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Geschäftsführerhaftung in GmbH und UG: Haftungsrisiken und Absicherung für Gründer

14. Juni 2025
in Sonstiges
Lesezeit: 13 Minuten Lesezeit
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Die Gründung einer GmbH oder Unternehmergesellschaft (UG) wird von vielen Start-up Gründern auch deshalb gewählt, weil diese Rechtsformen mit einer Haftungsbeschränkung des Gesellschaftsvermögens verbunden sind. Das heißt allerdings nicht, dass ein Geschäftsführer einer GmbH oder UG keinerlei persönliches Haftungsrisiko trägt. Im Gegenteil: Gerade für Gründer-CEOs lauern diverse Haftungsfallen. Typische Fehler reichen von verspätet gestellten Insolvenzanträgen über Verletzungen von Steuerpflichten bis hin zu mangelnder Compliance im Unternehmen und können dazu führen, dass der Geschäftsführer mit seinem Privatvermögen haftet. Dieser Beitrag gibt einen praxisnahen Überblick über die Haftungsrisiken für Geschäftsführer von GmbH und UG, erläutert konkrete Fallbeispiele aus der Start-up-Praxis und zeigt, wie man sich durch geeignete Maßnahmen (von D&O-Versicherungen über interne Kontrollsysteme bis zu präventiver Rechtsberatung) schützen kann.

Inhaltsverzeichnis Verbergen
1. Gesetzliche Grundlagen der Geschäftsführerhaftung
2. Typische Haftungsfallen in der Start-up-Praxis
3. Absicherung und Prävention: Wie Geschäftsführer ihr Risiko minimieren
3.1. D&O-Versicherung abschließen
3.2. Internes Kontrollsystem und Compliance
3.3. Finanzielle und juristische Vorsorge
3.4. Trennung von Privat- und Unternehmenssphäre
4. Checkliste: So reduzieren Gründer-Geschäftsführer ihr Haftungsrisiko
5. Fazit
5.1. Author: Marian Härtel
Wichtigste Punkte
  • Die Gründung einer GmbH oder UG bietet Haftungsbeschränkung, schützt jedoch nicht vor persönlicher Haftung des Geschäftsführers.
  • Gemäß § 43 GmbHG muss ein Geschäftsführer die "Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes" anwenden.
  • Innenhaftung umfasst Pflichten gegenüber der Gesellschaft, Außenhaftung betrifft Dritte oder Gläubiger.
  • Haftungsrisiken bestehen durch Insolvenzverschleppung, Steuervergehen und Compliance-Verstöße.
  • Eine D&O-Versicherung kann Geschäftsführer finanziell absichern und sollte in Betracht gezogen werden.
  • Ein internes Kontrollsystem und regelmäßige Schulungen helfen, Risiken und Haftung zu minimieren.
  • Trennung von Privat- und Unternehmenssphäre ist entscheidend, um Durchgriffshaftung zu vermeiden.

Gesetzliche Grundlagen der Geschäftsführerhaftung

Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers ist im Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) klar geregelt. Zentral ist hierbei § 43 GmbHG, der vorschreibt, dass ein Geschäftsführer die „Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes“ anzuwenden hat. Verletzt er seine Pflichten, haftet er der Gesellschaft gegenüber auf Ersatz des entstehenden Schadens. Die Haftung greift dabei grundsätzlich unbeschränkt mit seinem gesamten Privatvermögen. Auch mehrere Geschäftsführer haften für Pflichtverletzungen in der Regel gesamtschuldnerisch, also gemeinsam.

Wichtig zu unterscheiden sind zwei Perspektiven der Haftung:

  • Innenhaftung: Damit ist die Haftung des Geschäftsführers gegenüber der Gesellschaft selbst gemeint. Wenn der Geschäftsführer seine organrechtlichen Pflichten gegenüber der GmbH verletzt (z.B. gegen die Satzung oder gegen interne Weisungen der Gesellschafter verstößt, Geschäftschancen missbraucht, oder Vermögenswerte der Gesellschaft zweckwidrig verwendet), kann die Gesellschaft (bzw. bei Insolvenz der Insolvenzverwalter) ihn auf Schadensersatz in Anspruch nehmen. Ein klassisches Beispiel wäre die Verletzung der Kapitalerhaltungspflicht nach § 30 GmbHG: Dieser Paragraf untersagt es, das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen an Gesellschafter auszuzahlen. Zahlt der Geschäftsführer dennoch unzulässig Gelder an sich selbst oder Mitgesellschafter aus, haftet er für den entstandenen Schaden der Gesellschaft.
  • Außenhaftung: Hierunter versteht man die Haftung des Geschäftsführers gegenüber Dritten, also insbesondere gegenüber Gläubigern des Unternehmens oder staatlichen Stellen. Grundsätzlich gilt: Verbindlichkeiten der GmbH oder UG sollen nur mit dem Gesellschaftsvermögen erfüllt werden. Ein Geschäftsführer haftet nicht automatisch für alle Schulden der Firma. Eine persönliche Außenhaftung tritt aber immer dann ein, wenn der Geschäftsführer persönlich gegen bestimmte gesetzliche Pflichten verstößt, die gerade dem Schutz Dritter dienen. In solchen Fällen „greifen Gläubiger durch“ auf das Privatvermögen des Handelnden.

