In Deutschland gibt es die Möglichkeit, zur Vermeidung eines Gerichtsverfahrens eine Unterlassungserklärung abzugeben. Eine Unterlassungserklärung ist ein Vertrag zwischen zwei Parteien, eine bestimmte Handlung zu unterlassen. Das kann zum Beispiel sein, dass man sich verpflichtet, bestimmte Inhalte auf einer Webseite nicht darzustellen, anders zu formulieren oder Ähnliches, aber auch, dass man Inhalte, Fotos oder Texte von anderen Orten löscht. Dazu gehören neben Backups, nicht verlinkten Archiven auch der Google Cache. Immer wieder kommt es zu Vertragsstrafenforderungen oder Ordnungsmittelverfahren, wenn ein Verletzer nur die offensichtlichen Inhalte entfernt (z.B. eine Seite in seinem WordPress-Blog löscht).
Das Landgericht Karlsruhe hatte nun über eine spannende Frage zu berichten, nämlich ob auch ein Eintrag (bzw. die Abrufbarkeit) in der Wayback-Machine (unter Internet Archive: Digital Library of Free & Borrowable Books, Movies, Music & Wayback Machine?) Die dort zuständige Kammer für Handelssachen hat dies Mitte Februar jedoch verneint. Nach Ansicht des Gerichts liege in diesem Fall kein Verstoß gegen die Unterlassungserklärung vor. Denn die Unterlassungserklärung war glücklicherweise so formuliert, dass sie nur für Handlungen im “geschäftlichen Verkehr” gilt. Die Auffindbarkeit der rechtsverletzenden Inhalte in der Wayback Machine fällt aber nicht unter den Begriff des geschäftlichen Handelns im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG. Denn die Aufnahme in die Wayback Machine diene weder der Absatzförderung noch stehe sie in unmittelbarem und objektivem Zusammenhang mit dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen.
Eine spannende Argumentation, wie ich finde!
Der Unterlassungsschuldner müsse sich den Inhalt von Archive.org nicht zurechnen lassen, weil er keinen wirtschaftlichen Vorteil aus der Archivierung und Bereithaltung veralteter Versionen von Homepages ziehe. “Normale” Menschen kämen nicht auf die Idee, auf Archive.org nach alten Versionen einer Homepage zu suchen und diese Inhalte dann auch noch als aktuelle Werbung zu interpretieren.
Eine, wie ich finde, durchaus stichhaltige Argumentation. Aber Achtung: Die Argumentation kann so nur bei Inhalten funktionieren, die eine geschäftliche Handlung voraussetzen, also z.B. bei Verstößen gegen das UWG oder das Markenrecht. Eine Urheberrechtsverletzung muss beispielsweise NICHT gewerblich sein, um einen Unterlassungsanspruch zu begründen. Wie das Gericht im Falle einer Urheberrechtsverletzung entschieden hätte, kann daher nur vermutet werden.