Gestern bin ich auf ein interessantes Urteil des Obersten Gerichtshof in Wien gestolpert. Dieser hat – für Österreich – abschließend entschieden, dass eine E-Mail, die im Spam-Ordner des Empfängers einsortiert wird, als zugestellt gilt und daher gegen den Empfänger wirken kann.
“Allgemein reicht es aus, wenn eine Willenserklärung in den Machtbereich des Adressaten gelangt ist, selbst wenn sie dieser persönlich nicht erhalten hat; es genügt, dass der Adressat die Möglichkeit hatte, die Erklärung zur Kenntnis zu nehmen.”
Nun ist das Urteil natürlich nicht auf Deutschland direkt anwendbar, außer im Verhältnis zwischen einem Österreicher und einem Deutschen würde, beispielsweise durch die ROM I – Verordnung oder die ROM II- Verordnung, österreichisches Recht anzuwenden sein. Allerdings ist die rechtliche Situation in Deutschland kaum anders zu beurteilen. Hat man in Deutschland, sei es im Geschäftsverkehr, oder als Verbraucher, ausdrücklich oder konkludent, zum Ausdruck gebracht, mit der Zusendung bzw. der Kontaktaufnahme über E-Mail einverstanden zu sein, so muss man die Zustellung in der Regel gegen sich gelten lassen, selbst wenn ein sogenannter false-positiv die E-Mail aus Versehen in den Spam-Ordner einsortiert.
Auch deutsche Gerichte haben sich mit dem Thema bereits beschäftigt und das Landgericht Bonn hat schon 2014 entschieden, dass ein Spam-Ordner, bei einem geschäftlich genutzten Email-Account, täglich geprüft werden müsse. Allerdings gilt ebenso, dass der Absender natürlich die Zustellung (und somit auch das Einsortieren im Spam-Ordner) als solches beweisen müsste. Dafür reicht der Ausdruck einer E-Mail, aus dem hervorgeht, dass eine bestimmte E-Mail-Adresse angeblich angeschrieben wurde, jedoch nicht aus, um einen Anscheinsbeweis bzw. eine sekundäre Darlegungspflicht des Empfängers zu begründen. Gegenüber dem Absender zu sagen “Oops, das war leider im Spam-Filter” ist also keine gute Verteidigungsstrategie.