- Geistiges Eigentum ist im Game Development das wertvollste Gut, geschützt durch Urheberrechte und verwandte Schutzrechte.
- Die Rechtekette beschreibt, wer zu jedem Zeitpunkt welche Rechte am Spiel hält, was rechtssichere Vermarktung gewährleistet.
- Verträge regeln die Rechteverteilung im Game Development, darunter Werkverträge, Lizenzbedingungen und IP-Klauseln.
- Eine klare Definition der Nutzungsrechte ist entscheidend, um Zweifel über die Verwertungsarten und Rechteübergänge zu vermeiden.
- Bei externer Entwicklung sind klare und umfassende Verträge erforderlich, um geistige Eigentumsrechte zu sichern.
- KI-generierter Content ist aktuell rechtlich umstritten, da er keinen urheberrechtlichen Schutz genießt, wenn keine menschliche Bearbeitung erfolgt.
- In Publishing-Verträgen entscheidet sich, wer die Rechte am fertigen Spiel hält und in welchem Umfang, was entscheidend für die Vermarktung ist.
Im Game Development ist geistiges Eigentum das wertvollste Gut. Jeder Aspekt eines Videospiels – vom Quellcode über Grafiken und Musik bis hin zu Charakteren und Story – ist durch Urheberrechte oder verwandte Schutzrechte geschützt. Die Rechtekette beschreibt dabei lückenlos, wer zu jedem Zeitpunkt welche Rechte am Spiel und seinen Bestandteilen hält. Eine klare Rechtekette ist entscheidend, um das Spiel rechtssicher vermarkten zu können und spätere Streitigkeiten zu vermeiden. In diesem Blogpost wird juristisch fundiert erläutert, wie die Rechtekette in der Spieleentwicklung verläuft und wer am Ende die Rechte am Spiel hält. Dabei liegt der Fokus auf der Klärung von Rechten bei Engines, Assets, Musik, externen Dienstleistern und KI-generiertem Content.
Im weiteren Verlauf werden zentrale Vertragsarten und Klauseln vorgestellt, die die Rechteverteilung regeln: Werkverträge, Lizenzbedingungen, die Einräumung von Nutzungsrechten sowie Geheimhaltungs- (NDA) und IP-Klauseln. Anschließend widmen wir uns Publisherverträgen mit typischen Klauseln (etwa Right of First Refusal, Exklusivität, Sequel- und Spin-off-Rechte) und dem IP-Management rund um Merchandise, DLCs, Add-ons, Nachfolger und Genre-Spin-Offs. Auch Vertriebsverträge und ihre Auswirkungen auf die Verwertung von Rechten werden beleuchtet. Ein eigenes Kapitel widmet sich Cross-Media-Rechten, also der rechtlichen Seite, wenn Spiele auf Filmen basieren oder umgekehrt Filme aus Spielen entstehen. Schließlich erfolgt ein Vergleich mit den vertraglichen Strukturen der Musik- und Filmindustrie, um Gemeinsamkeiten und Unterschiede herauszustellen.
Der Beitrag konzentriert sich auf das deutsche Recht, bezieht aber rechtsvergleichend auch das US-amerikanische System und Lizenzmodelle in Asien mit ein. Wichtige Gesetzesnormen und Gerichtsurteile (aus Deutschland und den USA) werden zitiert, um die Ausführungen zu untermauern. Die Darstellung erfolgt in juristisch-professioneller Sprache und richtet sich an Mandanten aus der Games-, Medien- und Musikbranche, welche eine fundierte Beratung zur Rechtekette in der Spieleentwicklung suchen.
Urheberrechtliche Grundlagen in der Spieleentwicklung
Ein Verständnis der Rechtekette im Game Development beginnt bei den urheberrechtlichen Grundlagen. Nach deutschem Urheberrecht gilt: Urheber eines Werks ist stets die natürliche Person, die es geschaffen hat (vgl. § 7 UrhG). Bei einem Videospiel gibt es jedoch zahlreiche Urheber: Programmierer, Grafiker, Game Designer, Komponisten usw. Jeder von ihnen hat an seinem jeweiligen Beitrag zunächst das Urheberrecht. Das heißt, das Urheberrecht entsteht automatisch mit der Schöpfung des jeweiligen Inhalts und verbleibt grundsätzlich beim Schöpfer. Dieses Urheberrecht ist nicht übertragbar (§ 29 Abs. 1 UrhG) – anders als etwa Eigentum an einer Sache kann man Urheberrechte in Deutschland nicht „verkaufen“. Übertragen werden können lediglich Nutzungsrechte, also Befugnisse, ein Werk auf bestimmte Weise zu verwenden (§ 31 UrhG).
Persönliche geistige Schöpfung und Miturheberschaft: Damit ein Inhalt überhaupt urheberrechtlich geschützt ist, muss er eine persönliche geistige Schöpfung sein (§ 2 Abs.2 UrhG). Reine Spielideen oder einfache Konzepte (etwa ein grobes Game-Design-Dokument) genießen noch keinen Schutz – geschützt ist erst die konkrete Ausgestaltung (Grafiken, Level-Design, Code, Texte usw.). Oft wirken mehrere Personen an einer konkreten Ausgestaltung mit. Erstellen sie einen Inhalt gemeinsam in untrennbarer Weise, können sie Miturheber werden (§ 8 UrhG). Dann steht ihnen das Urheberrecht gemeinschaftlich zu. In der Praxis wird bei Spielen jedoch meist jeder Beitrag separat betrachtet (zum Beispiel schreibt der Programmierer den Code – Software ist ein eigener Werktyp nach § 2 Abs.1 Nr.1, Nr.7 UrhG – und der Grafiker malt die Texturen – Kunstwerke nach § 2 Abs.1 Nr.4 UrhG). Somit entstehen viele einzelne Urheberrechte an den Bestandteilen des Spiels. Diese müssen später zu einer einheitlichen Rechtekette zusammengeführt werden.
Urheberpersönlichkeitsrechte: Wichtig ist, dass Urheber neben den Verwertungsrechten auch Urheberpersönlichkeitsrechte haben, etwa das Recht auf Anerkennung der Urheberschaft (Namensnennung, § 13 UrhG) und den Schutz vor Entstellung des Werks (§ 14 UrhG). Diese Persönlichkeitsrechte bleiben stets beim Urheber und können nicht übertragen oder abgetreten werden. Im Game Development spielt das im Vergleich zur Kunst zwar eine geringere Rolle (die breite Öffentlichkeit kennt selten den einzelnen Level-Designer beim Namen), doch bei Credits in Spielen oder bei nachträglichen Änderungen am Artwork kann das relevant werden. In der Praxis werden Mitarbeiter oder Dienstleister oft vertraglich dazu verpflichtet, auf eine Nennung als Urheber zu verzichten bzw. Änderungen zuzustimmen, soweit rechtlich zulässig. Solche Klauseln müssen jedoch die Grenzen des § 14 UrhG beachten – ein Urheber kann nicht vollständig auf den Schutz vor entstellenden Änderungen verzichten.
Nutzungsrechte und Zweckübertragungsgrundsatz: Weil das Urheberrecht selbst beim Schöpfer verbleibt, wird in Verträgen typischerweise die Einräumung von Nutzungsrechten vereinbart. Ein Nutzungsrecht erlaubt dem Inhaber, das Werk in bestimmter Weise zu nutzen (z.B. zu vervielfältigen, zu verbreiten, öffentlich zugänglich zu machen, siehe § 15 UrhG für die möglichen Verwertungsarten). Nutzungsrechte können einfach (nicht exklusiv, neben dem Urheber dürfen auch andere das Werk nutzen) oder ausschließlich (exklusiv, nur der Rechtenehmer darf nutzen, der Urheber selbst kann es dann nicht mehr nutzen) eingeräumt werden (§ 31 Abs.2 UrhG). Im Spielebereich wird angestrebt, dass am Ende ein Unternehmen alle erforderlichen Rechte exklusiv hat, um das Spiel weltweit auswerten zu können. Zentral ist dabei der Zweckübertragungsgrundsatz (§ 31 Abs.5 UrhG): Danach gilt, dass ein Urheber im Zweifel nur so viele Rechte einräumt, wie zur Erreichung des Vertragszwecks nötig sind. Alle nicht ausdrücklich eingeräumten Nutzungsrechte verbleiben beim Urheber. Zweifel bei unklaren Vertragsbestimmungen gehen zugunsten des Urhebers. Dieser Grundsatz hat der Bundesgerichtshof (BGH) in ständiger Rechtsprechung bestätigt – Verträge über urheberrechtliche Nutzungsrechte sind eng auszulegen, weil man annimmt, dass ein Urheber seine Rechte nicht weitergehend abgeben will als notwendig. Für die Praxis heißt das: Verträge müssen klar und umfassend die Nutzungsrechte aufzählen, die der Auftraggeber oder Publisher erhalten soll. Andernfalls könnte später der Entwickler argumentieren, bestimmte Verwertungsarten (z.B. eine neue Plattform oder ein Spin-off) seien gar nicht von der Rechteeinräumung umfasst gewesen.
Werke unter Mitwirkung mehrerer und Sammelwerke: Ein Videospiel als Gesamtheit ist oft ein sog. multimediales Werk, das verschiedene Werkformen vereint (Softwarecode, Grafik, Musik, Text). Nach deutschem Recht entsteht daraus nicht automatisch ein einheitliches Urheberrecht an dem „Spiel“. Stattdessen hat jeder Urheber sein Recht am eigenen Beitrag. Allerdings gibt es das Konzept des verbundenen Werks bzw. Sammelwerks (§ 4 UrhG): Fügt jemand einzelne Werke zu einem neuen Werk zusammen (z.B. Level-Designer integriert Grafiken, Code und Musik zu einem spielbaren Level), kann dieses Gesamtwerk selbst urheberrechtlich geschützt sein (als Sammelwerk oder Datenbankwerk), aber ohne die Rechte an den Einzelwerken zu schmälern. In der Praxis sorgt man durch Verträge dafür, dass die Nutzung aller Einzelteile erlaubt ist und damit das Gesamtprodukt störungsfrei genutzt und vermarktet werden kann. Im Ergebnis steht am Ende idealerweise ein Unternehmen (z.B. das Entwicklerstudio oder der Publisher) als Inhaber aller maßgeblichen Nutzungsrechte am Spiel. Die Etablierung dieser Rechtekette – vom einzelnen Urheber über eventuelle Zwischenstationen bis zum finalen Rechteinhaber – erfolgt durch diverse Verträge, auf die wir nun im Einzelnen eingehen.
Verträge mit Mitarbeitern und externen Dienstleistern (Werkverträge, NDA, IP-Klauseln)
Ein wesentlicher Baustein der Rechtekette sind die Verträge mit denjenigen, die das Spiel tatsächlich erstellen – seien es interne Mitarbeiter eines Entwicklerstudios oder externe Dienstleister und Freelancer, die zuarbeiten. Hier werden die Grundlagen gelegt, damit das Unternehmen später über die Verwertungsrechte am Spiel verfügen kann. Wir betrachten zunächst die Situation bei fest angestellten Mitarbeitern (Arbeitnehmern), dann bei externen Dienstleistern/Freelancern (Werkvertragspartnern), und gehen anschließend auf typische Geheimhaltungs- und IP-Klauseln ein.
Angestellte Entwickler und Mitarbeiter
In Deutschland gilt auch für Arbeitnehmer: Der arbeitnehmende Programmierer oder Grafiker bleibt Urheber der von ihm geschaffenen Werke. Es gibt – anders als in den USA – keine allgemeine “work for hire”-Regel im Urheberrecht, wonach automatisch der Arbeitgeber Urheber würde. Das deutsche Urheberrecht kennt nur in Sonderfällen automatische Rechteübertragungen an den Arbeitgeber. Ein wichtiger Sonderfall sind Computerprogramme: § 69b UrhG bestimmt, dass bei einem im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses geschaffenen Computerprogramm der Arbeitgeber das ausschließliche Nutzungsrecht erhält, sofern nichts anderes vereinbart ist. Diese Vorschrift erleichtert im Softwarebereich die Rechtekette erheblich, denn der Arbeitgeber muss hier nicht jeden Entwickler einzeln die Rechte am Quellcode abtreten lassen – es geschieht kraft Gesetzes. Beispiel: Programmiert ein festangestellter Mitarbeiter den Code der Game-Engine oder Gameplay-Module, erwirbt das Studio nach § 69b UrhG automatisch die ausschließlichen Nutzungsrechte am Code. Allerdings gilt § 69b UrhG ausschließlich für Software. Andere kreative Beiträge zum Spiel (Grafiken, 3D-Modelle, Dialogtexte, Story, Soundeffekte, Musik, Leveldesign etc.) sind keine Computerprogramme im engeren Sinne und fallen somit nicht unter diese automatische Regelung.
Vertragliche Rechteübertragung in Arbeitsverträgen: Um die Lücke zu schließen, enthalten Arbeitsverträge in der Games-Branche IP-Klauseln, die sicherstellen, dass auch an allen nicht-Software-Werken, die der Mitarbeiter erschafft, die nötigen Nutzungsrechte auf den Arbeitgeber übergehen. Typischerweise wird formuliert, dass der Arbeitnehmer “dem Arbeitgeber an sämtlichen im Rahmen seiner Tätigkeit geschaffenen urheberrechtlich geschützten Werken die ausschließlichen, zeitlich, räumlich und inhaltlich unbeschränkten Nutzungsrechte einräumt”. Eine solche Klausel deckt z.B. vom Mitarbeiter gezeichnete Konzeptgrafiken oder geschriebene Story-Dialoge ab. Wichtig: Inhalt, Dauer und Gebiet der Nutzungsrechteeinräumung sollten umfassend beschrieben sein, um dem Zweckübertragungsgrundsatz gerecht zu werden. Meistens will der Arbeitgeber alle denkbaren Verwertungsrechte (Vervielfältigung, Verbreitung, öffentliche Zugänglichmachung, Bearbeitung, usw.) weltweit und für die komplette Schutzdauer (in Deutschland 70 Jahre post mortem des Urhebers). Oft findet sich daher im Vertrag ein Passus wie:
“Der Angestellte überträgt hiermit dem Arbeitgeber sämtliche ausschließlichen Nutzungsrechte an allen Arbeitsergebnissen, insbesondere an Computerprogrammen (§ 69b UrhG), Grafiken, Texten, audiovisuellen Sequenzen und sonstigen geschaffenen Werken. Die Rechteübertragung erfolgt für alle bekannten und unbekannten Nutzungsarten, unbeschränkt in Zeit, Raum und Inhalt. Der Arbeitgeber ist berechtigt, die Werke zu bearbeiten, umzugestalten, Titel zu vergeben und die Werke mit anderen zu verbinden. Der Angestellte verzichtet auf das Recht zur Urhebernennung. Im Übrigen wird der Angestellte auf Verlangen in eine gesonderte schriftliche Rechteübertragung einwilligen, soweit dies zur Rechtswirksamkeit nach ausländischem Recht erforderlich sein sollte.”
Durch eine solche Klausel wird der Arbeitgeber faktisch zum wirtschaftlichen Rechteinhaber aller vom Mitarbeiter geschaffenen Inhalte. Zu beachten ist allerdings: Ein vollständiger “Rechtekauf” wie im anglo-amerikanischen Raum (Work Made for Hire) ist nach deutschem Recht formal gesehen eine Einräumung von Nutzungsrechten. Das Urheberrecht an sich bleibt – zumindest theoretisch – beim Mitarbeiter. Praktisch hat der Mitarbeiter aber keine Verwertungsrechte mehr und somit keine Kontrolle über die Nutzung seines Werkes.
