Die Rechtsprechung zur Kennzeichnungspflicht von Werbung entwickelt sich stetig weiter. Ein aktuelles Urteil des Landgerichts Trier (Urteil vom 24.11.2023, Az. 7 HK O 13/23) reiht sich in die bisherige Rechtsprechung ein und verdeutlicht erneut die Notwendigkeit der korrekten Kennzeichnung von Werbung – insbesondere bei Barterdeals und der Nutzung von PR-Artikeln. Diese Entscheidung fügt sich in eine Reihe von Urteilen ein, die in den letzten Jahren die Grenzen zwischen redaktionellem Inhalt und Werbung im digitalen Raum neu definiert haben. So hat das OLG Frankfurt beispielsweise die Kennzeichnungspflicht bei gesponserten Reisen von Influencern präzisiert, während das OLG Köln eine differenzierte Betrachtung der Kennzeichnungspflicht bei followerstarken Profilen vorgenommen hat.
Interessanterweise zeichnet sich in der Rechtsprechung eine Tendenz ab, die Notwendigkeit der Werbekennzeichnung nicht mehr allein an monetären Gegenleistungen festzumachen. Vielmehr werden auch nicht-monetäre Vorteile, wie etwa die Nutzung von PR-Materialien oder Bildrechten, zunehmend als relevante Faktoren für die Kennzeichnungspflicht angesehen. Dies steht im Einklang mit Überlegungen des Gesetzgebers, die Kennzeichnungspflicht für Influencer neu zu regeln und dabei auf “wirkliche Gegenleistungen” abzustellen.
Diese Entwicklung unterstreicht die Komplexität der rechtlichen Bewertung von Werbung im digitalen Zeitalter und die Notwendigkeit für Medienunternehmen, Influencer und Agenturen, ihre Praktiken kontinuierlich zu überprüfen und anzupassen.
Schleichwerbung ohne Geldzahlung: Das Urteil des LG Trier
Das Landgericht Trier hat in seinem Urteil klargestellt, dass Schleichwerbung auch dann vorliegen kann, wenn kein Geld fließt. Dies ist besonders relevant für Medienunternehmen und Agenturen, die häufig mit Barterdeals arbeiten oder PR-Artikel nutzen, bei denen Produkte oder Dienstleistungen kostenlos zur Verfügung gestellt werden.
Kernpunkte des Urteils:
- Definition von Schleichwerbung: Das Gericht definiert Schleichwerbung als eine Darstellung in Worten oder Bildern von Waren, Dienstleistungen, Namen, Marken oder Tätigkeiten eines Herstellers, die absichtlich zu Werbezwecken vorgesehen ist, ohne als solche erkennbar zu sein.
- Keine Geldzahlung erforderlich: Das Gericht betont, dass es unerheblich ist, ob für die Werbung eine monetäre Gegenleistung erbracht wurde. Auch die Einräumung von Nutzungsrechten an Text und Bild kann als geldwerte Gegenleistung angesehen werden.
- Absicht ist entscheidend: Die Absicht, Werbung zu machen, ist laut dem Gericht ausschlaggebend – nicht die tatsächliche Zahlung eines Entgelts.
- Irreführung des Verbrauchers: Das Gericht argumentiert, dass Schleichwerbung den Verbraucher in die Irre führen kann, indem sie den wahren Zweck der Darstellung verschleiert.
Auswirkungen auf Medienunternehmen und Agenturen
Dieses Urteil hat weitreichende Konsequenzen für die Medienbranche:
- Erhöhte Vorsicht bei Barterdeals und PR-Artikeln: Medienunternehmen und Agenturen müssen besonders aufmerksam sein, wenn sie Produkte, Dienstleistungen oder Nutzungsrechte kostenlos erhalten. Auch wenn kein Geld fließt, kann eine Werbekennzeichnung erforderlich sein.
- Transparenz ist Pflicht: Um Schleichwerbung zu vermeiden, sollten Medienunternehmen und Agenturen stets transparent kommunizieren, wenn sie Gegenleistungen in jeglicher Form erhalten haben.
- Kennzeichnungspflicht überdenken: Medienunternehmen und Agenturen sollten ihre Kennzeichnungspraxis überprüfen und gegebenenfalls anpassen, um sicherzustellen, dass sie den aktuellen rechtlichen Anforderungen entspricht.
- Risiko von Abmahnungen: Bei Nichteinhaltung der Kennzeichnungspflicht besteht ein erhöhtes Risiko von Abmahnungen und rechtlichen Konsequenzen.
Rechtliche Einordnung
Das Landgericht Trier stützt seine Entscheidung auf § 5a Abs. 4 S. 1 UWG. Dabei stellt es klar, dass auch die Nutzung von PR-Artikeln und Bildrechten als “ähnliche Gegenleistung” im Sinne des § 5a Abs. 4 S. 2 UWG angesehen werden kann.
Das Gericht argumentiert, dass die Bereitstellung eines fertigen Artikels und die Einräumung von Bildrechten geldwerte Leistungen darstellen. Diese Auslegung steht im Einklang mit dem Willen des Gesetzgebers, der in der Gesetzesbegründung als ähnliche Gegenleistungen unter anderem Provisionen, Produkte, die genutzt werden dürfen, Pressereisen und die Stellung von Ausrüstung genannt hat.
Bemerkenswert ist auch, dass das Gericht eine Kennzeichnung als “Anzeige” nicht zwingend für erforderlich hält. Vielmehr können auch andere Begriffe wie z.B. “Werbung” verwendet werden, solange der kommerzielle Zweck deutlich gemacht wird.
Fazit und Ausblick
Das Urteil des LG Trier unterstreicht die Notwendigkeit einer klaren Trennung von redaktionellem Inhalt und Werbung nicht nur in der Influencer-Branche, sondern auch im klassischen Medienbereich. Es zeigt, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen für Medienkooperationen weiterhin einer ständigen Anpassung bedürfen.
Für Medienunternehmen und Agenturen ist es ratsam, sich regelmäßig über die aktuelle Rechtslage zu informieren und im Zweifelsfall rechtlichen Rat einzuholen. Nur so können sie sicherstellen, dass ihre Aktivitäten im Einklang mit geltendem Recht stehen und das Vertrauen ihrer Leser nicht durch unzulässige Schleichwerbung gefährdet wird.Die Zukunft der Medienkooperationen wird maßgeblich davon abhängen, wie gut es der Branche gelingt, Transparenz und Authentizität mit den rechtlichen Anforderungen in Einklang zu bringen. Das Urteil des LG Trier unterstreicht die Notwendigkeit, auch bei nicht-monetären Vereinbarungen wachsam zu bleiben und die Kennzeichnungspflicht ernst zu nehmen.