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Wichtigste Punkte
  • Panoramafreiheit erlaubt die Nutzung von Fotografien öffentlicher Dinge ohne Urheberrechtsverletzung, selbst wenn sie geschützt sind.
  • In Deutschland regelt § 59 UrhG die Panoramafreiheit für Architektur und plastische Kunst im öffentlichen Raum.
  • Das Werk muss dauerhaft an einem öffentlichen Ort sein, und die Aufnahme darf nur von öffentlichem Grund aus erfolgen.
  • Touristenfotos von Skylines oder berühmten Gebäuden dürfen legal veröffentlicht werden, auch für kommerzielle Zwecke.
  • Innenräume oder nicht öffentliche Bereiche sind nicht umfasst von der Panoramafreiheit.
  • Die Panoramafreiheit ist nicht weltweit einheitlich; in einigen Ländern, wie Frankreich, gelten strengere Regeln.
  • Die Regelung bietet erhebliche Rechtssicherheit für Startups in der Stadtfotografie und bei Reisereportagen.

Wichtigste Punkte

  • Panoramafreiheit erlaubt es, Dinge im öffentlichen Raum (Gebäude, Kunstwerke) zu fotografieren oder zu filmen und diese Aufnahmen frei zu verwenden, auch wenn die Objekte urheberrechtlich geschützt sind.

  • In Deutschland ist die Panoramafreiheit in § 59 UrhG geregelt: „Werke an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen“ dürfen abgebildet werden. Das gilt insbesondere für Architektur (Gebäude) und plastische Kunst (Skulpturen) im öffentlichen Raum.

  • Wichtige Einschränkungen: Das Werk muss dauerhaft an diesem öffentlichen Ort sein (eine temporäre Ausstellung auf dem Marktplatz fällt nicht darunter). Und die Aufnahme muss von öffentlichem Grund aus erfolgen – d. h. man darf nicht extra auf Privatgelände klettern, um ein sonst verborgenes Werk zu fotografieren.

  • Die Panoramafreiheit ermöglicht z. B., dass Touristenfotos von Skylines oder Selfies vor berühmten Gebäuden legal veröffentlicht werden dürfen, ohne dass man Architekten oder Künstler um Erlaubnis fragen muss. Auch kommerzielle Nutzung ist erlaubt (z. B. Postkarten, Kalender mit Stadtmotiven).

  • Nicht umfasst sind Innenräume oder nicht öffentliche Bereiche: Ein Gemälde in einem Museum unterliegt nicht der Panoramafreiheit, da es nicht „bleibend an öffentlichen Wegen“ steht. Auch Graffiti auf einem Fabrikgelände, das vom öffentlichen Weg nicht einsehbar ist, dürfte nicht einfach frei abgebildet werden.

  • Höhe und Hilfsmittel: Umstritten war, ob Drohnenfotos oder Aufnahmen von erhöhter Position noch unter „öffentlicher Weg“ fallen. Grundsätzlich ja, solange es sich noch im üblichen Rahmen bewegt (eine Drohne direkt über einer öffentlichen Straße fliegend könnte noch gelten, aber wenn man über Zäune hinweg filmt, wird es kritisch).

  • Panoramafreiheit ist nicht in allen Ländern gegeben – in einigen (z. B. Frankreich) darf man beleuchtete Gebäude nachts oder Kunstwerke nicht ohne Weiteres veröffentlichen. Für global agierende Startups heißt das: Was in Deutschland legal ist, kann anderswo problematisch sein, wenn man dort veröffentlicht.

Was bedeutet Panoramafreiheit?

Der Begriff Panoramafreiheit klingt nach einer malerischen Landschaft, hat aber mit Recht zu tun: Es geht um die Freiheit des Straßenbildes. Genauer: die Freiheit, das Panorama – also das, was man in der Öffentlichkeit sieht – künstlerisch oder fotografisch zu nutzen, ohne Urheberrechte zu verletzen.