Moralische Rechte im Arbeitsverhältnis: Ein kniffliger Punkt sind die Urheberpersönlichkeitsrechte der Mitarbeiter. Diese kann man nicht einfach vertraglich “abschalten”. Ein Arbeitgeber möchte aber z.B. frei bearbeiten dürfen, ohne dass der Urheber § 14 UrhG (Entstellungsverbot) geltend macht. In der Praxis werden daher oft Vereinbarungen getroffen, dass der Mitarbeiter auf die Ausübung seiner Urheberpersönlichkeitsrechte verzichtet, soweit gesetzlich zulässig. Beispielsweise erklärt er sich einverstanden, dass das Unternehmen Änderungen an seinen Grafiken oder Texten vornehmen darf (etwa um sie ins Englische zu übersetzen oder an technische Erfordernisse anzupassen). Auch die Urhebernennung wird häufig vertraglich abbedungen – Spiele werden meist unter dem Namen des Studios bzw. Publishers veröffentlicht, nicht unter Nennung jedes einzelnen Mitwirkenden. Solche Verzichtsklauseln sind wirksam, solange der Kern des Urheberpersönlichkeitsrechts nicht ausgehöhlt wird. Die Rechtsprechung lässt z.B. zu, dass ein Urheber auf die Nennung verzichten kann, da dies seinem Interesse, anonym zu bleiben, sogar entsprechen kann. Ebenso darf er im Voraus Änderungen gestatten, sofern keine entstellende Verstümmelung droht. In der Games-Branche sind solche Klauseln üblich, um dem Arbeitgeber maximale Flexibilität zu geben.
Internationaler Aspekt – Arbeitnehmer in anderen Ländern: Viele Studios arbeiten global, mit Teammitgliedern in verschiedenen Ländern. Hier ist zu beachten, dass die Regeln zum Urheberrecht im Arbeitsverhältnis von Land zu Land variieren. In den USA gilt das Konzept des “Work Made for Hire”: erstellt ein Angestellter ein Werk in Ausübung seiner Tätigkeit, gilt der Arbeitgeber nach US-Copyright-Law als rechtmäßiger Autor von Anfang an (17 U.S.C. § 201(b)). Der Mitarbeiter hat dann kein Urheberrecht inne. Auch bei Freien kann in den USA ein Werk-for-hire vorliegen, wenn ein schriftlicher Vertrag das ausdrücklich festlegt und das Werk in eine der zulässigen Kategorien fällt (z.B. „part of a collective work“ – was man nutzen kann, um z.B. ein Spiel als gemeinsames Werk zu deklarieren). Dieses System führt in den USA dazu, dass Spielefirmen in der Regel vollständig als Urheber und Rechteinhaber der entwickelten Spiele gelten. In Japan existiert ein ähnliches Prinzip, allerdings an Bedingungen geknüpft: Das Werk muss im Rahmen der betrieblichen Aufgaben entstanden und unter dem Namen des Unternehmens veröffentlicht worden sein, und es darf keine gegenteilige Vereinbarung geben (Art. 15 japan. UrhG). Dann geht das Urheberrecht auf den Arbeitgeber über. Ausgenommen sind in Japan allerdings Computerprogramme – hier braucht es wiederum eine vertragliche Regelung. In China ist die Rechtslage ebenfalls interessant: Nach chinesischem Urheberrecht hält grundsätzlich der Schöpfer das Urheberrecht, auch als Angestellter, außer das Werk wurde in Erfüllung der dienstlichen Pflichten geschaffen und es wurde vertraglich oder in internen Vorschriften festgelegt, dass die Rechte dem Arbeitgeber zustehen. Viele ausländische Firmen vereinbaren daher in Arbeitsverträgen in China ausdrücklich eine Rechteübertragung auf das Unternehmen.
Zusammenfassung Mitarbeiterrechte: Für ein deutsches Studio ist es essenziell, mit jedem Mitarbeiter eine schriftliche Vereinbarung zu haben, die alle erdenklichen Nutzungsrechte abdeckt – trotz § 69b UrhG, der nur Software umfasst. International tätige Studios müssen berücksichtigen, welches Recht anwendbar ist (oft wird im Vertrag festgelegt, dass deutsches Recht gilt, sofern der Mitarbeiter im Ausland tätig ist, was aber nur bedingt sicher greift). Wichtig ist, dass kein “Rechtsloch” entsteht, etwa ein Künstler im Ausland, der nach lokalem Recht noch Rechte hätte. Verträge sollten deshalb klar regeln, dass das Ergebnis der Arbeit dem Unternehmen zur umfassenden Nutzung zur Verfügung steht.
Externe Dienstleister, Freelancer und Werkverträge
Neben festen Mitarbeitern bedienen sich viele Entwickler und Publisher externer Dienstleister: Sei es der freiberufliche Konzeptkünstler, ein Composer, ein Synchronsprecher, ein outsourcing-Studio für 3D-Animationen oder auch Testspieler und Berater. Diese externen Partner stehen in keinem Arbeitsverhältnis; ihre Zusammenarbeit wird meist über Werkverträge oder Dienstverträge geregelt. Aus Sicht der Rechtekette ist das Risiko hier sogar höher als bei Mitarbeitern, da ohne klare vertragliche Regelung die vollen Urheberrechte beim externen Dienstleister verbleiben! Es gelten nicht automatisch §§ 69b UrhG oder Work-for-hire, da kein Arbeitsverhältnis vorliegt.
Werkvertrag vs. Dienstvertrag: Zunächst zur Begrifflichkeit: Im Werkvertrag (§ 631 BGB) schuldet der Dienstleister einen bestimmten Erfolg, typischerweise die Lieferung eines vereinbarten Werkes (z.B. “Erstellung von 10 3D-Charaktermodellen gemäß Spezifikation X”). Im Dienstvertrag (§ 611 BGB) schuldet er nur das Bemühen einer Tätigkeit, keinen garantierten Erfolg (z.B. “Beratung als Game-Design-Experte für 3 Monate, durch regelmäßige Meetings und Feedback”). In der Game-Branche werden kreative Leistungen fast immer als Werkvertrag formuliert, weil konkrete Ergebnisse erzielt werden sollen. Das hat auch Auswirkungen auf die Rechte: In der Regel enthält ein Werkvertrag direkt die Abrede, dass mit Ablieferung des Werkes und Zahlung des Honorars die Rechte übergehen.
Nutzungsrechtsklauseln im Werkvertrag: Ein externer Grafikdesigner, der z.B. Figuren entwirft, hat zunächst das Urheberrecht an seinen Zeichnungen. Daher müssen im Vertrag alle benötigten Nutzungsrechte übertragen werden. Eine typische Klausel könnte lauten:
“Der Auftragnehmer überträgt dem Auftraggeber an den im Rahmen dieses Vertrags geschaffenen Werken (einschließlich aller Entwürfe, Grafiken, Modelle, Animationen, Texte und sonstigen Inhalte) das ausschließliche, zeitlich, räumlich und inhaltlich unbeschränkte Nutzungsrecht. Die Rechteeinräumung umfasst sämtliche bekannten Nutzungsarten, insbesondere das Recht zur Vervielfältigung, Verbreitung, öffentlichen Zugänglichmachung, Ausstellung, Vorführung, Sendung sowie das Recht zur Bearbeitung und Weiterentwicklung der Werke. Der Auftraggeber ist berechtigt, die Werke im Rahmen des Computerspiels [Name/Titel] sowie für darauf basierende Produkte (z.B. Fortsetzungen, Erweiterungen, Merchandise) nach Belieben zu verwenden und auch Dritten Nutzungsrechte hieran einzuräumen oder zu übertragen. Mit der vereinbarten Vergütung sind sämtliche Nutzungsrechte abgegolten.”
Eine solche umfassende Formulierung stellt sicher, dass das Studio bzw. der Publisher das vom Freelancer gelieferte Material beliebig nutzen kann, inklusive Abwandlungen (wichtig z.B. falls das 3D-Modell später für ein Sequel modifiziert wird) und Folgeprodukte. Wichtig ist auch die Erwähnung von Merchandising und weiterer Medien, da dies sonst als andere Nutzungsart gelten könnte. Beispielsweise könnte ein Illustrator theoretisch untersagen, dass seine Figurendesigns auf T-Shirts gedruckt werden, falls im Vertrag nur von “Verwendung im Spiel” die Rede war. Daher wird die Nutzung über das Spiel hinaus (Merchandise, Trailer, Spin-Offs etc.) idealerweise mit abgedeckt.
Werkverträge mit „Lieferung Zug um Zug“: In umfangreichen Projekten werden Werkverträge oft in Meilensteine aufgeteilt. Es ist üblich – besonders bei größeren Auftragsentwicklungen – die Rechte jeweils Zug um Zug mit der Zahlung des Meilensteins zu übertragen. Das heißt, nach Fertigstellung und Bezahlung eines Teils der Arbeit gehen die Rechte daran auf den Auftraggeber über. Dadurch soll verhindert werden, dass der Auftraggeber Geld investiert, aber am Ende ohne Rechte dasteht, falls das Projekt abgebrochen wird. Umgekehrt erhält der Dienstleister für jeden abgelieferten Teil seine Vergütung und behält bis zur Zahlung noch ein Zurückbehaltungsrecht an den gelieferten Dateien. Dieses Modell (Schritt-für-Schritt-Übertragung) hat der Vorteil, dass der Auftraggeber bereits Teilergebnisse nutzen kann, sollte der Vertrag vorzeitig enden. Andernfalls hätte der Auftraggeber ggf. viel gezahlt, aber alle Rechte lägen noch beim Dienstleister, was problematisch wäre, wenn man z.B. schon Grafiken im Spiel hat. Rechtlich wird bei Zug-um-Zug oft vereinbart, dass mit der Abnahme jedes Meilensteins und dessen Bezahlung automatisch die Nutzungsrechte daran exklusiv auf den Auftraggeber übergehen.
Gewährleistung der Rechtekette und Garantien: Gerade bei externen Dienstleistern muss der Vertrag auch regeln, dass nur eigene oder entsprechend lizenzierten Inhalte geliefert werden. Der Entwickler will nicht riskieren, dass ein Freelancer etwa fremdes Material einbaut (z.B. eine Textur aus dem Internet kopiert), an dem er gar keine Rechte hat. Deshalb enthalten IP-Klauseln fast immer eine Zusicherung des Dienstleisters, dass die gelieferten Werke frei von Rechten Dritter sind, und dass er alle erforderlichen Rechte eingeholt hat. Oft wird konkret erwähnt, dass der Dienstleister z.B. keine geschützten Marken, Logos, urheberrechtlich geschützten Vorlagen oder Musikstücke Dritter verwenden darf, außer dies wurde vom Auftraggeber genehmigt. Falls der Dienstleister selbst Hilfsmittel benutzt (z.B. Stock-Assets, Libraries), muss er garantieren, dass die entsprechende Nutzung im Spiel vom Vertrag gedeckt ist. Zudem wird eine Freistellungsklausel (indemnification) vereinbart: Sollte doch ein Dritter Ansprüche wegen Rechtsverletzungen stellen, stellt der Dienstleister den Auftraggeber von allen Schäden und Kosten frei. Solche Klauseln sind gerade im internationalen Kontext wichtig, wenn Dienstleister etwa aus Ländern kommen, wo Copyright anders gehandhabt wird – das Risiko wird vertraglich auf den Dienstleister abgewälzt.
Besondere Fälle: Musiker und Verwertungsgesellschaften: Ein typischer Stolperstein in der Rechtekette sind Musikkompositionen, die von externen Komponisten stammen. Viele Musiker sind Mitglieder von Verwertungsgesellschaften wie der GEMA. Wenn ein Komponist einen Wahrnehmungsvertrag mit der GEMA hat, hat er fast alle Nutzungsrechte an seinen zukünftigen Werken bereits exklusiv an die GEMA übertragen. Das bedeutet: Selbst wenn der Komponist vertraglich dem Entwicklerstudio alle Rechte an der Spielmusik einräumt, kann er diese Zusage nicht erfüllen, weil die GEMA (stellvertretend für ihn) über z.B. das öffentliche Aufführungsrecht oder das Vervielfältigungsrecht für Tonträger wacht. In solchen Fällen muss das Studio die Musiknutzung mit der GEMA abrechnen – was teuer und kompliziert sein kann, insbesondere weil ein Spiel typischerweise keine eigenständigen Musik-Tonträger veröffentlicht. Aus diesem Grund wird oft darauf geachtet, dass beauftragte Komponisten nicht Mitglied einer Verwertungsgesellschaft sind. Im Vertrag mit dem Komponist steht dann ausdrücklich, dass er versichert, keinem Wahrnehmungsvertrag (etwa mit GEMA) beigetreten zu sein. Sollte er es doch sein, muss er das mitteilen, und der Vertrag kann ggf. aufgehoben werden. Die deutsche Rechtsprechung hat hier die sogenannte “GEMA-Vermutung” entwickelt: Danach wird zugunsten der GEMA vermutet, dass sie die Rechte an einem Musikstück wahrnimmt, sofern der Urheber GEMA-Mitglied ist und das Stück veröffentlicht wurde. Das heißt, ein Spieleentwickler müsste im Streitfall beweisen, dass der Komponist nicht GEMA-Mitglied ist, um nicht zahlen zu müssen. Daher die Vorsichtsmaßnahme, GEMA-Mitglieder gar nicht erst zu beauftragen, oder wenn doch, dann nur nach Sondervereinbarungen. – Dieses Beispiel zeigt, wie wichtig die lückenlose Rechtekette ist: Ein unbedacht engagierter Komponist mit GEMA-Bindung könnte dazu führen, dass das Spiel z.B. auf Messen oder Streams nicht ohne GEMA-Gebühren mit Musik gezeigt werden darf. Entsprechende vertragliche Klauseln und Prüfungen im Vorfeld sind also ein Muss.
Geheimhaltungsvereinbarungen (NDA): Sowohl mit Mitarbeitern als auch mit externen Dienstleistern werden Geheimhaltungsvereinbarungen (Non-Disclosure Agreements) geschlossen. In der Games-Branche oft schon bevor detaillierte Gespräche beginnen, unterschreibt der potenzielle Partner eine NDA. Darin verpflichtet er sich, sämtliche vertrauliche Informationen über das Projekt, die ihm bekannt werden, geheim zu halten und nicht an Dritte weiterzugeben oder für eigene Zwecke zu nutzen. Für die Rechtekette ist ein NDA zwar indirekt relevant – es schützt keine Urheberrechte, aber es verhindert, dass Ideen oder nicht veröffentlichte Assets unautorisiert nach außen gelangen. Beispielsweise möchte ein Entwickler vermeiden, dass ein Freelancer Konzeptgrafiken des neuen Spiels auf seiner Webseite veröffentlicht, bevor das Spiel angekündigt ist. NDAs enthalten oft auch Klauseln, die klarstellen, dass alle Unterlagen und Materialien Eigentum des Auftraggebers bleiben und nach Ende der Zusammenarbeit zurückzugeben oder zu löschen sind. Außerdem wird geregelt, dass die Geheimhaltung auch nach Beendigung der Zusammenarbeit fortwirkt (oft unbegrenzt, oder zumindest bis zur öffentlichen Veröffentlichung des betreffenden Projekts).
IP-Klauseln und Rechte an Vorarbeiten: In manchen Fällen bringt ein Dienstleister eigene bereits bestehende Materialien mit ins Projekt (z.B. ein selbstentwickeltes Tool, ein eigenes Template etc.). Hier können vertragliche IP-Klauseln regeln, wem diese Pre-Existing Materials gehören und wie sie genutzt werden dürfen. Üblich ist, dass der Dienstleister daran die Rechte behält, aber dem Studio ein Nutzungsrecht einräumt, soweit es ins Spiel eingebunden wird. Ebenso achten Auftragnehmer darauf, dass sie Referenzrechte bekommen – in der Kreativbranche möchte ein Freelancer das geschaffene Werk später als Referenz im Portfolio zeigen dürfen. Viele Verträge gewähren dieses Recht ausdrücklich, jedoch erst nach Release des Spiels und oft nur in beschränkter Form (z.B. Ausschnitte, kein kompletter Source-Code oder gesamte Assets öffentlich).
Zwischenfazit externe Verträge: Werkverträge mit externen sind ein potentielles Risiko für die Rechtekette, wenn sie nicht wasserdicht formuliert sind. Alle urheberrechtlichen Nutzungsrechte müssen eindeutig geregelt und vom Dienstleister auf den Auftraggeber übertragen werden. Darüber hinaus sind Zusicherungen einzuholen, dass keine Rechte Dritter verletzt werden, und es ist für Geheimhaltung zu sorgen. Gelingt dies, fügen sich die Beiträge der Freelancer nahtlos in die Rechtekette ein, und das Studio bzw. der Publisher kann das Gesamtprodukt später ohne Einschränkungen verwerten.
