Influencer-Management: Vertragsgestaltung bei Agenturwechsel des Influencers
Ein häufiges Problem im Influencer-Management, mit dem ich als Rechtsanwalt oft konfrontiert werde, ist der Wechsel eines Influencers zu einer anderen Agentur, während noch Vertragsverhandlungen mit Kunden laufen, die das ursprüngliche Management angebahnt hat. Viele meiner Mandanten aus dem Agenturbereich fragen mich, wie sie sich davor schützen können, in solchen Fällen leer auszugehen und keine Provisionen für ihre Arbeit zu erhalten.
Leider muss ich dann oft unbefriedigende Antworten geben, denn die Rechtslage ist alles andere als eindeutig. Es gibt kaum Urteile zu dieser Konstellation und vieles hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Dennoch versuche ich natürlich, mit kluger Vertragsgestaltung die Interessen meiner Mandanten bestmöglich zu wahren. Aber ein Restrisiko bleibt leider oft. Gerade bei vorzeitiger Vertragsbeendigung durch den Influencer bewegen wir uns in einer rechtlichen Grauzone.
Trotzdem möchte ich in diesem Beitrag einige Möglichkeiten aufzeigen, wie Agenturen vertragliche Vorkehrungen treffen können, um sich zumindest ein Stück weit abzusichern. Denn auch wenn es keine Patentlösung gibt: Wer die typischen Fallstricke kennt und die Verträge sorgfältig ausgestaltet, ist schon mal einen Schritt weiter.
Vertragliche Regelungen zum Agenturwechsel
Problematisch sind Fälle, in denen Influencer Managementverträge gezielt beenden, um laufende Vertragsverhandlungen “mitzunehmen” und Provisionen zu sparen. Hier stellt sich die Frage, welche Ansprüche der Agentur zustehen.
Grundsätzlich kann eine solche vorzeitige Vertragsbeendigung eine Vertragsverletzung darstellen. Die Agentur hätte dann möglicherweise Schadensersatzansprüche aus §§ 280 ff. BGB wegen Verletzung vertraglicher Schutzpflichten. Allerdings dürfte der Nachweis eines konkreten Schadens und des Verschuldens des Influencers oft schwierig sein.
Erschwerend kommt hinzu, dass es zu dieser Konstellation kaum Rechtsprechung gibt. Mangels klarer Urteile besteht eine erhebliche Rechtsunsicherheit, was die Durchsetzbarkeit etwaiger Ansprüche angeht. Umso wichtiger sind eindeutige vertragliche Abreden, um Streitigkeiten von vornherein zu vermeiden.
In Betracht kommen hier insbesondere Vertragsstrafen für den Fall eines vertragswidrigen vorzeitigen Ausstiegs des Influencers. Durch die Vereinbarung einer Vertragsstrafe müsste die Agentur keinen konkreten Schaden nachweisen. Allerdings darf die Vertragsstrafe nicht unverhältnismäßig hoch ausfallen, da sie sonst unwirksam sein könnte.
Denkbar wären auch Klauseln, die dem Influencer für eine gewisse Zeit nach Vertragsende untersagen, Verträge mit Kunden abzuschließen, mit denen die Agentur bereits in Verhandlungen stand. Solche Regelungen sind aber rechtlich heikel, da sie den Influencer in seiner Berufsausübung beschränken. Sie müssten jedenfalls zeitlich und inhaltlich maßvoll ausgestaltet sein.
Schließlich sollte die Agentur darauf achten, die von ihr erbrachten Leistungen möglichst genau zu dokumentieren. Insbesondere der Nachweis, dass bereits konkrete Vertragsverhandlungen mit Kunden stattgefunden haben, ist wichtig, um etwaige Ansprüche gegen den Influencer zu untermauern. Auch regelmäßige Statusgespräche und -berichte können hier hilfreich sein.
