- Alternative Finanzierungsmodelle wie Revenue-Share und Tokenisierung werden immer wichtiger für Startups.
- Die MiCA-Verordnung schafft einen einheitlichen rechtlichen Rahmen für digitale Assets in der EU.
- Regulatorische Anforderungen sind komplex und beeinflussen die Gestaltung von Finanzierungsmodellen erheblich.
- Die BaFin spielt eine zentrale Rolle bei der rechtlichen Einstufung von Krypto-Token.
- Unterschiedliche Rechtsformen wie GmbH oder AG bieten verschiedene Möglichkeiten für tokenisierte Finanzierungen.
- Branchenspezifische Anwendungsfälle wie FinTech und Creator Economy zeigen Potenziale für Revenue Share.
- Eine gut durchdachte Finanzierungsstrategie ist entscheidend für den Erfolg von Startups.
Unternehmen, Gründer und Startups sind zunehmend auf der Suche nach innovativen Finanzierungswegen jenseits klassischer Bankkredite oder Venture Capital. Alternative Finanzierungsmodelle wie Revenue-Share-Vereinbarungen, Tokenisierung von Vermögenswerten und digitale Beteiligungsmodelle gewinnen an Bedeutung. Diese ermöglichen es, Investoren auf neue Weise am Erfolg eines Unternehmens teilhaben zu lassen – etwa durch Anteils- oder Gewinnbeteiligungen über digitale Token statt durch traditionelle Geschäftsanteile. Doch gerade in hochregulierten Märkten wie Deutschland und der Europäischen Union (EU) stellen sich komplexe rechtliche Fragen: Was ist zulässig, und unter welchen Bedingungen? Welche Regulatorien – von der neuen EU-Krypto-Regulierung MiCA bis hin zu deutschen Spezialgesetzen wie dem Kreditwesengesetz (KWG), dem Wertpapierhandelsgesetz (WpHG), dem Vermögensanlagengesetz (VermAnlG) oder dem Gesetz über elektronische Wertpapiere (eWpG) – greifen bei diesen Finanzierungsformen? Und bieten andere Jurisdiktionen in Europa, etwa im Baltikum (Estland und Lettland), möglicherweise vorteilhaftere Rahmenbedingungen?
Dieser Fachbeitrag beleuchtet ausführlich die zulässigen Gestaltungsformen alternativer Finanzierungen in Deutschland und im Baltikum. Dabei werden zunächst der rechtliche Rahmen in Deutschland, der EU und nach MiCA analysiert (1). Im Anschluss erfolgt eine Untersuchung geeigneter Rechtsformen und gesellschaftsrechtlicher Strukturen zur Umsetzung tokenisierter Modelle, sowohl in Deutschland als auch in Estland und Lettland. Darauf aufbauend werden branchenspezifische Anwendungsfälle – von FinTech/DeFi über die Creator Economy bis zu SaaS-Plattformen und NFT-Modellen – betrachtet). Auch die verschiedenen Finanzierungsmöglichkeiten wie Crowdinvesting, Private Placements, Security Token Offerings (STOs) sowie der Vergleich von Revenue Share und klassischer Eigenkapitalfinanzierung werden erläutert (4). Im weiteren Verlauf widmet sich der Artikel der Regulierungspraxis und Rechtsprechung, insbesondere der Rolle der BaFin und der europäischen Regulatorik, und diskutiert, ob Europa ein hinderliches Pflaster für solche Modelle ist oder Chancen bietet. Die aktuelle Marktentwicklung – Stichwort „Kryptowinter“ und die Zukunft von Altcoins unter regulatorischer Unsicherheit – wird ebenso analysiert (6). Schließlich werden strategische Überlegungen für Startups angestellt: Wann und wie sollte man alternative Finanzierungsmodelle nutzen, wie geht man mit Investoren um, und welche Wachstumsstrategien sind unter Beachtung des Rechtsrahmens empfehlenswert? .
Ziel ist eine umfassende, professionelle Darstellung mit starkem juristischen Fokus. Der Beitrag vermeidet bewusst jede Werbung oder oberflächliche Vereinfachung. Stattdessen werden einschlägige Normen, Vorgaben der Aufsichtsbehörden und ggf. Gerichtsentscheidungen herangezogen, um fundiert darzustellen, welche Gestaltungsmöglichkeiten sich für innovative Finanzierungsformen bieten – und wo die rechtlichen Grenzen liegen.
Rechtlicher Rahmen in Deutschland und der EU
Alternative Finanzierungsmodelle berühren eine Reihe von Rechtsgebieten. In Deutschland greifen vor allem das Finanzaufsichtsrecht (inklusive der Wertpapier- und Bankregulierung) sowie das Zivilrecht. Auf EU-Ebene kommen neue Verordnungen wie die Markets in Crypto-Assets Regulation (MiCA) hinzu, die einheitliche Vorgaben für Krypto-Token schaffen. In diesem Abschnitt wird zunächst die MiCA-Verordnung und ihre Relevanz dargestellt. Anschließend folgen die deutschen regulatorischen Anforderungen, insbesondere die Rolle der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und die Anwendbarkeit von KWG, WpHG, VermAnlG und eWpG. Abschließend wird die zivilrechtliche Einordnung der atypisch stillen Beteiligung erläutert, da diese Vertragsform häufig als Grundmodell für Revenue-Share oder digitale Beteiligungen dient.
MiCA-Verordnung: Einheitlicher EU-Rahmen für tokenisierte Modelle
Mit der Verordnung (EU) 2023/1114, bekannt als Markets in Crypto-Assets Regulation (MiCA), schafft die EU erstmals einen umfassenden Rechtsrahmen für Kryptowerte. MiCA ist am 29. Juni 2023 in Kraft getreten; wesentliche Teile gelten seit dem 30. Dezember 2024, einige Vorgaben für Stablecoins bereits seit dem 30. Juni 2024. Ziel der MiCA ist es, EU-weit einheitliche Regeln für die Ausgabe von Krypto-Token und für Anbieter von Kryptodienstleistungen zu etablieren, um Rechtssicherheit zu schaffen, Anleger zu schützen und Marktmissbrauch zu verhindern.
Begriffsbestimmung: MiCA definiert Kryptowerte als „digitale Darstellung von Werten oder Rechten, die mithilfe der Distributed-Ledger-Technologie (DLT) oder ähnlicher Technologien elektronisch übertragen und gespeichert werden können“ (Art. 3 Abs. 1 Nr. 2 MiCA). Damit erfasst MiCA grundsätzlich sämtliche Tokens auf Blockchain-Basis, die nicht bereits unter andere Finanzmarktregeln fallen. Wichtig ist: MiCA schließt bestimmte Instrumente vom Anwendungsbereich aus, insbesondere solche, die bereits als Finanzinstrumente oder Einlagen reguliert sind – dazu zählen etwa Wertpapiere im Sinne der MiFID-II-Richtlinie bzw. des WpHG, Zahlungsinstrumente, Einlagen und E-Geld im Sinne der E-Geld-Richtlinie. Ein Token, der rechtlich ein Wertpapier darstellt (z.B. ein tokenisierter Anteil an einer Aktie oder Anleihe), fällt daher nicht unter MiCA, sondern unter das Wertpapierrecht. MiCA adressiert primär die bislang unregulierten Krypto-Assets.
Token-Kategorien: Die Verordnung unterscheidet drei Hauptkategorien von Crypto Assets: (1) E-Geld-Token (Electronic Money Token, EMT) – Token, die an den Wert einer einzelnen Fiatwährung gebunden sind (im Kern blockchain-basierte Stablecoins, die funktional E-Geld entsprechen); (2) wertreferenzierte Token (Asset-Referenced Token, ART) – Token, die durch einen Korb von Werten oder Rechten stabilisiert werden, z.B. durch Referenz auf mehrere Währungen, Rohstoffe oder andere Vermögenswerte; sonstige Crypto-Assets, die weder EMT noch ART sind – hierzu zählen insbesondere Utility-Token, also Token, die Zugang zu einer Dienstleistung oder Plattform verschaffen, sowie alle sonstigen Token, die keine spezifische Wertstabilisierung aufweisen. Für jede dieser Kategorien stellt MiCA spezifische Anforderungen auf. So unterliegen EMTs und ARTs besonders strengen Auflagen: Emittenten solcher Stablecoins benötigen eine Zulassung, müssen z.B. Mindesteigenmittel vorhalten, ein Whitepaper von der Aufsicht genehmigen lassen und laufende Verpflichtungen (wie Reservehaltung, Höchstumlaufmengen bei signifikanten Stablecoins etc.) erfüllen. Utility-Token und andere Crypto-Assets hingegen erfordern zwar auch ein ausführliches Krypto-Whitepaper, dieses muss der Aufsicht (je nach nationaler Zuständigkeit, in Deutschland die BaFin) angezeigt werden, allerdings ohne förmliche Billigungspflicht – es sei denn, es handelt sich um ein Angebot über 12 Monate mit mehr als 1 Million Euro Gegenwert, wo zusätzliche Pflichten greifen können. Insgesamt führt MiCA für öffentliche Angebote von Tokens ähnliche Transparenzanforderungen ein wie das Wertpapierrecht (Prospektpflicht), jedoch abgestimmt auf Krypto: Das Whitepaper muss u.a. Informationen zum Projekt, zum Token, zu Risiken und Rechten der Token-Inhaber enthalten und ist grundsätzlich öffentlich bereitzustellen.
Dienstleister und Lizenzpflicht: MiCA reguliert nicht nur Emittenten, sondern auch die Krypto-Dienstleister, genannt Crypto Asset Service Provider (CASP). Darunter fallen z.B. Handelsplattformen für Crypto-Assets, Wallet-Provider (Verwahrung), Broker, Vermittler, Anlageberater im Kryptobereich, sowie Betreiber von Krypto-Tauschbörsen. Diese Dienstleister benötigen künftig eine Erlaubnis/Lizenz nach MiCA, die in einem EU-Mitgliedstaat beantragt wird und dann EU-weit gültig (passportfähig) ist, ähnlich dem Prinzip der Finanzdienstleistungs-Passportierung unter MiFID. Die Lizenz setzt voraus, dass der CASP verschiedene organisatorische, finanzielle und Compliance-Anforderungen erfüllt (z.B. ausreichendes Anfangskapital, Geschäftsleiterzuverlässigkeit, Einrichtung von Sicherungsmechanismen, Einhaltung von Sorgfaltspflichten gegen Geldwäsche etc.). Für Startups bedeutet dies: Wer z.B. eine eigene Plattform betreibt, über die Token ausgegeben oder gehandelt werden, muss sich darauf einstellen, ab 2025 eine Zulassung als Krypto-Dienstleister zu benötigen, sofern nicht ohnehin eine andere Lizenz (etwa als Wertpapierinstitut) greift.
Harmonisierte Regeln vs. nationales Recht: Mit MiCA soll ein „europäischer Pass“ für Kryptogeschäftsmodelle entstehen – weg von der bisherigen Fragmentierung, bei der jedes Land eigene Regeln hatte. In Deutschland allerdings bestanden bereits vor MiCA umfangreiche Regelungen, sodass keine Regulierungslücke bis zur Anwendbarkeit von MiCA entsteht. Die BaFin weist explizit darauf hin, dass etwa die Kryptoverwahrung (also die Verwahrung von Kryptowerten für Dritte) hierzulande schon seit Januar 2020 ein erlaubnispflichtiges Finanzdienstleistungsgeschäft nach KWG ist und bis MiCA in Kraft tritt, auch so bleibt. Dennoch wird MiCA ab 2025 die Rechtslage weiter vereinheitlichen. Dann gelten z.B. die Whitepaper-Vorgaben EU-weit identisch, und es wird schwieriger, durch Standortwahl innerhalb der EU strengeren Regeln zu entgehen. Für Startups birgt MiCA damit zweierlei: einerseits mehr Rechtssicherheit und Zugang zum EU-Binnenmarkt, andererseits aber auch höhere Compliance-Hürden, da nun fast alle Token-Emissionen einer gesetzlichen Regulierung unterliegen (während bisher Utility-Token ohne Gewinnrechte in manchen Ländern unreguliert ausgegeben wurden).
Zusammengefasst bringt die MiCA-Verordnung einen klaren Rechtsrahmen für tokenbasierte Finanzierung in Europa. Tokenisierte Finanzierungsmodelle müssen künftig immer prüfen, ob ihr Token unter MiCA fällt oder – falls es ein Wertpapier im klassischen Sinne ist – der Finanzmarktregulierung außerhalb MiCA (Prospektpflicht, MiFID etc.) unterliegt. In jedem Fall ist die Ära der völlig unregulierten „Initial Coin Offerings“ (ICOs) in der EU vorbei; an ihre Stelle treten regulierte Token-Angebote mit definierten Zulässigkeitsvoraussetzungen.
BaFin-Vorgaben und finanzaufsichtsrechtliche Einstufung digitaler Tokens
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat in den letzten Jahren eine aktive Rolle bei der Einordnung von Krypto-Token und alternativen Finanzierungsinstrumenten gespielt. Bereits vor MiCA entwickelte die BaFin Leitlinien und Verwaltungspraktiken, um neue digitale Geschäftsmodelle in den bestehenden Rechtsrahmen einzuordnen. Grundsatz der BaFin ist dabei „Substance over Form“: Entscheidend sind die wirtschaftlichen Merkmale eines Tokens oder Modells, nicht dessen Bezeichnung oder technische Form】. Praktisch bedeutet dies: Ein Token, der seinem Inhalt nach einem traditionellen Finanzinstrument entspricht, wird rechtlich wie dieses behandelt – auch wenn er als „Utility-Token“ oder ähnliches beworben wird.
Kategorisierung nach Funktionen: Die BaFin unterscheidet informatorisch verschiedene Token-Typen nach deren vorherrschender Funktion, etwa Zahlungstoken, Nutzungs-/Utility-Token, Security/Investment-Token etc. Diese Kategorien haben zwar keine direkte gesetzliche Grundlage, helfen aber bei der vorläufigen Einordnung:
- Payment-Token (Zahlungstoken) wie Bitcoin oder Ether dienen primär als Tausch- oder Zahlungsmittel. Sie werden von BaFin öfters als „Rechnungseinheiten“ im Sinne des KWG (§ 1 Abs.11 KWG a.F.) betrachtet und damit als Finanzinstrumente eingeordnet. Seit der KWG-Novelle 2020 gelten Kryptowerte explizit als Finanzinstrumente; die Kategorie „Rechnungseinheiten“ wurde durch den gesetzlichen Begriff „Kryptowert“ ergänzt. Ein Kryptowert ist gesetzlich definiert als digitales Wertrecht, das nicht gesetzliches Zahlungsmittel ist, aber von Parteien als Tausch- oder Zahlungsmedium akzeptiert oder zu Investitionszwecken genutzt wird (§ 1 Abs.11 Satz 4 KWG). Damit fallen rein digitale Währungen und viele Tokens unter Finanzaufsicht – insbesondere Handelsplattformen oder Verwahrer solcher Token benötigen eine Erlaubnis (z.B. Kryptoverwahr-Erlaubnis nach § 1 Abs.1a S.2 Nr.6 KWG). Zahlungstoken sind in der Regel keine Wertpapiere im zivilrechtlichen Sinn, da sie keine verbrieften Rechte verkörpern, doch sie unterliegen dem KWG und ab 2025 zusätzlich MiCA (als Crypto-Assets im Allgemeinen, ggf. als ART/EMT falls stabilisiert).
- Security Token (Wertpapier-Token): Hierunter fallen Token, die aktienähnliche oder anleihenähnliche Rechte verbriefen, insbesondere Mitgliedschaftsrechte (z.B. Stimmrechte, Gewinnanteile) oder schuldrechtliche Ansprüche mit Vermögenswert (Tilgung, Zins, Überschussbeteiligung). Die BaFin stellt klar, dass solche Token im Ergebnis Wertpapiere im Sinne des Wertpapierprospektrechts (ProspektVO/EU und WpPG) und Finanzinstrumente im Sinne von KWG/WpHG sind. Schon 2019 hat die BaFin den ersten Wertpapierprospekt für einen Security Token gebilligt (eine Anleihe auf Blockchain-Basis). Die Rechtsfolge dieser Einordnung: Wer einen Security Token öffentlich anbietet, muss die Prospektpflicht beachten (es sei denn, er fällt unter Ausnahmen wie Crowdfunding, dazu später). Ferner unterliegen Dienstleistungen rund um Security Token den gleichen Erlaubnispflichten wie bei klassischen Wertpapieren – z.B. braucht die Anlageberatung oder Vermittlung eines Security Tokens eine Lizenz als Finanzdienstleister oder Wertpapierinstitut. Die BaFin hat betont, dass für die Wertpapiereigenschaft keine Verbriefung auf Papier nötig ist; ein digital übertragbarer Token mit wertpapierähnlichen Rechten gilt als „Wertpapier sui generis“. Somit wurde faktisch die Lücke zwischen VermAnlG und Wertpapierrecht geschlossen: Wenn etwa ein Genussrecht oder partiarisches Darlehen (klassisch Vermögensanlage) in frei handelbarer Token-Form ausgegeben wird, stuft die BaFin es als Wertpapier ein. Nur wenn die Tokenisierung nicht zu freier Übertragbarkeit führt (z.B. weil Vertragsklauseln eine Abtretung stark beschränken), bleibt es bei der Einstufung als Vermögensanlage.
- Utility-Token: Darunter versteht man Token, die einen Nutzungszweck im Ökosystem haben (z.B. Zugangsrechte zu einer Plattform, Berechtigung zum Bezug von Dienstleistungen oder Gütern). Solche Token können aus Sicht der BaFin dennoch reguliert sein, sofern sie bestimmte Schwellen überschreiten. Utility-Token, die ausschließlich einen künftigen Sachbezug oder Dienstleistungsanspruch gewähren und keinen Vermögensanlagecharakter haben, sind weder Wertpapier noch Vermögensanlage – allerdings nur, solange sie nicht als Anlage zum Werterwerb vertrieben werden. In ICO-Zeiten wurden Utility-Token oft als Vorverkaufs-Gutscheine deklariert, tatsächlich aber von Käufern als Spekulationsobjekt betrachtet. Die BaFin prüft daher genau, ob ein angeblicher Utility-Token faktisch als Investment verwendet wird. Wenn ja, kann er als Vermögensanlage (z.B. „sonstige Anlage“ nach § 1 Abs.2 Nr.7 VermAnlG) gelten oder wegen Handelbarkeit doch als Wertpapier. In jedem Fall sind auch Utility-Token ab MiCA melde- und publikationspflichtig (Whitepaper), sofern sie öffentlich angeboten werden.