Besonderheiten: KI-generierter Content
Ein vergleichsweise neues Thema in der Rechtekette sind KI-generierte Inhalte. Künstliche Intelligenz kann heute Grafiken, Dialogtexte oder sogar Musik generieren. Viele Entwickler nutzen z.B. Tools wie neuronale Netzwerke, um prozedural Landschaften oder Item-Beschreibungen zu erstellen. Hier stellt sich die Frage: Wer hält die Rechte an einem von KI generierten Werk? Und gibt es überhaupt urheberrechtliche Rechte daran?
Urheberrechtlicher Status KI-generierter Werke: Nach derzeitiger Rechtslage in Deutschland sind rein KI-generierte Inhalte nicht urheberrechtlich geschützt. § 2 Abs.2 UrhG verlangt eine persönliche geistige Schöpfung – also ein menschliches Schaffen. Eine Maschine oder Software als solche kann kein Urheber sein. Wenn also z.B. mittels eines Textgenerators (ohne wesentliche menschliche Bearbeitung) ein Quest-Text erzeugt wird, hat dieser Text keinen Urheberrechtsschutz. Niemand – weder der Entwickler noch der KI-Tool-Anbieter – hat ein Urheberrecht daran, da es keinen menschlichen Schöpfer gibt. Die Folge: Jeder Dritte könnte theoretisch diesen Text verwenden, kopieren oder veröffentlichen, ohne den Entwickler zu fragen. Das gleiche gilt für KI-Bilder aus Tools wie Midjourney: Werden sie 1:1 ins Spiel übernommen, genießen sie keinen Schutz, können also von anderen frei kopiert werden. Für die Rechtekette bedeutet das einen Bruch im Exklusivitätsanspruch: Das Studio hat zwar keine fremden Urheber, die Rechte geltend machen könnten, aber eben auch selbst kein durchsetzbares Urheberrecht. Damit fehlt die Grundlage, um Dritten die Nutzung zu untersagen. Gerade wenn ein Spiel auf markanten Charakterporträts oder Artworks basiert, die per KI erstellt wurden, könnte ein Konkurrent diese Grafiken ohne Lizenz verwenden – ein erhebliches Risiko für die Vermarktung und Monetarisierung (z.B. in Form von Merchandise).
Strategien im Umgang mit KI-Inhalten: Die Praxis hat darauf erste Antworten gefunden. Es empfiehlt sich, KI-Generierte Inhalte stets nachzubearbeiten, sodass eine menschliche Schöpfungshöhe hinzukommt. Zum Beispiel könnte ein Game Artist KI-erstellte Konzeptkunst als Grundlage nehmen, aber dann manuell übermalen, Details hinzufügen und das Ergebnis kreativ umgestalten. Dadurch entstehen eigensschöpferische Züge des menschlichen Bearbeiters, und das Endresultat wird wiederum zum schützbaren Werk. Der Urheber wäre der menschliche Bearbeiter. Dieser Ansatz – KI als Hilfsmittel, nicht als autonomer Schöpfer – ermöglicht es, Effizienzgewinne durch KI zu nutzen, ohne den Rechtsschutz vollständig aufzugeben. Allerdings muss klar sein, dass der Schutzumfang dann nur die vom Menschen eingebrachten Elemente umfasst. Je substantieller der menschliche Anteil, desto sicherer ist die Schutzfähigkeit.
Wenn KI-Inhalte ohne (oder mit minimaler) Bearbeitung verwendet werden, sollte man sie eher für unwesentliche Bereiche einsetzen: etwa zufällig generierte NPC-Dialoge oder Hintergrundgrafiken, bei denen es weniger auf Exklusivität ankommt. Im Team sollte dokumentiert werden, was vollautomatisch erzeugt wurde und was menschlich angepasst ist, um später Klarheit zu haben, welche Teile urheberrechtlich gesichert sind.
Vertrags- und Lizenzfragen bei KI-Tools: Noch eine andere Facette: Die Nutzung von KI-Generatoren erfolgt oft auf Grundlage von Nutzungsbedingungen der Anbieter (z.B. Terms of Service von OpenAI, Midjourney etc.). Diese regeln, wem die Verwertungsrechte am Output zustehen. Häufig gewähren die Anbieter dem Nutzer umfassende Rechte am generierten Output. Das ändert nichts daran, dass kein Urheberrecht entsteht, aber zumindest vertraglich darf der Entwickler den Output nutzen und Dritte (der KI-Anbieter) werden keine Ansprüche erheben. Allerdings haben viele Tools Klauseln, die z.B. verlangen, dass man keine rechtswidrigen Prompt-Eingaben macht oder Ausgaben nicht für bestimmte Zwecke einsetzt. Hier ist also ein neuer Punkt in der Rechtekette: Lizenzbedingungen des KI-Anbieters. Ein Verstoß (z.B. wenn jemand mit geklauten Bildern die KI trainiert) kann die Lizenz verletzen und dem Anbieter theoretisch Rechte geben, die Nutzung zu untersagen. Zudem stellt sich bei KI-Texturen oder KI-Soundeffekten die Frage, ob der KI-Anbieter eventuell das Output-Material weiterverwendet oder in seinen Datensätzen speichert – was bei sensiblen internen Inhalten (Leveldesign, geheime Figurenentwürfe) datenschutz- oder vertraulichkeitsrechtlich problematisch sein kann. Deshalb gehen große Studios dazu über, eigene KI-Modelle auf internen Daten zu trainieren, damit nichts nach außen dringt.
Urheberrechte Dritter im Training: Noch komplexer ist das Thema, ob die Nutzung von KI generierten Inhalten die Urheberrechte Dritter verletzen kann. KI-Modelle werden mit Unmengen an Daten (Bildern, Texten etc.) trainiert, oft aus dem Internet gesammelt. Dabei werden selbstverständlich auch urheberrechtlich geschützte Werke kopiert und verarbeitet. Das Training an sich kann je nach Jurisdiktion als zulässiges Data-Mining gelten (in der EU gibt es in § 44b UrhG eine Schrankenregelung, die unter bestimmten Umständen das automatisierte Auswerten rechtmäßig zugänglicher Werke erlaubt). Allerdings darf kein Nutzungsvorbehalt entgegenstehen – viele Künstler haben inzwischen in ihren Bildern „do not train“ Vermerke oder es gibt Metadaten/Wasserzeichen, die Training untersagen sollen. Wenn ein KI-Modell unter Verletzung solcher Verbote trainiert wurde, könnten die Trainingsergebnisse mit einem Makel behaftet sein.
Für die Spielentwicklung bedeutet dies: Verwendet man ein fremdes KI-Modell, weiß man nicht sicher, ob dieses Modell sauber trainiert wurde. Sollte sich später herausstellen, dass z.B. ein KI-Bild klar erkennbare Elemente eines geschützten fremden Kunstwerks enthält (weil das Modell dieses praktisch „reproduziert“ hat), könnte der Urheber des Originals Ansprüche geltend machen. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein generisches KI-Tool zufällig ein fremdes Werk praktisch kopiert, ist zwar gering – aber es gab schon Fälle, in denen KI-Bilder charakteristische Merkmale von bestimmten Künstlern aufwiesen, was deren Urheberrechte tangieren kann.
Die große Spieleplattform Steam (Valve) hat reagiert: Valve weigert sich, Spiele mit KI-Generierten Inhalten zu veröffentlichen, solange die Rechtslage ungeklärt ist. In einem bekannt gewordenen Fall erhielt ein Entwickler von Valve eine Absage für sein Spiel, da es KI-generierte Grafiken enthielt, die offenbar auf urheberrechtlich geschütztes Material Dritter zurückgriffen. Valve verlangte den Nachweis, dass der Entwickler alle Rechte an den Werken besitzt, die im Trainingsdatensatz der KI enthalten waren. Ein praktisch unmögliches Ansinnen, da der Entwickler das KI-Modell nicht selbst trainiert hatte. Diese strikte Haltung zeigt, dass zumindest einige Marktakteure das Risiko als hoch einschätzen und im Zweifel keine unauthorisierten KI-Inhalte dulden wollen, um keine Rechtsverletzungen zu fördern.
Fazit KI im Rechtekettensystem: Für Entwickler bedeutet das: Wenn KI eingesetzt wird, sollte dies mit Umsicht geschehen. Verträge mit externen Dienstleistern könnten Klauseln enthalten, die den Einsatz von KI regeln – etwa dass der Freelancer kein KI-Tool verwenden darf, um das beauftragte Werk zu erstellen, ohne Zustimmung. Intern sollten Unternehmen festlegen, wann KI genutzt wird und wie man sicherstellt, dass die Ergebnisse entweder unbedenklich (weil gemeinfrei oder geringwertig) sind oder durch menschliche Bearbeitung schutzfähig gemacht werden. Bis zur Klärung in Gesetzgebung oder Rechtsprechung (weltweit wird über den Urheberrechtsschutz von KI-Werken diskutiert) gilt: Lieber die KI als kreativen Assistenten nutzen, nicht als alleinigen Künstler – dann bleibt die Rechtekette auch hier unter Kontrolle des Menschen. Im Zweifel ist es besser, auf KI-Content dort zu verzichten, wo man später exklusive Rechte benötigt (z.B. Hauptcharaktere, Story-Illustrationen), und KI eher für generische Inhalte einzusetzen.
Publisher-Verträge: Rechteübertragung, Exklusivität und typische Klauseln
Ist ein Spiel einmal entwickelt oder in Entwicklung, kommt meist ein Publisher ins Spiel. Publisher übernehmen Finanzierung, Marketing und Vertrieb eines Games – und verlangen im Gegenzug umfangreiche Rechte. Der Publishing-Vertrag steht somit im Zentrum der Rechtekette: Hier entscheidet sich, wer letztlich die Rechte am fertigen Spiel hält und in welchem Umfang. Wir betrachten die typischen Klauseln eines Publisher-Vertrags aus rechtlicher Sicht, insbesondere in Bezug auf IP (Intellectual Property) und Verwertungsrechte. Themen sind u.a. die Übertragung von Nutzungsrechten, Exklusivität, Optionen auf Fortsetzungen (Right of First Refusal), Sequels/Spin-offs und andere branchenübliche Regelungen.
Man kann grob zwei Modelle unterscheiden: Auftragsentwicklung (der Publisher beauftragt den Entwickler im Wege eines Werkvertrags, das Spiel für ihn zu erstellen – hier behält am Ende meist der Publisher die IP) und Lizenzmodell (der Entwickler hat ein fertiges oder weit entwickeltes Spiel und gibt dem Publisher “nur” die Vertriebs- und Marketingrechte – hier kann die IP beim Entwickler verbleiben). In der Praxis gibt es viele Mischformen. Wichtig ist, dass im Vertrag klar definiert wird, welche Partei Eigentümer der Rechte am Spiel ist bzw. wird.
Geistiges Eigentum am Spiel: IP-Klausel
Ein Kernstück jedes Publishing-Deals ist die IP-Klausel, die festlegt, wem die geistigen Eigentumsrechte am Spiel gehören. Hier gibt es zwei Extreme und diverse Zwischenstufen:
- Publisher als IP-Inhaber: Häufig insbesondere bei großen Publishern und finanzierten Projekten. Der Vertrag kann etwa lauten: “Der Entwickler überträgt hiermit sämtliche Urheber- und Leistungsschutzrechte sowie sonstige Rechte am Spiel und allen dazugehörigen Materialien auf den Publisher.” In der deutschen Terminologie wäre das streng genommen eine Einräumung ausschließlicher, übertragbarer Nutzungsrechte an allen Werken (Grafiken, Code, Audio etc.), da die Urheberschaft an sich nicht übertragen werden kann. Zusätzlich wird meist geregelt, dass der Publisher alle künftigen Weiterentwicklungen, Patches, Add-ons usw. ebenfalls abgedeckt bekommt. Damit ist der Publisher Inhaber der Verwertungsrechte und kann das Spiel nach Belieben vermarkten. Der Entwickler tritt in diesem Modell primär als Auftragnehmer auf und hat nach Fertigstellung und Ablieferung keine eigenen Verwertungsrechte mehr. Dieses Modell entspricht dem klassischen “Werkvertrag mit Rechtekauf”. Oft wird es so gestaltet, dass schon während der Entwicklung schrittweise Rechte übergehen (wie vorher erwähnt), um den Publisher bei Zahlungen abzusichern.
- Entwickler bleibt IP-Inhaber: Insbesondere bei unabhängigen Studios oder sogenannten Indie-Publishing-Verträgen behält der Entwickler das geistige Eigentum an seinem Spiel. Der Vertrag formuliert dann z.B.: “Alle Urheberrechte am Spiel verbleiben beim Entwickler. Der Entwickler räumt dem Publisher jedoch die folgenden ausschließlichen Nutzungsrechte ein: …” Sodann folgt eine Liste der Rechte, die der Publisher braucht, um das Spiel zu veröffentlichen (Vervielfältigung, Vertrieb, Werbung, etc.), oft beschränkt auf bestimmte Plattformen, Territorien und eine gewisse Zeit. Hier fungiert der Publisher eher als Dienstleister für den Entwickler, ähnlich einem Vertriebsunternehmen, das im Namen des Entwicklers agiert. Der Publisher erhält eine exklusive Lizenz, das Spiel in bestimmten Märkten zu kommerzialisieren, aber Eigentümer der IP (insb. der Marken und der Figuren/Story) bleibt das Entwicklungsstudio. Dieses Modell ist oft Ziel von Entwicklern, die mehrere Angebote vergleichen können, da es ihnen langfristig mehr Kontrolle belässt. Allerdings hängen Publisher-Leistungen (Marketingbudget etc.) manchmal davon ab, ob sie die IP erhalten; daher müssen Entwickler abwägen, was ihnen wichtiger ist.
- Hybride Modelle: Es gibt auch Zwischenlösungen. Manchmal erwirbt der Publisher die Rechte unter auflösender Bedingung – etwa: “für die Dauer des Vertrags plus 5 Jahre anschließend, danach Rückfall der Rechte an den Entwickler”. Oder der Entwickler überträgt zwar die IP, erhält aber umfangreiche Partizipations- und Einflussrechte (z.B. Mitspracherecht bei Fortsetzungen oder Verfilmungen, eine Gewinnbeteiligung an allen Verwertungen etc.). In anderen Fällen behält der Entwickler bestimmte Rechte, z.B. die Rechte an der zugrundeliegenden Storywelt, und der Publisher bekommt “nur” das konkrete Spiel. Beispielsweise könnte ein Vertrag festhalten, dass der Entwickler das Recht behält, Romane oder Comics in der Spielewelt zu veröffentlichen, während der Publisher die exklusiven Rechte fürs Spiel hat. Solche Reservierungen sind aber eher selten und müssen klar formuliert sein, um Konflikte zu vermeiden.
Umfang der Nutzungsrechte (Scope of License): Entscheidend ist, dass das Nutzungsrecht, das dem Publisher eingeräumt wird, inhaltlich, zeitlich und räumlich bestimmt wird. In der Regel strebt ein Publisher folgende Punkte an:
- Inhaltlich: Alle relevanten Nutzungsarten. Das umfasst insbesondere:
- Vervielfältigung (§ 16 UrhG): das Herstellen von Kopien (physisch, digital). Z.B. Pressung von DVDs, Download-Dateien erstellen.
- Verbreitung (§ 17 UrhG): das in Verkehr bringen der physischen Kopien (Versand an Handel, Verkauf).
- Öffentliche Zugänglichmachung (§ 19a UrhG): Bereitstellung zum Download oder Stream (z.B. über Steam, App Stores).
- Ausstellung/Vorführung (§§ 18, 19 UrhG): Zeigen auf Messen, Events. Bei Spielen nicht so zentral, aber kann relevant sein (z.B. Arcade-Automat in Öffentlichkeit aufstellen).
- Bearbeitungsrecht (§ 23 UrhG): sehr wichtig, denn der Publisher muss oft Anpassungen vornehmen dürfen (Lokalisierung: Übersetzung von Texten, ggf. Schneiden von Inhalten für Jugendschutz, Patches/Updates bearbeiten). Auch für Portierungen auf andere Plattformen oder Remaster-Versionen braucht man das Bearbeitungsrecht.
