Es gibt immer wieder Regelungen, bei denen man als Anwalt ziemlich sicher ist, dass diese Mandanten unbekannt sind. Und § 32d UrhG gehört mit großer Wahrscheinlichkeit dazu:
Bei entgeltlicher Einräumung eines Nutzungsrechts erteilt der Vertragspartner dem Urheber mindestens einmal jährlich Auskunft über den Umfang der Werknutzung und die hieraus gezogenen Erträge und Vorteile. Die Auskunft erfolgt auf der Grundlage der Informationen, die im Rahmen eines ordnungsgemäßen Geschäftsbetriebes üblicherweise vorhanden sind. Die Auskunft ist erstmals ein Jahr nach Beginn der Werknutzung und nur für die Zeit der Werknutzung zu erteilen.
- Welcher Publisher von Computerspielen hat an diese Regelung schon gedacht, sondern liefern – wenn überhaupt – die aus einem Publishingvertrag geschuldeten Abrechnungen?
- Welche redaktionelle Webseite hat diese Regelung auf der “To-Do”, weil man Reviews, News oder ähnliches von freien Redakteuren schreiben lässt? Und dabei müssen es nicht einmal freie Redakteure sein, denn auch wenn noch etwas unklar ist, ob diese Auskunftspflicht auch gegenüber Angestellten gilt, die Verwertungsrechte nach § 43 UrhG dem Arbeitgeber einräumen, so geht meine persönliche Tendenz eher dahin, dass eine solche Auskunft geschuldet ist.
- Gleiches gilt natürlich für Verlage, aber auch auch für YouTuber, Videonetzwerk und dergleichen – und zwar für all diejenigen, die nicht lediglich einen nachrangigen Beitrag zu einem Werk, einem Produkt oder einer Dienstleistung erbracht haben. Und selbst dann könnte der Urheber noch mit nachprüfbaren Tatsachen klare Anhaltspunkte dafür darlegen, dass er die Auskunft für eine Vertragsanpassung (§ 32a Absatz 1 und 2 UrhG) benötigt, Denn nachrangig ist ein Beitrag eher nur dann, wenn er den Gesamteindruck eines Werkes oder die Beschaffenheit eines Produktes oder einer Dienstleistung wenig prägt, etwa weil er nicht zum typischen Inhalt eines Werkes, eines Produktes oder einer Dienstleistung gehört, oder wenn die Inanspruchnahme des Vertragspartners aus anderen Gründen unverhältnismäßig ist, insbesondere wenn der Aufwand für die Auskunft außer Verhältnis zu den Einnahmen aus der Werknutzung stünde.
- Gleiches gilt natürlich auch für Agenturen/Unternehmen, die beispielsweise Freelancer “beschäftigten” und deren Erzeugnisse and Spieleentwickler oder andere Unternehmen weiterlizensieren. Eigentlich ist das sogar der Prototyp für eine “Auskunft der Sublizenznehmer”!
Artikel 19 der Richtlinie 2019/790 verlangt nun, dass Urheber „aktuelle, einschlägige und umfassende Informationen über die Verwertung ihrer Werke und Darbietungen, vor allem über die Art der Verwertung, sämtliche erzielten Einnahmen von und die fälligen Forderungen gegenüber denjenigen, denen sie Lizenzrechte erteilt oder an die sie Rechte übertragen haben, sowie von deren Rechtsnachfolgern erhalten.“ Daher hat Urheber hat auch einen Auskunftsanspruch nach § 32d Abs. 1a) UrhG über Namen und Anschrift etwaiger Unterlizenznehmer. Hierbei handelt es sich jedoch um einen Anspruch, der erst geltend gemacht werden muss.
32e UrhG räumt dem Urheber sowohl in der alten als auch in der neuen Fassung einen Auskunftsanspruch auch gegen Dritte in Lizenzketten ein. Damit sind auch Unternehmen erfasst, die an der Verwertung des Werkes beteiligt sind. Neu ist allerdings, dass dieser Anspruch subsidiär zum Anspruch gegen den direkten Vertragspartner besteht – Ansprechpartner ist also auch bei Verwertungen in der Lizenzkette zunächst der eigene Vertragspartner des Urhebers.
Aber:Im Gegensatz zur bisherigen Regelung vor der Novellierung haben die Urheber kein Auskunftsrecht mehr, sondern die Verwerter sind verpflichtet, mindestens einmal jährlich Auskunft über den Umfang der Werknutzung und die daraus gezogenen Erträge und Vorteile zu erteilen. Die Auskunft ist erstmals ein Jahr nach Beginn der Werknutzung und nur für den Zeitraum der Werknutzung zu erteilen. Das bedeutet, dass jeder, der Werke nutzt, nicht nur eine saubere Dokumentation der Nutzung ermöglichen und durchführen muss, sondern auch daran denken sollte, die Auskunft tatsächlich zu erteilen. Andernfalls drohen in Zukunft Abmahnungen und andere Kosten. Bei Unternehmen, die viele Outsourcing-Aufträge an freie Mitarbeiter vergeben, könnten sogar größere Anpassungen der entsprechenden Verträge notwendig werden!