bäckereihandwerk erweitert, damit Sonntags in Bäckereien gearbeitet werden darf. Dies geschieht unter Wahrung der hohen Arbeitsschutzstandards, aber hilft einer traditionellen Branche.
- EU-Finanzmarkt vollenden: Es gibt Bestrebungen, den europäischen Finanzbinnenmarkt zu vollenden, u.a. durch einheitliche Finanzregulierung. Damit einher geht, dass Deutschland auf nationale Sonderwege verzichtet. Das dürfte bedeuten: Wo immer möglich, EU-Regelungen 1:1 umsetzen und keine strengeren deutschen Regeln obendrauf packen (was z.B. im Bankenbereich häufig der Fall war). Für Banken und Finanzdienstleister deutet sich also mehr Einheitlichkeit und weniger deutsche Extraregeln an.
Insgesamt untermauert der Vertrag, dass deutsche Wirtschaftspolitik eng mit EU-Politik verzahnt wird. Unternehmen müssen daher nicht nur deutsche Gesetze im Blick haben, sondern auch kommende EU-Vorgaben (KI-Regulierung, Datenakte, Green Deal-Gesetze etc.), die die Regierung aktiv mitgestalten will. Positiv ist, dass belastende Extras (wie zusätzliche Quoten oder Alleingänge) vermieden werden sollen – das schafft Level Playing Field innerhalb Europas. Gleichzeitig nutzt die Regierung die EU, um eigene Ideen (z.B. Planungsbeschleunigung) auf europäischer Ebene einzubringen.
Landespolitische Initiativen mit Wirtschaftsrelevanz
Obwohl es ein Bundeskoalitionsvertrag ist, werden auch einige Punkte adressiert, die die Bundesländer betreffen oder von diesen umgesetzt werden müssen:
- Umsetzung in den Ländern – Genehmigungsfiktion und Stichproben: Die erwähnte Ausweitung der Genehmigungsfiktion erfordert Änderungen in den Verwaltungsverfahrensgesetzen der Länder, da diese bislang die Fiktion ebenfalls nur bei spezialgesetzlicher Anordnung vorsehen. Hier wird also eine gemeinsame Initiative von Bund und Ländern nötig sein, damit die Fiktion überall greift. Zudem soll den Ländern ermöglicht werden, Schwellenwerte festzulegen, unterhalb derer Stichprobenkontrollen genügen. Dies könnte etwa im Gewerberecht oder bei Lebensmittelkontrollen relevant sein – kleine Betriebe würden dann nicht mehr regelmäßig voll geprüft, sondern nur noch stichprobenartig, was Landesrecht oder Verordnungen voraussetzt.
- Fonds in den Ländern: Wie erwähnt, soll der Deutschlandfonds Modell für vergleichbare Fonds auf Länderebene sein. Einige Länder (z.B. Bayern, NRW) haben bereits Venture-Fonds; hier könnte aber ein Ausbau oder neue Ko-Finanzierungen mit dem Bund folgen. Das setzt Koordination und politisches Alignment mit den Ländern voraus.
- Kooperation bei Förderprogrammen: Manche Förderprogramme – etwa in der maritimen Wirtschaft – sollen mit den Küstenländern abgestimmt werden. Ebenso wird eine Schnellbauinitiative von Bund und Ländern für Hochschulen und Kliniken genannt, was wirtschaftsrelevant ist, weil es den Bausektor und die Bildungskapazitäten betrifft.
- Fachkräftestrategie umsetzen: Die Fachkräftesicherung wird gemeinsam mit Ländern und Kommunen vorangetrieben. Etwa sollen Anerkennungsstellen auf Landesebene beschleunigen; Bund und Länder richten eine Arbeitsgruppe ein, die Maßnahmen vorschlägt. Auch die geplanten Online-Sozialwahlen oder Projekte im Zivil- und Katastrophenschutz werden nur mit Ländermitteln erfolgreich sein.
- Zusammenarbeit in Justiz und Verwaltung: In einigen Bereichen, etwa bei der Entbürokratisierungskommission, sollen Bund und Länder gemeinsam Vorschläge erarbeiten. Das betrifft z.B. die Frage, welche doppelt regulierten Bereiche entrümpelt werden können.