- Leistungsschutzrechte: Zusätzlich zu Urheberrechten an Grafiken und Code gibt es Leistungsschutzrechte z.B. an Musikaufnahmen, Sprecheraufnahmen (§§ 73, 77 UrhG) – der Vertrag sollte also auch die Rechte an den Leistungen von ausübenden Künstlern (wie Synchronsprechern) regeln. Meist überträgt der Entwickler die erlangten Rechte weiter an den Publisher oder stellt sicher, dass Sprecher entsprechende Einwilligungen unterzeichnet haben.
- Markenrechte: Ein Game hat oft einen Titel oder Figuren, die als Marken geschützt werden könnten. Der Publisher will i.d.R. alle Rechte am Spieltitel und Logos. Daher steht in vielen Verträgen, dass der Entwickler zustimmt, dass der Publisher Marken registriert und Inhaber der Marken sein darf. Oder es wird vereinbart, dass eine etwa schon bestehende Marke des Entwicklers mit lizenziert wird.
Auch Promotionsrechte sollten genannt sein: Das Recht, Trailer, Screenshots, Artwork usw. des Spiels für Werbung zu nutzen. Juristisch sind Trailer eigenständige Filmwerke, Screenshots wiederum Vervielfältigungen des Grafikwerks – der Einfachheit halber regeln Verträge, dass der Publisher berechtigt ist, Werbematerial herzustellen und zu verbreiten.
- Räumlich: In welchem Gebiet gelten die Rechte? Gängig ist weltweit, weil Spiele digital global verbreitet werden. Manchmal werden Rechte aber nach Territorien aufgeteilt – z.B. ein Publisher bekommt Europa, ein anderer USA/Asien. Dann muss genau festgelegt sein, wer wo agiert. Eine räumliche Beschränkung kann auch aus regulatorischen Gründen vorkommen (z.B. ein westlicher Publisher arbeitet mit einem chinesischen Partner zusammen, der in China veröffentlicht, weil dort kulturelle Anpassungen nötig sind). Wenn ein Publisher eine Lizenz nur für bestimmte Länder hat, sollte der Vertrag auch regeln, ob er das Spiel geoblocken muss für andere Regionen oder ob das Studio separate Versionen liefert. Häufigste Praxis bei großen Deals: weltweite Rechte an einen Publisher, da dieser in der Regel das Multi-Territorien-Marketing übernimmt oder Sub-Publisher einsetzt.
- Zeitlich: Hier gibt es Unterschiede. Manche Publisherverträge räumen die Rechte für die gesamte Dauer des Urheberrechtsschutzes ein (also de facto bis 70 Jahre nach Tod des letzten Urhebers – was praktisch “für immer” bedeutet aus Unternehmensperspektive). Andere begrenzen die Lizenz auf einen bestimmten Zeitraum, z.B. 10 Jahre ab Release. Begrenzungen kommen vor allem in Lizenzmodellen vor, wenn der Entwickler IP-Inhaber bleibt und nur eine befristete exklusive Auswertung gestattet. Nach Ablauf fallen die Rechte dann zurück an den Entwickler (sog. Rechterückfall). Große Publisher bevorzugen unbefristete Rechte oder automatische Verlängerungen, um langfristig planen zu können – sie möchten vermeiden, dass ein Spiel verschwindet oder der Entwickler es nach ein paar Jahren zu einem Konkurrenten mitnimmt. Jedoch kann eine zeitliche Befristung für den Entwickler ein wichtiger Rettungsanker sein, falls der Publisher wenig tut: Wenn nach z.B. 5 Jahren die Verkäufe marginal sind, aber der Publisher trotzdem die Rechte hält, könnte das Spiel “in der Schublade” verstauben. Mit einer Klausel zur Vertragsbeendigung oder einer Laufzeitbegrenzung kann man dem entgegenwirken.
Eine Rechterückfallklausel ist insbesondere dann wichtig, wenn Rechte sehr breit eingeräumt wurden: Beispielsweise weltweite Rechte, aber der Publisher nutzt einige Territorien nicht (er bringt das Spiel z.B. nie in Japan heraus). Hier vereinbaren manche Verträge, dass das Recht für ungenutzte Regionen zurück an den Entwickler fällt, sollte der Publisher innerhalb eines bestimmten Zeitraums dort keine Veröffentlichung vornehmen. Alternativ kann geregelt sein, dass der Entwickler selbst ersatzweise dort veröffentlichen darf oder einen Dritten einsetzen darf, falls der Publisher nicht aktiv wird.
Exklusivität und Wettbewerbsverbote
Exklusivität ist in Publisherverträgen die Regel. Das bedeutet, der Publisher hat das ausschließliche Recht, das Spiel in den vereinbarten Formen zu vertreiben – der Entwickler darf also nicht parallel oder nachträglich einen anderen Publisher oder Vertriebsweg für das gleiche Spiel nutzen (solange der Vertrag läuft). Exklusivität bezieht sich in erster Linie auf die oben genannten Nutzungsrechte: sind diese als “ausschließlich” vereinbart, ist per se Exklusivität gegeben.
Allerdings finden sich oft darüber hinausgehende Wettbewerbsklauseln. Ein Beispiel ist eine Non-Compete-Klausel, die dem Entwickler untersagt, während der Vertragslaufzeit (und manchmal für eine gewisse Nachlaufzeit) konkurrierende Spiele zu entwickeln oder zu veröffentlichen. Die Idee dahinter: Der Publisher investiert Marketing in das Spiel und will nicht, dass der Entwickler zeitgleich ein sehr ähnliches Spiel eventuell selbst herausbringt, das Konkurrenz macht. In einem Vertragsentwurf könnte stehen: “Der Entwickler wird ohne vorherige schriftliche Zustimmung des Publishers kein anderes Videospiel entwickeln, vertreiben oder unterstützen, das direkt mit dem vertragsgegenständlichen Spiel in Wettbewerb tritt oder dessen Erfolg kannibalisiert.” Solche Klauseln müssen eng definiert sein – was heißt “in Wettbewerb”? Oft beschränkt man es auf das Genre oder die IP. Beispiel: Wenn der Entwickler ein Fantasy-Rollenspiel mit dem Publisher veröffentlicht, könnte die Non-Compete untersagen, dass der Entwickler zeitgleich ein anderes Fantasy-Rollenspiel mit ähnlicher Thematik für einen anderen Publisher macht.
Manchmal geht die Exklusivität so weit, dass der Entwickler generell keine anderen Spiele veröffentlichen darf, solange er an dem finanzierten Projekt arbeitet – schlicht weil seine Kapazität voll gebunden sein soll. Insbesondere bei kleineren Studios mit begrenztem Personal will ein Publisher sicherstellen, dass alle Ressourcen in sein Projekt fließen. Diese Art Non-Compete entspricht fast einem Exklusivitäts-First-Look-Vertrag mit dem Publisher und kann das Studio stark einschränken.
Einklagbarkeit von Non-Competes: In Deutschland sind nachvertragliche Wettbewerbsverbote für Selbständige schwieriger durchsetzbar als im anglo-amerikanischen Raum. Allzu weitgehende, unbefristete Verbote könnten als Verstoß gegen § 138 BGB (Sittenwidrigkeit) oder als unverhältnismäßige Einschränkung der Berufsfreiheit gesehen werden, wenn dem Entwickler keinerlei Ausgleich gezahlt wird. Daher achten seriöse Verträge darauf, zeitliche Begrenzungen zu setzen (z.B. Non-Compete gilt bis X Monate nach Release des Spiels) und den Umfang zu beschränken (nur ähnliche Spiele, nicht jede Tätigkeit). Hinweis: In einigen Rechtsordnungen der USA sind Non-Compete-Klauseln gegenüber Individuen mittlerweile per Gesetz beschränkt oder verboten (etwa in Kalifornien). Für Unternehmen gelten sie jedoch eher. In der Praxis wird dieser Punkt oft weniger problematisch gesehen, da Entwickler eigenständig ohnehin selten zwei konkurrierende Projekte parallel fahren; aber er kann wichtig werden, wenn das Studio andere Ideen verfolgen will.
Exklusivität der Rechte vs. Mitwirkung Dritter: Eine andere Exklusivität betrifft den Publisher selbst: Der Entwickler möchte, dass der Publisher ausschließlich sein Spiel in dem Genre vermarktet, oder dass er sich voll engagiert. In der Regel kann man einem Publisher kaum verbieten, auch Konkurrenzprodukte zu vertreiben (ein Publisher veröffentlicht oft mehrere ähnliche Titel). Was aber vorkommt, sind “Key Man”-Klauseln oder Prioritätsklauseln, die sicherstellen sollen, dass das Entwicklerprojekt nicht vernachlässigt wird. Z.B. könnte im Vertrag stehen, dass ein bestimmter Producer des Publishers dem Projekt zugewiesen bleibt, oder dass das Marketing-Budget mindestens Summe X betragen muss – das sind indirekte Wege, die “Exklusivität” der Aufmerksamkeit sicherzustellen. Im Kern bleibt aber: Der Publisher hat exklusiv die Rechte am Spiel, und der Entwickler verpflichtet sich, keine konkurrierenden Rechte einzuräumen.
Finanzierung, Vergütung und Rechteverwertung
Auch wenn es in diesem Beitrag hauptsächlich um die Rechte geht, hängt die Rechtefrage eng mit der Finanzierung und Vergütung im Publishervertrag zusammen. Denn wer die Entwicklung bezahlt, hat meist das stärkere Argument, auch die Rechte zu kontrollieren. Außerdem definieren Vergütungsmodelle oft, wie weit der Publisher die Rechte nutzen darf und wie lange.
Vorschuss und Royalties: Üblich ist, dass der Publisher dem Entwickler einen Entwicklungsvorschuss zahlt (eine Art Budget oder Meilensteinzahlungen), und im Gegenzug später den Löwenanteil der Erlöse einbehält, bis der Vorschuss rekapitalisiert ist (sich „recoupt“). Danach teilen sich Entwickler und Publisher die Gewinne gemäß einem vereinbarten Schlüssel (Royalties). Diese finanzielle Konstruktion wirkt sich rechtlich so aus, dass der Publisher ein starkes Interesse hat, das Spiel umfassend auszuwerten, aber auch, dass er das Spiel möglicherweise behält, selbst wenn der Entwickler unzufrieden ist – solange Geld im Spiel ist. Es gibt Fälle, in denen ein Spiel profitabel läuft, aber der Entwickler durch ungünstige Royalty-Bedingungen lange braucht, um über den Break-Even zu kommen; währenddessen hält der Publisher alle Rechte.
Koppelung von Rechten an Zahlung: Für Entwickler ist es wichtig, Klauseln zu haben, die bei Zahlungsstörungen Einfluss auf die Rechte haben. Beispielsweise: “Sollte der Publisher fällige Zahlungen (z.B. Meilenstein-Tranche oder Royalty-Auskehrungen) nicht leisten, ist der Entwickler berechtigt, den Vertrag außerordentlich zu kündigen und einen sofortigen Rechterückfall zu verlangen.” Damit schützt man sich, falls der Publisher zahlungsunfähig wird oder seine Verpflichtungen verletzt – der Entwickler könnte dann seine Rechte am Spiel zurückholen und etwa einen neuen Partner suchen. Ohne solche Klauseln stünde der Entwickler im Worst Case mit einem halbfertigen Spiel und ohne Rechte da, falls der Publisher ausfällt.
Laufzeit des Vertrags: Ein Publishing-Vertrag hat oft eine definierte Laufzeit, etwa “x Jahre ab Erstveröffentlichung” oder “bis zum Ende der Schutzfrist”. Sofern befristet, sollte auch geregelt sein, was nach Ende passiert: idealerweise Rückübertragung der Rechte an den Entwickler. Manchmal behalten Publisher auch nach Ablauf noch bestimmte Rechte (etwa das Spiel weiterhin zu vertreiben, aber nicht mehr exklusiv). In jedem Fall ist die Laufzeit ein heikler Punkt: Ein kurzer Vertrag gibt dem Entwickler perspektivisch die IP zurück, ein unbefristeter Vertrag bedeutet, dass der Publisher “für immer” aus dem Spiel schöpfen kann.
Right of First Refusal / Optionsrechte: Besonders zu erwähnen sind Klauseln für künftige Projekte. Viele Publisher lassen sich eine Option auf das nächste Spiel des Entwicklers einräumen, oder zumindest auf Fortsetzungen. Das bekannteste Modell ist der Right of First Refusal (ROFR), also ein Vorkaufsrecht im weiteren Sinne: Der Entwickler muss dem Publisher als erstem die Möglichkeit geben, das nächste Spiel (oder einen “Nachfolger” zum aktuellen Spiel) zu veröffentlichen, bevor er mit anderen verhandelt. Eine typische Formulierung wäre:
“Der Entwickler räumt dem Publisher hinsichtlich des nächsten vom Entwickler nach Fertigstellung des vertragsgegenständlichen Spiels geplanten Videospiels ein Erstverhandlungsrecht ein. Der Entwickler wird dem Publisher das Konzept des nächsten Spiels schriftlich anbieten. Der Publisher hat ab Zugang dieses Angebots 60 Tage Zeit, ein Vertragsangebot für die Veröffentlichung zu unterbreiten. Lehnt der Publisher ab oder verstreicht die Frist ohne Angebot, ist der Entwickler frei, Dritten das Spiel anzubieten. Nimmt der Publisher an, werden die Parteien in Verhandlungen über einen neuen Publishing-Vertrag zu branchenüblichen Konditionen eintreten.”
Diese Klausel sichert dem Publisher den ersten Zugriff. Eine verschärfte Variante ist ein Matching Right: Selbst wenn der Entwickler woanders ein Angebot erhält, darf der Publisher das Angebot gleichen und bekommt dann den Zuschlag. Damit ist der Entwickler faktisch gebunden, solange der Publisher mitzieht. Aus Entwicklersicht sind solche Klauseln gefährlich, wenn das Verhältnis zum Publisher schwierig ist – man kommt nur schwer los, weil man immer erst dem alten Partner die Chance geben muss, und eventuell schrecken andere potentielle Publisher ab, wenn sie wissen, sie könnten am Ende vom Alt-Publisher überboten werden.
Exklusivität für Sequels und Spin-offs: Nahe verwandt ist die Frage nach Fortsetzungen (Sequels) und Spin-Offs. Wenn ein Publisher das IP kontrolliert, wird er natürlich auch Fortsetzungen selbst herausbringen wollen (oft ist das wirtschaftlich am attraktivsten). Ein Publishervertrag, der dem Publisher die IP übertragen hat, braucht streng genommen keine separate Sequels-Klausel – der Publisher besitzt ja die Marke und kann jeden Entwickler beauftragen, ein Sequel zu erstellen, ohne den ursprünglichen Entwickler zu fragen. Allerdings kann vertraglich vereinbart sein, dass der ursprüngliche Entwickler ein Vorkaufsrecht bekommt, das Sequel zu entwickeln. Das ist quasi die Kehrseite: Nicht der Publisher hat das Vorkaufsrecht, sondern der Entwickler auf den Folgeauftrag. Solche Abmachungen sind allerdings selten, meist versucht eher der Entwickler eine Chance auf Folgeaufträge hineinzuschreiben (“Publisher wird bei Fortsetzungen den Entwickler angemessen berücksichtigen”).
In Fällen, in denen der Entwickler IP-Inhaber bleibt, ist es umgekehrt: Der Publisher möchte zumindest die Option haben, eine Fortsetzung ebenfalls vertreiben zu dürfen. Hier taucht oft eine Optionsklausel auf: “Für den Fall, dass der Entwickler einen Nachfolger oder ein Add-On zu dem Spiel entwickelt, wird der Entwickler dem Publisher das ausschließliche Angebot machen, dieses Produkt zu vermarkten, zu Konditionen, die nicht schlechter sind als die dieses Vertrags.” – Das bindet den Entwickler insofern, als er nicht einfach mit dem Erfolg des ersten Spiels zum nächstbesten Anbieter laufen kann, ohne dem bisherigen Publisher eine faire Chance zu geben.