Neben dieser funktionalen Einteilung hat die BaFin verschiedene Merkblätter und Hinweise veröffentlicht, um Marktteilnehmer zu informieren. Beispielsweise stellt ein Merkblatt klar, dass Zahlungstoken meist Finanzinstrumente nach KWG sind, auch wenn sie keine Wertpapiere oder Vermögensanlagen darstellen – was für den Bereich Handelsplattformen, Kryptobörsen etc. wichtig ist. Weiterhin hat die BaFin frühzeitig klargestellt, dass bereits vor Inkrafttreten der MiCA bestimmte Begriffe wie „Kryptowert“ im KWG existieren und anzuwenden sind.
Lizenz- und Prospektpflichten in Deutschland: Für ein Unternehmen, das alternative Finanzierungsmodelle einsetzen will, ist das Zusammenspiel der Gesetze entscheidend:
- Das Kreditwesengesetz (KWG) regelt, wer Bankgeschäfte oder Finanzdienstleistungen erbringen darf. Emission eigener Token ist zwar kein Bankgeschäft, kann aber Finanzdienstleistungsbezug haben – z.B. Eigengeschäft: Wenn ein Startup selbst einen Token herausgibt, ist das zunächst kein fremdes Finanzdienstleistungsgeschäft. Jedoch Vorsicht: Soll etwa ein Token als Zahlungsmittel fungieren, könnte das E-Geld sein (dann bräuchte man eine E-Geld-Lizenz nach ZAG, sofern es zentral ausgegeben wird und Rücktauschbarkeit besteht). Oder wenn das Unternehmen Investorenvermögen verwaltet, kann AIFM-Recht tangiert sein. Das KWG greift vor allem, wenn das Unternehmen für andere tätig wird (Brokerage, Beratung, Verwahrung, Börse). Gerade bei tokenbasierten Geschäftsmodellen entstehen schnell Berührungspunkte: Der Betrieb einer Online-Plattform für tokenisierte Beteiligungen kann als Multilaterales Handelssystem oder Anlagevermittlung klassifiziert werden – eine KWG- bzw. WpIG-Erlaubnis wäre dann nötig. Ebenso löst die Verwahrung fremder Privatkeys für Kunden die Lizenzpflicht als Kryptoverwahrer aus (§ 1 Abs.1a S.2 Nr. 6 KWG). Ein Startup muss also sorgfältig prüfen, ob es im Rahmen seines Geschäfts erlaubnispflichtige Tätigkeiten ausübt. Falls ja, ist frühzeitig eine BaFin-Erlaubnis zu beantragen oder das Geschäftsmodell anzupassen.
- Das Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) und seit 2021 das Wertpapierinstitutsgesetz (WpIG) regeln Verhaltens- und Aufsichtsanforderungen für Wertpapierdienstleistungen. Wenn ein ausgegebener Token ein Wertpapier ist, unterliegen Vermittler und Berater den WpHG-Regeln (Anlegerschutz, Informationspflichten etc.). Das WpIG enthält die Erlaubnispflichten und laufenden Eigenmittelvorgaben für Wertpapierinstitute (wie Broker, Anlageberater), die nicht unter die direkte EZB-Bankenaufsicht fallen. Für das emittierende Unternehmen selbst greift das WpHG vor allem, wenn es z.B. Insiderinformationen zu publizierenden Token hat (Marktmissbrauchsregeln) – wobei diese erst relevant werden, wenn Token an einem Handelsplatz notiert sind. In Summe ist festzuhalten, dass tokenisierte Finanzinstrumente weitgehend wie klassische Wertpapiere behandelt werden: Es gelten Prospektpflichten, Marktmissbrauchsverordnung, und bei öffentlichen Angeboten in Deutschland die Notwendigkeit eines gebilligten Prospekts oder eines zulässigen Prospectus-ähnlichen Dokuments (z.B. Vermögensinformationsblatt bei Ausnahmen).
- Das Vermögensanlagengesetz (VermAnlG) kommt ins Spiel, wenn das angebotene Investment kein Wertpapier ist, aber dennoch Kapital von Anlegern annimmt. Klassische Beispiele: Genussrechte, partiarische Nachrangdarlehen, stille Beteiligungen (typisch stille Gesellschaft), Direktbeteiligungen an Anlagen etc. Nach § 1 Abs.2 VermAnlG fallen diverse Gestaltungen als „Vermögensanlagen“ unter das Gesetz. Für diese gilt grundsätzlich eine Verkaufsprospektpflicht, außer es greift eine Ausnahme. Die BaFin lässt jedoch – wie oben dargestellt – keine Flucht in VermAnlG zu, wenn durch Tokenisierung eine Wertpapierähnlichkeit entsteht. In der Praxis werden viele Crowdinvesting-Modelle als Vermögensanlagen strukturiert, oft mit bewusster Einschränkung der Handelbarkeit, um nicht als Wertpapier zu gelten. Beispiel: Ein Startup begibt ein partiarisches Darlehen (Investor erhält z.B. 5% vom Umsatz für 5 Jahre, Nachrang im Insolvenzfall). Vertraglich wird festgelegt, dass die Ansprüche nicht ohne Zustimmung der Gesellschaft abgetreten werden dürfen – so bleibt das Instrument „nicht frei handelbar“ und somit im VermAnlG-Regime. Das VermAnlG erlaubt unter bestimmten Bedingungen Prospekterleichterungen (siehe Abschnitt 4.1 zu Crowdinvesting). Wichtig ist: Sobald ein Unternehmen ein öffentliches Angebot einer Vermögensanlage macht (mehr als 20 Personen), muss entweder ein vom Bundesanzeiger veröffentlichter Verkaufsprospekt erstellt oder ein Ausnahme-Tatbestand genutzt werden (§§ 3, 2 VermAnlG). Ein relevanter Ausnahmetatbestand ist z.B. § 2a VermAnlG (Schwarmfinanzierung), der unterhalb bestimmter Schwellen eine Prospektbefreiung ermöglicht.
- Das Gesetz über elektronische Wertpapiere (eWpG) ist zwar kein Aufsichts-, sondern primär ein zivilrechtliches Gesetz, hat aber erhebliche Auswirkung auf tokenisierte Modelle. Bis 2021 galt im deutschen Zivilrecht der Grundsatz der Urkundenverbriefung von Wertpapieren. Das eWpG hat diese Anforderung gelockert, indem es elektronische Wertpapiere zulässt. Zunächst beschränkte es sich auf elektronische Schuldverschreibungen und Anteile an Investmentfonds. Durch das Zukunftsfinanzierungsgesetz (ZuFinG) vom Dezember 2023 wurde der Anwendungsbereich erweitert: Seit Anfang 2024 können nun auch Aktien elektronisch ausgegeben werden. Dabei unterscheidet das eWpG zwischen Zentralregisterwertpapieren (Eintragung in ein zentrales Register, typischerweise bei einer Wertpapiersammelbank wie Clearstream) und Kryptowertpapieren (Eintragung in ein dezentrales, fälschungssicheres Kryptowertpapierregister, z.B. eine Blockchain, gem. § 4 Abs.3 eWpG). Für Gründer bedeutet das: Es ist nun möglich, eine Aktiengesellschaft zu gründen und deren Aktien als digitale Token auszugeben, ohne physische Aktienurkunden. Allerdings gilt eine Einschränkung: Inhaberaktien (anonym übertragbare Aktien) dürfen nur als Zentralregisterwertpapiere geführt werden, nicht in einem dezentralen Register. Namensaktien hingegen können auch als Kryptowertpapier ins Blockchain-Register eingebucht werden, sofern die Satzung der AG dies vorsieht. Dieser Schritt der Gesetzgebung ist entscheidend für tokenisiertes Eigenkapital – er schafft erstmals eine sichere Rechtsgrundlage für digitale Aktien. Zudem wurde ein gutgläubiger Erwerb und die Eigentumsübertragung analog zu Papieraktien geregelt (§ 24 eWpG n.F.), sodass elektronische Aktien dieselbe Verkehrsfähigkeit genießen. Es besteht jedoch eine Erlaubnispflicht für das Führen eines Kryptowertpapierregisters (§ 1 Abs.1a S.1 Nr.8 KWG); d.h. wer eine eigene Blockchain für Aktien als Register betreibt, braucht eine Lizenz. In der Praxis werden Startups eher einen spezialisierten Dienstleister oder Zentralverwahrer nutzen. Zusammenfassend ist eWpG ein wichtiger Baustein: Tokenisierte Wertpapiere werden zivilrechtlich anerkannt, was die Integration in den Rechtsverkehr ermöglicht.
Insgesamt zeichnet sich im deutschen Aufsichtsrecht also folgendes Bild: Alternative digitale Finanzierungsinstrumente sind zulässig, doch sie müssen sich in die bestehenden Kategorien des Finanzmarkt- und Zivilrechts einfügen. Die Regulierungsbehörden – insbesondere die BaFin – verfolgen einen technologieoffenen Ansatz, verlangen aber, dass für gleiche Funktionen die gleichen Regeln gelten. Startups sollten frühzeitig juristische Expertise einbinden, um sicherzustellen, dass ihr gewähltes Finanzierungsmodell (sei es via Token, Crowdinvesting oder Revenue Share) so strukturiert wird, dass es rechtskonform ist. Unbewusste Verstöße, etwa ein illegales Betreiben von Bankgeschäften ohne Lizenz oder ein öffentliches Angebot ohne Prospekt, können gravierende Konsequenzen haben – von Untersagungsverfügungen der BaFin bis zu strafrechtlichen Risiken. Die gute Nachricht ist jedoch, dass der Rahmen inzwischen klarer ist als noch vor einigen Jahren: Mit MiCA auf EU-Ebene und angepassten nationalen Gesetzen besteht nun Regelklarheit, innerhalb derer sich innovative Finanzierungen gestalten lassen.
Zivilrechtliche Einordnung atypischer stiller Beteiligungen
Ein oft genutztes Vehikel für alternative Finanzierung ist die stille Beteiligung, insbesondere in Form der atypisch stillen Gesellschaft. Dieses Konstrukt stammt aus dem deutschen Gesellschaftsrecht (geregelt in §§ 230 ff. Handelsgesetzbuch, HGB) und ist zivilrechtlich gesehen ein Innengesellschaftsverhältnis zwischen dem Unternehmen und dem Investor (stiller Gesellschafter). Es eignet sich, um Investoren am Gewinn und ggf. am Unternehmenswert partizipieren zu lassen, ohne ihnen formale Gesellschaftsanteile oder Stimmrechte zu übertragen. Gerade Revenue-Share-Modelle werden häufig durch stille Beteiligungen abgebildet: Der Investor leistet eine Einlage in das Unternehmen und erhält im Gegenzug vertraglich einen Anteil am Umsatz oder Gewinn.
Typisch vs. atypisch stille Gesellschaft: Man unterscheidet die typische stille Beteiligung von der atypischen. Bei einer typisch stillen Gesellschaft ist der stille Gesellschafter lediglich am Gewinn beteiligt (und eventuell vertraglich bis zur Höhe seiner Einlage am Verlust), hat aber keine darüberhinausgehenden Rechte am Unternehmen. Er tritt nach außen nicht in Erscheinung und erwirbt keinen Anteil am Geschäftsvermögen – sein Beitrag erscheint in der Bilanz des Unternehmens meist als Verbindlichkeit. Die Rechtsstellung des typisch Stillen ähnelt damit eher der eines Darlehensgebers mit gewinnabhängiger Vergütung.
Die atypisch stille Gesellschaft geht einen Schritt weiter: Hier werden dem stillen Gesellschafter zusätzliche Rechte eingeräumt, die ihn wirtschaftlich einem Mitunternehmer gleichstellen. Insbesondere wird vereinbart, dass er nicht nur am laufenden Gewinn, sondern auch an den stillen Reserven und am Firmenwert (also an Wertsteigerungen) beteiligt ist. Zudem kann er Mitwirkungsrechte bei wichtigen Entscheidungen erhalten. Dadurch trägt der atypisch Stille auch ein Mitunternehmerrisiko und Mitunternehmerinitiative. Steuerlich führt dies dazu, dass eine atypisch stille Gesellschaft als Personengesellschaft behandelt wird – der stille Gesellschafter wird zum Mitunternehmer mit Einkünften aus Gewerbebetrieb, und das Unternehmen und der stille werden gemeinsam veranlagt, was z.B. Gewerbesteuerpflicht auf Ebene der Gesellschaft auslösen kann (die Gewerbeerträge werden den Gesellschaftern zugerechnet). Zivilrechtlich bleibt es aber bei einem Innengesellschaftsverhältnis ohne eigene Rechtspersönlichkeit: Die atypisch stille Gesellschaft tritt nicht ins Handelsregister ein, nach außen firmiert nur der Hauptunternehmer (z.B. die GmbH).
Rechtsnatur und Vertragsgestaltung: Die stille Beteiligung wird durch einen Beteiligungsvertrag begründet. Dieser ist weitgehend formfrei, kann also den Bedürfnissen angepasst werden. Er sollte regeln: die Einlage des Stillen, seine Beteiligungsquote an Gewinn/Verlust, etwaige Entnahmerechte, die Informationsrechte, die Laufzeit/Kündigung, sowie im atypischen Fall die Beteiligung an Reserven und am Liquidationserlös. Der atypisch Stille hat bei Beendigung typischerweise Anspruch auf einen Anteil am Unternehmenswert, was ihn einem Gesellschafter ähnelt. Allerdings bleibt er “still”, d.h. nach außen kein Gesellschafter; Gläubiger der Gesellschaft können nicht auf sein Privatvermögen zugreifen (er haftet nur mit der vereinbarten Einlage). Umgekehrt hat er aber auch kein Mitspracherecht in alltäglichen Geschäftsführungsfragen, sofern nicht vertraglich etwas eingeräumt wird.
Vorteile dieses Modells: Für das Unternehmen bietet die atypisch stille Beteiligung Flexibilität – es kann Kapital aufnehmen, ohne neue Gesellschafter im rechtlichen Sinne aufzunehmen. Das verhindert z.B. aufwändige Notartermine oder Gesellschafterbeschlüsse, wie sie bei einer offiziellen Kapitalerhöhung einer GmbH oder AG nötig wären. Auch bleibt die Kontrolle vollständig bei den bisherigen Eigentümern, sofern dem Stillen nicht ausdrücklich bestimmte Zustimmungsrechte gegeben werden. Aus Investorensicht ist attraktiv, dass man direkt am wirtschaftlichen Erfolg inklusive Wertzuwachs partizipieren kann, ähnlich wie ein Gesellschafter, jedoch in vertraglich definierter Weise und oft mit einer zeitlich begrenzten oder zweckgebundenen Beteiligung.
Nachteile und Grenzen: Ein stiller Beteiligter – insbesondere atypisch still – hat kein Stimmrecht in der Gesellschafterversammlung (wenn es z.B. eine GmbH ist), da er kein Gesellschaftsanteil im korporativen Sinne hält. Seine Einflussmöglichkeiten ergeben sich allein aus dem Vertrag und beschränken sich meist auf Kontrollrechte (Einsicht in Bücher etc.) und vetorechtliche Regelungen für bestimmte Maßnahmen, falls vereinbart. Zudem kann beim atypisch Stillen die steuerliche Mitunternehmerstellung komplex sein: Gewinne werden bei ihm direkt versteuert, auch wenn noch nicht ausgeschüttet, und er unterliegt anteilig der Gewerbesteuer, was meist mittels Steuerklauseln im Vertrag ausgeglichen wird (das Unternehmen zahlt dem Stillen seinen Anteil an gezahlter Gewerbesteuer). Haftung: Der stille Gesellschafter haftet nicht gegenüber Dritten für Schulden des Unternehmens – er verliert im schlimmsten Fall seine Einlage. Allerdings: In Insolvenz des Unternehmens gilt der typisch Stille als Gesellschaftsgläubiger (Nachrangig, falls vertraglich Nachrang vereinbart), der atypisch Stille wird eher wie ein Gesellschafter behandelt (er kann dann im Insolvenzverfahren nicht wie ein normaler Gläubiger Forderungen stellen, sondern partizipiert nur am Überschuss falls einer verbleibt).
Anwendung in digitalen Beteiligungsmodellen: Viele digitale Finanzierungsplattformen in Deutschland nutzen das Modell der (atypisch) stillen Beteiligung oder verwandter Mezzanine-Instrumente (Genussrechte, partiarische Darlehen), um Kleinanlegern Beteiligungen an Startups oder Projekten zu ermöglichen, ohne Gesellschaftsanteile übertragen zu müssen. Durch Standardisierung (z.B. Musterverträge) und Nutzung der Ausnahme nach § 2a VermAnlG (Schwarmfinanzierung) können solche Beteiligungen ohne großen Prospektaufwand angeboten werden (bis 6 Mio. Euro, siehe Abschnitt 4). In Zukunft ist denkbar, dass Tokenisierung auch hier eingesetzt wird: Ein Startup könnte die Rechte eines atypisch stillen Beteiligten in einem Token verbrieft ausgeben. Solange dieser Token nicht frei handelbar ist (Transfer nur mit Zustimmung des Unternehmens), bliebe es im VermAnlG-Rahmen. Wird er doch handelbar gemacht, würde BaFin ihn als Wertpapier einstufen (siehe oben), was andere Pflichten auslöst.
Zusammengefasst ist die atypisch stille Beteiligung ein hybrides Instrument zwischen Eigen- und Fremdkapital mit hoher vertraglicher Flexibilität. Zivilrechtlich ermöglicht sie eine Beteiligung am Unternehmenserfolg, ohne Gesellschaftsanteile zu übertragen. Sie eignet sich besonders für Revenue-Share-Modelle, da der stille Gesellschafter pro rata am Gewinn oder Umsatz beteiligt werden kann. Allerdings muss man die aufsichtsrechtliche Seite beachten: Werden zahlreiche stille Beteiligungen an Kleinanleger vergeben, ist dies ein öffentliches Angebot eines Vermögensanlageprodukts – Prospekt- bzw. Informationspflichten greifen. Zudem ist bei größerem Investorenkreis die Verwaltung (Auskehrung von Gewinnanteilen, Kommunikation, Steuerbescheinigungen) aufwändig, was in der Praxis oft über Plattformen abgewickelt wird. Dennoch bleibt die stille Beteiligung ein zentraler Baustein im Baukasten alternativer Finanzierungen in Deutschland, der sowohl isoliert (klassisch vertraglich) als auch kombiniert mit Tokenisierung genutzt werden kann.
Rechtsformen und gesellschaftsrechtliche Einordnung
Die Wahl der gesellschaftsrechtlichen Struktur ist für Startups essentiell, wenn es um die Umsetzung alternativer Finanzierungsmodelle geht. Nicht jede Rechtsform eignet sich gleichermaßen, um tokenisierte Anteile auszugeben oder Revenue Share Modelle abzubilden. In diesem Abschnitt wird zunächst ein Überblick über deutsche Gesellschaftsformen (AG, GmbH, UG, GbR etc.) gegeben und deren Eignung für tokenbasierte Finanzierungen bewertet. Anschließend erfolgt ein Blick nach Baltikum, konkret auf Estland und Lettland, wo mit der OÜ und der SIA ähnliche, aber teils flexiblere Rechtsformen existieren. Dabei liegt der Fokus auf den regulatorischen Anforderungen, der Finanzaufsicht, Besteuerung und administrativen Handhabung in diesen Jurisdiktionen – also ob und wie ein Wechsel oder eine Auslagerung ins Baltikum Vor- oder Nachteile mit sich bringt.
