Content Creator auf Plattformen wie Instagram, YouTube oder Twitch sehen sich zunehmend mit rechtlichen Herausforderungen konfrontiert, die weit über die eigentliche kreative Arbeit hinausgehen. Während das Erstellen ansprechender Inhalte, das Management der Community und die kontinuierliche Suche nach innovativen Themen schon für sich genommen eine Vollzeitbeschäftigung darstellen, müssen sich Kreative zusätzlich mit einem Dickicht juristischer Fallstricke auseinandersetzen.
Besonders problematisch und potenziell existenzbedrohend sind dabei unberechtigte Schutzrechtsverwarnungen. Diese können das oft über Jahre mühsam aufgebaute Geschäft eines Creators empfindlich stören oder im schlimmsten Fall sogar zerstören. Die Folgen reichen von temporären Accountsperrungen über Monetarisierungsverluste bis hin zu nachhaltigen Reputationsschäden.
Angesichts dieser Bedrohungslage stellen sich für viele Creator drängende Fragen: Wie sollte man auf solche unberechtigten Verwarnungen reagieren? Welche Rechte kann man als Content Creator geltend machen? Und wie lässt sich das eigene Geschäft präventiv vor solchen Angriffen schützen?
Ein kürzlich ergangenes Urteil des Landgerichts Köln hat diese Problematik erneut in den Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit gerückt. Es bietet nicht nur Anlass, sich eingehender mit dem Thema zu befassen, sondern liefert auch wichtige Anhaltspunkte für den rechtlichen Umgang mit unberechtigten Schutzrechtsverwarnungen. Für Creator ist es essentiell, die Implikationen dieses Urteils zu verstehen und in ihre Geschäftsstrategie zu integrieren.
Was steckt dahinter?
Unberechtigte Schutzrechtsverwarnungen liegen vor, wenn jemand fälschlicherweise behauptet, dass bestimmte Inhalte gegen seine Schutzrechte verstoßen. Das können angebliche Urheberrechtsverletzungen, Markenrechtsverletzungen oder andere Formen geistigen Eigentums sein. Oft resultieren daraus Strikes oder Content-Takedowns auf den Plattformen. In vielen Fällen handelt es sich um Missverständnisse oder übereifrige Rechteinhaber, manchmal stecken aber auch böswillige Absichten dahinter.
Folgen für Creator
Die Auswirkungen können gravierend sein:
– Der Account wird temporär gesperrt, wodurch wichtige Einnahmen wegbrechen. Gerade für hauptberufliche Creator kann dies existenzbedrohend sein, da die Monetarisierung ihrer Inhalte oft die Haupteinnahmequelle darstellt. Selbst kurze Sperrzeiten können erhebliche finanzielle Einbußen bedeuten.
– Die Reichweite leidet nachhaltig unter dem Strike. Plattform-Algorithmen reagieren sensibel auf Strikes und können die Sichtbarkeit der Inhalte langfristig einschränken. Dies führt zu einem Teufelskreis aus geringerer Reichweite, weniger Interaktionen und sinkenden Einnahmen.
– Das mühsam aufgebaute Vertrauensverhältnis zur Community nimmt Schaden. Follower und Abonnenten reagieren oft verunsichert auf Strikes und Content-Löschungen. Im schlimmsten Fall wenden sie sich ab, weil sie die Zuverlässigkeit des Creators in Frage stellen.
Was kann man tun?
Bei einem Strike auf einer Social-Media-Plattform sollten Content Creator folgende Schritte in Betracht ziehen:
1. Ruhe bewahren und die Situation sorgfältig analysieren. Es ist wichtig, einen kühlen Kopf zu bewahren und nicht in Panik zu verfallen. Eine gründliche Analyse der Situation hilft dabei, die nächsten Schritte sorgfältig zu planen und überstürzte Reaktionen zu vermeiden.
2. Die Berechtigung des Strikes genau prüfen. Oft basieren Strikes auf Missverständnissen oder falschen Annahmen. Eine genaue Überprüfung der angeblichen Rechtsverletzung ist unerlässlich, um die eigene Position zu stärken und mögliche Gegenargumente zu entwickeln.