Spin-Offs und Nebennutzungen: Ein Spin-Off könnte z.B. bedeuten, dass man mit der Spiele-Engine ein Spiel in anderem Genre baut (z.B. aus einem RPG einen Strategiespiel-Ableger mit den gleichen Figuren). Wenn der Publisher IP-Inhaber ist, deckt das i.d.R. auch solche Abwandlungen – sie sind streng genommen Bearbeitungen des ursprünglichen Werkes, was von den erworbenen Rechten meist umfasst ist. War der Entwickler IP-Inhaber und hat dem Publisher nur das konkrete Spiel lizenziert, stellt sich die Frage: Gehören Spin-Offs dazu? Hier hilft nur Vertragsklarheit. Entweder zählt man Spin-Offs als Teil der lizenzierten Rechte auf (was ungewöhnlich wäre, weil Spin-Offs erst mal hypothetisch sind), oder man belässt es dem Entwickler, aber gibt dem Publisher ein Vorkaufsrecht.
Beispiel zur Veranschaulichung: Ein Entwicklerstudio bringt mit Publisher A ein erfolgreiches Jump’n’Run-Spiel heraus. Nun plant das Studio, mit den gleichen Charakteren ein Rennspiel (Kart-Racer) zu machen. Wenn Publisher A die IP vollständig besitzt, kann das Studio dieses Vorhaben nicht ohne A umsetzen – A entscheidet, ob und mit wem ein Rennspiel entsteht. Hatte Studio die IP behalten, könnte es theoretisch mit Publisher B ein Rennspiel-Spin-Off machen, sofern der Vertrag mit A das nicht verbietet. A könnte sich aber verletzt fühlen, wenn B nun von den etablierten Figuren profitiert. Daher versuchen Publisher, diese Fälle vertraglich zu erfassen. Eine mögliche Klausel ist, dass während der Dauer des Vertrags und X Jahre danach kein Spiel mit den gleichen Charakteren/der gleichen Welt ohne Zustimmung von A veröffentlicht werden darf, egal in welchem Genre. Solche Einschränkungen sichern die Investition des Publishers ab.
Beispielklausel Spin-Off-Verbot: “Der Entwickler wird ohne Zustimmung des Publishers weder selbst noch durch Dritte ein Videospiel entwickeln oder veröffentlichen, das auf den gleichen Charakteren, Handlungen oder Spielwelten wie das vertragsgegenständliche Spiel basiert, sofern es sich nicht um Erweiterungen handelt, die diesem Vertrag unterfallen.” – Diese Formulierung würde Spin-Offs faktisch ausschließen, es sei denn, der Publisher genehmigt es (wahrscheinlich gegen Beteiligung oder als separater Vertrag).
Weitere wichtige Klauseln: Garantie, Haftung, Kündigung
Neben den IP- und Lizenzklauseln enthalten Publisherverträge eine Vielzahl weiterer Bedingungen, die indirekt Einfluss auf die Rechtekette haben:
- Gewährleistung der Rechtefreiheit: Analog zu den Werkverträgen garantiert der Entwickler dem Publisher, dass das Spiel keine Rechte Dritter verletzt. Üblicherweise muss der Entwickler zusichern, dass alle Mitwirkenden gültige Verträge haben, dass keine fremden Assets unberechtigt genutzt wurden, keine Marken Dritter verletzt werden usw. Sollte es dennoch zu Rechtsstreitigkeiten kommen (z.B. ein Dritter behauptet, eine Figur sei von seinem Design abgekupfert), gibt es meist eine Freistellungsklausel zu Gunsten des Publishers. Der Entwickler muss dann für rechtliche Verteidigung und Schadensersatz aufkommen. Das kann bei Indie-Entwicklern ein hohes Risiko sein, daher versuchen diese, die Haftung zumindest teilweise zu begrenzen. Einige Publisher übernehmen aus Kulanz initial die Abwehr von Ansprüchen, aber letzten Endes wird der Vertrag versuchen, das Risiko dem Entwickler aufzubürden.Wichtig: Diese Garantie stützt wiederum die Rechtekette – der Publisher kann nur sorgenfrei vermarkten, wenn die Kette vom Urheber bis zum Publisher sauber ist. Entdeckt der Publisher z.B., dass der Entwickler eine unlizenzierte Musik im Spiel genutzt hat, wird er auf Vertragserfüllung (nachträgliche Rechteklärung oder Austausch des Assets) drängen oder im Ernstfall vom Vertrag zurücktreten.
- Vertraulichkeit und NDA: Auch im Publishervertrag selbst ist meist eine Vertraulichkeitsklausel enthalten. Beide Seiten dürfen z.B. Vertragsinhalte, Geschäftsgeheimnisse, technischen Know-how etc. nicht an Außenstehende weitergeben. Aus Sicht des Entwicklers ist besonders wichtig, dass die Know-how-Schutz gewahrt bleibt: Wenn der Entwickler etwa eine eigene Engine oder Tools einbringt, sollte vertraglich festgehalten sein, dass der Publisher diese nicht eigenmächtig für andere Projekte verwenden darf (es sei denn, man hat dem Publisher die Engine mitverkauft). Hier fließt IP-Management auf einer feineren Ebene ein: wem gehören die Tools und Rohdaten? Oft verbleibt internes Tooling beim Entwickler, während der Publisher aber ein Nutzungsrecht am Endprodukt hat.
- Kündigungsrechte: Ein Publishervertrag wird detaillierte Kündigungsgründe definieren. Üblich ist, dass der Publisher bei bestimmten Verletzungen des Entwicklers fristlos kündigen kann – z.B. bei erheblichen Zeitverzügen, Nichterreichen von Milestones, Insolvenzantrag des Entwicklers oder Qualitätsmängeln. Umgekehrt hat auch der Entwickler Kündigungsrechte, meist bei Zahlungsverzug des Publishers oder wenn der Publisher seinen Pflichten (z.B. Marketing, Release innerhalb eines bestimmten Zeitraums) nicht nachkommt. Die Folgen der Kündigung sind knifflig: Oft steht dem Publisher das Recht zu, bereits erstellte Teile des Spiels weiter zu nutzen, selbst wenn man sich trennt. Beispielsweise bei “Kündigung aus wichtigem Grund durch den Publisher aufgrund Verschulden des Entwicklers” kann vereinbart sein, dass der Publisher alle bisher entstandenen Assets nehmen darf, um das Projekt ggf. mit einem anderen Team fertigzustellen. Dann würde er dem Entwickler eine gewisse Vergütung zahlen (oder auch nicht, falls z.B. Vertragsstrafe). Umgekehrt, wenn der Publisher grundlos kündigt, sollte der Entwickler alle Rechte zurückerhalten, idealerweise auch bereits gezahlte Vorschüsse behalten dürfen als Schadenersatz.Wichtig in diesem Zusammenhang: In Deutschland gesteht das Gesetz dem Besteller eines Werkvertrags ein freies Kündigungsrecht zu (§ 648 BGB) – der Publisher könnte demnach theoretisch jederzeit kündigen (auch ohne Grund) und muss dann nur die vereinbarte Vergütung abzüglich ersparter Aufwendungen zahlen. Das kann für Entwickler nachteilig sein, weil man fast fertig sein könnte und plötzlich kündigt der Publisher. In der Praxis versuchen Verträge, dieses Recht vertraglich einzuschränken (was aber nach h.M. als AGB unwirksam wäre, wenn es einseitig den § 648 ausschließt). Häufig umgeht man das, indem man den Publishingvertrag als gemischten Vertrag konstruiert, der dienst- und werkvertragliche Elemente mischt, oder ausländisches Recht wählt, um § 648 BGB zu umgehen. Auf jeden Fall lohnt es sich, im Vertrag klar festzuhalten, was im Kündigungsfall mit den Rechten passiert: typischerweise -> bei berechtigter Kündigung durch Publisher: Publisher kriegt (Teil-)Rechte an bisherigen Work-In-Progress; bei unberechtigter Kündigung durch Publisher oder berechtigter Kündigung durch Entwickler: Rechte fallen zurück an Entwickler.
- Beispielklauseln aus Publisherverträgen: Zur Illustration hier einige beispielhafte Klauseln, wie sie – verständlich umschrieben – in Publishing Agreements vorkommen können:
- IP-Übertragung: “Der Entwickler räumt dem Publisher ein ausschließliches, weltweites und zeitlich unbeschränktes Nutzungsrecht an dem Spiel ‘Project X’ und allen dazugehörigen Inhalten ein. Dieses Nutzungsrecht umfasst insbesondere das Recht, das Spiel unter eigenem Namen zu veröffentlichen, zu vervielfältigen, zu verbreiten, öffentlich zugänglich zu machen, zu senden, vorzuführen sowie das Spiel zu bearbeiten oder in andere Werke (z.B. Sammlungen, Kompilationen) zu integrieren. Der Publisher ist berechtigt, Dritten Unterlizenzen einzuräumen oder die Rechte ganz oder teilweise zu übertragen.” – Kommentar: Sehr weite Klausel, Publisher hat praktisch alle Rechte.
- Namens- und Markenrechte: “Der Publisher ist berechtigt, den Titel des Spiels sowie die Namen von Charakteren, Orten und sonstigen markanten Elementen des Spiels als Marke oder Kennzeichen registrieren zu lassen. Etwaige eingetragenen Marken stehen, soweit nach Registerlage der Publisher Inhaber ist, im wirtschaftlichen Eigentum des Publishers. Der Entwickler wird selbst keine mit dem Spieltitel identischen oder verwechslungsfähigen Bezeichnungen ohne Zustimmung des Publishers nutzen oder schützen lassen.” – Kommentar: Hier sichert sich der Publisher auch die Markenrechte und verhindert, dass der Entwickler den Namen anderweitig nutzt.
- Sequel-/ROFR-Klausel: “Der Entwickler gewährt dem Publisher hinsichtlich einer möglichen Fortsetzung (‘Sequel’) des Spiels ein Erstangebotrecht. Der Entwickler wird dem Publisher innerhalb von 12 Monaten nach Veröffentlichung des Spiels schriftlich mitteilen, falls er die Entwicklung eines Sequels plant, und dem Publisher Gelegenheit geben, innerhalb von 60 Tagen exklusive Verhandlungen über die Publishing-Rechte an diesem Sequel aufzunehmen. Kommt innerhalb einer anschließenden Verhandlungsfrist von 120 Tagen kein Vertrag zustande, entfällt das Erstangebotrecht.” – Kommentar: Gibt dem Publisher die erste Verhandlungsposition für ein Sequel, aber mit klaren Fristen, damit der Entwickler danach frei ist.
- Wettbewerbsverbot: “Der Entwickler verpflichtet sich, ab Vertragsschluss bis 12 Monate nach Erstveröffentlichung des Spiels kein anderes Videospiel zu entwickeln oder zu veröffentlichen, das direkt mit dem Vertragsgegenstand in Wettbewerb steht, insbesondere kein Spiel gleichen Genres mit einer ähnlichen Thematik. Ausgenommen hiervon sind bereits bestehende Verpflichtungen, die der Publisher schriftlich genehmigt hat (siehe Anhang… [ggf. Liste von Ausnahmen]).” – Kommentar: Beschränkt den Entwickler, bietet aber zeitliche Begrenzung und Möglichkeit von Ausnahmen.
- Beendigung und Rechtefall: “Im Falle der Beendigung dieses Vertrags aus welchem Grund auch immer gelten folgende Regeln: (a) Bei regulärem Vertragsende nach Ablauf der vereinbarten Laufzeit fallen alle vom Entwickler ursprünglich eingebrachten IP-Rechte (soweit dieser Vertrag als exklusive Lizenz gestaltet ist) an den Entwickler zurück. Der Publisher wird auf Verlangen alle zur Ausübung der Rechte erforderlichen Materialien an den Entwickler herausgeben. Bereits hergestellte und im Verkehr befindliche Vervielfältigungsstücke dürfen vom Publisher jedoch abverkauft werden (Abverkaufsfrist: 6 Monate). (b) Bei einer berechtigten fristlosen Kündigung durch den Publisher aus wichtigem Grund verbleiben die bis dahin erworbenen Rechte beim Publisher; der Entwickler darf das Spiel oder Teile daraus ohne Zustimmung des Publishers nicht weiter verwenden. (c) Bei berechtigter fristloser Kündigung durch den Entwickler aus wichtigem Grund (z.B. wegen schwerer Pflichtverletzung des Publishers oder dessen Insolvenz) gilt Absatz (a) entsprechend mit der Maßgabe, dass der Publisher die Verwertung des Spiels unverzüglich einzustellen hat.” – Kommentar: Diese Klausel regelt fein, wer wann die Rechte hat. Wichtig ist der Unterschied zwischen Ende nach Ablauf (Rückgabe an Entwickler) und Ende durch Kündigung (kommt auf Verschulden an).
Diese Beispiele zeigen, wie komplex und detailliert Publisherverträge gestrickt sein können, um alle Eventualitäten der Zusammenarbeit und Trennung abzudecken. Aus Sicht der Rechtekette ist das Ziel des Publishers, möglichst umfassende und exklusive Rechte zu sichern, während der Entwickler bestrebt sein wird, nicht mehr Rechte als nötig abzugeben und Absicherungen für den Fall von Problemen zu haben. Das deutsche Recht (UrhG und BGB) bildet den Rahmen – mit dem Zweckübertragungsgrundsatz immer im Hinterkopf: Unklare Formulierungen würde ein deutsches Gericht tendenziell zugunsten des Entwicklers/Urhebers auslegen. Deshalb ist Präzision hier im Interesse beider Seiten.
Vertriebsverträge und ihre Auswirkungen auf die Rechteverwertung
Neben der Entwicklungs- und Publishingphase ist ein weiterer Teil der Rechtekette die Vertriebs- bzw. Vertriebsvertragsebene. Unter Vertriebsverträgen verstehen wir hier Vereinbarungen, die der Distribution des fertigen Spiels an den Endkunden dienen. Während ein Publisher oft auch den Vertrieb organisiert, gibt es Konstellationen, in denen Entwicklung, Publishing und Vertrieb auf verschiedene Schultern verteilt sind. Beispielsweise kann ein Entwickler sein Spiel selbst veröffentlichen (kein externer Publisher), aber mit einer Plattform wie Steam oder einem physischen Distributor zusammenarbeiten. Oder ein Publisher nutzt für bestimmte Regionen lokale Distributor-Partner. Diese Vertriebsverträge beeinflussen, wie die Rechte am Spiel wirtschaftlich genutzt werden, auch wenn sie an der Inhaberschaft der Urheberrechte nichts mehr ändern (diese wurde zuvor festgelegt). Sie sind aber wichtig für die Rechteverwertung und Monetarisierung.
Direkter Digitalvertrieb (Plattformen, App-Stores)
Heutzutage erfolgt ein Großteil des Spielevertriebs digital über Plattformen: PC-Spiele über Steam, Epic Games Store, GOG etc., Konsolenspiele über die Online-Stores von Sony, Microsoft, Nintendo, und Mobile Games über Apple App Store oder Google Play. In all diesen Fällen schließt der Rechteinhaber (sei es der Entwickler oder Publisher) einen Vertrag mit der Plattform ab. Meist handelt es sich um Standard-Distributor-Vereinbarungen oder AGB der Plattform, die wenig Verhandlungsspielraum lassen.
Rechteeinräumung an Plattformen: Der Inhaber des Spiels erteilt der Plattform eine Vertriebslizenz, die ihn berechtigt, das Spiel Endkunden anzubieten. Typischerweise behalten die Plattformen einen bestimmten Prozentsatz vom Umsatz (z.B. 30%) und überlassen die restlichen 70% dem Publisher/Entwickler. Diese Vereinbarungen enthalten Klauseln wie: “Der Publisher gewährt [Plattformname] das nicht-exklusive Recht, das Spiel [Titel] Endnutzern durch Download gegen Entgelt oder kostenlos zur Verfügung zu stellen und zu diesem Zweck Vervielfältigungen anzufertigen sowie das Spiel zu bewerben.”
Hier sieht man: Die Plattform erhält kein exklusives Recht – außer es wurde ein Exklusivdeal separat vereinbart (z.B. zeitliche PC-Exklusivität im Epic Store, was dann in einem separaten Vertrag geregelt wird). Im Standardfall kann der Publisher das Spiel parallel auch auf anderen Plattformen anbieten. Das Spiel verbleibt im Katalog der Plattform, bis eine Partei (oft der Publisher) es entfernt.