Deutsche Gesellschaftsformen für tokenisierte Finanzierungsmodelle
Deutsche Gründer haben die Wahl zwischen verschiedenen Rechtsformen, von der Personengesellschaft bis zur Kapitalgesellschaft. Im Kontext von externen Investoren und digitalen Beteiligungen kommen praktisch hauptsächlich Kapitalgesellschaften in Betracht, da sie Haftungsbeschränkung bieten und als juristische Personen Anleger aufnehmen können, ohne deren Privatvermögen zu gefährden. Die häufigsten Formen sind GmbH, UG (haftungsbeschränkt) und AG. Daneben existieren noch SE, KGaA, Genossenschaft etc., die aber bei Startups selten sind, sowie Personengesellschaften (GbR, OHG, KG), die bestimmte Nischen besetzen.
GmbH (Gesellschaft mit beschränkter Haftung): Die GmbH ist die mit Abstand gängigste Rechtsform für deutsche Startups. Sie bietet Haftungsbeschränkung (Stammkapital mindestens 25.000 €, wovon 12.500 € bei Gründung eingezahlt sein müssen) und flexible interne Organisation. Für klassische Venture-Finanzierungen ist sie Standard, doch bei tokenisierten Modellen stößt sie auf einige Hürden: Die Geschäftsanteile einer GmbH sind nicht ohne weiteres frei übertragbar – jede Abtretung eines GmbH-Anteils erfordert notarielle Beurkundung (§ 15 GmbHG). Das bedeutet, man kann nicht einfach hunderte Investoren als direkte Gesellschafter aufnehmen, erst recht nicht per Mausklick über eine Blockchain. Zudem kann eine GmbH nicht wie eine AG leicht neue Anteile ausgeben oder an einem Börsenhandel teilnehmen. Zwar hat der Gesetzgeber 2022/23 bestimmte Erleichterungen geplant (z.B. Online-Notar für GmbH-Anteilsübertragungen, Digitalisierungsansätze im MoPeG), aber der Grundsatz bleibt: Eine GmbH ist konzipiert für einen überschaubaren Gesellschafterkreis. Viele Crowdinvesting-Strukturen mit GmbH umgehen dies, indem die Crowd nicht direkt Gesellschafter wird, sondern via Treuhänder oder über stille Beteiligungen/Schuldverschreibungen investiert. Für tokenisierte Beteiligungen könnte eine GmbH zwar z.B. eine Schuldverschreibung begeben, die tokenisiert wird (das geht, siehe eWpG für elektronische Schuldverschreibungen). Aber tokenisiertes Eigenkapital in Form von GmbH-Anteilen ist mangels Rechtsgrundlage schwierig. Ein „GmbH-Token“ mit echtem Stimmrecht und Eigentümerstellung ist derzeit nicht ohne weiteres möglich, da es kein dem eWpG vergleichbares Gesetz für GmbH-Anteile gibt. Dennoch bleibt die GmbH oft Ausgangspunkt; wenn man alternative Modelle nutzen will, ergänzt man sie durch Verträge (Genussrechte, stille Beteiligung etc.) oder wandelt sie zu gegebener Zeit in eine AG um, um Token wirklich als Aktien auszugeben.
UG (haftungsbeschränkt): Die UG ist eine Sonderform der GmbH („Mini-GmbH“) mit Stammkapital unter 25.000 € (mindestens 1 €). Sie dient Gründern mit wenig Startkapital, erfordert aber Thesaurierung von 25% des Gewinns bis das Mindestkapital erreicht ist. Rechtlich ist sie weitgehend eine GmbH, mit denselben Restriktionen bei Anteilsübertragungen. Für Investoren ist eine UG oft weniger attraktiv, da sie als klein und mit geringem Kapital ausgestattet gilt. Für tokenisierte Finanzierungen hat die UG keine speziellen Vorteile oder Nachteile gegenüber der GmbH – außer, dass man bei sehr geringer Kapitalbasis vielleicht nicht gleich eine AG gründen will. In der Praxis würde man größere alternative Finanzierungen (etwa ein STO) eher erst nach Umwandlung in eine vollkapitalisierte GmbH oder AG durchführen, um Seriosität zu signalisieren. Kurz: Eine UG eignet sich für den Start und eventuell interne Tokenisierung (z.B. virtuelle Anteile für Mitarbeiter), aber für öffentliche Angebote ist sie unüblich.
AG (Aktiengesellschaft): Die AG ist traditionell die Rechtsform für größere Kapitalmarktfähige Unternehmen, mit einem Grundkapital von mindestens 50.000 €. Sie erlaubt die Ausgabe von Aktien, die frei übertragbar sind (bei Inhaberaktien sogar durch bloße Einigung und Übergabe der Urkunde bzw. nun Eintragung im eWp-Register). Für tokenisierte Modelle bietet die AG erhebliche Chancen: Durch die Reform des eWpG können Aktien als Token ausgegeben werden (siehe 1.2 oben). Eine AG könnte also gegründet werden und anstelle von Papieraktienzertifikaten schlicht Token an Investoren ausgeben, die deren Aktien verkörpern. Vorteilhaft an der AG ist auch, dass sie viele Anleger aufnehmen kann, ohne dass Formalitäten pro Investor anfallen – die Aktienübertragung ist unkompliziert (kein Notar). Zudem kann eine AG leichter an regulierten Marktplätzen handeln; selbst außerbörslich können Aktien gehandelt oder verpfändet werden, was z.B. für Sekundärmarkt-Liquidität relevant ist. Nachteile der AG für Startups: Die Gründung und Verwaltung ist aufwändiger und teurer. Es muss ein Aufsichtsrat eingerichtet werden (spätestens, wenn mehr als 3 Arbeitnehmer oder Kapital > 3 Mio., sogar zwingend mit Arbeitnehmervertretern ab gewisser Größe). Die Publizitätspflichten (Veröffentlichung von Jahresabschlüssen etc.) sind strenger als bei GmbHs. Auch sind Änderungen (z.B. Satzungsänderungen, Kapitalerhöhungen) formell und können länger dauern. Trotzdem überlegen immer mehr junge Unternehmen, eine AG zu wählen, wenn sie eine digitale Beteiligungsstruktur planen – insbesondere, um via Token viele Kleinanleger beteiligen zu können. Nicht zu vergessen: Eine AG ermöglicht verschiedene Aktiengattungen (Stamm-/Vorzugsaktien), was in Tokenform etwa benutzt werden könnte, um Investoren ohne Stimmrecht (nur mit Gewinnanteil) auszustatten, wenn gewünscht.
SE (Europäische Gesellschaft) und KGaA (Kommanditgesellschaft auf Aktien): Diese Rechtsformen sind Sonderfälle. Eine SE erfordert i.d.R. schon ein größeres Unternehmen und ist hauptsächlich für grenzüberschreitende Verschmelzungen interessant; sie bietet aber flexible Mitbestimmungslösungen. Eine KGaA kombiniert Elemente von KG und AG – sie könnte theoretisch relevant werden, wenn man z.B. ein Gründerteam (als Komplementär) die Kontrolle sichern will, aber trotzdem Aktien (für Kommanditaktionäre) ausgeben möchte. In der Startup-Praxis ist das selten, da KGaA kompliziert ist und Investoren eher abschreckt wegen zweiklassiger Gesellschafterrollen.
GbR, OHG, Partnerschaft: Personengesellschaften bleiben für breite Investorenbeteiligungen meist ungeeignet
Bei einer GbR (Gesellschaft bürgerlichen Rechts) haften alle Gesellschafter unbeschränkt und persönlich für Gesellschaftsverbindlichkeiten. Dies ist in der Regel nicht attraktiv, wenn externe Investoren aufgenommen werden sollen. Zwar kann eine GbR sehr einfach durch einen formlosen Vertrag gegründet werden, und seit 2024 (nach der MoPeG-Reform) existiert sogar ein GbR-Register, das die Rechtsfähigkeit der GbR ausdrücklich vorsieht. Dennoch wird man kaum öffentlich Token platzieren, die GbR-Anteile repräsentieren, weil mit jedem Tokenhandel neue Mitgesellschafter in eine persönliche Haftungssituation geraten könnten. Insofern bleibt die GbR allenfalls für enge Gründerkreise oder spezielle Joint Ventures interessant. Ähnlich gilt für die OHG (Offene Handelsgesellschaft), in der alle Gesellschafter unbeschränkt haften.
KG (Kommanditgesellschaft) als Mischmodell
Die KG bietet mit ihren Kommanditisten bereits eine Haftungsbegrenzung auf die Einlage. Es existieren zahlreiche geschlossene Fonds (z. B. Immobilien- oder Schifffonds), die in Form einer KG strukturiert wurden. In modernen Kontexten ist auch eine GmbH & Co. KG gängig, in der die GmbH als Komplementär das Haftungsrisiko begrenzt und die Kommanditisten sich am Kapital beteiligen. Dadurch entstehen die Vorteile einer Personengesellschaft (Transparenz, flexible Gewinnverteilung) bei gleichzeitiger Haftungsbeschränkung. Kommanditanteile lassen sich vergleichsweise formlos übertragen, was grundsätzlich auch die Tokenisierung erleichtert – im Gegensatz zu GmbH-Anteilen, wo ein notarieller Akt erforderlich ist.
Allerdings bringt dieses Modell administrative Hürden mit sich: Wird eine große Zahl an Kommanditisten eingebunden, müssen viele Einträge ins Handelsregister erfolgen, was unpraktisch sein kann. Zudem entsteht aus Sicht einiger Investoren eine gewisse Scheu, da ein KG-Anteil die Stellung eines Mitunternehmers mit gewerblichen Pflichten beinhaltet (ggf. IHK-Pflichtmitgliedschaft). Gerade im Start-up-Bereich sind GmbH oder AG eher etabliert, und Investoren bevorzugen häufig den Standard einer Kapitalgesellschaft mit klar geregeltem Anteilsbesitz und ohne Personengesellschaftsstrukturen.
Potenzial für Tokenisierung
Gleichwohl kann die Kommanditgesellschaft für spezielle Fälle interessant sein. Denkbar wäre etwa, Kommanditanteile digital in einem Token zu repräsentieren. Die Übertragung könnte formfrei – also ohne Notar – erfolgen. Ein rein elektronischer Transfer des Tokens würde dann den Gesellschafterwechsel auslösen, sofern vertraglich und registertechnisch alles entsprechend geregelt ist. In der Praxis muss man jedoch genau auf Compliance, steuerliche Folgen und den administrativen Aufwand achten, damit die Vorteile der Tokenisierung nicht durch aufwendige Registerverfahren zunichte gemacht werden.
Ausblick 2025
Mit Blick auf neue Gesetze und die fortschreitende Digitalisierung bleibt abzuwarten, inwieweit der Gesetzgeber in Deutschland Personengesellschaften künftig noch weiter liberalisiert oder digitale Anteile im Personengesellschaftsrecht ausdrücklich regelt. Dennoch bleiben Kapitalgesellschaften – etwa GmbH und AG, vor allem seit Einführung elektronischer Wertpapiere – auf absehbare Zeit die gängige und am Markt akzeptierte Wahl für Startups, die externes Wachstumskapital aufnehmen wollen.
Zusammenfassung Deutschland: Für die meisten digitalen Finanzierungsmodelle wird entweder auf Ebene einer GmbH mit vertragsrechtlichen Konstruktionen gearbeitet (stille Beteiligung, Darlehen, Genussrechte) oder es wird eine AG-Struktur angestrebt, um echte tokenisierte Wertpapiere auszugeben. Viele Startups beginnen als GmbH und ziehen eine Umwandlung in eine AG in Erwägung, sobald sie einen großen Investorenkreis ansprechen oder eine Plattformemission planen. Mit den jüngsten rechtlichen Reformen (elektronische Aktien) ist die Hürde für eine AG auch im Tech-Umfeld gesunken – man muss nicht mehr zwingend physische Aktiendruckerei etc. beauftragen, sondern kann digital arbeiten. Dennoch darf man Aufwand und Kosten einer AG nicht unterschätzen (z.B. höherer Prüfaufwand des Jahresabschlusses, strengere Formalien). Ein pragmatischer Weg kann sein: Mischmodelle nutzen. Beispielsweise bleibt das Unternehmen eine GmbH, nimmt über eine Crowdinvesting-Plattform Nachrangdarlehen oder stille Beteiligungen herein (die ggf. tokenisiert verbrieft werden, aber rechtlich Vermögensanlagen bleiben). Oder das Unternehmen begibt über eine Zweck-AG oder Tochtergesellschaft eine Anleihe als Security Token. Solche hybriden Strukturen können die Vorteile kombinieren: Die operative Einheit bleibt flexibel (GmbH), während die Finanzierung über ein speziell zugeschnittenes Vehikel erfolgt.
Gesellschaftsformen in Lettland und Estland: SIA und OÜ im Vergleich
Estland und Lettland haben sich in den letzten Jahren einen Namen als start-up-freundliche Standorte gemacht. Beide Länder bieten moderne Unternehmensregister, digitale Verwaltung (Stichwort E-Residency in Estland) und attraktive Steuersysteme. Die gängigen Gesellschaftsformen – die estnische OÜ (Osaühing) und die lettische SIA (Sabiedrība ar ierobežotu atbildību) – entsprechen in etwa der deutschen GmbH als Private Limited Company. Daneben gibt es in Estland auch die AS (Aktsiaselts), vergleichbar mit der AG, und in Lettland die AS (Akciju Sabiedrība) für Aktiengesellschaften. Im Fokus stehen hier aber OÜ und SIA, da Startups primär diese wählen.
Gründung und Verwaltung: Eine estnische OÜ kann mit minimalem Aufwand gegründet werden – das Stammkapital beträgt typischerweise 2.500 Euro, welches jedoch nicht sofort einbezahlt werden muss (es kann aufgeschoben werden, bis Dividendenausschüttung erfolgt; die OÜ kann bis dahin auch mit 0 € eingetragen werden, allerdings haften Gesellschafter bis zur Einzahlung mit der Differenz). Die Gründung ist über das Online-Portal möglich, wenn man estnische E-Residency oder eine elektronische ID besitzt. Oft dauert die Registrierung nur 1–2 Tage. Ähnliches gilt für Lettland: Eine SIA benötigt standardmäßig 2.800 Euro Stammkapital (das war früher 2000 Lat), allerdings gibt es die Möglichkeit einer Klein-SIA mit reduziertem Kapital (sofern <=5 Gesellschafter und einige Bedingungen, kann Stammkapital ab 1 Euro sein, wobei 25% Gewinnrücklagen bis 2.800 erreicht werden müssen). Die SIA-Gründung kann ebenfalls online erfolgen, dauert ca. 1–5 Tage. Insgesamt sind Behördengänge stark digitalisiert. Die Verwaltung (Einreichung Jahresberichte, Änderungen von Geschäftsführern, Adressen etc.) geschieht in Estland voll elektronisch über das Unternehmensregister; in Lettland ist es auch weitgehend digital möglich.
Rechtsrahmen und Anteilübertragung: OÜ und SIA sind flexibler als die deutsche GmbH in mancher Hinsicht. Die Abtretung von Anteilen erfordert zwar auch eine schriftliche Form, aber in Estland ist kein Notar nötig, es reicht ein schriftlicher Vertrag (der elektronisch signiert werden kann). Es gibt allerdings ein Register, in dem die Gesellschafter verzeichnet sind, und eine Änderung muss dort angemeldet werden – dies kann online geschehen. Dadurch könnte man theoretisch auch häufige Änderungen (viele Investoren rein/raus) abbilden, ohne jedes Mal persönlich zum Notar zu müssen. In Estland gibt es Bestrebungen, Aktien oder OÜ-Anteile auf Blockchain-Basis zu verwalten; im Rahmen der e-Residency-Community wurden Pilotprojekte diskutiert, wie das Aktienbuch digital geführt werden könnte. Rechtlich sind OÜ-Anteile jedoch derzeit nicht als Wertpapiere definiert – ein Token, der OÜ-Anteile repräsentiert, wäre also eher ein neuartiges Konzept, das wahrscheinlich analog zu einer Abtretungserklärung funktionieren müsste (ähnlich wie in DE eine GmbH-Anteils-Tokenisierung bisher nur via Treuhänder möglich ist). Dennoch ist die grundsätzliche Offenheit Estlands für digitale Lösungen hoch.
Regulatorische Anforderungen & Finanzaufsicht: Estland und Lettland sind EU-Mitglieder, daher gelten die EU-weiten Regelwerke (MiFID, MiCA künftig, Prospectus-VO, etc.) auch dort. Das bedeutet: Ein Security Token Offering oder ein öffentliches Angebot von Beteiligungen unterliegt prinzipiell den gleichen EU-Vorschriften. Der Unterschied liegt in der nationalen Aufsichtspraxis und Umsetzung. Estland hatte früh einen Ruf als “Krypto-Hub” erlangt, da bis 2021 eine relativ einfache Lizenz für Krypto-Dienstleistungen existierte (ausgestellt von der estnischen FIU, Financial Intelligence Unit). Hunderte Firmen erhielten diese, da das Verfahren schnell und kostengünstig war. Allerdings hat Estland Anfang 2022 die Regeln drastisch verschärft: Nun ist ein Mindeststammkapital von 100.000 € (für Verwahr-/Tauschdienstleister, bis 250.000 € für Handelsplattformen) vorgeschrieben, die Geschäftsführung muss vor Ort ansässig sein, umfangreiche AML-Regularien und eine staatliche Gebühr von 10.000 € fallen an. Faktisch betreibt Estland jetzt fast ein Voll-Lizenzregime ähnlich MiCA vorweg. Lettland hingegen war im Krypto-Sektor zurückhaltender – bis vor kurzem gab es dort kaum speziell lizensierte Krypto-Firmen, viele Letten nutzten entweder estnische oder litauische Lizenzen. Lettland hat aber 2023 ebenfalls Schritte unternommen, um die Anti-Geldwäsche-Vorgaben für Krypto umzusetzen und verlangt Registrierung. Insgesamt kann man sagen: Im reinen Finanzmarktrecht (Lizenzen für Token-Angebote etc.) sind Baltikum-Länder nicht mehr „No Questions Asked“-Oasen, sondern ziehen die Zügel an im Gleichschritt mit EU-Vorgaben. Vorteilhaft mag sein, dass die Aufsichtsbehörden kleiner und evtl. etwas zugänglicher sind – z.B. könnte ein innovatives Modell in Estland auf mehr Offenheit stoßen, während in Deutschland die Verfahren komplexer sind. Außerdem bieten Estland und Lettland regulatorische Sandkästen oder Innovationsunterstützung: Estland hat ein e-Residency Tech Ecosystem, Lettland hat ein Fintech-Support und Inkubatoren, wobei konkrete regulatorische Erleichterungen (wie z.B. ein sandbox mit Aufsichts-Dispens) weniger formalisiert sind als etwa im UK.