Normalerweise ist es so: Gebäude und Kunstwerke sind urheberrechtlich geschützt, solange deren Schöpfer noch lebt und bis 70 Jahre nach seinem Tod. Würde man also streng nehmen, dürfte man ein modernes Gebäude (z. B. die Elbphilharmonie in Hamburg) nicht fotografieren und dieses Foto dann etwa auf einer kommerziellen Website nutzen, weil das Gebäude ein urheberrechtlich geschütztes Werk der Architektur ist und der Architekt dem eigentlich zustimmen müsste. Das wäre in der Praxis unsinnig und würde nahezu jede Stadtaufnahme illegal machen. Daher gibt es die Ausnahmeregel der Panoramafreiheit.

Die gesetzlichen Voraussetzungen

In Deutschland formuliert es § 59 Urheberrechtsgesetz recht knapp: Zulässig ist, Werke, die sich bleibend an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen befinden, mit Mitteln der Malerei oder Fotografie zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich wiederzugeben.

Übersetzt bedeutet das: Alles, was man von öffentlich zugänglichen Orten sehen kann – und was dort dauerhaft installiert ist – darf man abbilden und die Bilder auch verbreiten, ob im Internet, Druck oder Film.

„Bleibend“ heißt in der Regel: nicht nur kurzzeitig da. Ein dauerhaft aufgestelltes Denkmal, ein Gebäude, ein Brunnen etc. gelten als bleibend. Wenn ein Künstler aber nur für zwei Wochen eine Skulptur auf dem Rathausplatz ausstellt, genießt die Skulptur noch vollen Schutz – Panoramafreiheit greift nicht, weil die Ausstellung nicht dauerhaft ist.

„Öffentliche Wege, Straßen oder Plätze“ heißt: der Ort, von dem aus fotografiert wird, muss öffentlich zugänglich sein. Öffentlich zugänglich ist zum Beispiel ein Bürgersteig, ein Park, ein öffentlicher Platz. Nicht öffentlich wäre z. B. ein privater Garten oder ein Gebäudeinneres, wo man nur mit Erlaubnis rein kann.

Konsequenz: Wenn Sie draußen stehen und ein Kunstwerk sehen können, dürfen Sie es fotografieren. Steht das Kunstwerk hingegen drinnen (selbst wenn es durch ein Fenster sichtbar ist), gilt das nicht als „an öffentlichen Plätzen“ – dann hat man kein automatisches Recht zum Abbilden.

Beispiele aus der Praxis

  • Architektur: Ein Startup will für seine Website ein Foto der Skyline von Frankfurt verwenden, worauf diverse moderne Hochhäuser zu sehen sind. Dank Panoramafreiheit ist das unproblematisch. Die Architekten können nicht verlangen, dass man ihre Gebäude unkenntlich macht oder Lizenzgebühren zahlt. Ähnlich kann ein Influencer sich vor dem Brandenburger Tor filmen und das Video monetarisieren – erlaubt.

  • Street Art/Graffiti: Hier wird’s interessanter. Ein Graffiti an einer Häuserwand ist prinzipiell ein urheberrechtlich geschütztes Werk des Sprayers. Befindet es sich an einer Hauswand, die von der Straße aus sichtbar ist, könnte man argumentieren: es befindet sich bleibend (Graffiti sind meist nicht „offiziell dauerhaft“, aber faktisch bleiben sie ja oft) an einem öffentlichen Platz (na ja, an der Straßenseite eines Gebäudes). In vielen Fällen wird man annehmen, dass auch solche Werke von der Panoramafreiheit gedeckt sind, solange man vom öffentlichen Raum aus fotografiert. Achtung aber: Gerade bei Street Art gibt es Fälle, wo Künstler gegen gewerbliche Nutzung ihres Graffitos auf Fotos vorgegangen sind. Die Rechtsprechung ist hier nicht ganz einheitlich, tendiert aber meist zugunsten der Panoramafreiheit, sofern man das Graffiti als Teil der Stadtansicht abbildet und nicht isoliert als Hauptmotiv für kommerzielle Zwecke (dann könnte es wieder als unzulässige Verwertung gelten, falls man es quasi „werkgetreu“ ablichtet und vermarktet).