Vertragsbedingungen der Stores: Von rechtlicher Relevanz sind die Pflichten und Einschränkungen in solchen Plattformverträgen. Etwa verlangen alle großen Stores, dass der Publisher/Entwickler garantiert, alle Rechte am Spiel zu haben und dass kein rechtswidriger Inhalt enthalten ist. Sollte es doch Rechtsverstöße geben (z.B. Urheberrechtsverletzung oder beleidigendes Material), behalten sich die Plattformen vor, das Spiel offline zu nehmen (Stichwort Content Policy). Das passt zur Rechtekette: Ist irgendwo im Spiel ein Element nicht geklärt (z.B. ungeklärte Musiklizenz), könnte das Spiel aus dem Store fliegen.
Zudem haben Stores Review-Prozesse (gerade Konsolenhersteller prüfen genau, auch juristisch, bevor sie ein Spiel zulassen). Hier spielen Dinge wie Jugendschutz, Markenrechte (sind z.B. alle Markennamen in dem Spiel lizenziert?), Persönlichkeitsrechte (Avatare, reale Personen?) und eben Urheberrecht eine Rolle. Die Plattform will sicher sein, später nicht selbst wegen Beihilfe haften zu müssen. Im Apple/Google Bereich gibt es dazu gelegentlich Streit, ob sie mithaften – man denke an Apps, die gegen Patent oder Copyright verstoßen, hier gab es in den USA Klagen, aber in der Regel sehen sich Plattformen als bloße Vermittler.
Endnutzer-Lizenz (EULA): Im digitalen Vertrieb wird der Endkunde nie Eigentümer einer Kopie (wie früher bei einer physischen DVD), sondern erhält nur eine Nutzerlizenz. Meist wird beim ersten Start eines Spiels eine EULA (End User License Agreement) angezeigt, die der Spieler akzeptieren muss. Darin stehen Dinge wie: “Der Spieler erhält das einfache Recht, das Spiel für den persönlichen Gebrauch auf seinen Geräten zu installieren und zu nutzen. Er darf es nicht zurückentwickeln, nicht vervielfältigen außer für Installation, keine abgeleiteten Werke erstellen, nicht cheaten etc.” – Diese EULA stellt die letzte Stufe der Rechtekette dar: vom Publisher (als Rechteinhaber) zum Konsumenten (Lizenznehmer). Sie schränkt die Rechte des Nutzers stark ein, um das geistige Eigentum des Entwicklers/Publishers zu schützen (z.B. Verbot, Spielinhalte kommerziell zu nutzen, oder virtuelle Gegenstände zu verkaufen außerhalb der erlaubten Weisen).
Bei digitalen Verträgen können die Plattform-AGB vorschreiben, welche Mindestinhalte so eine EULA haben muss. Teilweise ist die EULA auch in den Plattform-AGB integriert (etwa Steam hat eine Abonnentenvereinbarung, die gegenüber Endnutzern… gegenüber Endnutzern integriert (z.B. Steam bindet die Zustimmung zu den Steam-Nutzungsbedingungen ein), in anderen Fällen stellt der Publisher eine eigene EULA bereit. In jedem Fall gilt für Endkunden: Sie erwerben keine Eigentumsrechte am Spiel oder an den digitalen Inhalten, sondern nur ein limitiertes Nutzungsrecht nach den Vorgaben des Rechteinhabers.
Physischer Vertrieb und Retail-Verträge
Neben dem digitalen Vertrieb bleibt der physische Verkauf von Spielen (auf Datenträgern wie Blu-ray, Modulen etc.) ein relevanter Markt – insbesondere für Konsolenspiele und Sammlereditionen. Hier kommen Retail- und Distributor-Verträge ins Spiel. Häufig schließt der Publisher einen Vertrag mit einem Vertriebsunternehmen ab, das auf Lagerhaltung, Logistik und Auslieferung an den Einzelhandel spezialisiert ist. Dieses Unternehmen fungiert entweder als Handelsvertreter (verkauft im Namen des Publishers gegen Provision) oder als Großhändler (kauft die Spiele vom Publisher zu einem Großhandelspreis und verkauft sie eigenständig weiter).
Aus IP-Sicht werden im Vertriebsvertrag dem Distributor einfache Nutzungsrechte zur Vervielfältigung (Pressen von Datenträgern) und zum Vertrieb eingeräumt – meist gebietsexklusiv. Zum Beispiel könnte ein Vertrag regeln, dass Distributor X das exklusive Recht hat, das Spiel in Deutschland, Österreich und der Schweiz im Handel zu vertreiben. Der Distributor verpflichtet sich im Gegenzug zu bestimmten Leistungen (Marketingunterstützung, Mindestabnahmemenge, Erreichen von Verkaufszielen) und zahlt entweder eine pauschale Abnahme oder laufend nach Verkäufen. Wichtig ist, dass solche Verträge keine darüber hinausgehenden Rechte gewähren: Der Distributor erhält nicht die IP am Spiel, sondern nur das begrenzte Vertriebsrecht. Üblicherweise enthält der Vertrag Klauseln, die nach Vertragsende alle Vertriebsrechte erlöschen lassen (bis auf Abverkauf von Restlagerbeständen). Die IP verbleibt beim Publisher.
Auswirkungen auf die Rechteverwertung: Exklusive Vertriebsverträge können die Verwertungsmöglichkeiten geografisch aufteilen. So kann es sein, dass in Region A ein anderer Publisher oder Distributor das Spiel vertreibt als in Region B. Diese Fragmentierung ist gewünscht, um lokale Expertise zu nutzen, erfordert aber sorgfältige Koordination der Rechtekette: Der Hauptrechteinhaber (oft der ursprüngliche Publisher) muss sicherstellen, dass alle lokalen Partner vertraglich gebunden sind und dieselben Einschränkungen beachten. Beispielsweise darf ein EU-Distributor seine Exemplare nicht einfach in den USA verkaufen, wenn dort ein anderer Partner die exklusiven Rechte hat – entsprechende Gebietsbeschränkungen und vielleicht Vertragsstrafen sorgen dafür. Allerdings greift hier auch das Kartellrecht: Im EU-Binnenmarkt sind absolute Gebietssperren problematisch; es muss gewissen Freihandelsspielraum geben (Stichwort Parallelimporte). Verträge müssen also so gestaltet sein, dass sie die Rechtekette schützen, aber nicht gegen Wettbewerbsrecht verstoßen.
Zudem sollten Vertriebsverträge Mindestleistungsanforderungen enthalten – etwa, dass der Distributor innerhalb bestimmter Zeit nach Release eine breite Auslieferung sicherstellt. Andernfalls könnte ein schwacher Vertriebspartner die Auswertung des Spiels behindern. Deshalb wird oft ein Kündigungs- oder Rückrufsrecht vereinbart: Liefert der Distributor nicht die vereinbarte Performance (z.B. erreicht er nicht den Mindestabsatz oder versäumt er Marketingzusagen), kann der Publisher den Vertrag beenden und die Vertriebsrechte zurückholen. Damit bleibt die Kontrolle über die Verwertungskette beim IP-Inhaber und das Spiel wird nicht durch Drittverschulden am Markt blockiert.
Lizenzierung an Plattformhalter (Console und Co.)
Ein besonderer Aspekt des Vertriebs sind Verträge mit Plattformbetreibern wie Sony, Nintendo oder Microsoft. Diese agieren teils als reine Store-Anbieter (für digitale Downloads), haben aber bei Konsolen eine Doppelrolle: Sie kontrollieren die Plattform (durch Hardware und Betriebssystem) und verlangen oft Lizenzgebühren pro Spiel. Ein Entwickler oder Publisher muss ein Spiel durch einen Plattform-Lizenzierungsprozess bringen (Stichwort “Certification”). Dafür ist ein Lizenzvertrag nötig, der dem Publisher gestattet, das Spiel auf der jeweiligen Konsole zu veröffentlichen. Hierbei werden Markenrechte der Plattform (Logos wie “Official Nintendo Seal” etc.) und technische Vorgaben einbezogen. Der Plattforminhaber erhält keine inhaltlichen Rechte am Spiel, aber er verlangt typischerweise:
- dass alle Rechte am Spiel bei dem Publisher liegen (Garantie der Rechtekette),
- dass der Publisher eine Lizenzgebühr pro verkauftem Exemplar entrichtet (z.B. platform fee in Höhe von platform fees gib).
- dass der Vertrieb über die Plattform (Store) läuft und dort die bekannten Konditionen (Umsatzsplit) gelten.
Diese Verträge können auch Exklusivität behandeln: Zahlt z.B. Sony einen Betrag für zeitliche Exklusivität, wird der Publisher zusichern, das Spiel für einen Zeitraum nicht auf anderen Plattformen anzubieten. Solche Deals sind letztlich Marketing-Instrumente, aber sie haben juristische Form als Zusatzvereinbarung (z.B. „Timed Exclusive“ Klausel). Nach Ablauf kann der Publisher auf weiteren Plattformen veröffentlichen.
Zusammenfassend spielen Vertriebsverträge eine große Rolle in der praktischen Rechteausübung: Sie regeln, welcher Partner das Spiel zum Endkunden bringt, aber sie ändern nichts daran, wer Inhaber der Rechte ist – das bleibt stets der Entwickler/Publisher gemäß den vorgelagerten Verträgen. Eine saubere Gestaltung dieser Verträge stellt sicher, dass die Rechtekette bis zum Endverbraucher reicht: vom Urheber über Entwickler, Publisher, Distributor, Store bis hin zum Spieler, der schließlich eine einfache Nutzungslizenz erhält. Jede Bruchstelle – sei es ein fehlendes Recht in einem Gebiet oder eine vertragliche Lücke – kann die Monetarisierung gefährden.
Cross-Media-Rechte: Spiele und Filme, Serien und andere Medien
Videospiele sind Teil eines größeren Medienökosystems. Erfolgreiche Games werden zu Filmen oder Serien adaptiert, und umgekehrt erscheinen viele Spiele, die auf bestehenden Film-, TV- oder Buch-Marken basieren. Diese Cross-Media-Verwertungen erfordern detaillierte Lizenzvereinbarungen, damit klar ist, wer welche Rechte an den jeweiligen Medieninhalten hält. Hier werden zwei Richtungen betrachtet:
- Spiel basiert auf externer IP (z.B. Film oder Buch) – der Spieleentwickler nutzt also fremdes geistiges Eigentum.
- Spiel wird in Film/Serie adaptiert – ein Medienunternehmen nutzt die Spiel-IP für ein neues Werk.
Spiele basierend auf Filmen, Büchern oder fremden Marken
Viele Videospiele verwenden die Welt, Charaktere und Story aus Filmen, TV-Serien, Comics oder literarischen Vorlagen. Bekannte Beispiele sind die zahlreichen Superhelden-Spiele (Batman, Spider-Man), Harry-Potter-Spiele, oder etwa Spiele zu Kinofilmen wie Jurassic Park oder Star Wars. In all diesen Fällen liegt die ursprüngliche IP (Intellectual Property) nicht beim Spielentwickler, sondern bei einem anderen Rechteinhaber (Filmstudio, Autor, Marke). Der Entwickler bzw. Publisher muss also vom ursprünglichen IP-Inhaber eine Lizenz erwerben, um daraus ein Spiel machen zu dürfen.
Lizenzverträge für Dritt-IP: Im Kern ist ein solches Spiel ein Merchandising-Produkt zur Original-IP. Der Lizenzvertrag räumt dem Spielepublisher bestimmte Nutzungsrechte an der IP ein, begrenzt auf das Medium “Videospiel”. Typische Merkmale solcher Verträge:
- Beschränkter Umfang: Die Lizenz ist oft produkt- und plattformbezogen. Zum Beispiel: “Recht, ein Videospiel basierend auf dem Kinofilm X für PC, PlayStation und Xbox zu entwickeln und zu vertreiben.” Andere Medien wie Brettspiele, Verfilmungen etc. sind nicht umfasst – diese behält der Lizenzgeber oder vergibt sie separat.
- Zeitlich befristet: Anders als bei originären IPs, die ein Publisher unbefristet auswertet, sind Film/Comic-Lizenzen meistens auf einige Jahre befristet (z.B. 5 oder 10 Jahre ab Release des Spiels). Danach erlischt das Nutzungsrecht. Das bedeutet praktisch, dass der Publisher nach Ablauf z.B. keine neuen Kopien mehr produzieren oder das Spiel digital anbieten darf, es sei denn, der Vertrag wird verlängert.
- Geografisch begrenzt: Vielfach werden Lizenzen territorial vergeben. Ein Publisher erwirbt etwa die Rechte für Europa, ein anderer für Nordamerika etc. Bei global agierenden Marken geben große Studios aber zunehmend Weltlizenzen an einen einzelnen Spielepublisher, der dann weltweit veröffentlichen darf.
- Inhaltliche Kontrollrechte: Der Lizenzgeber (z.B. das Filmstudio) wird sich umfangreiche Abnahme- und Kontrollrechte sichern. Im Vertrag steht meist, dass Drehbücher, Charakterdesigns, Gameplay-Konzepte etc. dem Lizenzgeber vorgelegt werden müssen und dieser Änderungen verlangen kann, um die Markenkonsistenz zu wahren. So soll verhindert werden, dass das Spiel der Marke schadet (z.B. indem ein Filmcharakter im Spiel untypisch dargestellt wird).
- Vergütung: Üblich ist eine Kombination aus Vorschuss und laufender Lizenzgebühr. Z.B. zahlt der Publisher eine fixe Summe (Minimum Guarantee) und zusätzlich eine Royalty (oft 10-15% vom Umsatz des Spiels) an den Lizenzgeber. Dieser verdient also an jedem verkauften Spiel mit. Dadurch ist die Gewinnmarge des Spielepublishers bei lizenzierten Titeln geringer als bei eigener IP – ein Grund, warum manche Publisher lieber eigene Marken aufbauen.
- Rechte an neuen Elementen: Interessant ist, wem neu erfundene Inhalte gehören. Entwickelt das Spielstudio beispielsweise einen neuen Charakter oder eine Erweiterungsstory innerhalb der lizenzierten Welt, so sieht der Vertrag meist vor, dass diese Neuerungen automatisch dem Lizenzgeber zufallen (bzw. dieser ein kostenloses Nutzungsrecht daran erhält). Andernfalls könnte das Studio behaupten, an dem neuen Charakter Urheberrechte zu haben, was die Marke zersplittern würde. Lizenzgeber wollen ein einheitliches IP-Universum und sichern sich daher alle „Additionen“.
- Laufzeitende und Sunset-Klauseln: Nach Ende der Lizenzdauer muss der Publisher den Verkauf einstellen (bei physischen Spielen typischerweise nach einer Abverkaufsfrist). Digitale Spiele werden dann oft aus den Stores entfernt. Beispiel: Als 2010 die Lizenz von Activision für Marvel-Charaktere endete, mussten die Spider-Man– und X-Men-Spiele aus dem Verkauf genommen werden. Verträge regeln das vorab, teils mit der Option, Restbestände noch einige Monate zu verkaufen oder das Spiel als „End-of-life“ kostenlos anzubieten (damit Fans es behalten können). Generell aber behält der ursprüngliche IP-Inhaber die Hoheit.
Aus Entwicklersicht sind solche Lizenztitel eine Herausforderung: Man hat weniger kreative Freiheit und muss rechtlich strikt die Lizenzbedingungen einhalten. Gleichzeitig bieten bekannte Marken einen Marktvorteil (bekanntes Franchise zieht Kunden an). Für die Rechtekette bedeutet es: Die finale Rechte-Inhaberschaft bleibt beim externen Lizenzgeber. Der Spielepublisher erwirbt eine temporäre, eingeschränkte Nutzungserlaubnis. Er kann somit am Ende nicht frei über „sein“ Spiel verfügen – die entscheidenden Fäden hält der Lizenzgeber in der Hand.