Besteuerung: Ein großer Anreiz für Unternehmen im Baltikum ist das einzigartige Steuersystem in Estland und Lettland. Beide Länder erheben keine Körperschaftsteuer auf nicht ausgeschüttete Gewinne. Das heißt, solange das Unternehmen Gewinne im Unternehmen behält oder reinvestiert, fällt 0% Körperschaftsteuer an. Erst wenn Dividenden an die Gesellschafter ausgeschüttet werden, wird eine Steuer fällig (Estland: 20% auf die Dividende; Lettland: effektive 20% auf Dividendenauszahlung, was 20/80 = 25% auf den zugrundeliegenden Gewinn entspricht). Für ein wachstumsorientiertes Startup bedeutet das: Es kann Gewinne thesaurieren und komplett ins weitere Wachstum stecken, ohne jährlich Körperschaftsteuer zahlen zu müssen – ein enormer Liquiditätsvorteil gegenüber Deutschland, wo ca. 30% (KSt+GewerbeSt) vom Gewinn anfallen, egal ob ausgeschüttet oder nicht. Beispiel: Ein junges Unternehmen in Estland erwirtschaftet 1 Mio. € Gewinn, belässt das Geld in der Firma für Entwicklung und Marketing – Steuer = 0. In Deutschland blieben nach Steuern nur ~700k übrig. Dieser Mechanismus fördert Reinvestition. Gerade bei Revenue-Share-Modellen: Wenn ein Startup durch alternative Finanzierung rasch profitabel ist, kann es in Estland mit dem investierten Kapital arbeiten, ohne Steuerabzug, bis es tatsächlich eine Ausschüttung (z.B. im Exit) vornimmt. Allerdings: Investoren, die via Revenue Share beteiligt sind, wollen ja gerade Ausschüttungen (Umsatzbeteiligungen) erhalten. Diese Ausschüttungen gelten steuerlich als Betriebsausgabe beim Unternehmen (reduzieren also gewinn, was in Estland aber egal ist, weil Gewinn unversteuert bleibt, in Deutschland würden sie den Gewinn mindern und somit Steuer sparen). Der Investor würde in seinem Land besteuert (in Estland gälte es als Einkunft, in Deutschland als Kapitalertrag oder gewerbliche Einkunft, je nach Ausgestaltung). Summa summarum ist das estnische/lettische Steuersystem sehr attraktiv für Unternehmen, die Gewinne reinvestieren, und damit für Startups in der Wachstumsphase optimal.
Verwaltungs- und Compliance-Aufwand: Sowohl Estland als auch Lettland punkten mit einer schlanken Bürokratie. Unternehmensberichte können auf Englisch eingereicht werden (zumindest freiwillig zusätzlich zum lokalen, oft akzeptiert). Behördliche Kommunikation ist schnell. Auch die Arbeitsgesetze sind etwas flexibler (z.B. leichteres Einstellen/Entlassen als in Deutschland). In Estland ist Englisch in Behörden verbreitet, was es ausländischen Gründern erleichtert. Lettland nutzt auch Englisch, aber etwas weniger. Dank e-Residency kann man eine estnische Firma vollständig aus dem Ausland führen, digitale Signatur ist rechtsverbindlich. Ein Risikopunkt ist aber: Wenn die Geschäftsführung überwiegend in Deutschland sitzt, könnte das deutsche Fiskus argumentieren, dass die „place of effective management“ in Deutschland ist und somit das estnische/lettische Unternehmen hier steuerpflichtig wird (Stichwort Doppelbesteuerungsabkommen und Ansässigkeitskonflikt). Dem kann man entgegnen, indem man tatsächlich vor Ort Management-Strukturen hat oder darauf achtet, operative Entscheidungen aus Estland/Lettland zu treffen.
Banking und Zahlungsverkehr: Ein praktisches Problem, das in den Anfangsjahren der estnischen e-Residency einige traf: Ein estnisches Unternehmen brauchte trotz allem ein Bankkonto, und die Banken dort waren vorsichtig bei Briefkastenfirmen ohne local ties. Mittlerweile gibt es Fintech-Lösungen (Fintech-Banken), die das erleichtern. Lettland hatte in Vergangenheit Probleme mit Geldwäsche (Skandale um 2018), was dazu führte, dass Banken dort sehr streng bei ausländischen Kunden wurden. Das kann im Einzelfall relevant sein: Ein Startup, das nur formal in Riga sitzt, aber Gründer in Berlin hat, muss der Bank plausibel machen, warum es in Lettland ist und dass es kein AML-Risiko darstellt. In Estland ähnlich, aber etwas verbessert dank strengeren neuen Krypto-Vorschriften.
Regulatorische Unterschiede bei Wertpapieren/Token: Während für EU-weite Regulierung wie MiCA alle Länder gleich ziehen, gibt es vielleicht Unterschiede in nationalen Wertpapierprospektgesetzen und Schwellen: So hat Lettland traditionell 2018 die Prospektpflichtgrenze bei nationalen Angeboten bis 1 Mio. € ausgenommen (das war EU-weit Standard). Estland folgte EU Standard ebenfalls. Mit der EU Crowdfunding-VO 2020/1503 (dazu später) gibt es aber auch in Baltikum ein neues Regime. Einzelne Unterschiede: In Estland könnte z.B. die Schwarmfinanzierung noch nicht so umfangreich national geregelt gewesen sein, weil Estland wartete, bis EU-Regel kam. Lettland hat 2021 ein Crowdfunding-Gesetz erlassen. Diese Details beeinflussen, ob ein kleines STO mit z.B. 3 Mio. € vielleicht leichter mit einem nationalen Informationsblatt in Estland geht als in Deutschland – hier lohnt im konkreten Fall Beratung vor Ort.
Zusammengefasst bieten OÜ und SIA vergleichbare Möglichkeiten wie eine deutsche GmbH, aber mit mehr digitaler Effizienz und steuerlichen Vorteilen. Für tokenisierte Modelle heißt das: Ein Startup könnte durchaus überlegen, in Estland eine OÜ zu gründen, dort sein Token-Offering durchzuführen und Investoren aus ganz Europa zu bedienen (nach Einhaltung von MiCA/Prospektpflicht etc.). Die estnische Aufsicht könnte flexibler sein, um beispielsweise ein Token-Whitepaper abzunehmen. Nach MiCA kann das Whitepaper in einem Land notifiziert werden und in anderen gelten. Ein estnisches Unternehmen hätte nach erfolgreichem Offering dank Steuerregime mehr Netto-Mittel zur Verfügung, um das Geschäft voranzutreiben.
Allerdings muss auch klar sein: Nachteile und Risiken bestehen. Sprachbarrieren und Rechtsunsicherheit, falls man mit baltischen Gesellschaften in Deutschland operiert – z.B. deutsche Geschäftspartner oder Kunden kennen sich weniger aus mit OÜ/SIA und könnten skeptisch sein. Ferner müssten Streitigkeiten ggf. nach estnischem/lettischem Recht gelöst werden. Zudem haben die Gründer weniger „Heimatmarkt“-Unterstützung (etwa deutsche Fördermittel, Investorennetzwerk vor Ort). Ein wichtiger Aspekt ist auch die Investorenakzeptanz: Viele professionelle Investoren (VCs) bevorzugen vertraute Rechtsräume. Während eine UK Ltd oder Delaware C-Corp oft akzeptiert wird, ist eine estnische OÜ bei westlichen VCs noch unüblicher – obwohl rechtlich nichts dagegenspricht, können Vorbehalte bestehen. Anders im Krypto-Bereich: Dort sind estnische Strukturen durchaus verbreitet und anerkannt, da Estland früh positiv auffiel.
Insgesamt lässt sich sagen, dass Estland und Lettland für alternative Finanzierungsmodelle insbesondere mit Krypto-Bezug günstige Bedingungen bieten, jedoch im Rahmen des EU-Regelwerks. Eine „Auslagerung ins Baltikum“ kann administrative und steuerliche Vorteile bringen, aber keine vollständige Flucht vor Regulierung ermöglichen (EU-Recht gilt dennoch). Startups sollten abwägen, ob sie die bessere Infrastruktur und Nähe zum hiesigen Markt (Deutschland) gegen die Effizienz und Steuererleichterungen eines baltischen Sitzes eintauschen wollen. Viele entscheiden sich auch für einen Mittelweg: beispielsweise Gründung einer estnischen Tochtergesellschaft, die den Token Sale durchführt, während die operative Gesellschaft in Deutschland bleibt – oder umgekehrt, die Holding in Estland, operative Niederlassung in Deutschland. Solche Konstrukte müssen dann sorgfältig rechtlich abgestimmt sein (Stichwort Konzernsteuerrecht, Verrechnungspreise, aufsichtsrechtliche Zuständigkeiten).
Abschließend ist festzuhalten, dass die gesellschaftsrechtliche Einordnung stets im Zusammenhang mit dem Finanzierungsmodell gesehen werden muss: Eine innovative Finanzierungsidee mag in der einen Rechtsform leichter umsetzbar sein als in der anderen. Deutschland bietet mit der AG jetzt eine Möglichkeit, die klassische Kluft zwischen FinTech und Corporate Law zu überbrücken (digitale Aktien), während das Baltikum mit pragmatischer Verwaltung und Steuervorteilen lockt. Unternehmen können diese Optionen strategisch nutzen, um ihr Finanzierungsvorhaben optimal aufzusetzen.
Branchenspezifische Anwendungsfälle und Geschäftsmodelle
Alternative Finanzierungsmodelle entfalten je nach Branche und Geschäftsmodell unterschiedliche Vorteile. In diesem Abschnitt betrachten wir exemplarisch einige Sektoren, in denen Revenue Share, Tokenisierung und digitale Beteiligungen besonders relevant sind: FinTech und DeFi, die Creator Economy (z.B. Künstler und Influencer, die über Tokens monetarisieren), Software-as-a-Service (SaaS) Unternehmen mit digitalen Cap Tables und Blockchain-Plattformen sowie NFT-basierte Beteiligungsmodelle. Jede dieser Branchen hat spezifische Anforderungen und regulatorische Fallstricke, die bei der Gestaltung der Finanzierung berücksichtigt werden müssen.
FinTech und DeFi: Tokenisierung in der Finanzindustrie
Die FinTech-Branche – also technologiegetriebene Finanzdienstleistungen – war einer der ersten Anwender von tokenbasierten Finanzierungsmethoden. Insbesondere im Bereich Blockchain und Decentralized Finance (DeFi) entstanden zahlreiche Startups, die eigene Token herausgaben, um Kapital aufzunehmen und zugleich ihre Nutzer an der Plattform zu beteiligen. Beispiele sind Krypto-Börsen, die Exchange-Token emittierten (mit Vorteilen bei Gebühren), oder DeFi-Protokolle, die Governance-Token verteilten.
Nutzen von Tokens im FinTech-Kontext: Ein Token kann in diesem Bereich mehrere Zwecke erfüllen. Zum einen dient er der Finanzierung: Durch den Verkauf von Token (sei es in einem ICO, IEO oder STO) fließt Kapital ins Unternehmen/Projekt. Zum anderen schafft er ein Ökosystem-Instrument: Tokeninhaber können über dessen Verwendung und Wert an die Plattform gebunden werden (Netzwerkeffekt). In DeFi dienen Token oft als Governance-Token, die Stimmrechte über Protokolländerungen geben, oder als Utility (z.B. man braucht den Token, um einen Service zu nutzen oder Liquidity Mining zu betreiben). Manche FinTechs gestalten ihre Token so, dass sie einem Gewinnbeteiligungsrecht ähneln – etwa via „Buyback-and-Burn“-Mechanismen (wo ein Teil der Gewinne genutzt wird, um Token zurückzukaufen, was den Wert der verbleibenden erhöht).
Regulatorische Aspekte: Gerade hier ist Vorsicht geboten, denn Finanzdienstleistungen sind streng reguliert. Wenn ein FinTech-Startup beispielsweise eine Krypto-Kreditplattform aufbaut, muss es prüfen, ob das Einlagengeschäft, Kreditgeschäft oder das kollektive Investment vorliegt – entsprechende Erlaubnisse wären nötig (KWG, ZAG, KAGB). In der DeFi-Welt versucht man oft, diese Pflichten zu umgehen, indem man das Protokoll „dezentral“ und ohne Firma betreibt. Doch in Realität stecken meist Entwicklerteams dahinter, und Aufsichtsbehörden schauen zunehmend darauf. Die BaFin hat etwa klargestellt, dass das Angebot bestimmter Krypto-Zinsprodukte (Crypto Lending/Deposits) ohne Lizenz unzulässig sein kann. Ein FinTech, das mittels Token Gelder einsammelt und verzinst wieder auszahlt, könnte unerlaubt Bankgeschäft (Einlagengeschäft) betreiben, wenn die Rückzahlverpflichtung besteht. Um das zu vermeiden, strukturieren einige Projekte ihre Token als Risiko-Token, die keinen festen Rückzahlungsanspruch garantieren (ähnlich einem Equity-Token statt eines Debt-Token). Damit verschiebt sich die Einordnung in Richtung Wertpapier oder Vermögensanlage – die zwar Prospektpflicht bedeutet, aber zumindest nicht Banklizenz.
DeFi-Projekte – z.B. dezentrale Börsen (DEX), Kreditpools (Aave, Compound etc.), Yield-Farming-Plattformen – operieren oft global und anonym. Europäische DeFi-Startups stehen vor der Frage: Gehen wir in den regulatorischen Graubereich oder streben wir Compliance an? Bislang gab es mangels klarer Regeln viel Graubereich. Mit MiCA wird zumindest der Token-Teil adressiert: Ein DeFi-Projekt, das einen Utility/Governance-Token EU-weit anbietet, muss ab 2025 ein MiCA-Whitepaper veröffentlichen. Aber MiCA regelt (noch) nicht dezentrale Protokolle als solche – zukünftige EU-Rechtsakte könnten kommen. Die BaFin-Praxis ist, im Zweifel das betreibende Unternehmen haftbar zu machen. Strategisch kann ein FinTech/DeFi daher versuchen, seine juristische Verankerung außerhalb Europas zu wählen (z.B. Gründung in der Schweiz, Singapur, oder völlig anonym als DAO ohne erkennbaren Betreiber). Das birgt aber eigene Nachteile: Zugänge zu regulären Finanzkanälen, und Rechtsdurchsetzung sind erschwert, und europäische Nutzer könnten ausgesperrt werden (Geo-Blocking), was Marktchancen schmälert.
Revenue Share im FinTech: Im FinTech-Bereich gibt es auch das Konzept des Revenue-based Financing speziell für FinTech-Startups. Einige FinTechs haben z.B. mit frühen Partnern oder Banken Umsatzbeteiligungen vereinbart statt Equity, um ihre Kundenbasis aufzubauen. Auch FinTech-spezifische Accelerators bieten manchmal Modelle an, wo sie etwa 2% des künftigen Umsatzes für X Jahre erhalten, statt 5% Equity. Dieses Modell kann für B2B-FinTechs sinnvoll sein, die planbare Einnahmen haben. Der rechtliche Rahmen ist dann ähnlich wie bei klassischen Revenue Shares: Man schließt einen schuldrechtlichen Vertrag (partiarisches Darlehen oder stille Beteiligung), meist ohne Token. Tokenisierung könnte aber auch hier einziehen, z.B. ein FinTech könnte einen Cashflow-basierten Token ausgeben, der 5% seiner Transaktionserlöse quartalsweise an Tokenholder ausschüttet. Das wäre im Grunde ein tokenisiertes partiarisches Darlehen. Die Regulierung würde das aller Wahrscheinlichkeit nach als Wertpapier (Anleihe mit variablem Zins, abhängig vom Erfolg) ansehen, was ein Prospectus/Informationserfordernis bedeutet.
Beispiel: Nehmen wir ein hypothetisches FinTech „LendChain“ in Deutschland, das Peer-to-Peer-Kredite auf Blockchain organisiert. Es möchte mit einem Token Geld einsammeln, um einen Liquiditätspool zu haben. Wenn es den Token so ausgestaltet, dass Tokenhalter regelmäßig einen Teil der Zinsen der P2P-Kredite bekommen, ist der Token ein Investment-Token (Wertpapier/Vermögensanlage). LendChain bräuchte also mindestens ein Vermögensanlagen-Informationsblatt (wenn es <6 Mio sammelt) oder Prospekt, plus es muss schauen ob nicht schon das P2P-Geschäft an sich reguliert ist (wahrscheinlich ja, als Kreditvermittlung). Alternativ könnte LendChain nur einen Utility-Token ausgeben, mit dem Nutzer zu besseren Konditionen leihen/verleihen können, aber keine direkte Gewinnbeteiligung. Dann wäre der Token womöglich unter MiCA als Utility Crypto-Asset – leichter zu handhaben, aber schwieriger, Investoren zu überzeugen, da kein klarer ROI. Viele DeFi-Token der letzten Jahre waren formal Utility/Governance, aber de facto hofften alle auf Wertsteigerung durch den Erfolg des Protokolls – was sie ökonomisch akin zu Investments machte, jedoch ohne rechtlichen Anspruch. Das Schattendasein dieser Praxis wird durch strengere Regulatorik zunehmend beleuchtet, was FinTechs in Europa zu saubereren Strukturen zwingt.
Fazit FinTech/DeFi: In dieser Branche sind Tokenisierung und alternative Modelle fast integraler Bestandteil der Geschäftsmodelle. Doch für in Europa ansässige Projekte heißt es, die Lizenz- und Prospektpflichten genau zu beachten. Die Kunst besteht darin, Innovation (dezentrale Technologie, neue Formen des Investment) mit Legalität zu vereinen. Einige werden den Weg über BaFin-Lizenzen gehen (z.B. Kryptoverwahrgeschäft anmelden, eigene Brokerlizenz etc.), andere weichen auf Konstruktionen im Ausland aus (was in Abschnitt 5 noch thematisiert wird). FinTech-Startups sollten sich bewusst sein, dass die Regulierungslast hier besonders hoch sein kann – aber eben auch die Chancen, als erster konformer Anbieter ein Vertrauensvorsprung im Markt zu haben.
Creator Economy: Tokens für Künstler und Influencer
Die Creator Economy umfasst Einzelpersonen wie Künstler, Musiker, Videocreators, Influencer, die abseits etablierter Strukturen direkt mit ihrem Publikum interagieren und monetarisieren. In den letzten Jahren haben einige versucht, eigene Tokens oder NFTs herauszugeben, um Fans eine Art Anteil an ihrem Erfolg oder exklusive Vorteile zu geben. Beispiele sind Musiker, die Songrechte über NFTs teilen, oder Influencer, die „Social Tokens“ prägen, mit denen Fans besondere Inhalte freischalten können.
