Als Rechtsanwalt begegne ich immer wieder Fällen, in denen Startups durch rechtliche Fallstricke unerwartet ins Straucheln geraten. Ein solcher Stolperstein, der besondere Aufmerksamkeit verdient, ist die “verdeckte Sachgründung”. Diese Problematik tritt besonders in der Gründungsphase auf, wenn sich das unternehmerische Augenmerk vorrangig auf Produktentwicklung und Markteintritt richtet.
Was ist eine verdeckte Sachgründung?
Die verdeckte Sachgründung manifestiert sich, wenn Vermögenswerte wie Software oder Waren als Bareinlagen getarnt in eine GmbH eingebracht werden. Juristisch betrachtet handelt es sich dabei um Sacheinlagen, die jedoch nicht entsprechend deklariert werden. Ein häufiger Fall ist, dass Gründer, die zuvor in einer GbR zusammengearbeitet haben, ohne ein ausgeprägtes Schuldbewusstsein, Vermögenswerte an die neu gegründete GmbH veräußern. Dieses Vorgehen, oft aus Unkenntnis oder Unterschätzung der rechtlichen Tragweite begangen, kann jedoch weitreichende Konsequenzen nach sich ziehen. Denn die rechtlichen Rahmenbedingungen, die eine GmbH von einer GbR unterscheiden, sind nicht bloß formaler Natur. Sie implizieren auch eine strengere Kapitalaufbringung und -erhaltung. Versteckte Sachgründungen können in diesem Kontext zu einer Haftung der Gesellschafter führen, insbesondere wenn die eingebrachten Vermögenswerte nicht den deklarierten Wert aufweisen. Daher ist es von größter Wichtigkeit, dass Gründer sich der Bedeutung einer korrekten Deklaration von Sacheinlagen bewusst sind und die juristischen Feinheiten der Unternehmensgründung respektieren.
Warum ist dies problematisch für Startups?
Für Startups, die als GbR beginnen und später in eine GmbH übergehen, birgt eine verdeckte Sachgründung erhebliche rechtliche Risiken. Es entsteht eine Diskrepanz zwischen dem, was rechtlich als Bareinlage erscheint, und dem, was wirtschaftlich als Sacheinlage zu betrachten ist. Die Qualifizierung dieser Vorgänge als verdeckte Sacheinlage führt dazu, dass gemäß § 19 Absatz 4 Satz 1 GmbHG die Bareinlagepflicht als nicht erfüllt gilt und kann von der GmbH erneut eingefordert werden. Allerdings kann der Wert des Vermögensgegenstandes unter bestimmten Voraussetzungen auf den Einlageanspruch der GmbH angerechnet werden, wodurch eine doppelte Inanspruchnahme der Bareinlageverpflichtung ausgeschlossen ist1.
Insolvenzrechtlich kann eine verdeckte Sachgründung zu einer Überschuldung führen, die möglicherweise nicht zeitgerecht erkannt oder deklariert wird, was eine Haftung der Geschäftsführer nach sich ziehen kann (§ 15a InsO).
Strafrechtlich kann die verdeckte Sachgründung eine persönliche zivilrechtliche Haftung des Geschäftsführers gegenüber der GmbH gemäß § 9a GmbHG und eine Strafbarkeit des Geschäftsführers gemäß § 82 Absatz 1 Nummer 1 GmbHG nach sich ziehen, wobei der Strafrahmen von einer Geldstrafe bis hin zu einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren reicht.
Rechtliche Folgen und § 19 IV GmbHG
Die rechtlichen Konsequenzen einer verdeckten Sachgründung können gravierend sein. Laut § 19 IV GmbHG bleibt die Einlageverpflichtung in Geld bestehen. Verträge über die verdeckte Sacheinlage und die entsprechenden Rechtshandlungen sind nicht unwirksam. Der Wert der Vermögensgegenstände wird auf die Geldeinlageverpflichtung des Gesellschafters angerechnet, aber erst nach der Eintragung der Gesellschaft im Handelsregister. Es ist jedoch zu beachten, dass Verträge, die eine eventuelle nachträgliche Übertragung regeln, nicht trivial sind. Während die GmbH und die Gesellschafter später Probleme haben können, könnte die GbR steuerrechtliche Probleme bekommen, wenn diese Sachwerte zu günstig an die GmbH verkauft werden. Solche Transaktionen müssen sorgfältig geprüft werden, um sicherzustellen, dass sie den steuerrechtlichen Anforderungen entsprechen und keine unerwarteten steuerlichen Belastungen entstehen.
Prävention und Handlungsempfehlungen
Das Wissen um die verdeckte Sachgründung und die korrekte Anwendung von § 19 IV GmbHG sind unerlässlich, um rechtliche Fallstricke zu umgehen. Eine fachkundige rechtliche Beratung ist empfehlenswert, um Risiken zu identifizieren und zu minimieren. Alle Vermögensübertragungen sollten transparent und gesetzeskonform gestaltet werden, besonders bei der Anmeldung im Handelsregister.
Fazit
Die Gründung und Entwicklung eines Startups birgt neben Chancen auch juristische Herausforderungen. Rechtliche Vorsicht und Sorgfalt sind ebenso wichtig wie eine innovative Geschäftsidee. Nur mit einer soliden rechtlichen Grundlage können unerwartete Herausforderungen vermieden und langfristiger Erfolg gesichert werden.