3. Beweise für die Rechtmäßigkeit des eigenen Contents sammeln. Je besser die eigene Position dokumentiert ist, desto einfacher gestaltet sich die Verteidigung gegen unberechtigte Vorwürfe. Auch Belege für die eigenständige Erstellung von Inhalten können hilfreich sein, um die Unbegründetheit des Strikes nachzuweisen.
4. Einen fundierten Widerspruch bei der Plattform einlegen. Die meisten Plattformen bieten Mechanismen für Widersprüche an. Ein gut begründeter, sachlicher Widerspruch hat oft gute Chancen auf Erfolg. Wichtig ist, alle relevanten Informationen und Beweise beizufügen und die Argumentation klar und nachvollziehbar zu gestalten.
5. Bei wiederholten Vorfällen einen spezialisierten Anwalt konsultieren. Ein erfahrener Anwalt im Bereich Medienrecht kann nicht nur bei der Verteidigung gegen unberechtigte Strikes helfen, sondern auch präventiv beraten, um zukünftige Probleme zu vermeiden.
Apropos hat das Landgericht Köln gerade zu unberechtigten Schutzrechtsverwarnungen entschieden. In einem Urteil vom 9. Januar 2025 (Az. 14 O 387/24) stellte das Gericht klar, dass eine unberechtigte Urheberrechtsbeschwerde gegenüber einer Streaming-Plattform (sogenannter Copyright-Strike) mit dem Ziel der Blockade der Inhalte einen rechtswidrigen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des tatsächlich berechtigten Urhebers darstellt. Das Gericht übertrug dabei die Rechtsprechung des BGH zur unberechtigten Schutzrechtsverwarnung auf die unberechtigte Urheberrechtsbeschwerde gegenüber Plattformen. Es betonte, dass der betroffene Urheber von dem Einreicher der unberechtigten Urheberrechtsbeschwerde Unterlassung dieses Verhaltens verlangen kann. Dieses Urteil stärkt die Position von Kreativen gegenüber Labels und Plattformen erheblich.
Wie sich schützen?
Um Strikes von vornherein zu vermeiden, empfiehlt es sich:
– Ausschließlich eigene Inhalte zu verwenden oder Lizenzen korrekt zu erwerben. Dies minimiert das Risiko von Urheberrechtsverletzungen erheblich. Bei der Verwendung fremder Inhalte ist es wichtig, sich die notwendigen Rechte einzuholen und dies auch zu dokumentieren.
– Das Zitatrecht zu kennen und korrekt anzuwenden. Das Zitatrecht erlaubt die Verwendung fremder Inhalte in bestimmten Kontexten. Es ist jedoch wichtig, die Grenzen des Zitatrechts zu kennen und einzuhalten. Eine korrekte Quellenangabe ist dabei unerlässlich.
– Quellen stets sorgfältig zu dokumentieren. Eine gute Dokumentation der verwendeten Quellen hilft nicht nur bei der Verteidigung gegen unberechtigte Strikes, sondern erhöht auch die Glaubwürdigkeit gegenüber der Community. Zudem erleichtert es die Nachvollziehbarkeit der eigenen Arbeit.
Fazit
Das Landgericht Köln hat mit diesem Urteil eine wichtige Entscheidung im Bereich des Urheberrechts und des Schutzes von Künstlern im digitalen Zeitalter getroffen. Die Kernpunkte lassen sich wie folgt zusammenfassen:
- Unberechtigte Urheberrechtsbeschwerden (“Copyright-Strikes”) gegenüber Streaming-Plattformen stellen einen rechtswidrigen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des tatsächlich berechtigten Urhebers dar.
- Die Rechtsprechung zur unberechtigten Schutzrechtsverwarnung ist auf unberechtigte Urheberrechtsbeschwerden gegenüber Plattformen übertragbar.
- Betroffene Urheber können von dem Einreicher der unberechtigten Urheberrechtsbeschwerde Unterlassung verlangen.
- Die örtliche Zuständigkeit liegt bei derartigen Fällen an jedem Ort, an dem das betroffene Werk ohne die Sperrung hätte abgespielt werden können.
- Es besteht eine Wiederholungsgefahr, wenn keine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben wird.
Diese Entscheidung stärkt die Position von Künstlern gegenüber unberechtigten Eingriffen in ihre Verwertungsrechte und zeigt die Anpassung des Rechts an die Herausforderungen der digitalen Musikverwertung.