Motive für Creator Tokens: Für die Kreativen liegt der Reiz darin, sich von Plattformabhängigkeit (YouTube, Spotify etc.) etwas zu lösen und eine direkte Fan-Investment-Beziehung aufzubauen. Fans könnten finanziell vom Wachstum eines Creators profitieren – etwa durch Wertsteigerung eines Tokens – und sind dadurch motivierter, den Creator zu unterstützen. Zudem können Creator Tokens als Community-Building-Tool dienen: Tokenholder erhalten z.B. Mitspracherechte (Abstimmungen über zukünftige Inhalte), meet&greet-Zugänge, limitierte Editionen, etc.
Beispiele: Ein bekanntes internationales Beispiel war der Versuch einiger Sportler (z.B. NFL-Spieler) und Künstler, eigene „Personal Tokens“ auszugeben, teils über Plattformen wie Rally oder BitClout (BitClout generierte allerdings umstritten ungefragt Tokens für bekannte Personen). Im deutschsprachigen Raum waren bislang wenige solche Experimente, da die rechtlichen Hürden und Unklarheiten abschreckten. NFTs wurden aber in der Kunstszene prominent: Digitale Kunstwerke von Künstlern wurden als NFTs verkauft, teilweise mit Versprechen, dass der NFT-Besitzer an künftigen Verkäufen beteiligt wird (via Smart Contract Royalties) oder Zugriff auf exklusive Werke erhält. Das sind zwar keine klassischen Finanzierungsrunden, aber eine Form der Monetarisierung über Token.
Rechtliche Einordnung von Creator Tokens: Hier ist die Grenze zwischen Fanartikel und Finanzinstrument fließend. Wenn ein Influencer einen Token ausgibt, der z.B. lediglich als „Club-Mitgliedskarte“ dient (Zugang zu exklusivem Content, Merchandise-Rabatte, Erwähnung als Unterstützer), dann hat der Token primär Konsum- oder Nutzungscharakter – vergleichbar einer Patreon-Mitgliedschaft, nur handelbar. Solche reinen Utility-Token für Fanperks würden nach MiCA als Crypto-Assets gelten, bedürfen aber keiner Wertpapierprospekts, sondern nur eines MiCA-Whitepapers, sofern es ein öffentliches Angebot mit Gegenleistung ist. Er könnte MiCA-pflichtig sein, wenn >1 Mio oder in mehreren Ländern angeboten. Aber man könnte argumentieren, es ist eher ein Vorverkauf von Leistungen – das hängt von Details ab. Kritisch wird es, wenn der Token als Investment vermarktet wird, z.B.: „Kauft meinen Creator Token, ihr bekommt 5% meiner künftigen Einnahmen aus Streaming-royalties ausgezahlt“. Das wäre ein klarer Fall einer Vermögensanlage (erfolgsabhängige Beteiligung an Einkommen) oder sogar Wertpapier (wenn handelbar). Die meisten Creators haben nicht die Mittel, dafür einen Prospekt aufzusetzen – und dürften es daher unterlassen. Wenn sie es dennoch informell tun, besteht ein Compliance-Risiko: Die BaFin oder entsprechende EU-Aufsichten könnten einschreiten, insbesondere wenn es größere Summen oder viele Anleger betrifft.
NFTs und Rechteübertragung: Bei Künstlern war eine Idee: Verkaufe Anteile an Songs via NFT, und lass Fans am Erfolg teilhaben. Juristisch wirft das Fragen auf, ob dadurch Urheberrechte oder Nutzungsrechte übertragen werden und wie die Erträge verteilt werden. Eine Firma, die das tat, müsste eigentlich in Verträge gießen, dass NFT-Inhaber xy% der Lizenzerlöse erhält. Das ist dann ökonomisch wie ein Wertpapier (eine Art tantieneberechtigter Anteil). In Deutschland würde das wohl als Teil eines Darlehens oder eines Forderungsrechts gelten – Vermögensanlage oder Wertpapier, je nach Ausgestaltung und Übertragbarkeit. Bisher hat man oft statt echter Profitbeteiligung nur „Royalties by usage“ gemacht: Der Künstler zahlt vielleicht freiwillig was an NFT-Halter, aber kein harter Rechtsanspruch, um Regulierung zu entgehen – was allerdings aus Investorensicht unattraktiv ist.
Social Tokens und Plattformen: Es entstehen auch Plattformen (beispielsweise Rally, Roll etc.), die Creators anbieten, einfach eigene Token zu launchen. Diese Plattformen versuchen, regulatorisch als reine Tech-Dienstleister dazustehen, aber sie bewegen sich in einem unsicheren Terrain. Insbesondere in Europa könnte ein Plattformbetreiber als Schwarmfinanzierungsdienstleister nach der ECSP-VO gelten, wenn er das Vermitteln von Investorengeldern an Personen betreibt. Oder es ist vergleichbar mit Crowdfunding. Möglicherweise nutzen solche Plattformen US-Standorte, um außerhalb direkter EU-Aufsicht zu agieren, aber sobald EU-Bürger investieren, gilt theoretisch auch EU-Recht (was Vollstreckung heikel macht, aber Risiko bleibt).
Nutzer- und Investorenschutz: Die Regulierungsbehörden sorgen sich insbesondere um Kleinanleger, die evtl. aus Begeisterung für einen Star in so einen Token investieren und Geld verlieren könnten. Daher wird man tendenziell geneigt sein, streng zu prüfen, ob solche Token Angebote prospektpflichtig sind. Bisher gab es keine großen Verfahren, weil dieser Trend noch Nische ist und Beträge gering. Aber man kann erwarten, dass professionelle Beratung für größere Creator Token Sales unabdingbar ist, um die Linie Utility vs. Security richtig zu ziehen.
Zusammenfassend lässt sich sagen: Die Creator Economy hat enormes Potenzial von Tokenisierung zu profitieren (Stichwort „community ownership“). Doch in Deutschland/EU ist die Compliance-Hürde hoch, weshalb bisher die Umsetzung zaghaft ist. Creators können jedoch weniger komplexe Modelle wählen: z.B. NFT Drops begrenzter Kunstwerke (das fällt unter Kauf von Kunst, normalerweise kein Wertpapier, solange es unikale Items sind). Oder sie nutzen bestehende Crowdfunding-Ausnahmen – z.B. via Crowdinvesting Plattform ein Fan-Investment in eine Projekt-Gesellschaft anbieten (so hat z.B. eine Band wie „Tokio Hotel“ in der Vergangenheit mal Fan-Anleihen via Plattform angeboten). In Zukunft könnte MiCA auch hier Erleichterung bringen: Ein Creator könnte ein Whitepaper veröffentlichen und bis 5 Mio € an Utility-Token einsammeln, die Fans kaufen – rechtlich sauberer als ein ungeregelter ICO. Die Fans hätten damit handelbare Token, deren Wert mit dem Bekanntheitsgrad des Creators schwankt (eine Art indirekte Partizipation). Dennoch bleibt: Will man echten Revenue Share mit Fans machen, muss man den steinigen Weg der Prospektierung gehen oder auf kleine Grenzen beschränken (Schwarmfinanzierungs-Ausnahme <6 Mio, Investor je max 1k/10k). Viele Creators werden vor so etwas zurückschrecken und eher unregulierte Pfade (z.B. NFTs als „Sammlerstücke“) nehmen.
SaaS-Modelle mit digitalem Cap Table
Software-as-a-Service (SaaS) Unternehmen zeichnen sich durch wiederkehrende Umsätze und oft schnelles Wachstum aus. In der Finanzierungsstruktur von SaaS-Startups gibt es zwei interessante Berührungspunkte mit alternativen Modellen: Revenue-based Financing und digitale Cap Tables (d.h. Nutzung digitaler Tools oder Token, um die Beteiligungsstruktur abzubilden und flexibel zu gestalten).
Revenue-Based Financing (RBF) für SaaS: SaaS-Startups mit monatlich wiederkehrenden Einnahmen (MRR) sind prädestiniert für umsatzabhängige Finanzierung, weil sich daraus gut berechnen lässt, wie viel man monatlich zur Bedienung eines Investments abzweigen kann. In den letzten Jahren entstanden spezialisierte RBF-Anbieter (in Europa etwa Firmen wie re:cap, Uplift1, Victory Park via Pipe etc.), die SaaS-Firmen Kapital vorschießen und im Gegenzug z.B. 5-10% des künftigen Monatsumsatzes einziehen, bis ein Vielfaches (z.B. 1.3x) zurückgezahlt ist. Aus rechtlicher Sicht sind das Kreditverträge oder Schuldscheine mit flexibler Tilgungsstruktur. Für unser Thema interessant ist: Einige SaaS-Startups könnten statt mit solchen Anbietern auch mit einer größeren Investorengruppe via Plattform RBF umsetzen – etwa indem sie Kleininvestoren anbieten: „Wir zahlen euch monatlich x% vom Umsatz, bis ihr 1.5-fach euer Investment zurück habt.“ Das wäre ein klassisches partiarisches Nachrangdarlehen. In Deutschland würde so etwas als Vermögensanlage gelten (Erfolgsanteil Darlehen) und lässt sich im Crowdfunding-Rahmen bis 6 Mio relativ unbürokratisch realisieren (mit Vermögensanlagen-Info-Blatt statt Prospekt). Diese Form der Finanzierung ist attraktiv, weil das Startup keine Anteile abgeben muss und die Zahlungen sich dem Geschäftsverlauf anpassen. In wirtschaftlich schwächeren Monaten sinken die absoluten Rückflüsse an die Investoren, was Liquidität schont. Für Investoren wiederum ist es greifbarer als Equity – sie sehen laufende Rückzahlungen und müssen nicht auf fernen Exit hoffen.
Digitaler Cap Table: Unabhängig von RBF, denken viele SaaS- (und überhaupt Tech-) Startups über Digitalisierung ihrer Beteiligungsverwaltung nach. Cap Table Management Tools (z.B. Carta, Ledgy, Capdesk) sind bereits verbreitet, um Aktienoptionen, Wandeldarlehen etc. sauber zu managen. Der nächste Schritt ist der digitale Anteil selbst: Anstelle traditioneller Urkunden oder PDF-Zertifikate könnten Anteile in Form von Token vorliegen. Mit dem eWpG und dem Zukunftsfinanzierungsgesetz ist dies in Deutschland – zumindest für AG und künftig vielleicht auch für GmbH (via Reformen) – möglich geworden. Ein digitales Cap Table könnte bedeuten: Jede Transaktion (Ausgabe neuer Anteile, Übertragung an neuen Investor, Ausübung von Optionen) wird on-chain dokumentiert. Das spart Anwalt und Notar pro Transaktion (im AG-Fall ohnehin simpler, im GmbH-Fall aber noch Problem Notarpflicht). Es erhöht Transparenz: Alle berechtigten Personen sehen in Echtzeit ihre Beteiligung. Und es könnte Sekundärhandel unter bestimmten Bedingungen erleichtern: Z.B. könnten bestehende Kleinaktionäre eines SaaS-Startups ihre Token-Anteile leichter untereinander handeln, wenn ein internes Bulletin Board oder ein geregelter Handelsplatz existiert, was die Liquidität erhöht.
Mitarbeiterbeteiligungen: SaaS-Startups vergeben oft ESOPs (Employee Stock Option Plans) an Mitarbeiter. Die Verwaltung solcher Optionen und später ausgegebenen Anteile ist komplex. Digitale Wertpapiere können hier Automatisierung bringen. Beispielsweise könnte ein Smart Contract so programmiert sein, dass er bei Erreichen bestimmter Vesting-Daten automatisch Token an die Mitarbeiter freigibt. Allerdings muss das im Rahmen der Legal-Tech möglichkeiten passieren – vollständig automatisiert geht es nur, wenn auch die Rechtslage es deckt. Derzeit müssen z.B. Aktienoptionen noch notariell beurkundet werden in Deutschland (in einem bedingten Kapital), aber möglicherweise wird auch das in Zukunft einfacher.
Investor Relations und Rechteausübung: Mit vielen kleinen Investoren, wie sie bei Crowdfinanzierungen vorkommen, hat man traditionell das Problem der Koordination und Rechteausübung (Versammlungen, Beschlüsse). Digitale Plattformen können Abhilfe schaffen, z.B. mittels Online-Hauptversammlungen oder tokenbasierter Abstimmung (Smart voting). Die deutschen Gesetze erlauben inzwischen Online-Teilnahme an Versammlungen unter bestimmten Voraussetzungen. Eine volldigitale Aktiengesellschaft, die hunderte Token-Aktionäre hat, könnte ihre HV per Blockchain-Voting durchführen – technisch machbar, rechtlich aber Neuland.
Beispiel einer tokenisierten SaaS-Beteiligung: Ein SaaS-Startup (z.B. im Bereich Cloud-Software) entscheidet, 10% seines Unternehmens via Security Token Offering an interessierte Kunden und Investoren zu verkaufen, um Kapital für Wachstum einzusammeln. Es wandelt sich zu diesem Zweck in eine AG um (oder gründet eine Tochter-AG) und gibt elektronische Namensaktien als Token aus. Diese Token berechtigen zu Dividenden und Stimmrechten, genau wie normale Aktien. Interessierte Kunden können über eine Plattform die Token zeichnen (Mindestinvest beispielsweise 100 €). Das Unternehmen erstellt einen Wertpapierprospekt oder nutzt den EU-Schwarmfinanzierungsprospekt, um bis 5 Mio € einzusammeln. Die Aktien werden ausgegeben und liegen z.B. in den Wallets der Investoren (oder treuhänderisch bei einer Verwahrstelle). Künftig können die Inhaber sie untereinander handeln, vielleicht listet sogar eine kleine Sekundärbörse diese Aktien-Token (im Rahmen des DLT-Pilot-Regimes oder MTF). Gleichzeitig nutzt das Startup die Publicity dieses Angebots, um aus Kunden zu Mit-Eigentümern zu machen, was die Kundenbindung stärkt. Ein solches Modell ist anspruchsvoll in der Durchführung, aber nicht mehr Science-Fiction: Technisch und rechtlich sind wir 2025 an einem Punkt, wo es realisierbar wird. Der Vorteil für das SaaS-Unternehmen liegt in der Kombination von Finanzierung und Marketing – was klassisches Crowdinvesting schon immer ansprach, nun aber mit tatsächlichen Unternehmensanteilen statt Genussrechten.
Natürlich muss man auch hier an Grenzen denken: Kleine Startups sollten die administrativen Kosten (Prospekterstellung, Investor Relations) gegen den Nutzen abwägen. Nicht jedes SaaS lohnt sich, tokenisiert Kleinstinvestoren reinzuholen – oft ist traditionelles Venture Capital effizienter in der Frühphase. Aber gerade Community-orientierte SaaS (z.B. Open-Source-Softwarefirmen) könnten von einem Streubesitz profitieren.
Blockchain-Plattformen und NFT-Beteiligungsmodelle
Plattformen, die selbst Blockchain-Technologie oder NFTs (Non-Fungible Tokens) als Kernprodukt haben, sind gewissermaßen „natürliche“ Anwender alternativer Finanzierungen, da ihre Nutzer ohnehin kryptoaffin sind. Hier lassen sich zwei Subthemen unterscheiden: Tokenisierung von Plattformen (Community-Ownership via Plattform-Token) und NFT-basierte Beteiligungen (z.B. an konkreten Assets oder Projekten).
Blockchain-Plattformen (L1/L2, DApps): Viele Blockchain-Projekte finanzieren sich über eigene Tokens – seien es Protokoll-Token einer Layer-1-Blockchain oder Governance-Token einer DApp (dezentrale App). Diese wurden oft initial per ICO verteilt. In der EU-Zukunft wird ein Projekt, das z.B. eine neue Blockchain aufsetzt, formal wohl ein MiCA-konformes Token Offering machen müssen. Der Plattform-Token dient dann nicht nur als Investmentvehikel, sondern auch als Utility im System (z.B. Gas-Token für Transaktionen, Staking zur Sicherung des Netzwerks). Aus rechtlicher Sicht ist das ein Zwiespalt: Einerseits hat der Token monetären Wert und Anleger kaufen ihn spekulativ – andererseits ist er unentbehrlicher Teil der Technologie (anders als z.B. ein reiner Security-Token, der nur einen Anteil darstellt, aber technologisch überflüssig wäre). Regulatoren werden diese Dualität zu berücksichtigen haben. MiCA schafft z.B. für Utility-Token keinen passgenauen Ausnahmestatus, aber behandelt sie milder als Stablecoins. Für ein Startup, das eine solche Plattform baut, heißt das: Trotz Utility-Charakter muss man die Anleger-Aspekte im Auge haben. Es kann sinnvoll sein, den Token nicht zu viele Gewinnversprechen aufzuladen (um nicht als Wertpapier eingestuft zu werden), sondern den Mehrwert für Inhaber über die Nutzung zu definieren (ähnlich wie Ethereum: der Wert kommt daher, dass man ihn braucht, um das Netz zu nutzen).
Viele Plattformen streben auch DAO-Strukturen an (Decentralized Autonomous Organization), wo Tokenholder mitstimmen über Parameter, Projekte, Allokation von Geldern etc. Eine DAO ist jedoch als solche bislang kein anerkannter Rechtsträger in EU-Ländern. Das führt zu Spannungen: Ein Projekt könnte als Verein, Genossenschaft oder Stiftung firmieren, um dem Konstrukt eine Rechtsform zu geben – was wiederum jeweilige rechtliche Pflichten triggert. In Liechtenstein etwa können DAOs inzwischen als Rechtsgebilde registriert werden, in Deutschland nicht. Bis das geklärt ist, operieren viele Plattformen halblegal mit einer Foundation in Zug (Schweiz) oder Cayman, die die Token ausgibt, während die Community die Entscheidungen trifft.
NFT-Beteiligungsmodelle: NFTs haben primär den Kunst- und Sammlerbereich revolutioniert, aber zunehmend werden sie auch als Träger von Rechten genutzt, die über reines Sammeln hinausgehen. Beispiele:
- Fractional Ownership: Ein teures physisches oder digitales Gut (Kunstwerk, Immobilien, seltener Oldtimer) wird in Tokenanteile aufgeteilt. Oft sind das dann keine NFTs, sondern fungible Tokens (Security Token) – aber man kann es auch so gestalten, dass eine Serie von NFTs jeweils z.B. 1/1000 eines Gemäldes repräsentieren. Theoretisch ist jeder NFT einzigartig (anderes ID), aber sie sind fungibel in dem Sinne, dass ihnen gleicher Wert zukommt pro Stück. Solche Modelle sind faktisch Wertpapieranlagen, da Anleger einen Teil eines Vermögenswertes erwerben, oft mit Gewinnerzielungsabsicht (z.B. bei späterem Verkauf des ganzen Guts). Eine Firma, die das anbietet, bräuchte eine Erlaubnis (ggf. als Finanzdienstleister) und muss Prospekte oder zumindest Informationsblätter bereitstellen. In Deutschland haben einige Startups das für Immobilien gemacht (Teilverkauf an viele Kleinanleger via Token, z.B. Exporo mit digitalem Wertpapier). Bei Kunst ist es noch neu, weil da auch Urheberrechte eine Rolle spielen.
