In einem von mir vertretenen Verfahren hat der I. Zivilsenat des BGH sich vergangenen Donnerstag zu dem riesigen Problemfeld der verbundenen Werke im Urheberrecht geäußert und auch eine Entscheidung getroffen. Demnach sei die Entscheidung SAS Institute, EuGH, 02.05.2012 – C-406/10, nicht auf Computerspiele anwendbar §69d UrhG ist damit wohl nicht auf Computerspiele und andere verbundene Werke anwendbar, auch wenn eine Begründung noch nicht vorliegt. Sobald eine Begründung vorliegt, werde ich mich mit mehr Details mit der Entscheidung befassen.
Meiner Meinung nach zeigt der Bundesgerichtshof damit eindrucksvoll sein fehlendes technischen Verständnis und auch den fehlenden Mut, die Sache dem EuGH vorzulegen, obwohl es von unserer Seite angeregt wurde. Der Vorsitzende führte sinngemäß aus, dass die Entscheidung SAS Institute auf den Programmbestandteil von Computerspielen anwendbar wäre, jedoch nicht auf die Media-Bestandteile. Das macht natürlich überhaupt keinen Sinn, insbesondere, weil sodann die Entscheidung komplett ausgehöhlt wäre. Nicht einmal ein Windows 10 hat heutzutage nur Codebestandteile und keine Grafiken, Sounds oder Bewegtbilder. Zumindest einen Schwerpunkt müsste man unter Umständen problematisieren, so dass eine Diskussion wert wäre, ob eine Film DVD nicht unter §69d UrhG fallen würde, nur weil eventuell eine „Play“-Button oder ähnliches programmiert wurde. Dass es sich, nach der Logik des BGH, somit bei Computerspielen aber nicht vorrangig um Computersoftware handelt, halte ich persönlich für mehr als gewagt.
Der BGH stärkt damit natürlich die Schutzrechte der Urheber, schwächt jedoch die Ausnahmen und somit Recht von Nutzern, den Wirtschaftsstandort Deutschland bzw. Europa und nullifiziert damit eigentlich den gesetzgeberischen Willen, Interkompatibilität herstellen zu können, denn heutzutage ist schlicht keine Software mehr denkbar, die keine Mediaanteile besitzt.
Die Unkenntnis des BGH setzt sich sogar im Tenor fort. Der Senat änderte die Entscheidung des OLG Dresden geringfügig ab. Vorher war es meinem Mandanten untersagt, die Software zu kopieren, in den RAM zu laden und/oder auf dem Bildschirm anzuzeigen. Das „oder“ wurde durch den BGH gestrichen, so dass die Handlungen kumulativ und nicht nur alternativ vorliegen müssen. Das bedeutet, dass es dem Mandanten nach ersten Überlegungen erlaubt sein wird, die Software auf eine Art zu nutzen, in der auf seinem PC das Produkt nur angezeigt wird, nicht jedoch auch auf diesem PC beispielsweise in den RAM geladen wird. Das Anschauen eines Videos des Programms, das Nutzen via Teamspeak und dergleichen sind danach wohl zulässig.
Ob dies Sinn ergibt, bleibt abzuwarten. Wir werden jetzt eine Eskalation der Bewertung von verbundenen Werken zum Bundesverfassungsgericht bzw. zum EuGH prüfen.
Nur nebenbei sei erwähnt, dass eine weitere Frage, die vergangenen Donnerstag verhandelt wurde, nämlich die Nutzung von Drittsoftware, erst am 12. Januar entschieden werden wird. Ich werde mich dazu am Mittwoch in einem Beitrag auseinandersetzen.