Insgesamt zeigt sich, dass die Agentur durch sorgfältige Vertragsgestaltung ihre Position verbessern kann. Aufgrund der rechtlichen Unsicherheiten bleiben aber Risiken. Im Streitfall wird es oft auf eine Abwägung der Umstände des Einzelfalls ankommen. Einer Agentur ist daher anzuraten, nicht nur auf vertragliche Absicherung zu setzen, sondern durch gute Zusammenarbeit und eine faire Ausgestaltung der Konditionen das Risiko eines vorzeitigen Ausstiegs des Influencers von vornherein zu minimieren.
Wirksamkeit nachvertraglicher Provisionsklauseln
Damit nachvertragliche Provisionsklauseln, die auch als Sunset-Klauseln bezeichnet werden, wirksam sind, müssen sie verschiedene Voraussetzungen erfüllen. Zunächst einmal dürfen sie sich nur auf Verträge beziehen, die konkret durch die Agentur vermittelt wurden. Eine pauschale Erfassung sämtlicher Einnahmen des Influencers wäre unverhältnismäßig und damit unwirksam.
Darüber hinaus müssen Sunset-Klauseln in zeitlicher und finanzieller Hinsicht begrenzt sein. Als Faustregel gilt, dass sie maximal eine Provision von 25% für einen Zeitraum von ein bis drei Jahren nach Vertragsende vorsehen sollten. Höhere Provisionen oder längere Laufzeiten würden den Influencer unangemessen benachteiligen.
Schließlich ist es wichtig, dass die Klauseln individuell zwischen den Parteien ausgehandelt werden. Vorformulierte Vertragsbestimmungen, die das Management dem Influencer einseitig vorgibt, laufen Gefahr, als überraschende oder unangemessene Klauseln unwirksam zu sein. Im Streitfall würden die Gerichte hier sehr genau prüfen, ob der Influencer die Möglichkeit hatte, auf den Inhalt der Klausel Einfluss zu nehmen.
Erfüllt eine nachvertragliche Provisionsabrede diese Voraussetzungen nicht, ist sie unwirksam. Der Influencer wäre dann nicht an die Klausel gebunden und könnte den Vertrag beenden, ohne weiterhin Zahlungen an die Agentur leisten zu müssen. Die genaue Ausgestaltung von Sunset-Klauseln erfordert also juristisches Fingerspitzengefühl. Im Zweifel sollten sich Agenturen hierzu rechtlich beraten lassen, um böse Überraschungen zu vermeiden.
Zulässigkeit von Abfindungsklauseln in Influencer-Managementverträgen
Abfindungs- oder Ablöseklauseln in Influencer-Managementverträgen sollen regeln, welche Zahlungen der Influencer im Falle einer vorzeitigen Vertragsbeendigung an das Management leisten muss. Solche Klauseln können grundsätzlich wirksam vereinbart werden, unterliegen aber gewissen rechtlichen Grenzen.
Zunächst einmal ist zu unterscheiden zwischen individuell ausgehandelten Verträgen und vorformulierten Vertragsbestimmungen (AGB). Gerade bei kleineren Influencern und Agenturen werden oft Standardverträge verwendet, die dann als AGB zu werten sind. Diese unterliegen einer strengeren Inhaltskontrolle nach §§ 305 ff. BGB. Insbesondere dürfen sie den Vertragspartner nicht unangemessen benachteiligen (§ 307 BGB).
Bei individuell ausgehandelten Verträgen, wie sie häufiger bei bekannten Influencern und spezialisierten Managements vorkommen, besteht mehr Gestaltungsspielraum. Aber auch hier sind dem Grundsatz nach die gleichen Wertungen anzulegen. Die Abfindungsklausel darf nicht zu einer übermäßigen Beschränkung der Berufsfreiheit des Influencers führen.
Eine gewisse Parallele besteht zu Ausgleichsansprüchen in Handelsvertreterverträgen nach § 89b HGB. Dort ist anerkannt, dass Ansprüche des Handelsvertreters auf nachvertraglichen Ausgleich in gewissem Umfang abbedungen oder beschränkt werden können. Allerdings ist auch dies an den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) und des Schutzes der schwächeren Vertragspartei zu messen.