Typische Beispiele für eine Außenhaftung sind:

  • Insolvenzrechtliche Haftung: Gemäß § 15a Insolvenzordnung (InsO) muss bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung des Unternehmens spätestens binnen drei Wochen ein Insolvenzantrag gestellt werden. Unterlässt der Geschäftsführer dies, begeht er Insolvenzverschleppung, die nicht nur strafbar ist, sondern auch eine persönliche Haftung begründen kann. Nach bisheriger Rechtslage (früher § 64 GmbHG, heute in ähnlicher Form in § 15b InsO geregelt) ist der Geschäftsführer der Gesellschaft gegenüber zum Ersatz aller Zahlungen verpflichtet, die nach Eintritt der Insolvenzreife (Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung) noch aus dem Gesellschaftsvermögen geleistet werden und die nicht mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes vereinbar sind. Das heißt, sobald die Firma eigentlich insolvenzreif ist, darf der Geschäftsführer keine Zahlungen mehr aus dem Firmenvermögen leisten, die die Gläubigergesamtheit benachteiligen. Tut er es doch, etwa um einzelne Gläubiger noch schnell zu befriedigen oder das Unternehmen ohne realistische Sanierungschance weiter zu betreiben, muss er diese Beträge später aus eigener Tasche ersetzen.
  • Haftung für Steuerschulden und Abgaben: Auch das Steuerrecht und Sozialversicherungsrecht nehmen den Geschäftsführer in die Pflicht. Nach der Abgabenordnung (z.B. § 69 AO i.V.m. § 34 AO) haftet der gesetzliche Vertreter einer Gesellschaft persönlich für sämtliche Steuern, sofern er vorsätzlich oder grob fahrlässig die ordnungsgemäße Abführung der Steuern unterlässt. In der Praxis betrifft dies vor allem Umsatzsteuer und Lohnsteuer: Wird die Umsatzsteuer, die das Unternehmen z.B. von Kunden eingenommen hat, nicht an das Finanzamt abgeführt, oder wird von den Gehaltszahlungen an Mitarbeiter die Lohnsteuer nicht korrekt abgeführt, kann das Finanzamt den fehlenden Betrag direkt vom Geschäftsführer persönlich einfordern. Besonders kritisch: Im Engpassfall muss der Geschäftsführer die vorhandenen Mittel gleichmäßig für alle Gläubiger verwenden. Bevor Löhne in voller Höhe gezahlt werden, während die Lohnsteuer dafür nicht mehr reicht, muss er eher die Löhne kürzen, um die Lohnsteuer abzuführen; andernfalls haftet er persönlich für die nicht abgeführte Steuer. Ähnliches gilt für Umsatzsteuer in der Krise: Das Finanzamt darf nicht schlechter gestellt werden als andere Gläubiger. Neben der zivilrechtlichen Haftung drohen in solchen Fällen auch empfindliche Strafen, z.B. wegen Steuerhinterziehung.
  • Haftung für Sozialversicherungsbeiträge: Ebenfalls besonders gefährlich ist das Vorenthalten von Arbeitnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung. Der Geschäftsführer muss dafür sorgen, dass die Arbeitnehmeranteile zur Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung, die bei Gehaltszahlungen einbehalten werden, an die Einzugsstellen abgeführt werden. Geschieht dies nicht rechtzeitig, haftet er persönlich für die offenen Beiträge. Mehr noch: Die Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen ist nach § 266a StGB strafbar und kann zu einer Vorstrafe führen, selbst wenn die GmbH an sich zahlungsunfähig war. Daher ist in finanziellen Krisen unbedingt darauf zu achten, dass entweder die Beiträge voll gezahlt werden oder rechtzeitig Insolvenzantrag gestellt wird, bevor Beiträge nicht mehr bedient werden können.
  • Persönliche Haftung bei Gesetzesverstoß der Gesellschaft: Als Leiter der Gesellschaft hat der Geschäftsführer die Pflicht zur Organisation und Überwachung, dass im Unternehmen alle rechtlichen Vorschriften eingehalten werden. Dieser Bereich wird oft als Compliance-Verantwortung bezeichnet. Verletzt die Gesellschaft Gesetze (z.B. Umweltauflagen, Arbeitsschutz, Produktsicherheit, Datenschutz etc.), ohne dass der Geschäftsführer angemessene Vorkehrungen getroffen hat, kann ihm ein Organisationsverschulden angelastet werden. In schweren Fällen drohen dem Geschäftsführer persönliche Geldbußen oder Strafen, insbesondere wenn nachweisbar ist, dass er von Problemen wusste und nicht eingeschritten ist. Auch wenn die Sanktionen oft zuerst die Gesellschaft treffen (etwa Bußgelder nach DSGVO oder behördliche Auflagen), kann bei Vernachlässigung der Aufsichtspflichten auch der Manager persönlich belangt werden. Die Rechtsprechung (z.B. das vielbeachtete Neubürger-Urteil des LG München) hat klargestellt, dass ein Geschäftsführer verpflichtet ist, ein dem Unternehmen angemessenes Compliance-Management-System einzurichten, um Rechtsverstöße zu verhindern. Kommt er dem nicht nach, gilt dies als Verletzung der Sorgfaltspflicht aus § 43 GmbHG.

