Marian Härtel
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Urteil zu World Of Warcraft & Accountsperrung wegen AGB-Verstoß

In einem von mir vertretenen Fall hat das Amtsgericht Neukölln entschieden, dass ein Account im Spiel World of Warcraft nur dann gesperrt bzw. mit Sanktionen (wie die Wegnahme von Gegenständen) bestraft werden kann, wenn ein Verstoß durch den Accountinhaber nachgewiesen werden kann bzw. wenn ein solcher Verstoß dem deutschen AGB-Recht nach durch eine Sperrung bestraft werden könne.

In dem konkreten Fall wurden dem Accountinhaber Erfolge für den PVP-Modus entfernt und zunächst auch den Account auch gesperrt. Als Begründung benannte der Spielehersteller Blizzard, dass eine dritte Person sich für 4 Stunden auf den Account eingeloggt habe und die dazugehörige IP seit Jahren dafür bekannt sei, von Russland aus fremde Accounts zu steuern. Warum auch immer diese IP nicht seit langem für Zugriffe auf Blizzard-Server gesperrt wird, ist natürlich eine andere Frage.

Nachdem wir zahlreiche Gegenargumente vorgebracht haben, warum mein Mandant keinen Levelservice beauftragt hat und dies auch nicht nachgewiesen ist, warum ein Levelservice im 2vs2 keinen Sinn ergibt und warum ein professioneller Esportler auch seinen seit mehr als 10 Jahren bestehenden Account nicht riskieren würde, legt Blizzard trotzdem umfangreiche Beweise vor, die zwar allesamt mitunter einen Fremdzugriff dargelegt hätte, aber nicht, dass mein Mandant den Fremdzugriff autorisiert hat. Vielmehr ist es sehr wahrscheinlich, dass der Fremdzugriff in dieser Zeit genutzt wurde, um mit dem hochlevigen Zugang meines Mandanten einen Auftrag für jemanden anderes im PVP zu erfüllen.

Nach einer umfangreichen Erörterung der Rechts- und Sachlage gab das Amtsgericht Neukölln uns in wesentlichen Teilen recht und verurteilte Blizzard antragsgemäß zur Gewährung entfernter Erfolge im Spiel World of Warcraft.

Dabei ist zu beachten, dass das Gericht keine eigentlichen Zweifel an den AGB von Blizzard hatte und auch das Verbot der Nutzung von Power Leveling Services nicht als Problem ansah.

Zutreffend ist, dass die Beklagte die Regeln des eigentlichen Spiels frei von den Zwängen des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen Definieren kann. Dies gilt aber nur für die spielinterne Regeln. Insoweit reicht es aus, dass die Regeln durch die Spieler zur Kenntnis genommen werden können (vgl. LG Hamburg, Urt. v.23.005.2013-312O 390/11). Deshalb begegnet die Untersagung der Nutzung von  Power Leveling Services durch Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen keinen Bedenken.

Das Gericht setzte sich jedoch intensiv mit AGB-Recht auseinander und problematisierte zahlreiche Problemfelder. Zu unterscheiden sei stets die Bewertung von spielinternen und spielexternen Maßnahmen, weswegen das Gericht klarstellte:

Die Vorenthaltung von Erfolgen ist auch nicht als Minusmaßnahme gegenüber einer Kündigung gerechtfertigt.

Das Gericht kam daher zu dem Ergebnis:

Insoweit handelt es sich nicht mehr um eine interne Spielregeln, sondern es ist unmittelbar das Vertragsverhältnis zum Kläger betroffen, weshalb die Regelungen insoweit rechtlich voll überprüfbar sind.

Dementsprechend folgerte das Gericht:

Nach der gemäß Art.3 Abs. 1 und 6 Abs. 1 der Verordnung(EG)Nr.593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht(Rom I VO) konnten die Parteien die Geltung französischen Rechts vereinbaren. Die Rechtswahl darf jedoch nicht dazu führen, dass dem Kläger als Verbraucher der Schutz entzogen wird, der ihm durch diejenigen Bestimmungen gewährt wird, von denen nach dem Recht, das nach Art.6 Abs. 1 mangels einer Rechtswahl anzuwenden wäre, nicht durch Vereinbarung abgewichen werden darf.

Nach Art.6.1 Rom I VO wäre deutsche Recht anwendbar, da die Beklagte ihre Geschäftstätigkeit auch auf das Gebiet des Deutschen Staates ausrichtet und der Kläger als Verbrauch hier seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Daher unterliegen die vertraglichen Regelungen dem deutschen Recht der allgemeinen Geschäftsbedingungen nach §§ 305ff BGB.

Hiernach erweist sich die Regelung der Blizzard-Servicekündigung als unwirksam. Gemäß § 314 Abs.2 BGB ist die Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses – ein solches liegt hier zweifellos vor-aus wichtigem Grund wegen einer Vertragspflichtverletzung nur nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten Frist oder nach erfolgter Abmahnung zulässig.

Die Klausel verstößt gegen § 309 Nr.4 BGB. Unwirksam ist hiernach eine Bestimmung, durch die der Verwender von der gesetzlichen Obliegenheit freigestellt wird, den anderen Vertragsteil zu mahnen oder ihm eine Frist für die Leistung oder Nacherfüllung zu setzen. Diese Klausel verbot auch weitere Fälle, in denen gesetzlich eine Fristsetzung oder Abmahnung vorgesehen. Anerkannt ist dies insbesondere für das außerordentliche Kündigungsrecht aus § 314 Abs.2 Satz 1 BGB. Aus der Formulierung „ohne vorherige Mitteilung zu kündigen, was die sofortige und dauerhafte Sperrung Ihres Accounts zur Folge hat“ ist nach der gebotenen kundenfreundlichsten, weil unwirksamen, Auslegung zu entnehmen, dass die Klausel auch das Verfahren regelt und damit die Abmahnung entbehrlich ist.

Darüber hinaus verstößt die Klausel aber auch gegen § 307 Abs. 1 und 2 BGB. Hiernach ist eine Regelung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist.

Diese umfangreichen Ausführungen führten im konkreten Fall zur Unwirksamkeit der Entfernung der Erfolge im Spiel, denn:

“Dies rechtfertigt aber bei einem einmaligen Verstoß und einer Spielzeit von 5 1/2 Stunden nicht die Kündigung des bereits seit mehr als 10 Jahren bestehenden Vertragsverhältnis zwischen den Parteien.”

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Blizzard hat Berufung am Landgericht Berlin eingelegt.

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Marian Härtel

Marian Härtel ist Rechtsanwalt und Unternehmer mit den Schwerpunkten Urheberrecht, Wettbewerbsrecht und IT/IP Recht und einen Fokus auf Games, Esport, Medien und Blockchain.

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