  • Kunst im Park: Eine Skulptur steht im öffentlichen Park. Ein Verlag macht einen Kunstreiseführer und druckt Fotos dieser Skulptur ab – okay, Panoramafreiheit. Stand dieselbe Skulptur aber nur temporär dort im Rahmen einer Ausstellung, wäre es nicht erlaubt ohne Erlaubnis.

  • Innenansichten: Ein Startup betreibt einen Blog und möchte Fotos vom Inneren berühmter Bauwerke zeigen (z. B. Kirchenschiffe, Museumshallen). Panoramafreiheit hilft hier nicht, weil Innenräume nicht öffentlich im Sinne der Straße sind. Da benötigt man eine Erlaubnis, in der Regel vom Betreiber oder Urheber. Museen haben z. B. oft Fotografierverbote oder -einschränkungen genau aus diesem Grund.

Grenzen und Fallstricke

Die Panoramafreiheit hat – wie der Name „Freiheit“ vermuten lässt – großzügigen Charakter, aber einige Grenzen sind zu beachten:

  • Kein Hilfsmittel-Wahnsinn: Man darf zwar fotografieren, was man sieht, aber man darf nicht mit technischen Mitteln quasi mehr sehen als ein normaler Passant. Konkret: Wenn ein Kunstwerk nur von oben (z. B. per Leiter oder Drohne) einsehbar ist, könnte argumentiert werden, dass das nicht mehr der „öffentliche Weg“ ist. Ein bekanntes Beispiel: Es gab Streit in Belgien (wo Panoramafreiheit eingeschränkt ist) um Drohnenaufnahmen von urheberrechtlich geschützten Gärten. In Deutschland könnte es etwa sein, dass man ein Hinterhof-Wandgemälde nur sieht, wenn man eine Drohne über den Zaun fliegt – das wäre vermutlich nicht gedeckt. Ein Foto vom normalen Standpunkt auf der Straße aus ist hingegen in Ordnung. Mit der gängigen Nutzung von Drohnen ergibt sich eine Grauzone. Solange man im öffentlichen Luftraum (bis 100m Höhe z. B.) über öffentlichen Flächen fliegt, könnte man argumentieren, es sei noch Panoramafreiheit – aber hier gibt es noch wenig klare Urteile. Sicher ist: Mit Teleobjektiven weit reinzoomen auf etwas, das der normale Passant so nicht sieht, kann kritisch sein, wenn z. B. Einblicke in Privates entstehen (das tangiert dann allerdings eher Persönlichkeits- und Datenschutzrecht als Urheberrecht).

  • Marken und geschützte Designs: Panoramafreiheit bezieht sich aufs Urheberrecht. Wenn man ein Straßenfoto hat, auf dem lauter Markenlogos (plakatwände, Leuchtreklame) zu sehen sind, könnte theoretisch Markenrecht berührt sein. Praktisch ist es aber so, dass das bloße Miterfassen von Marken im Straßenbild als sogenannter „unselbständiger Bestandteil“ in Ordnung geht – man nutzt die Marke ja nicht selbst als Marke, sondern bildet nur die Realität ab. Also keine Sorge, wenn auf dem Stadtfoto irgendwo ein Coca-Cola-Schriftzug leuchtet.

  • Persönlichkeitsrechte: Ein Teil der Panorama-Aufnahmen sind Personen. Hier greift nicht die Panoramafreiheit, sondern das Recht am eigenen Bild (Kunsturhebergesetz). Sprich: Erkennbare Personen auf Fotos dürfen nur unter bestimmten Umständen ohne Einwilligung abgebildet werden (z. B. Beiwerk am Rande, oder Personenansammlungen). Das muss man getrennt prüfen. Das Foto vom Marktplatz darf zwar wegen Panoramafreiheit die Gebäude und Statuen zeigen, aber wenn eine einzelne Person deutlich erkennbar im Vordergrund ist, bräuchte man deren Einwilligung oder muss sich auf einen Ausnahmetatbestand (Zeitgeschichte, Beiwerk etc.) stützen. Hier sind also zwei Rechtsbereiche verwoben.