Überträgt man diese Wertungen auf Influencer-Managementverträge, so dürfte eine Abfindungsklausel zulässig sein, wenn sie:
- der Höhe nach angemessen ist und den Influencer nicht übermäßig belastet,
- zeitlich begrenzt ist, also nicht lebenslang oder über viele Jahre gilt,
- Ausnahmen vorsieht für Fälle, in denen der Influencer die Vertragsbeendigung nicht zu vertreten hat.
Gerade bei vorformulierten Verträgen ist außerdem wichtig, dass die Klausel transparent und verständlich formuliert ist. Der Influencer muss erkennen können, welche finanziellen Folgen eine vorzeitige Vertragsbeendigung für ihn haben kann.
Zusammenfassend lässt sich sagen: Abfindungsklauseln in Influencer-Managementverträgen sind grundsätzlich zulässig, aber mit Vorsicht zu genießen. Sie dürfen nicht übermäßig sein und müssen einen fairen Interessenausgleich zwischen Influencer und Management gewährleisten. Im Streitfall kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an. Eine pauschale Beurteilung ist nicht möglich. Im Zweifel sollten beide Seiten rechtlichen Rat einholen, um böse Überraschungen zu vermeiden.
Fazit
Influencer-Managementagenturen stehen vor der Herausforderung, ihre Provisionsansprüche auch für den Fall abzusichern, dass ein Influencer vorzeitig zur Konkurrenz wechselt. Vertragliche Regelungen wie Sunset-Klauseln, nachvertragliche Provisionszahlungen oder Abfindungsklauseln können hier sinnvolle Instrumente sein. Sie müssen aber mit Augenmaß eingesetzt werden und dürfen den Influencer nicht unangemessen benachteiligen.
Gerade bei der konkreten Ausgestaltung solcher Klauseln bewegen sich Agenturen oft auf unsicherem rechtlichen Terrain. Es gibt wenig Rechtsprechung zu diesen Fragen, sodass viele Details umstritten sind. Selbst wenn entsprechende Regelungen im Vertrag enthalten sind, ist damit nicht garantiert, dass sie im Streitfall auch durchgesetzt werden können.
Hinzu kommt, dass der Markt sensibel auf zu weitreichende vertragliche Bindungen reagiert. Influencer könnten vor dem Unterschreiben zurückschrecken, wenn sie sich zu stark eingeengt fühlen. Auch langjährige Provisionsansprüche oder hohe Abfindungszahlungen können abschreckend wirken und die Attraktivität einer Agentur mindern.
Selbst wenn die vertraglichen Regelungen greifen, muss sich eine Agentur gut überlegen, ob sie diese im Ernstfall auch durchsetzen will. Gerichtliche Auseinandersetzungen sind kostspielig, langwierig und in ihrem Ausgang ungewiss. Oft kann es sinnvoller sein, eine gütliche Einigung mit dem Influencer anzustreben, als auf dem Rechtsweg zu streiten.
Neben der rechtlichen Absicherung sollten Agenturen daher auch operative Maßnahmen ergreifen, um Influencer langfristig an sich zu binden. Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit, attraktive Konditionen und eine professionelle Betreuung können die Wechselbereitschaft verringern. Auch eine klare Kommunikation der gegenseitigen Erwartungen und eine sorgfältige Auswahl der Influencer zahlen sich aus.
Als Rechtsanwalt berate ich Agenturen gerne zu den Möglichkeiten der vertraglichen Gestaltung. Dabei geht es nicht nur um Sunset-Klauseln, nachvertragliche Vergütungen oder Abfindungsregelungen. Auch Wettbewerbsverbote, Vertragsstrafenabreden oder Geheimhaltungspflichten können in Betracht kommen. Stets ist eine individuelle Abwägung der Interessen nötig.
Letztlich kann aber auch der beste Vertrag einen Agenturwechsel nicht verhindern, wenn der Influencer dies unbedingt will. Das unternehmerische Risiko lässt sich zwar minimieren, aber nie ganz ausschließen. Mein Rat an Agenturen ist daher: Sichern Sie sich rechtlich bestmöglich ab, setzen Sie aber mindestens ebenso sehr auf eine gute Zusammenarbeit mit Ihren Influencern. Nur so lässt sich eine langfristig erfolgreiche Partnerschaft aufbauen.