Beispiel Rechtsprechung: Wie wichtig klare Abgrenzungen sind, zeigt ein prominenter US-Fall: Der Verlag des Romans “Der Pate” (Mario Puzo) hatte in den 1970er-Jahren Paramount Pictures die Filmrechte eingeräumt. Jahrzehnte später lizenzierte Paramount die Herstellung eines “Der Pate”-Videospiels an EA. Die Erben von Mario Puzo klagten, weil Videospiele im ursprünglichen Vertrag nicht erwähnt waren – sie forderten Beteiligung an den Game-Einnahmen. Der Rechtsstreit endete 2012 in einem Vergleich, Paramount zahlte dem Puzo-Nachlass eine Entschädigung. Dieser Fall zeigt: Wurden neue Nutzungsarten (hier Computerspiele) nicht bedacht, kann der Urheber bzw. ursprüngliche Rechteinhaber noch Ansprüche erheben. Inzwischen werden daher in Lizenzverträgen möglichst alle denkbaren Medien abgedeckt, oder zumindest einzeln zugewiesen, um solche Konflikte zu vermeiden.
Spiele als Quelle für Verfilmungen und Adaptionen
Der Fluss geht auch in die andere Richtung: Erfolgreiche Videospiele werden zu Filmen (z.B. Tomb Raider, Resident Evil, Uncharted), Serien (z.B. The Witcher, The Last of Us) oder Comics und Romanen adaptiert. Hier ist der Spieleentwickler bzw. Publisher der Lizenzgeber. Wenn ein Hollywood-Studio einen Film basierend auf einem Game machen will, benötigt es die Genehmigung und Mitwirkung des Game-IP-Inhabers.
Option und Verfilmungsvertrag: Üblicherweise beginnt es mit einer Option. Das Filmstudio schließt einen Optionsvertrag mit dem Spiel-Publisher ab, der ihm das exklusive Recht gibt, innerhalb einer bestimmten Zeit (z.B. 18 Monate) eine Verfilmung zu entwickeln. In dieser Zeit schreibt das Studio ein Drehbuch, sucht Regisseure, Finanzierung usw. Wenn das Projekt konkret wird, “löst das Studio die Option aus” und es kommt zum eigentlichen Verfilmungsvertrag. Dieser Vertrag regelt:
- Rechteübertragung: Der Game-Publisher überträgt dem Filmproduzenten das Recht, aus dem Spiel einen oder mehrere Filme/Serien zu machen. Oft wird das als audiovisuelle Adaptionsrechte bezeichnet. Wichtig: Der Publisher bleibt meist Inhaber der zugrundeliegenden IP (Charaktere, Spielwelt). Der Filmproduzent erhält die Werknutzungsrechte für den Film. In der Praxis wird aber verankert, dass der Filmproduzent exklusive Kontrolle über den hergestellten Film hat, während der Spiel-Publisher weiter über die Spiele und ggf. andere Medien verfügen kann, solange sie nicht mit dem Film kollidieren.
- Umfang und Folgerechte: Filmstudios lassen sich oft Sequel- und Spin-off-Rechte einräumen. D.h., im Verfilmungsvertrag steht, dass das Studio auch Teil 2 und 3 der Verfilmung produzieren darf (meist als Option) und vielleicht sogar eine TV-Serie („Spin-off“) aus dem Filmuniversum machen kann. Der Spiele-Publisher erhält dafür entweder zusätzliche Zahlungen oder zumindest eine Gewinnbeteiligung.
- Vergütung: Der Game-IP-Inhaber erhält typischerweise einen Pauschalbetrag (Lizenzgebühr), oft in siebenstelliger Höhe bei großen Titeln, plus evtl. Bonuszahlungen bei hohem Kinoerfolg. Eine Beteiligung an den Einnahmen (Profit-Share) wird manchmal vereinbart, ist aber in der Filmbranche berüchtigt, da dank „Hollywood Accounting“ selten offiziell Gewinne ausgewiesen werden. Daher bevorzugen Game-Firmen fixe Zahlungen. Zusätzlich kann vereinbart werden, dass der Spiel-Publisher bei Merchandise zum Film eine Revenue-Beteiligung bekommt, sofern seine Figuren genutzt werden.
- Creative Control: Ein sensibler Punkt ist, wie weit der Spielentwickler Mitspracherechte hat. Früher verkauften viele ohne Kontrolle (Ergebnis: qualitativ enttäuschende Filme wie Super Mario Bros. 1993, den Nintendo im Nachhinein bereute). Heute bestehen große Publisher auf zumindest Beratungsrechten. So fungieren Vertreter des Publishers oft als Executive Producer beim Film, um den Kanon der Marke zu wahren. Verbindliche Vetorechte sind selten, aber zumindest bei Script und Charakterisierung dürfen sie Feedback geben.
- Rückfallklausel: Sollte das Studio die Verfilmung doch nicht umsetzen (z.B. die Option verstreichen lassen oder nach Drehbeginn abbrechen), fallen die Rechte an den Publisher zurück. Dieser kann dann einen anderen Interessenten suchen. Teilweise werden Konventionalstrafen für Nichtverwertung vereinbart, um das Studio zur Nutzung oder Freigabe zu bewegen.
Ist die Verfilmung fertiggestellt, halten im Ergebnis beide Seiten Rechte: Der Filmproduzent hat das Urheberrecht am Filmwerk, der Game-Publisher bleibt Herr seiner ursprünglichen Spiele-IP. Oft entstehen allerdings neue Elemente in einer Verfilmung (neue Figuren, Ereignisse). Verträge regeln, wem diese gehören. Meist vereinbart man, dass solche neuen Elemente gemeinsam genutzt werden dürfen: Das Filmstudio darf sie in Filmen fortführen, und der Game-Publisher darf sie für künftige Spiele übernehmen. So profitieren beide vom Ausbau des Universums, ohne getrennte Rechteketten.
Cross-Promotion und Parallelverwertung: Bei Crossmedia-Projekten wird auch festgelegt, wie die gegenseitige Promotion abläuft. Beispielsweise könnte der Vertrag vorsehen, dass zum Filmstart der Publisher ein Movie-Tie-In-DLC im Spiel veröffentlicht, oder dass im Film auf das Spiel hingewiesen wird. Außerdem wichtig: Reihenfolge und Timing. Es gibt Fälle, in denen ein Film basierend auf einem unveröffentlichten Spiel produziert wird – dann braucht das Studio Sicherheiten, dass das Spiel tatsächlich erscheint (und die Marke bekannt wird). Umgekehrt will der Publisher, dass der Film rechtzeitig kommt, um die Spielverkäufe anzukurbeln. Solche Abhängigkeiten machen Crossmedia-Abkommen komplex.
Beispiel: The Witcher ist ein Spezialfall: Ursprünglich ein Roman, davon lizenziert CD Projekt RED die Spielrechte (behält aber keine Filmrechte). Später lizenziert der Autor die Serienrechte an Netflix – die erfolgreiche Serie basiert mehr auf den Romanen, dennoch profitieren die Spiele indirekt. Hätte CD Projekt die Filmrechte einst mit erworben, hätten sie an der Serie teilgehabt. Diese Konstellation zeigt: IP-Management über Mediengrenzen hinweg erfordert Weitblick. Heutzutage versuchen viele Game-Publisher, alle Crossmedia-Rechte an eigenen Marken inhouse zu halten – siehe z.B. Ubisoft, das ein eigenes Filmstudio gegründet hat, um Spiele wie Assassin’s Creed selbst zu verfilmen (und so Kontrolle zu behalten).
Zusammengefasst erfordert Cross-Media-Expansion sehr präzise Verträge. Beide Seiten – Games und Film/Musik – müssen definieren, wer die Hoheit über Figuren, Geschichten und Marken hat, um späteren Streit zu vermeiden. Werden hier sauber die Rechteketten verzahnt, kann eine Marke in vielen Medien erblühen, ohne dass unklare Rechte die Verwertung hemmen.
Vergleich der Branchen: Games, Musik und Film – Verträge und Strukturen im Überblick
Die Games-, Musik- und Filmindustrie basieren gleichermaßen auf der Verwertung kreativer Inhalte. Es gibt daher viele Parallelen in den vertraglichen Strukturen – aber auch wesentliche Unterschiede, bedingt durch die Eigenarten der Werke und Marktusancen. Zum Abschluss ein Vergleich der Rechteketten und Vertragsstandards dieser drei Branchen:
Gemeinsame Grundprinzipien
- Urheberrecht als Basis: In allen Branchen liegt anfangs das Urheberrecht beim Schöpfer (Spieleentwickler, Musiker, Drehbuchautor etc.). Dieses wird über Verträge in verwertbare Nutzungsrechte überführt. Überall gilt der Grundsatz, dass die Urheberpersönlichkeitsrechte (z.B. Recht auf Namensnennung oder Entstellungsschutz) beim Urheber verbleiben. Allerdings ist die praktische Relevanz unterschiedlich: In der Musik wird der Komponist häufig genannt (im Booklet), im Film werden alle Beteiligten in Credits aufgeführt, bei Games treten einzelne Urheber oft zurück (Credits am Ende eines Spiels sind weniger formalisiert).
- Exklusive Rechteübertragung an Produzenten/Verwerter: Ob Games-Publisher, Filmproduzent oder Musiklabel – alle Verträge laufen darauf hinaus, dass ein wirtschaftlich verantwortliches Unternehmen die ausschließlichen Verwertungsrechte an dem kreativen Endprodukt erhält. Beim Spiel ist das der Publisher (bzw. Entwickler selbst, wenn Eigenvertrieb), beim Film der Produzent, bei Musik die Plattenfirma (für Aufnahmen) und Musikverlage/Verwertungsgesellschaften (für Kompositionen). Exklusivität ist notwendig, um Investitionen zu schützen und eindeutige Zuständigkeiten zu haben.
- Kombination von Vorschuss und Beteiligung: In allen drei Branchen finanzieren Verwerter die Produktion oft mit Vorschüssen. Der Entwickler erhält vom Publisher Milestone-Zahlungen, der Musiker ein Vorschuss vom Label, der Regisseur/Autor evtl. einen Vorschuss vom Filmstudio. Im Gegenzug erhalten die Verwerter den ersten Erlösanteil, bis die Vorschüsse gedeckt sind, danach gibt es Gewinnbeteiligungen (Royalty). Beispiel: Ein Indie-Studio bekommt 200.000 € Vorschuss; nach Release erhält der Publisher 100% der Erlöse, bis 200.000 € eingespielt sind, danach z.B. 70% Publisher / 30% Entwickler-Aufteilung. Ähnlich bei Musik: Label behält Einnahmen bis zur Höhe des Vorschusses, dann prozentuale Tantiemen an den Künstler. Film: oft bekommen kreative Köpfe (Regisseur, Hauptdarsteller) Bonuszahlungen oder Profit-Points nach Rückfluss des Budgets. Dieses Modell teilt Risiko und Erfolg zwischen Kreativen und Kapitalgebern auf.
- Options- und Folgerechtsklauseln: In allen Branchen üblich sind Klauseln, die Folgeprojekte binden. Im Buch- und Musikbereich sind Optionsverpflichtungen seit langem Standard (z.B. Autoren müssen dem Verlag das nächste Werk zuerst anbieten; Musiker sind für mehrere Alben exklusiv gebunden mit Optionsrechten des Labels). In der Games-Branche hat sich dies analog entwickelt: Publisher verlangen Option auf Sequels oder kommende Projekte. In der Filmbranche werden mit Schauspielern oft gleich Verträge für mehrere Fortsetzungen abgeschlossen (um bei Erfolg einer Reihe Kontinuität zu haben). Der Kern ist stets: Der ursprüngliche Partner soll die Früchte eines Erfolgs auch in Zukunft ernten können, sofern er das möchte.
- Vertragsdichte und Standardisierung: Die Verträge sind in allen Bereichen hochkomplex, doch in der Musik- und Filmindustrie gibt es teils Gewerkschaften/Verbände, die Standardbedingungen durchsetzen. In den USA etwa regeln die Writers Guild oder Directors Guild gewisse Mindestbeteiligungen und Credit-Regeln für Filmemacher; bei Musikern gibt es Verwertungsgesellschaften wie GEMA, die standardisierte Tarife erheben. Die Games-Industrie ist weniger reguliert: Entwickler sind selten gewerkschaftlich organisiert (Ausnahme z.B. Sprechergewerkschaften für Voice Actors), Verwertungsgesellschaften existieren nicht für Gameplay-Inhalte. Dadurch sind Spieleverträge oft freier verhandelbar, aber auch diverser. Der Zweckübertragungsgrundsatz im Urheberrecht (der in DE und EU gilt) beeinflusst Musik- und Filmverträge gleichermaßen – auch dort muss man Nutzungsarten konkret benennen. Allerdings hat sich branchenintern viel Standard-Legalese entwickelt: z.B. beinhalten Plattenverträge fast immer ähnliche Klauseln zu „All Phonograph Rights“ etc., und Filmproduktionsverträge folgen Mustern. In Games-Publishing bilden sich solche Standards erst nach und nach heraus, häufig sind Verträge Mischungen aus Softwarelizenz, Produktionsvertrag und Vertriebsklauseln.
Unterschiede und Besonderheiten
- Anzahl der Beteiligten Urheber: Beim Videospiel sind potenziell Dutzende Urheber (Programmierer, Grafiker, Musiker, Storywriter). Beim Film ebenfalls (Drehbuchautor, Regisseur, Kameramann, Cutter, Komponist etc. – in DE gelten sie teils alle als Miturheber des Filmwerks). In der Musik gibt es meist zwei Schöpfungen: das musikalische Werk (Komposition/Text) und die Darbietung/Tonaufnahme. Die Rechtekette in der Musik teilt sich entsprechend auf: Komponisten schließen Verlagsverträge oder gehen zur GEMA, während Interpreten/Produzenten den Labelvertrag schließen. In Games ist alles unter dem Dach des Studios/Publishers gebündelt – das Studio muss im Innenverhältnis alle Beiträge klären (ähnlich einer Filmproduktion), tritt aber nach außen als einheitlicher Rechteinhaber auf. Die Filmproduktion erreicht diese Einheit durch eine Fülle an Einzelverträgen (jeder Kreative tritt seine Nutzungsrechte ab); die Game-Produktion macht es genauso. Der Unterschied: Im Film gibt es eine gesetzliche Vermutung zugunsten des Produzenten (§ 89 UrhG: Mitwirkende, die sich an der Herstellung eines Films beteiligt haben, willigen in die filmübliche Nutzung ein), was die Rechtekette erleichtert. Im Game-Bereich fehlt eine solche Spezialnorm – man behelft sich über Verträge und § 69b UrhG (Softwareregel für Arbeitnehmer).
- Werkcharakter und Schutzfristen: Musikstücke und Filme haben klar definierte Werkcharaktere mit festen Schutzfristen (70 Jahre post mortem). Videospiele sind komplex: Der Softwarecode ist geschützt (70 Jahre p.m.), Grafiken einzelnd (70 Jahre p.m.), Tonspuren (70 Jahre p.m. für Komposition; 70 Jahre ab Veröffentlichung für Aufnahmen als Leistungsschutz). Das bedeutet, ein Spiel fällt nicht wie ein Film in Gänze nach 70 Jahren in Gemeinfreiheit – einzelne Teile könnten noch geschützt sein. Praktisch ist das allerdings selten relevant, da Spiele technologisch überholt sind, bevor Schutzfristen greifen. Dennoch: Die Rechtekette bei einem alten Film kann nach Ablauf einiger Fristen einfacher werden (z.B. bei Stummfilmen, deren Musik gemeinfrei ist), während bei einem Spiel auch nach vielen Jahren noch Komponenten geschützt sein können. In der Musikbranche kommen zudem leistungsschutzrechtliche Aspekte hinzu (ausübende Künstler haben 50 bzw. 70 Jahre Rechte an ihren Darbietungen). In Games äußert sich das etwa bei Sprechern oder Musikern fürs Soundtrack-Einspielen – ihre Leistungsschutzrechte müssen vertraglich eingeräumt werden, analog zur Musikindustrie.