- Royalty-NFTs: Es gibt Projekte (z.B. im Musikbereich in den USA), wo Musiker NFTs verkaufen, die dem Halter einen Anteil an den zukünftigen Royalties eines Songs geben. Das ist quasi wie ein kleines Wertpapier: Der NFT-Besitzer hat Anspruch, wenn z.B. der Song gestreamt wird und Tantiemen anfallen, wird anteilig etwas ausgeschüttet. Das kann man smart-contract-gesteuert machen, aber rechtlich ist es in EU wieder eine Vermögensanlage (Beteiligung an Erträgen). Hier müsste streng genommen ein Prospekt vorliegen, wenn es an die Öffentlichkeit geht. Alternativ könnte man argumentieren, jeder NFT ist unik und damit kein standardisiertes Angebot – fraglich, ob das zieht, da inhaltlich alle NFT einer Serie ja identische Rechte geben.
- Membership-NFTs vs. Investment-NFTs: Viele NFT-Communities haben festgestellt, dass sie keine Wertpapiere verkaufen wollen, also verknüpfen sie die NFT mit Mitgliedschaft und Nutzung, nicht mit Rendite. Z.B. Bored Ape Yacht Club NFTs gewähren Zugang zu exklusiven Events, sonst nichts Finanzielles. Ihr enormer Wert entstand trotzdem spekulativ am Sekundärmarkt, aber das war nicht vom Herausgeber garantiert oder versprochen. Rechtlich ist das eher unproblematisch (Verkauf von Sammlerobjekten, frei handelbar). Problematisch wird, wenn ein Herausgeber aktiv den Sekundärmarkt befeuert mit Aussagen wie „diese NFT werden im Wert steigen, ihr werdet daran verdienen“ – dann kann das im Nachhinein als Anlageangebot interpretiert werden.
Branchenbeispiele:
- Gaming-Plattformen nutzen oft NFTs, um In-Game-Assets darzustellen, die Spieler besitzen und handeln können. Wenn ein Spielentwickler z.B. virtuelle Grundstücke als NFTs verkauft, kann man das als Verkauf von Nutzungsrechten im Spiel ansehen. Solange es reines Spielutensil ist, kein Problem. Wenn aber spekulativ Leute Land kaufen in Erwartung, es teurer weiterzuverkaufen, ist das zwar Realität, aber regulatorisch meist toleriert, da es primär Entertainment/consumption Purpose hat. Allerdings gab es in der Vergangenheit Diskussionen, ob z.B. In-Game-Items eine regulierte Ware sind – aber die meisten Länder regulieren das nicht als Finanzprodukt.
- Metaverse-Immobilien (virtuelle Grundstücke in Decentraland etc.) wurden zu teils astronomischen Preisen gehandelt. Hier stellt sich in Zukunft, ob solche virtuellen Assets unter MiCA fallen könnten (eventuell nicht, da unique = NFT, MiCA sagt einzelne NFTs sind nicht automatisch erfasst, aber Serien könnten). Wenn ein Unternehmen virtuellen Landverkauf als Investment bewirbt, könnte es streng genommen auch in Prospektpflicht geraten. In der Praxis hat das noch keiner so formal gemacht – man verkauft es als Teilnahmemöglichkeit am Metaverse, nicht als Geldanlage.
Zusammengefasst: Blockchain-Plattformen und NFT-Modelle eröffnen völlig neue Formen von Beteiligungen, aber sie müssen sich letztlich an bewährte Rechtsprinzipien halten: Ist es ein Investment mit Gewinnerwartung, wird es wie ein Wertpapier/Investment behandelt werden müssen. Ist es primär ein Nutzungs-/Konsumgut, bleibt es außerhalb des strengen Finanzmarktrechts (allenfalls zivilrechtlich relevant, z.B. Kaufrecht, Urheberrecht). Unternehmen in diesem Bereich müssen daher sehr genau definieren und kommunizieren, was die Token/NFTs bedeuten. Oft sind hybride Ansätze sinnvoll: z.B. ein NFT gewährt Primärnutzung (Mitgliedschaft) und optional wird in Aussicht gestellt, dass bei Erfolg sekundär etwas raus springt – aber nicht garantiert. Diese Gratwanderung muss mit juristischer Beratung gestaltet werden, um nicht ungewollt in Regulierungsfallen zu geraten.
Finanzierungsmöglichkeiten: Crowdinvesting, STOs, Revenue Share vs. Eigenkapital
Nachdem die rechtlichen Grundlagen und branchenspezifischen Besonderheiten beleuchtet wurden, richtet sich der Blick nun auf die praktischen Finanzierungsformen, die Startups und Unternehmen heutzutage nutzen können. Insbesondere stehen Crowdinvesting, private Platzierungen und Security Token Offerings (STOs) im Fokus, ebenso wie der Vergleich zwischen umsatzbasierten Modellen und klassischer Eigenkapitalfinanzierung. Zudem gehen wir auf digitale Beteiligungsplattformen ein, die solche Finanzierungen erleichtern. Dieser Abschnitt soll aufzeigen, welche Optionen zur Kapitalaufnahme bestehen, welche Vor- und Nachteile sie mit sich bringen und welche rechtlichen Rahmenbedingungen jeweils gelten.
Crowdinvesting und private Platzierungen
Crowdinvesting (auch Equity Crowdfunding genannt) bezeichnet das Einsammeln von Kapital von einer Vielzahl an Kleinanlegern über Online-Plattformen. In Deutschland ist diese Finanzierungsform seit ca. 2012 verbreitet; etliche Startups (wie auch Immobilienprojekte, Energieprojekte etc.) haben so Kapital von der „Schwarmintelligenz“ erhalten. Rechtsformale wurden dabei meistens Vermögensanlagen eingesetzt, um unterhalb der Prospektschwelle zu bleiben. Wie oben erwähnt, erlaubt § 2a VermAnlG eine Prospektbefreiung für Schwarmfinanzierungen bis 6 Mio. € pro 12 Monate, wenn gewisse Bedingungen eingehalten werden (Einzelanlegerlimit, Informationsblatt, Warnhinweise etc.)【26†L426-L435】【26†L428-L436】. Die typische Struktur war: Ein Startup GmbH begibt ein partiarisches Nachrangdarlehen an Crowd-Investoren, Laufzeit z.B. 5-8 Jahre, mit gewinnabhängigem Zins oder Bonus im Exit-Fall. Die Crowdinvestoren haben damit einen Anspruch auf Zahlungen, aber kein Stimmrecht im Unternehmen, und im Insolvenzfall werden sie nach allen anderen Gläubigern bedient (Nachrangigkeit). Auf den Crowdinvesting-Plattformen (Seedmatch, Companisto, FunderNation etc.) wurden diese Verträge standardisiert angeboten.
Vorteile Crowdinvesting: Unternehmen können so Marketing und Finanzierung kombinieren – die Crowd fungiert als Multiplikator. Es müssen keine klassischen Sicherheiten oder hohen Renditeversprechen wie bei VC abgegeben werden; oft genügten erfolgsabhängige Komponenten. Die rechtliche Hürde ist dank VermAnlG-Ausnahme relativ niedrig, ein VIB (Vermögensanlagen-Informationsblatt) mit wenigen Seiten Information muss bei der BaFin hinterlegt werden, kein umfangreicher Prospekt. Dieser Prozess ist deutlich günstiger und schneller als ein Wertpapierprospekt.
Nachteile Crowdinvesting: Die Summe ist auf 6 Mio. begrenzt (früher 2,5 Mio., mittlerweile erhöht). Für größere Finanzierungsrunden ist das also nur ein Zusatz, kein Ersatz für institutionelles Kapital. Außerdem sind die Crowd-Investoren trotz fehlender Rechte wirtschaftlich Beteiligte, was künftige Investoren stören kann. Oft verlangen VCs, dass Crowdinvestoren im Exit-Fall nur eine feste maximale Rückzahlung bekommen (um nicht am großen Upside teilzuhaben), dafür aber im Downside komplett verlieren – also klassisches Mezzanine. In manchen Fällen wurden Crowdinvestoren bei Folgefinanzierung in echte Anteile getauscht (Debt-Equity-Swap), was aber schwierig zu koordinieren ist.
EU-Crowdfunding-Verordnung (ECSP-VO): Seit November 2021 gilt EU-weit die Verordnung 2020/1503 über europäische Schwarmfinanzierungsdienstleister. Sie schafft einen Lizenzrahmen für Crowdfunding-Plattformen, der es ihnen erlaubt, grenzüberschreitend Angebote bis 5 Mio. € pro Projekt/Unternehmen und Jahr durchzuführen. Einige deutsche Plattformen (z.B. Seedmatch/OneCrowd) haben diese Lizenz beantragt oder erhalten. Unter der ECSP-VO ist ein KIIS (Key Investment Information Sheet) zu erstellen, ähnlich dem VIB, und die Plattform wird reguliert (muss z.B. Geschäftsleiter fit&proper haben, Kundenmittel getrennt halten oder mit Payment-Provider zusammenarbeiten, etc.). Die Instrumente können hier entweder Wertpapiere oder bestimmte Vermögensanlagen („Schwarmfinanzierungsinstrumente“) sein. Das ermöglicht theoretisch auch Equity Crowdfunding mit echten Aktien oder tokenisierten Wertpapieren EU-weit ohne nationalen Prospekt, solange es über so eine lizensierte Plattform läuft. Diese Entwicklung dürfte Crowdinvesting noch attraktiver machen, weil die Reichweite EU-weit ist und auch Aktien/Anleihen handelbar gemacht werden könnten. Unternehmen können also künftig eine STO über eine Crowdfunding-Plattform abwickeln, was das Beste aus beiden Welten kombiniert: regulatorisch konformes Wertpapier, aber mit kleinerem Infodokument und großem Kreis kleiner Investoren.
Private Platzierung: Im Gegensatz zum öffentlichen Angebot (Crowd) steht die Private Platzierung an einen begrenzten, ausgewählten Investorenkreis. Juristisch verlässt man sich hier auf Prospektausnahmen gem. EU-Prospektverordnung: Angebot nur an qualifizierte Anleger, oder an <150 Personen pro Mitgliedstaat, oder Mindestanlagebetrag 100.000 € pro Investor, oder Wertpapiere ab 100.000 € Stückwert – all diese Fälle lösen keine Prospektpflicht aus (Art. 1(4) ProspektVO (EU) 2017/1129). Für Startups relevant ist insbesondere: Runden mit Angels und VCs gelten als private Platzierung, da man nur mit wenigen professionellen Investoren verhandelt. Da stellt sich gar nicht die Frage der öffentlichen Ansprache.
In Token-Zeitalter kann private Platzierung bedeuten: Ein Startup verkauft Token oder Rechte an z.B. 20 Angel-Investoren per SAFT (Simple Agreement for Future Tokens) – das wäre prospektfrei. Allerdings muss man aufpassen: Wenn diese Investoren dann nach kurzer Zeit die Token erhalten und frei handelbar machen, könnte argumentiert werden, dass de facto ein öffentlicher Vertrieb stattfand (die SEC in den USA verfolgt so Fälle, wo erst an VCs verkauft wurde und die dann gleich an Retail weitergaben, als Umgehung). In Europa ist diese Sequenz auch beobachtet worden. Rechtlich sollte zwischen Platzierung und Sekundärhandel ausreichend Zeit und Informationstransparenz liegen, sonst droht im Nachhinein doch Prospektpflicht wegen Umgehung.
Fazit zu Crowdinvesting vs. Private: Ein Unternehmen sollte je nach Zielen wählen: Will man breite Öffentlichkeitswirkung und viele kleine Unterstützer, dann Crowdinvesting – aber bereit sein, Infos offenzulegen und viele Investor-Beziehungen zu managen (zumindest Reporting). Will man schnell und vertraulich Kapital – dann Private Placement an ausgewählte Anleger, was aber möglicherweise nicht genug Kapital bringt, wenn das Netzwerk begrenzt ist. Oft kombinieren Unternehmen die Wege sequenziell: erst Crowd (für Proof of Concept und Fans), später VC (für Scaling). Hierbei muss im Vertrag sichergestellt sein, dass die Ansprüche der Crowd den VC nicht abschrecken (z.B. Nachrang oder Cap der Rückzahlung, wie erwähnt).
Security Token Offerings (STOs)
Die Security Token Offering (STO) war ein Buzzword besonders um 2018/2019, als Unternehmen versuchten, die Euphorie um ICOs in geregelte Bahnen zu lenken. Ein STO meint die Emission digitaler Wertpapiere (Equity Token, Debt Token etc.) mit regulatorischer Compliance, also Prospekt oder vergleichbaren Zulassungsdokumenten. In Deutschland war die erste offizielle STO z.B. die Bond-Emission der Bitbond GmbH 2019 – sie gaben eine tokenisierte Anleihe über 1 Jahr Laufzeit aus, mit BaFin-geprüftem Wertpapierprospekt. Danach folgten einige andere, oft im Immobilienbereich (digitale Anleihen über Plattformen wie Bitbond/STOKR etc.). Auch die erste STO-Aktie in Deutschland wurde 2020 realisiert (eine kleine AG aus Bayern, “Ziehl Industrie”, gab elektronische Aktien mit BaFin-Prospekt heraus).
Nutzen einer STO: Gegenüber klassischem Crowdinvesting (Vermögensanlagen) hat eine STO den Vorteil, dass echte Wertpapiere ausgegeben werden, die dem Investor Eigentums- oder Forderungsrechte gewähren, die klar gesetzlich verankert sind. Außerdem sind diese Wertpapiere oft übertragbar und können an Handelsplätzen notiert werden, was Liquidität schafft. Das unterscheidet sie vom üblichen Crowd-Mezzanine, das oft nicht handelbar war (höchstens via Plattform-internem Bulletin Board schwerfällig). Mit einem STO kann man also hoffen, dass Investoren eher bereit sind zu investieren, da sie im Zweifel vorzeitig aussteigen können am Sekundärmarkt. Für Unternehmen kann es auch reputationssteigernd sein: Ein BaFin-geprüfter Prospekt signalisiert Reife und Seriosität.
Aufwand und Kosten: Der große Nachteil sind die Kosten und Aufwände der Prospekterstellung. Ein Wertpapierprospekt ist hunderte Seiten stark, erfordert detaillierte Finanz- und Risikoangaben, juristische Prüfung, oft auch testierte Finanzdaten. Das kann je nach Komplexität 50.000 bis 200.000 Euro oder mehr an Beratungskosten verschlingen. Für ein Kleinstvolumen lohnt das kaum. Daher waren die ersten STOs entweder von Unternehmen, die diesen Aufwand stemmen konnten, oder sie nutzten alternative Pfade wie den Wertpapier-Informationsblatt (WIB) nach § 4 WpPG (früher mal möglich bis 8 Mio, aber das WIB wurde durch EU Crowdfunding Regime teils verdrängt). Deutschland hatte ja bis 2019 ein nationales Instrument, das sogenannte Drei-Seiten-Wertpapierinformationsblatt, für kleine Wertpapieremissionen bis 8 Mio €. Bitbond nutzte das 2019 (der Prospekt war 3 Seiten plus Anlagebedingungen), genehmigt von BaFin. Solche Erleichterungen existieren aber nur begrenzt – mit der EU Crowdfunding-Verordnung hat man ein ähnliches Werkzeug (KIIS) aber nur für lizensierte Plattformen.
Regulatorische Infrastruktur: Zum Durchführen einer STO braucht es auch Abwicklungspartner: Man benötigt ein Emissionsinstitut (wenn man es nicht selber als Lizenz innehat), einen Zahlungsweg, meist einen Dienstleister, der KYC/AML der Investoren übernimmt, ggf. eine Plattform zum Zeichnen. Einige FinTechs bieten STO-Services als Paket an (z.B. tokenize-it Dienstleister). In Deutschland hat sich ein kleines Ökosystem gebildet: Etwa die Plattform STOKR (Luxemburg) oder Tokentrust/LCX (Liechtenstein) haben länderübergreifend STOs organisiert. Banken hielten sich mangels Margen meist raus, aber in Zukunft können auch klassische Banken tokenisierte Wertpapiere anbieten (z.B. die Börse Stuttgart Digital Exchange – BSDEX – handelt Krypto, und Börse Frankfurt plant im Rahmen DLT Pilot Regime Marktplätze).
Investorenseite: Ein STO kann sich sowohl an Retail als auch an institutionelle Investoren richten. Bisher war eher Retail im Fokus, da Institutionelle problemlos traditionell investieren könnten. Ein Trend: Immobilien-STOs, wo Privatanleger ab 100€ in ein tokenisiertes Schuldverschreibungsprogramm für Immobilienprojekte investieren. Das hat die Lücke gefüllt, nachdem 2019 bis 2021 die Prospektbefreiung für Immobilien-Crowd-Darlehen ausgelaufen war und strengere VermAnlG-Vorgaben kamen.
Zukunft von STOs mit eWpG und MiCA: Wie schon in 1.2 und 2.1 erwähnt, macht die Kombination aus eWpG und MiCA/STV Crowdfunding es einfacher, STOs durchzuführen. Man kann nun auch Aktien tokenisieren, was z.B. Tech-Startups ermöglicht, direkt Anteile zu verkaufen (früher waren fast alle STOs Anleihen oder Genussrechte, weil Aktienverbriefung hinderlich war). Der Regulierungsrahmen (Pilot Regime etc.) ist in Bewegung, was in den nächsten Jahren wahrscheinlich reguläre Handelsplätze für tokenisierte Wertpapiere entstehen lässt. Damit könnten STOs wirklich Mainstream werden, als Alternative oder Ergänzung zum klassischen Börsengang bei kleinen Emissionen.
Risiken STO: Aktuell besteht das Risiko, dass eine STO zwar Tokens generiert, aber kein liquider Zweitmarkt existiert. Viele STO-Investoren der Pionierjahre saßen auf ihren Token ohne Käufer, weil die Handelsplätze fehlten oder nur geringe Umsätze hatten. Das schmälert den Erfolg, denn Liquidität war ja ein Versprechen. Unternehmen sollten daher realistisch sein, was sie ihren STO-Investoren zusichern: Evtl. vorab Kooperationspartner suchen (z.B. MTF, die Token listet) oder Rückkaufprogramme andenken.