  • Kein 3D-Scan: Interessant ist die Frage, ob Panoramafreiheit auch für 3D-Modelle gilt. Zum Beispiel könnte man mittels Laserscan ein 3D-Modell einer öffentlichen Statue erstellen und dieses digital verbreiten. Ist das eine „Vervielfältigung mit den Mitteln der Fotografie“? Eher nicht, das ginge wohl über eine bloße Abbildung hinaus, weil man damit faktisch das Werk selbst in digitaler Form nachbildet. Dafür würde man vermutlich eine Genehmigung brauchen. Die Gerichte haben solche Konstellationen noch nicht final entschieden, aber es deutet sich an, dass fotografische Abbildungen privilegiert sind, jedoch maßstabsgetreue 3D-Reproduktionen nicht ohne weiteres.

  • Nachtaufnahmen mit Lichtkunst: In einigen Ländern (Frankreich, Belgien) ist das Beleuchtungsdesign von Gebäuden geschützt. In Deutschland gab es z. B. Diskussionen um das beleuchtete Brandenburger Tor. Hier hat man sich auf Panoramafreiheit berufen – ein Fotograf darf auch abends das beleuchtete Tor ablichten. Die Urheber von Lichtinstallationen (wenn es denn als Kunstwerk gilt) könnten da theoretisch Ansprüche anmelden, aber bislang wird die Panoramafreiheit großzügig verstanden: Tag und Nacht. Anders eben in Paris: Der Eiffelturm bei Tag (kein Urheberrecht mehr, Erbau mehr als 70 Jahre tot) darf fotografiert werden, bei Nacht ist die spezielle Beleuchtung aber geschützt – offizielle Postkarten davon müssten eine Lizenz haben. Solche kuriose Unterschiede kennt der deutsche Durchschnittsnutzer kaum, weshalb bei internationalem Content aufpassen angesagt ist.

Internationale Unterschiede

Für ein Startup, das Content weltweit verbreitet, sei angemerkt: Die Panoramafreiheit ist nicht einheitlich geregelt. In vielen Ländern gibt es sie, aber mit Variationen. In manchen fehlt sie komplett für Architektur (Italien hat strenge Regeln für Kulturdenkmäler). Deshalb kann es sein, dass ein Foto, das Sie hier frei verwenden dürfen, im Ausland als Urheberrechtsverletzung gesehen wird, wenn es dort publiziert wird. Praktisch wird natürlich selten der deutsche Blogger von einem französischen Rechteverwerter abgemahnt, aber größere Unternehmen sollten zumindest Bescheid wissen. Wikimedia etwa hatte Probleme, als sie Bilder geschützter Gebäude in Ländern ohne Panoramafreiheit auf ihren Servern hatten.

Fazit

Die Panoramafreiheit ist eine sehr bürgernahe Regelung: Sie gewährleistet, dass das, was jeder sowieso sehen kann, auch von jedem fotografiert und gezeigt werden darf. Für Startups und Kreative bedeutet das erhebliche Rechtssicherheit, wenn es um Stadtfotografie, Reisereportagen, Immobilienfotos von außen etc. geht. Man muss sich nicht von jedem Architekten eine Freigabe holen. Dennoch sollte man die Grenzen im Blick haben – insbesondere Interiors und nicht-öffentliche Sphären sind weiterhin tabu ohne Erlaubnis. Insgesamt ist die Panoramafreiheit ein gutes Beispiel dafür, wie das Urheberrecht pragmatische Ausnahmen kennt, um das Alltagsleben (und das Schießen von Erinnerungsfotos oder Werbebildern mit städtischer Kulisse) nicht unnötig zu verkomplizieren.

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