Kurzum: Die Bundesländer spielen eine wichtige Rolle bei der Umsetzung vieler Vorhaben. Die Koalition setzt auf Kooperation mit den Ländern, um Wirtschaftsreformen durchzusetzen. Das schließt möglicherweise Initiativen im Bundesrat ein, etwa bei der AGB-Reform oder im Steuerrecht, wo Länderzustimmung nötig ist. Für Unternehmen bedeutet dies, dass manche Erleichterungen (z.B. schnellere Baugenehmigungen vor Ort) nur kommen, wenn auch das jeweilige Land mitzieht. Positiv zu vermerken ist jedoch die Absicht, Länder nicht zu übergehen, sondern einzubinden – z.B. durch gemeinsame Arbeitsgruppen oder die Möglichkeit, eigene Schwellenwerte festzulegen.
Fazit
Der Koalitionsvertrag 2025 von CDU/SPD markiert eine wirtschaftspolitische Wende hin zu Entlastung, Digitalisierung und Investitionsförderung. Aus juristischer Sicht sind zahlreiche Gesetzesänderungen angekündigt, die Unternehmen, Selbstständige und Investoren direkt betreffen. Von Steuerreformen (deutliche Abschreibungsvorteile, schrittweise Steuersenkungen und Optionsmodelle) über Gesellschaftsrechtsinnovationen (neue Rechtsform mit gebundenem Vermögen, Aktionärsrechtsschutz), vertragsrechtliche Anpassungen (mehr Privatautonomie im B2B, Verbraucherschutz beim Telefonvertrag und Ticketkauf) bis zum Kartell- und Wettbewerbsrecht (schnellere Verfahren, Berücksichtigung europäischer Interessen) – die geplanten Neuerungen sind weitreichend.
Für Start-ups und den Mittelstand besonders hervorzuheben ist die Fülle an Bürokratieabbaumaßnahmen – digitale One-Stop-Verfahren, Wegfall der Schriftform, Genehmigungsfiktion – sowie die verbesserte Finanzierungslage durch den Deutschlandfonds und einen ausgebauten Zukunftsfonds. Diese Kombination könnte tatsächlich viele Hemmnisse beseitigen, die in der Vergangenheit als „Bremsklötze“ der deutschen Wirtschaft galten.
Natürlich stehen diese Vorhaben unter dem Vorbehalt der Umsetzung. Viele Projekte – gerade im Digitalisierungsbereich – wurden in der Vergangenheit bereits angekündigt, ohne dass sie vollständig realisiert wurden. Die Herausforderung wird sein, die ambitionierten Ziele (z.B. Unternehmensgründung in 24h, 100 Mrd. Fondsvolumen, EU-weit abgestimmte Verfahren) in der Praxis zu erreichen. Zudem müssen etliche Gesetzesinitiativen in Bundestag und Bundesrat eingebracht werden. Einige davon (Steuerpaket, Bürokratieentlastung) wurden bereits für das erste Regierungsjahr avisiert.
Aus Sicht von Unternehmen und Investoren lohnt es sich, die weiteren Entwicklungen genau zu verfolgen. Konkrete Gesetzesentwürfe – etwa zur Steuerreform 2025 oder zum Gesellschaftsrecht – dürften bald in die Verbändeanhörung gehen. Insgesamt lässt der Vertrag jedoch erkennen, dass die neue Regierung den Wirtschaftsstandort Deutschland durch Rechtssicherheit, niedrigere Abgaben und intelligentere Regulierung stärken möchte. Gelingt die Umsetzung, könnten in den kommenden Jahren spürbare Erleichterungen im unternehmerischen Alltag eintreten – vom Notartermin bis zur Steuererklärung elektronisch und beschleunigt, vom Venture-Capital-Schub bis zur Entbürokratisierung auf allen Ebenen. Die geplanten Änderungen stellen damit eine umfassende Modernisierung des Wirtschaftsrechts dar, die Deutschland im europäischen Wettbewerb nach vorne bringen soll.