In Summe sind STOs ein wichtiger Baustein moderner Finanzierung, allerdings (noch) mit hohem Fixaufwand. Sie lohnen sich insbesondere für mittelgroße Kapitalbedarfe (5-50 Mio), wo klassische Börsengänge unverhältnismäßig, aber Crowdinvesting zu klein wäre. Mit dem Voranschreiten der Digitalisierung im Wertpapierbereich könnte die Abgrenzung zwischen STO und traditionellem IPO ohnehin verschwimmen – es wird dann einfach ein öffentliches Angebot sein, bei dem das Wertpapier in digitaler Form ausgegeben wird.
Revenue Share-Modelle vs. Eigenkapitalfinanzierung
Revenue Share (umsatzbasiert) und Eigenkapital (anteilsbasiert) sind zwei grundlegend verschiedene Ansätze, um Investoren zu beteiligen – jeder mit spezifischen Vor- und Nachteilen.
Eigenkapitalfinanzierung: Hier investieren Geldgeber in Anteile am Unternehmen (Aktien oder GmbH-Anteile) und werden damit Miteigentümer. Ihr Renditepotenzial ist nach oben offen – sie profitieren proportional am Unternehmenswert, sei es durch spätere Gewinne (Dividenden) oder einen Verkauf/IPO (Wertzuwachs). Sie tragen aber auch das volle unternehmerische Risiko; bei Insolvenz ist das Investment meist verloren (nach Befriedigung aller Gläubiger bleibt oft nichts). Aus Unternehmenssicht bedeutet die Aufnahme von Eigenkapital Verlust von Anteilen und damit Einfluss. Die ursprünglichen Eigentümer werden verwässert und müssen ggfs. Mitsprache der neuen Gesellschafter akzeptieren (Board Seats etc.). Jedoch verlangt Eigenkapital keine laufenden Zahlungen – es entlastet die Liquidität, was gerade in der Wachstumsphase wichtig ist (keine festen Zins- oder Tilgungsbelastungen). Eigenkapital ist auch in Krisen stabiler, da Investoren keine sofortigen Ansprüche haben außer im Erfolgsfall. Deshalb bevorzugen schnell skalierende Startups typischerweise Equity-Finanzierungen (VC-Geld): Man kann mit dem Kapital aggressive Expansion finanzieren, ohne dass monatlich ein Schuldendienst drückt.
Revenue Share (umsatz- oder gewinnabhängige Beteiligung): Hier leihen Investoren dem Unternehmen Geld oder stellen es als Mezzanine zur Verfügung, und das Unternehmen verpflichtet sich, einen festgelegten Prozentsatz seines Umsatzes oder Gewinns über einen Zeitraum auszuzahlen. Häufig wird eine Deckelung vereinbart – z.B. endet die Zahlung, wenn das x-fache des Investments zurückgeflossen ist, oder nach einer gewissen Zeit. Der Investor erzielt rendite durch die laufenden Ausschüttungen; ein großer Exit später betrifft ihn nicht, es sei denn es wurde zusätzlich ein Bonus vereinbart. Seine Upside ist also begrenzt (er bekommt bspw. maximal 1,5x seines Einsatzes zurück), dafür ist der Weg zur Rendite kürzer (er muss nicht auf Verkauf warten, sondern bekommt ab dem ersten Umsatz anteilig Geld). Für das Unternehmen sind Revenue Shares eine Art variabler Schuldendienst: In starken Monaten zahlt man mehr, in schwachen weniger – besser als ein starrer Zins-/Tilgungsplan. Und crucial: Es wird keine Eigentum abgegeben, die Gründer behalten alle Anteile, somit keine Mitspracherechte für Geldgeber, keine Verwässerung. Das kann insbesondere dann attraktiv sein, wenn Gründer eigenständig bleiben wollen oder die Unternehmensbewertung (Valuation) aktuell ungünstig wäre und man ungern zu billig Anteile hergibt.
Wann eignet sich was? Das hängt vom Geschäftsmodell und der Phase ab:
- Junges, risikoreiches Startup mit hohem Wachstumspotential aber unsicherem Cashflow: Hier tendiert man zu Eigenkapital. Kein Investor würde ein reines Startup ohne Umsatz über Revenue Share finanzieren können, da es ja noch keinen Umsatz zum Teilen gibt. Und selbst wenn man Gewinn- oder Exitbeteiligung via Darlehen vereinbart, wäre das Verleugnung – das ist dann Equity in verkappt. VC-Investoren wollen auch meist echte Anteile, da nur so im Erfolgsfall der große Mehrwert winkt.
- Etablierteres Unternehmen mit planbarem Cashflow: Revenue Share kann hier ideal sein. Beispiel: Ein Unternehmen ist profitabel, braucht aber Kapital für Erweiterung. Es möchte keine Aktien ausgeben (vielleicht kein Markt dafür, oder Eigentümer wollen Kontrolle behalten). Es kann Investoren eine Beteiligung an künftigen Umsätzen anbieten, womit diese quasi wie befristete stille Teilhaber agieren. Das Unternehmen behält nach Ablauf wieder den vollen Gewinn. Solche Modelle sieht man z.B. bei Mittelstandsfinanzierung, Entertainment-Finanzierung (Film-/Musikproduktionen finanzieren sich oft über partiarische Darlehen, wo Anleger aus Verwertungserlösen bedient werden).
- Branche: SaaS, wie besprochen, kann RBF gut nutzen. Ein Biotech-Startup hingegen, das erst ein Medikament entwickeln muss (jahrelang kein Umsatz), kann nur mit Equity finanziert werden.
- Investorentyp: Klassische VCs wollen Equity. Hingegen Family Offices oder spezialisierte RBF-Fonds finden Revenue Share interessant, da es planbarer und risikoärmer ist (kein Totalverlust, wenn das Unternehmen zumindest moderat Umsätze macht, fließt etwas; und man ist nicht auf Hypebewertung angewiesen). Retail-Anleger lassen sich über Crowdfunding oft eher auf fest umrissene Deals ein („10% vom Umsatz für 3 Jahre“ klingt greifbarer als „X% Unternehmensanteil, unbekannt wann und wie Exit“).
Juristische Umsetzung: Ein Revenue Share wird formal meist als Darlehen mit gewinnabhängiger Vergütung oder als atypisch stille Beteiligung umgesetzt. Aus regulatorischer Sicht ist es damit in der Regel eine Vermögensanlage. Bei Eigenkapital muss man entweder die Gesellschafter aufnehmen (bei GmbH mit Notar, bei AG eventuell via Kapitalerhöhung und Prospekt, falls öffentlich) – aufwendiger. Aber Eigenkapital kann eben auch über Venture Deals fließen ohne Prospekt, da private.
Hybridmodelle: Es gibt auch Kombinationen: z.B. Convertible Loans (Wandeldarlehen). Das startet wie ein Darlehen (teils mit Zins oder Anteil am Erfolg) und wandelt später in Equity um, meist zu einer Discount-Bewertung bei nächster Runde. Viele Startups nutzen das, um Pre-Seed zu finanzieren, da man Bewertung vertagen kann. Das Wandeldarlehen kann man als bridging instrument sehen –### … der Beitrag wird im nächsten Teil fortgesetzt (Abschnitte 5-7 folgen im zweiten Teil dieser Publikation).
Rechtsprechung, BaFin-Praxis und europäische Regulierung
Die rechtliche Zulässigkeit alternativer Finanzierungsmodelle – insbesondere rund um tokenisierte Instrumente, Revenue-Share-Konstruktionen oder atypische stille Beteiligungen – ist in Deutschland und der Europäischen Union nicht allein durch Gesetze wie KWG, WpHG, VermAnlG oder eWpG geprägt, sondern auch durch die Anwendung und Auslegung dieser Gesetze durch Behörden und Gerichte. Maßgeblich ist hier die Verwaltungspraxis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) sowie im weiteren Sinne der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA). Parallel haben sich in den letzten Jahren erste Gerichtsentscheidungen zur Einordnung von Kryptowährungen, Security Token und ähnlichen Gestaltungen entwickelt. Einigkeit besteht weitgehend darin, dass bei Vorliegen von vermögensrechtlichen Interessen, insbesondere Renditeerwartungen, rasch aufsichtsrechtliche oder zumindest vermögensanlagenrechtliche Vorschriften greifen.
Entwicklung der BaFin-Praxis
Die BaFin hat früh klargestellt, dass der rechtliche Charakter eines Tokens oder Modells nach dem Grundsatz „Substance over Form“ zu bestimmen ist. Sobald ein Token dem Wesen nach ein Wertpapier oder eine Vermögensanlage darstellt, finden die entsprechenden Vorschriften Anwendung. Hierbei kommt es auf zwei zentrale Fragen an:
- Hat der Token (oder die Beteiligung) einen eigenständigen Vermögenswert, der am Markt handelbar ist?
Sobald ein Recht auf Gewinnbeteiligung, Zinsen, Erträge oder Rückzahlung mit dem Token verbrieft ist und der Token frei handelbar ausgestaltet wird, wird er regelmäßig als Wertpapier oder Vermögensanlage im aufsichtsrechtlichen Sinne betrachtet. Die BaFin legt das Kriterium der freien Handelbarkeit relativ weit aus. Bereits die digitale Übertragbarkeit an Dritte kann – je nach Vertrag – als Handelbarkeit eingestuft werden. - Dient der Token – aus Sicht der Emittentenkommunikation – vorwiegend der Kapitalaufnahme oder Finanzierung?
Ist die Finanzierungsfunktion im Vordergrund, geht die BaFin davon aus, dass der Token in den Anwendungsbereich der Finanzmarktgesetze fällt. Trotz anderslautender Bezeichnungen (z. B. „Utility Token“) kann also eine aufsichtliche Einstufung als Investment erfolgen, wenn die Kommunikation am Markt den Eindruck eines renditeorientierten Angebots erweckt oder der tatsächliche Einsatz des Tokens für die Plattform lediglich nebensächlich ist.
Aufgrund dieser weiten Auslegung stoßen Startups häufig an die Erlaubnispflicht, sobald sie ein öffentliches Angebot von Tokens machen, die finanzielle Gegenwerte oder Beteiligungsrechte verkörpern. Mit der MiCA-Verordnung werden in Zukunft Unionseinheitlichkeit und bestimmte Schwellenwerte etabliert, die z. B. vorschreiben, ab welchem Emissionsvolumen oder welchem Charakter (Utility, E-Geld-Token, wertreferenzierter Token) strengere Anforderungen greifen.
In Bezug auf Revenue-Share-Modelle lässt sich beobachten, dass die BaFin diese grundsätzlich als partiarische Darlehen oder stille Beteiligungen einstuft, wenn die Dokumentation auf eine Beteiligung an Erlösen oder Gewinnen hinweist. Für das öffentliche Angebot bestehen dann Regelungen nach dem Vermögensanlagengesetz, wonach unter bestimmten Grenzen ein vereinfachtes Informationsblatt genügt. Überschreitet man jedoch Schwellenwerte oder werden tokenisierte Formen gewählt, die einer klassischen Kapitalmarktgestaltung ähneln, kann die BaFin das Modell als Wertpapier definieren. In solchen Fällen gilt das Wertpapierprospektrecht.
Relevante Urteile deutscher Gerichte
Obwohl die Blockchain-Thematik noch verhältnismäßig jung ist, haben deutsche Gerichte in Einzelfällen bereits entschieden, dass je nach Ausgestaltung Krypto-Token entweder als Rechnungseinheit, Kryptowert, Wertpapier oder Vermögensanlage einzustufen sind. Im Kern wird immer die Substanz betrachtet: Handelt es sich tatsächlich um ein Instrument, das einem klassischen Wertpapier nahekommt, oder liegt eine reine Sachnutzung vor?
Zudem haben Gerichte hervorgehoben, dass bereits die Anpreisung als Investment eine Rolle spielt. Wenn z. B. ein Emittent öffentlich wirbt, dass mit dem Token hohe Gewinne oder Renditen erzielt werden sollen, kann dies – unabhängig von der technischen Struktur – die Anwendung der Finanzmarktregularien auslösen. Das deckt sich mit der Verwaltungspraxis der BaFin: Wer Investoren gewinnen möchte, muss sich dem Kapitalmarktrecht stellen.
Ein weiteres Thema in der Rechtsprechung ist der Anlegerschutz. Sobald Anleger in größerer Zahl, vor allem Privatanleger, Kapital investieren, legt die Rechtsprechung Maßstäbe an die Aufklärung und Risikodarstellung an. Die Gerichte betonen hier, dass die grenzüberschreitende Natur digitaler Angebote nicht dazu führt, dass das deutsche Kapitalmarktrecht ausgehöhlt wird. Vielmehr muss ein Anbieter, der bewusst deutsche Anleger anspricht, mit den hiesigen Vorschriften rechnen.
Europäische Regulierung: MiCA, Pilot Regime und Ausblick
Auf europäischer Ebene kamen in den letzten Jahren mehrere Initiativen in Gang, die das Rechtsumfeld für digitale Finanzinstrumente verändern:
- Markets in Crypto-Assets (MiCA): Schafft erstmals eine einheitliche EU-weite Regulierung für sämtliche Krypto-Assets, die nicht bereits als reguliertes Wertpapier eingestuft sind. Künftig ist für öffentliche Angebote von Utility-Token ein Whitepaper notwendig, das grundlegende Informationen enthält. Wertreferenzierte Tokens und E-Geld-Tokens (Stablecoins) unterliegen zusätzlichen Kapital- und Zulassungsanforderungen. Damit werden in Zukunft unregulierte ICOs in Europa nicht mehr ohne weiteres möglich sein. Wer z. B. einen Revenue-Token als schlichten Utility-Token deklariert, muss beweisen, dass damit keine kapitalmarktähnliche Funktion verbunden ist.
- DLT Pilot Regime: Dieses EU-Regime eröffnet Börsen und Handelsplattformen die Möglichkeit, Wertpapiere (Aktien, Anleihen, Fonds) testweise über Distributed-Ledger-Technologie zu handeln. Die Regularien erlauben Ausnahmeregelungen vom klassischen Zentralverwahrersystem, sofern bestimmte Bedingungen erfüllt sind. Das Pilot Regime fördert somit die Etablierung kleinerer Börsen, die Security Token listen können, was die Liquidität für STOs erhöhen dürfte.
- Zukünftige Gesetzgebungen für DeFi und NFT: Obwohl MiCA NFTs nur am Rande anspricht, ist absehbar, dass die EU-Kommission bei zunehmender Verbreitung von NFT-basierten Investmentmodellen weitere Vorschriften erlassen wird. Ähnlich sieht es bei DeFi-Strukturen aus: Hier denkt man auf europäischer Ebene über weitere Regulierungsmechanismen nach, um Compliance und Verbraucherschutz zu stärken.
Ein wesentlicher Aspekt bei all diesen Initiativen ist, dass Technologieoffenheit proklamiert wird, aber gleichzeitig die Einhaltung bekannter Schutzziele (Anlegerschutz, Marktintegrität, Geldwäscheprävention) im Mittelpunkt steht. Aus Sicht von Startups bedeutet das, dass zwar neue Möglichkeiten für digitale Geschäftsmodelle entstehen, man sich aber zwingend mit Lizenzfragen, Erlaubnispflichten und Dokumentationsanforderungen auseinandersetzen muss. Europa bietet keinen blanketten Freiraum für Krypto-Projekte, sondern versucht, sie in bestehende Strukturen des Kapitalmarktrechts zu integrieren.
Ist Europa hinderlich oder chancenreich?
Gerade im Bereich alternativer Finanzierungen wird häufig gefragt, ob Europa nicht zu streng reguliert ist und Startups deshalb abwandern. Unbestritten sind die Hürden in Europa tendenziell höher als in manchen außereuropäischen Staaten. Gleichzeitig ermöglicht das EU-Recht mit MiCA, Crowdfunding-Verordnung und Pilot Regime durchaus innovative Lösungen.
Der springende Punkt ist die Marktgröße: Wer in Europa mit einem konformen Modell antritt, kann einen Binnenmarkt von über 400 Millionen Menschen ansprechen und EU-Passporting nutzen. Beispielsweise kann ein Startup, das in Estland eine Krypto-Dienstleistungslizenz erwirbt, sein Angebot unter Einhaltung von MiCA europaweit anbieten. Eine zu niedrige Regulierung hätte zwar kurzfristig Attraktivität für spekulative Projekte, würde aber zu Problemen mit Geldwäsche und Betrug führen, wie man es in anderen Teilen der Welt gesehen hat. Viele professionelle Investoren schätzen einen regulierten Rahmen, weil er Rechtssicherheit schafft. Daher hängt es von der Strategie des Unternehmens ab: Wer schnell und unreguliert an Privatanleger herantreten will, empfindet die europäischen Vorgaben sicher als „hinderlich“. Wer auf Dauer seriös und europaweit agieren möchte, findet in der EU inzwischen einen klareren und zunehmend einheitlichen Rahmen als noch vor wenigen Jahren.
Aktuelle Marktentwicklung: Kryptowinter, Altcoins und Regulierungsklima
Die Attraktivität digitaler Finanzierungsmodelle ist in den letzten Jahren stark von den Kursen und Stimmungen auf dem Kryptomarkt beeinflusst worden. Nach dem Hype um Initial Coin Offerings (ICOs) kam die Ernüchterung mit dem sogenannten „Kryptowinter“. Viele Altcoins verloren erheblich an Wert, und die Kauflaune institutioneller wie privater Investoren kühlte merklich ab. Doch die Marktentwicklung ist dynamisch, und inzwischen stellt sich die Frage, ob sich die Lage wieder aufhellt oder ob weiterhin Skepsis bei Investoren vorherrscht.
Rückblick: ICO-Boom und darauf folgender Einbruch
In den Jahren um 2017 bis 2018 verzeichneten ICOs ein exponentielles Wachstum. Startups rund um den Globus sammelten Milliardenbeträge ein, teilweise ohne großen Substanznachweis. Die Euphorie endete schlagartig, als viele Projekte scheiterten oder die versprochenen Plattformen nicht lieferten. Die Kurse stürzten ab, und eine Vielzahl von Tokens verlor binnen kurzer Zeit über 90 % ihres Marktwertes. Dies hinterließ bei Anlegern ein Gefühl der Ernüchterung. Infolgedessen stieg der Ruf nach Regulierung: Da sich viele Anleger getäuscht oder unzureichend informiert fühlten, waren nationale Aufsichtsbehörden und der Gesetzgeber gefordert, klarere Regeln zu schaffen. Diese Zeit wird rückblickend oft als Beginn des „Kryptowinters“ bezeichnet.