- Rollen von Verwertungsgesellschaften: In der Musik sind Verwertungsgesellschaften zentral. Ein Musikautor ist fast immer Mitglied einer Gesellschaft wie GEMA, die weltweit sein Aufführungs- und Wiedergaberecht verwaltet. Ein Musikproduzent lässt Leistungen von GVL wahrnehmen. Diese Gesellschaften ziehen Lizenzen ein (z.B. Radio, Streaming, öffentliche Aufführung) und zahlen den Urhebern/Interpreten. Das bedeutet, selbst wenn ein Label alle Rechte am Tonträger hat, muss z.B. ein Radiosender an GEMA und GVL zahlen, nicht (nur) ans Label. – In der Filmbranche gibt es ebenfalls Verwertungsgesellschaften (z.B. die VG Wort/VG Bild-Kunst für Urheber von Drehbüchern, Kamera etc., und die GVL für ausübende Schauspieler in gewissen Fällen). Beispiel: Ein Regisseur bekommt Zweitauswertungstantiemen über Verwertungsgesellschaften, wenn sein Film im Fernsehen läuft (sog. Geräte- und Leermedienabgaben). – In der Game-Branche gibt es nichts Vergleichbares für die eigentlichen Spielinhalte. Weder existiert eine VG für “Spieleautoren” noch für Level-Designer. Das heißt, alle Vergütungen werden vertraglich zwischen den Parteien geregelt, es gibt keine kollektive Verwertung. Eine Ausnahme ist, wenn im Spiel Musik vorkommt, die von GEMA-Mitgliedern komponiert wurde – dann fällt bei öffentlicher Wiedergabe (z.B. im Streaming) doch wieder GEMA an. Aber im Gegensatz zu Musik und Film hat ein Game-Publisher nicht standardmäßig mit Verwertungsgesellschaften zu tun. Dies vereinfacht einerseits die Rechtekette (keine externen Dritten wie GEMA mischen mit), birgt aber das Risiko, dass ohne kollektive Regelung Urheber leer ausgehen, sofern sie nicht individuell für alle Nutzungsarten angemessen beteiligt werden.
- Vertragsdauer und Rechtezurückfall: In der Musikindustrie waren traditionell Verträge oft zeitlich unbegrenzt für die Aufnahmen – das Label erwirbt die Recording-Master meist dauerhaft (bis Schutzfristende). Allerdings sind Exklusivbindungen des Künstlers auf z.B. 5–7 Jahre oder x Alben begrenzt. In der Filmindustrie erwirbt der Produzent die Rechte am Filmwerk vollständig; Verträge mit Verleihern (Distributoren) sind aber häufig zeitlich begrenzt (z.B. 10-15 Jahre Kino- und Home-Video-Rechte, danach neu verhandelbar). Im Games-Bereich tendieren große Publisher dazu, IP unbefristet zu behalten, während bei Publishing-Deals ohne IP-Übergang die Lizenz an den Publisher zeitlich befristet sein kann (z.B. 5 Jahre Exklusivvertrieb). Auch digitale Store-Verträge sind kündbar, so dass theoretisch ein Spiel irgendwann aus dem Store verschwinden kann, wenn der Vertrag endet. Insgesamt ist die Rechtezurückfall-Problematik bei Musik und Film präsenter: Musiker kämpfen oft darum, nach Jahrzehnten ihre Master zurückzubekommen oder neu aufnehmen zu dürfen (Stichwort Taylor Swift, die ihre Alben neu aufnimmt, weil das Label die Originale hält). Filmrechte werden nach langem Fristablauf manchmal an Autoren zurückübertragen (in den USA gibt es „Termination Rights“ nach 35 Jahren in bestimmten Fällen). Im Spielesektor sind solche Reversions selten explizit gesetzlich geregelt; es hängt vom Vertrag ab. Daher ist es umso wichtiger, beim Abschluss Vorsorge zu treffen, z.B. mit Rückfallklauseln.
- Inhaltliche Änderungsrechte und Moral Rights: In der Filmwelt genießt der Regisseur in Europa einen gewissen Ruf als “Autor des Films”, trotzdem hat der Produzent weitreichende Änderungsbefugnisse (Schnitt etc.). In Verträgen wird oft vereinbart, dass der Produzent Endschnitt hat, der Regisseur aber nicht als Urheber genannt werden will, wenn der Film völlig gegen seinen Willen verändert wird (dies entspricht dem Urheberpersönlichkeitsrecht – es gab Fälle, in denen Regisseure ihren Namen zurückzogen, berühmt als „Alan Smithee“ Pseudonym). In der Musik kann das Label den finalen Mix bestimmen, der Künstler hat aber typischerweise vertraglich zugesichert, eine bestimmtes künstlerisches Endergebnis zu liefern. In Games ist es üblich, dass der Publisher inhaltliche Kontrolle hat – der Entwickler schuldet ein Werk gemäß den Spezifikationen. Kreative Leitungen wie Creative Director haben intern Einfluss, aber rechtlich kann der Publisher bei Vertragsprojekten Änderungen einfordern (z.B. Level streichen, Features anpassen) ohne dass einzelne Entwickler dem aus Urheberrecht widersprechen könnten. Das liegt daran, dass im Game Development das Werk als Teamleistung gesehen wird, und vertraglich wird sichergestellt, dass das Unternehmen (Studio/Publisher) Bearbeitungen vornehmen darf. Insgesamt sind moral rights im Games-Sektor am schwächsten ausgeprägt in der Praxis (selten macht ein Designer vom § 14 UrhG Gebrauch). In Musik und Film gibt es Fälle, wo Urheber eingreifen – z.B. Komponisten, die nicht möchten, dass ihr Song in politisch unerwünschtem Kontext genutzt wird, oder Autoren, die sich von einer Verfilmung distanzieren. Bei Games sind solche Konflikte selten öffentlich geworden.
Beispielsätze typischer Klauseln im Vergleich
Um die vertraglichen Parallelen zu veranschaulichen, einige vergleichende typische Klausel-Formulierungen aus allen drei Branchen:
- Exklusivitätsklausel:
- Game: “Der Entwickler wird während der Laufzeit dieses Vertrags kein anderes Spiel entwickeln oder veröffentlichen, das direkt mit dem vertragsgegenständlichen Spiel in Wettbewerb tritt.”
- Musik: “Der Künstler verpflichtet sich, während der Dauer dieses Vertrags keine musikalischen Aufnahmen für Dritte herzustellen oder zu verwerten. Alle Aufnahmen des Künstlers erscheinen exklusiv beim Label.”
- Film: “Der Regisseur verpflichtet sich, für den Zeitraum bis Abschluss der Postproduktion keine Regiearbeiten an anderen Kinofilmen zu übernehmen, die die ordnungsgemäße Fertigstellung des Films [Titel] beeinträchtigen könnten.” (Hier eher projektbezogen; für Schauspieler oft: keine Auftritte in Konkurrenzfilmen bis x Monate nach Release).
- Option auf Folgewerke:
- Game: “Der Publisher hat das Recht, einen Nachfolger zum Spiel zu vergleichbaren Konditionen zu veröffentlichen (Sequel-Option).”
- Musik: “Der Künstler räumt dem Label eine Option auf die Produktion eines dritten und vierten Albums ein. Das Label kann diese Option binnen 6 Monaten nach Veröffentlichung des jeweiligen vorherigen Albums durch schriftliche Erklärung ausüben.”
- Film: “Dem Produzenten wird das ausschließliche Recht eingeräumt, basierend auf dem Film einen direkten Nachfolgefilm (Sequel) sowie Prequels oder Spin-Offs mit den gleichen Hauptfiguren zu produzieren. Der Autor erhält im Falle der Fortsetzung eine Vergütung von X € oder, falls vom Produzenten gewünscht, das Recht, das Drehbuch der Fortsetzung zu verfassen zu den Konditionen dieses Vertrags.”
- Vergütungs-/Beteiligungsklausel:
- Game: “Nach vollständiger Rückführung des Entwicklungsvorschusses von 1 Mio. € erhält der Entwickler 20% der Nettoeinnahmen aus dem Vertrieb des Spiels als Umsatzbeteiligung, zahlbar quartalsweise.”
- Musik: “Der Künstler erhält eine Lizenzvergütung von 15% des vom Label vereinnahmten Nettoverkaufspreises pro verkaufter physischen Tonträgereinheit sowie 25% der Netto-Lizenzeinnahmen aus Digitalverkäufen und Streaming, jeweils nach Ablösung des Künstler-Vorschusses.”
- Film: “Der Regisseur erhält eine Gewinnbeteiligung von 5% an den Nettoerlösen des Films, zahlbar, sobald die Produktions- und Vertriebs kosten vollständig gedeckt sind (Definition ‘Nettoerlös’ siehe Anhang… einschließlich einer Branchendefinition von ‘Nichtkosten’).”
- Urheberrechtsübertragung (Mitarbeiter):
- Game: “Der Programmierer überträgt hiermit dem Arbeitgeber sämtliche ausschließlichen Nutzungsrechte an den von ihm entwickelten Computerprogrammen und Spielegrafiken. Dies umfasst insbesondere das Recht zur Bearbeitung, Vervielfältigung, Veröffentlichung und Vermarktung in allen Medien.”
- Musik: “Der Musikautor verpflichtet sich, sämtliche ihm zustehenden urheberrechtlichen Nutzungsrechte an den im Rahmen dieses Vertrags komponierten Musikwerken exklusiv dem Verlag zu übertragen; ausgenommen bleiben unverzichtbare gesetzliche Rechte und die Wahrnehmung durch die GEMA, der der Autor beizutreten hat.” (Hier sieht man: in der Musik gehen Komponisten typischerweise zur GEMA, statt alle Rechte direkt an Label/Verlag zu geben.)
- Film: “Der Kameramann überträgt dem Produzenten das ausschließliche Recht, die von ihm hergestellten Bildaufnahmen für den Film und alle daraus abgeleiteten Nutzungen (Trailer, Making-of, Online-Clips etc.) zu verwenden. § 88 UrhG bleibt unberührt, eine getrennte Auswertung der Bildfolgen ist nicht beabsichtigt.”
Diese Beispiele zeigen, dass ähnliche Konzepte branchenübergreifend existieren, aber jeweils angepasst an das Medium sind. Die Musikbranche hat z.B. separate Verträge für Komposition und Aufnahme, während Game-Entwickler beides in einem abdecken müssen. Filmverträge legen starken Fokus auf Credits und künstlerische Aufgabenverteilung, Game-Verträge eher auf Lieferung von Meilensteinen und technische Abnahme.
Fazit: Wer hält am Ende die Rechte am Spiel?
Die Ausgangsfrage war: “Rechtekette im Game Development – wer hält am Ende die Rechte am Spiel?” Die Antwort lautet: Es kommt darauf an – und es sollte keinesfalls dem Zufall überlassen bleiben. Die Rechtekette in der Spieleentwicklung ist das Ergebnis zahlreicher vertraglicher Vereinbarungen. Im Idealfall sind diese so ausgestaltet, dass am Ende ein klar bestimmter Rechteinhaber alle notwendigen Verwertungsrechte am Spiel vereint hat und frei nutzen kann. In der Praxis kann das unterschiedlich aussehen:
- Bei einem Auftragswerk für einen Publisher hält meist der Publisher die Rechte am Spiel (weil der Entwickler vertraglich alle IP übertragen hat). Der Publisher ist dann berechtigt, das Spiel zu vertreiben, Fortsetzungen zu machen, Merchandise zu lizenzieren etc., ohne weitere Zustimmung des ursprünglichen Entwicklers – dieser wird dafür einmalig oder über Umsatzbeteiligungen vergütet, ist aber nicht mehr Herr der Rechte.
- Bei einem independent entwickelten Spiel, das nur einen Publishing- oder Vertriebsvertrag hat, behält oft das Entwicklerstudio die Rechte. Der Publisher hat dann “nur” eine exklusive Vertriebslizenz für eine gewisse Zeit oder Region. Nach Vertragsende oder -kündigung fallen die Rechte an das Studio zurück, das damit weitere Pläne (neue Editionen, andere Publisher, Fortsetzungen) verfolgen kann.
- Wenn ein Spiel fremde IP nutzt (z.B. ein Star-Wars-Spiel), liegt die Kern-IP weiterhin beim ursprünglichen Rechteinhaber (hier Disney/Lucasfilm). Der Publisher des Spiels hat zwar Rechte am konkreten Spielcode und den von ihm geschaffenen Assets, doch er kann mit diesem Material kaum etwas anfangen ohne die Erlaubnis des Franchise-Inhabers. Am Ende der Kette bestimmt also der IP-Lizenzgeber (Filmstudio) maßgeblich, was mit dem Spiel passiert (z.B. wie lange es verkauft werden darf).
- In Fällen, wo ein Spiel viele Fremdkomponenten nutzt (Engine, Middleware, Musik von Dritten), gibt es statt eines alleinigen “All Rights Owner” eher ein Geflecht von Lizenzen. Der Entwickler hält die Rechte am eigenentwickelten Teil, aber er hat dauerhafte Nutzungsrechte von den Engine-Herstellern, Asset-Lieferanten etc. erworben. Solange all diese Lizenzen ordnungsgemäß erteilt und unbefristet sind, kann der Entwickler/Publisher das Spiel wie gewünscht verwerten. Problematisch wäre es, wenn z.B. eine Lizenz befristet oder widerruflich wäre – dann könnte nach Ablauf ein Teil des Spiels nicht mehr rechtssicher genutzt werden. Daher werden kritische Fremdkomponenten (etwa wichtige Engines) fast immer auf unbefristete Nutzungsrechte hin lizenziert, um den “rechtenfesten” Endzustand zu erreichen.
Für Mandanten aus der Games-, Medien- und Musikbranche bedeutet dies: Rechtekette ist Chefsache. Jede Vereinbarung – ob mit Mitarbeitern, Dienstleistern, Publishern, Plattformen oder Lizenzgebern – beeinflusst, wer letztlich welches Stück vom Rechte-Puzzle hält. Ein Spiel ist wirtschaftlich nur dann voll ausschöpfbar, wenn die Kette lückenlos ist und klar definierte Eigentums- und Nutzungsverhältnisse bestehen. Das deutsche Urheberrecht gibt mit dem Zweckübertragungsgrundsatz eine Leitlinie: Rechte gehen nur so weit über, wie nötig. Daraus folgt für Verträge: Man muss bewusst und ausdrücklich regeln, was gebraucht wird. Es empfiehlt sich zudem, Szenarien der Zukunft mitzudenken: Neue Nutzungsarten (VR? Cloud-Gaming?), neue Märkte (Asien?), Crossmedia-Auswertungen – all das sollte nach Möglichkeit in die Verträge einfließen, um später kein böses Erwachen zu erleben.
Wer hält nun am Ende die Rechte am Spiel? In der Regel der Vertragspartner, der die Entwicklung finanziert oder initiiert hat, also häufig der Publisher oder das Studio selbst. Wichtig ist aber: Dieses Unternehmen hält nur dann wirklich “alle” Rechte, wenn es seinerseits alle Mitwirkenden eingebunden hat. Jede vergessene Zustimmung, jede nachlässige Klausel kann dazu führen, dass jemand anders ein Stück vom Kuchen beansprucht. Die beste Absicherung ist eine vorausschauende Vertragsgestaltung:
- Entwicklerstudios sollten mit jedem Mitarbeiter und Zulieferer wasserdichte IP-Verträge schließen (inklusive etwaiger KI-Nutzung, um hier Klarheit zu haben).
- Publisher sollten in ihren Verträgen mit Studios die notwendigen Rechte umfassend und eindeutig definieren, aber auch nicht mehr als nötig fordern – so bleibt das Vertrauensverhältnis erhalten und beide profitieren.
- Bei Crossmedia-Projekten muss die Grenze zwischen den Medien sauber vertraglich gezogen werden, damit jeder in seinem Bereich frei agieren kann.
- Schließlich lohnt ein Blick auf andere Branchen: Lehren aus Musik und Film zeigen, dass Kreative für angemessene Beteiligung sorgen sollten (§ 32 UrhG – Fairness-Paragraf – gilt überall), und dass Rechteinhaber langfristig denken müssen (eine Marke aufbauen statt kurzfristig verkaufen, kann sich auszahlen – siehe viele erfolgreiche Franchises).
Die Game-Industrie hat in kurzer Zeit aufgeholt, was in Film und Musik über Jahrzehnte an Vertragskultur gewachsen ist. Heute sind Publishing- und Entwicklerverträge hochkomplex, aber auch chancenreich verhandelbar. Wer seine Rechtekette kennt und aktiv gestaltet, hält am Ende auch die Fäden in der Hand. So bleibt die Frage “Wer hält am Ende die Rechte am Spiel?” idealerweise nicht offen, sondern kann klar beantwortet werden: Derjenige, der sie vorausschauend vertraglich an sich gezogen hat – im Einklang mit den Urhebern und zum Nutzen aller Beteiligten.