Wiederbelebung durch DeFi und NFT-Hype
Nach der Tiefphase kam ab 2020 neue Bewegung in den Markt. Decentralized Finance (DeFi) brachte viele neue Protokolle hervor (dezentrale Kreditvergabe, dezentrale Börsen, Yield Farming), die wiederum Token ausgaben. Später sorgte der NFT-Hype 2021 für eine spekulative Preisrally bei digitalen Sammlerstücken. Investoren strömten zurück in den Kryptosektor, allerdings mit der Erkenntnis, dass reine Spekulationsprojekte längerfristig kaum Bestand haben. Dieser Boom brachte dem Markt frische Liquidität, rückte aber auch erneut dubiose Token-Projekte in den Vordergrund. Als dann globale Krisen wie inflationäre Tendenzen und geopolitische Unsicherheiten zunahmen, kam es ab 2022 zu einem massiven Wertverfall bei vielen Kryptoassets. Wiederum wurden von Medien die Begriffe „Kryptowinter“ und „Crash“ bemüht.
Ist der Kryptowinter vorbei?
Ob der Kryptowinter bereits vorbei ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab:
- Regulatorische Klarheit: Mit MiCA und anderen Gesetzen erhalten Projekte mehr Planungs- und Rechtssicherheit. Dies kann Investoren motivieren, wieder in seriös aufgebaute Token-Angebote zu investieren.
- Macro-Economic Environment: Steigende Zinsen weltweit haben die Risikobereitschaft vieler Kapitalgeber gesenkt. Junge, spekulative Unternehmen – dazu zählen auch Blockchain-Projekte – haben es schwerer, Geld einzusammeln. Eine nachhaltige Marktbelebung setzt häufig stabile globale Wirtschaftsbedingungen voraus.
- Technologische Weiterentwicklung: Viele altbekannte Blockchains stehen vor Skalierungs- und Nachhaltigkeitsfragen. Fortschrittliche Layer-2-Technologien oder neue konsensbasierte Netzwerke bemühen sich, die Scalability- und Energieprobleme anzugehen. Gelingt dies, steigt das langfristige Vertrauen in die Technologie.
- Use-Cases jenseits von Spekulation: Der Markt wird sich dort erholen, wo echte Anwendungsfälle bestehen. Projekte, die echten Mehrwert liefern, etwa in Form von effizienter digitaler Rechteverwaltung, sicheren Smart Contracts oder hohen Nutzerzahlen, finden tendenziell leichter Investoren. Reine Meme-Coins oder unklare „Utility Token“ ohne Substanz bleiben hingegen mit stark schwankenden Kursen behaftet.
Insgesamt lässt sich sagen: Es gibt seit 2023 wieder mehr positive Entwicklungen, etwa institutionelle Fonds, die selektiv in Krypto-Assets einsteigen, oder internationale Konzerne, die Blockchain-Technologien in Supply Chain und Finanztransaktionen erproben. Jedoch ist der Markt weit von dem spekulativen Überschwang vergangener Jahre entfernt. Ein gemäßigtes, nachhaltiges Wachstum könnte für rechtssichere Finanzierungsformen sogar günstiger sein als ein kurzfristiger Hype.
Bedeutung für Altcoins
Altcoins, also alternative Kryptowährungen jenseits der bekannten Vorreiter, stehen vor großen Herausforderungen. Viele Altcoins haben keinen klaren Nutzen und kämpfen mit ausbleibender Nachfrage. Das Überangebot an Projekten und Token hat in den letzten Jahren zu einer Übersättigung geführt. Nur wenige Projekte schaffen es, ihren Coin in ein funktionierendes Ökosystem einzubinden und dauerhaften Mehrwert zu generieren.
Für neue Startups mit Token-Idee bedeutet das: Ein neues Utility-Token, das keinen unique selling point hat oder de facto nur als Spekulationsobjekt dient, wird schwerlich Investoren begeistern. Der Markt erwartet überzeugende Argumente für einen Token – idealerweise gekoppelt an ein deutlich erkennbares Geschäftsmodell mit nachhaltigen Einnahmequellen. Unternehmen, die hier nicht ein schlüssiges Konzept vorlegen, riskieren, in der Masse unterzugehen.
Fazit zur Marktsituation
Unternehmen, die alternative Finanzierungen via Tokenisierung, Revenue Share oder digitale Beteiligungen planen, sollten die aktuelle Marktdynamik realistisch einschätzen. Das Investoreninteresse an Substanz ist hoch, während reine Spekulationsfaktoren deutlich an Reiz verloren haben. Gerade institutionelle Kapitalgeber und seriöse Private-Equity- oder Family-Office-Fonds achten mittlerweile sehr genau auf den regulatorischen Status und die technische Umsetzbarkeit.
Wer sich gut aufstellt, juristisch konform agiert und einen Token oder Beteiligung mit echtem Nutzwert herausgibt, kann trotz oder gerade wegen des nachwirkenden Kryptowinters auf fundierte Nachfrage treffen. Als Faustregel gilt: Transparenz, Compliance, ein realer Nutzen und gute Kommunikation sind entscheidend, um in diesem Umfeld zu bestehen.
Strategische Überlegungen für Startups: Wann Investoren ansprechen? Vorteile und Risiken
Insbesondere in Wachstumsphasen stellt sich für Startups und junge Unternehmen die Frage, wann und wie externe Investoren eingebunden werden sollten – und ob man auf klassische Beteiligungen setzt oder auf innovative Finanzierungswege. Die Entscheidung hängt von zahlreichen Faktoren ab, darunter Geschäftsmodell, Kapitalbedarf, Risikoprofil und Expansionsstrategie. Gleichzeitig sollte stets geprüft werden, welche regulatorischen und vertraglichen Rahmenbedingungen gelten.
Timing für eine externe Kapitalaufnahme
Der richtige Zeitpunkt für das Ansprechen von Investoren variiert. In aller Regel muss zunächst der Product-Market-Fit oder zumindest ein klarer Proof of Concept gegeben sein. Frühe Finanzierungen (Pre-Seed, Seed) erfolgen häufig über Familie, Freunde, Business Angels oder Gründerkredite. Erst wenn ein Startup eine gewisse Marktresonanz nachweisen kann, wird der Kreis potenzieller Kapitalgeber größer.
- Vorgründungsphase (Ideenstadium): Investoren einbinden ist hier schwierig und in den meisten Fällen kaum sinnvoll, da die Unternehmensbewertung sehr niedrig ausfällt und man bei zu früher Eigenkapitalabgabe überproportional verwässert werden kann. Allenfalls partiarische Darlehen von nahestehenden Förderern könnten in Frage kommen.
- Frühe Wachstumsphase (Seed bis Serie A): Typischerweise steigt hier ein erster institutioneller VC-Fonds ein, wenn das Produkt am Markt platziert ist und erste Umsätze oder Nutzerzahlen vorliegen. Auch Crowdinvesting kann hier sinnvoll sein, wenn ein starker Community-Bezug besteht. Alternativ können Revenue-Share- oder tokenbasierte Finanzierungen interessant sein, sofern sich das Geschäftsmodell gut tokenisieren lässt und eine ausreichende Nutzerschaft vorhanden ist.
- Spätere Wachstumsphasen (Serie B, C und aufwärts): Das Unternehmen weist substanzielle Umsätze und Skalierbarkeit auf. Hier steht die Tür zu professionellem Beteiligungskapital offen. Tokenisierte Anteile können als ergänzende Variante dienen, sofern Transparenz, Governance und Liquidität gewährleistet sind. Klassische Private Placements ohne Prospekt kommen ebenso in Frage, wenn man mit einem begrenzten Kreis größerer Investoren spricht.
- Pre-Exit-Phase: Manche Unternehmen erwägen ein Börsenlisting oder einen großen Verkauf. Eine STO (Security Token Offering) könnte als Zwischenschritt zur Kapitalerhöhung genutzt werden, um den Unternehmenswert zu steigern und mehr Sichtbarkeit zu gewinnen.
Vor- und Nachteile verschiedener Investorentypen
- Crowd-Investoren:
- Vorteil: Marketingeffekt, großes Engagement der Community, verhältnismäßig geringe Governance-Einmischung.
- Nachteil: Häufig begrenzte Gesamtvolumen (bis maximal 5–6 Mio. Euro über Crowdfunding-Plattformen), ein größerer Verwaltungsaufwand bei vielen Kleinanlegern (Reporting, Ausschüttungsprozesse, Informationspflichten).
- VC-Fonds:
- Vorteil: Größere Tickets, Know-how, Netzwerke, mögliche Anschlussfinanzierungen.
- Nachteil: Relativ starker Einfluss auf die Unternehmenspolitik, Mitspracherechte in Form von Board Seats, Verwässerung der Gründeranteile.
- Business Angels:
- Vorteil: Häufig großes persönliches Engagement, Branchenkontakte, schnelle Entscheidungswege.
- Nachteil: Oft nur begrenztes Kapital, starke Abhängigkeit von einer einzelnen Person.
- Private-Equity-/Family-Offices:
- Vorteil: In fortgeschrittenen Phasen können hohe Summen bereitgestellt werden, häufig mit einem Langzeithorizont.
- Nachteil: Mitunter konservative Anforderungen an Transparenz und Rendite, längere Prüfungsprozesse.
- Token-Investoren (Krypto-Community):
- Vorteil: Rascher Marktzugang, weltweit verteilte Kleinanleger, Technologieaffinität.
- Nachteil: Starke Volatilität, teils unübersichtliche Investorengruppen, aufsichtsrechtlich hoher Absicherungsaufwand, insbesondere wenn man den Token öffentlich anbieten möchte.
Chancen und Risiken alternativer Finanzierungen
Chancen:
- Schneller Kapitalzugang: Gerade tokenbasierte Modelle können, wenn sie gut vorbereitet sind, in kurzer Zeit erhebliche Mittel mobilisieren.
- Zielgruppenansprache: Ein Revenue-Share oder Token-Angebot kann gezielt Fans, Nutzer oder Kunden ansprechen und so zugleich eine starke Community binden.
- Strukturelle Flexibilität: Atypische stille Beteiligungen, partiarische Darlehen oder tokenisierte Anleihen lassen sich sehr individuell ausgestalten, ohne sofort Anteile an der Gesellschaft übertragen zu müssen.
- Internationalisierung: Durch EU-Recht (MiCA, Pilot Regime) und potenzielles Passporting können Startups relativ schnell europäische Märkte erschließen, sofern die aufsichtsrechtlichen Vorgaben erfüllt sind.
Risiken:
- Hohe regulatorische Anforderungen: Schon bei relativ kleinen Emissionsvolumina können Prospekt- oder Informationspflichten greifen. Wer diese Pflichten unterschätzt, geht erhebliche Haftungsrisiken ein.
- Komplexe Investor-Strukturen: Hat man hunderte Kleininvestoren oder Tokenholder, braucht man ein starkes Investor-Relation-Management. Außerdem können spätere VCs misstrauisch sein, wenn bereits viele stille Teilhaber oder Token-Inhaber Ansprüche geltend machen.
- Volatilität und Marktrisiko: Bei tokenisierten Angeboten hängen Marktinteresse und Preisbildung stark von Krypto-Trends ab, die das Unternehmen selbst nur bedingt beeinflussen kann. Eine negative Marktlage kann die Finanzierung blockieren oder Investoren irritieren.
- Mögliche Reputationsschäden: Scheitert ein tokenisiertes Vorhaben oder gerät man in Konflikt mit Aufsichtsbehörden, kann dies das Unternehmen langfristig belasten.
Growth-Hacking und rechtliche Aspekte
Viele Startups wollen Growth-Hacking-Methoden einsetzen, um mit begrenzten Mitteln großes Wachstum zu erzielen. Alternative Finanzierungen können ein wichtiger Katalysator sein, aber nur, wenn man sich im Rahmen der Gesetzgebung bewegt. Das Versprechen übermäßig hoher Renditen oder das aggressive Werben ohne Warnhinweise kann zu Unterlassungs- und Bußgeldansprüchen führen. Zudem unterliegt man bei öffentlichen Angeboten strengen Regeln zur Finanzwerbung (kein irreführendes Marketing, klare Darstellung der Risiken).
Gerade im Kryptobereich waren anfangs spektakuläre Marketingkampagnen üblich, die große Kursphantasien schürten. Heute muss man jedoch ein Whitepaper bei der BaFin anzeigen oder sogar genehmigen lassen (MiCA-Vorschriften) und darf keine irreführenden Versprechungen machen. Auch wenn Growth-Hacking-Methoden wie Social-Media-Kampagnen, Influencer-Marketing oder Referral-Programme weiterhin sehr effektiv sein können, sollte man die Grenzen zwischen legitimer Werbung und unzulässigem Wertpapiervertrieb stets im Blick behalten. Bereits das Posten auf Social Media, das sich an eine unbestimmte Vielzahl von Personen richtet, kann ein öffentliches Angebot im Sinne des VermAnlG oder WpHG auslösen, wenn die tatsächliche Einwerbung von Kapital intendiert ist.
Empfehlungen für eine erfolgreiche Umsetzung
- Frühzeitige Rechtsberatung: Bevor ein alternatives Finanzierungsmodell öffentlich angekündigt wird, sollten Fachleute (Rechtsanwälte, Steuerberater, Aufsichtsrechtsexperten) einbezogen werden. Nur so lassen sich Konflikte mit BaFin und anderen Behörden verhindern.
- Klare Strukturierung: Ob atypisch stille Gesellschaft, partiarisches Darlehen, tokenisiertes Wertpapier oder Crowdfunding – die gewählte Konstruktion sollte vertraglich sauber ausgearbeitet sein. Alle relevanten Aspekte wie Rangstellung der Ansprüche, Laufzeit, Zins- oder Gewinnbeteiligung müssen klar geregelt werden.
- Realistisches Marketing: Bei aller Euphorie für das eigene Projekt sollten Versprechungen realistisch bleiben. Überzogene Erwartungen führen zu Haftungsrisiken und Reputationsverlust.
- Solides Reporting: Investoren schätzen Transparenz. Regelmäßige Reportings, Kennzahlen und Roadmaps schaffen Vertrauen und erleichtern spätere Finanzierungsrunden.
- Projektion in die nächste Wachstumsphase: Jede Kapitalaufnahme sollte mit Blick auf Folgefinanzierungen erfolgen. Was passiert, wenn ein Jahr nach dem Crowdinvesting eine große VC-Runde ansteht? Wie integriert man Token-Inhaber in eine Gesellschafterstruktur? Eine vorausschauende Planung erspart kostspielige Umstrukturierungen.
Fazit und Ausblick
Alternative Finanzierungsmodelle wie Revenue Share, Tokenisierung und digitale Beteiligungen haben sich aus Nischeninnovationen zu ernstzunehmenden Werkzeugen für Unternehmen und Gründer entwickelt. Moderne Technologien, insbesondere die Blockchain, eröffnen ganz neue Möglichkeiten, Investoren zu beteiligen und Kapital zu mobilisieren. Zugleich führt die steigende Regulierung – national und auf EU-Ebene – zu mehr Rechtssicherheit, aber auch höheren Compliance-Anforderungen.
Rechtsrahmen: In Deutschland greifen verschiedene Gesetze und Verordnungen (KWG, WpHG, VermAnlG, eWpG), deren Anwendung stark von der wirtschaftlichen Funktion der Beteiligung abhängt. Tokenisierte Instrumente können rasch in den Geltungsbereich des Wertpapier- oder Bankenaufsichtsrechts fallen. Auf EU-Ebene wird die MiCA-Verordnung die Krypto-Asset-Landschaft grundlegend neu strukturieren und perspektivisch den Flickenteppich nationaler Regelungen harmonisieren. Wer als Startup und Unternehmer diesen Weg gehen möchte, muss sich bewusst sein, dass technologische Neuerungen nicht von den traditionellen Schutzinstrumenten befreien: Anlegerschutz und Marktintegrität bleiben zentrale Leitmotive.
Gestaltung: Rechtsformen wie GmbH, AG oder entsprechende Pendants im Baltikum (SIA, OÜ) lassen sich – teils kombiniert mit Token-Strukturen – flexibel für digitale Finanzierungsprojekte nutzen. Die Wahl der geeigneten Form und die Klärung der Aufsichtsfragen sind entscheidend. Insbesondere die Token-AG in Deutschland kann durch das eWpG an Attraktivität gewinnen, da Aktien digital ausgegeben und übertragbar werden.
Branchen: Egal ob FinTech/DeFi, Creator Economy, SaaS oder Blockchain-Plattformen – in jedem Anwendungsfall stellt sich die Frage, ob eine digital-tokenisierte Kapitalaufnahme mehr Nutzen als Aufwand bringt. Gerade für Unternehmen, die eine starke Community haben oder planbare Cashflows (z. B. SaaS-Umsätze) vorweisen können, bieten digitale Erlös- oder Gewinnbeteiligungen mitunter eine attraktive Alternative zu klassischem Wagniskapital.
Marktentwicklung: Die zeitweilige Abkühlung („Kryptowinter“) hat den Markt gesäubert und das Bewusstsein geschärft, dass ohne Substanz kein langfristiger Erfolg möglich ist. Aufsichtsrechtliche Klarstellungen und ein zunehmendes Angebot seriöser Token-Marktplätze legen den Grundstein für den nächsten Innovationsschub. Altcoins ohne Nutzen werden vermutlich weiter in der Bedeutungslosigkeit verschwinden, während echte Mehrwert-Projekte wachsen können.
Strategie für Gründer: Es empfiehlt sich, das Finanzierungsvorhaben eingehend zu planen und alle relevanten Fragen – darunter Regulierung, Investorenstruktur, steuerliche Behandlung und Haftung – sorgfältig abzuklären. Dabei kann es ratsam sein, auf professionelle Beratung zurückzugreifen, um Verträge wasserdicht zu gestalten und die passende Rechtsform zu wählen. Ob und wann man externe Investoren ins Boot holt, hängt stark vom Reifegrad und der Vision des Unternehmens ab.
Wer vorschnell ohne gründliche Prüfung in den Token-Markt einsteigt oder unklare Revenue-Share-Konzepte anbietet, läuft Gefahr, entweder aufsichtsrechtlich gestoppt zu werden oder Investoren zu enttäuschen. Demgegenüber können gut geplante und seriös umgesetzte Projekte ihren Kapitalbedarf decken und gleichzeitig neue Kunden, Fans oder Community-Mitglieder ins Unternehmen integrieren – ein wesentlicher Erfolgsfaktor im digitalen Zeitalter.
Insgesamt lässt sich sagen, dass alternative Finanzierungen und Tokenisierungen in Europa mittlerweile auf einem professionellen Niveau angekommen sind. Zwar verbleiben komplexe Anforderungen, doch sie sorgen für eine solide Grundlage, von der aus Startups und Wachstumsunternehmen ihre Visionen verwirklichen können. Wer diesen Weg beschreitet und sowohl die juristische als auch betriebswirtschaftliche Seite sauber vorbereitet, kann sich einen Vorsprung sichern – in der Finanzierung, bei der Akquise neuer Partner und nicht zuletzt im Aufbau einer treuen Anhängerschaft, die den unternehmerischen Erfolg mitträgt.