Neben diesen ausdrücklichen gesetzlichen Haftungstatbeständen gibt es noch weitere Konstellationen, in denen die angebliche Haftungsbeschränkung faktisch durchbrochen wird. Der juristische Begriff dafür ist oft „Durchgriffshaftung“. Gemeint ist, dass trotz der eigenständigen Rechtspersönlichkeit der GmbH/UG der Geschäftsführer oder auch die hinter der Gesellschaft stehenden Gesellschafter direkt mit ihrem Privatvermögen haften. Zu diesen Fällen zählen beispielsweise:

  • Rechtsschein und Firmierung: Eine UG (haftungsbeschränkt) muss diese Haftungsbeschränkung immer im Geschäftsverkehr kenntlich machen (durch den Zusatz „haftungsbeschränkt“ im Namen). Unterlässt ein UG-Geschäftsführer diesen Zusatz in Verträgen oder auf Rechnungen, kann ein Dritter darauf vertrauen, mit einer Person ohne Haftungsbeschränkung zu kontrahieren und im Streitfall argumentieren, er sei über die Haftungsbegrenzung getäuscht worden. Dann haftet der Handelnde aus Rechtsscheinhaftung persönlich. Ähnliches gilt, wenn vor Eintragung der GmbH/UG ins Handelsregister bereits Geschäfte im Namen der Gesellschaft abgeschlossen werden: In dieser Gründungsphase haften die Handelnden grundsätzlich persönlich und gesamtschuldnerisch (Haftung der Vor-GmbH bzw. Handelndenhaftung).
  • Vermögensvermischung: Führt der Geschäftsführer die Finanzen der Gesellschaft wie seine Privatschatulle, zahlt private Ausgaben aus der Firmenkasse oder umgekehrt, so wird die Trennung von Gesellschafts- und Privatvermögen aufgehoben. Gläubiger der Gesellschaft können in solchen Fällen argumentieren, dass die Gesellschaft bloß „Fassade“ war und durch die Vermögensvermischung ein Durchgriff auf das Privatvermögen gerechtfertigt ist.
  • Missbrauch der Rechtsform / Unterkapitalisierung: Nutzt ein Gründer die GmbH oder UG lediglich, um unternehmerische Risiken einzugehen, ohne ausreichendes Kapital für die Grundausstattung des Betriebs bereitzustellen, kann im Extremfall von einem Rechtsformmissbrauch gesprochen werden. Ein klassisches Beispiel ist die existenzvernichtende Eingriffshaftung: Wenn Gesellschafter dem Unternehmen kurz vor einer Pleite noch wichtige Vermögenswerte entziehen (z.B. Geldmittel oder Maschinen herausziehen und privat nutzen), machen sie sich persönlich gegenüber den Gläubigern schadensersatzpflichtig, da sie die Insolvenzmasse „ausgehöhlt“ haben. Auch eine von Beginn an völlig unzureichende Kapitalisierung der UG/GmbH für das geplante Geschäft kann in Ausnahmefällen als grob fahrlässig oder sittenwidrig eingestuft werden, so dass Gläubiger den Gesellschafter-Geschäftsführer persönlich in Anspruch nehmen.

Typische Haftungsfallen in der Start-up-Praxis

Gerade in jungen Unternehmen und bei Gründern ohne viel Erfahrung passieren immer wieder ähnliche Fehler, die zu den genannten Haftungsrisiken führen. Im Folgenden einige praxisnahe Fallbeispiele, die für Startups typisch sind:

1. Insolvenzverschleppung aus Überoptimismus: Der technische Gründer einer jungen GmbH bemerkt im Herbst, dass die liquiden Mittel nur noch für etwa einen Monat reichen. Statt sofort Alarm zu schlagen, hofft er auf den Abschluss einer neuen Finanzierungsrunde und bezahlt währenddessen noch ausstehende Rechnungen ausgewählter Lieferanten weiter. Als sich die Investorensuche verzögert, geraten weitere Zahlungen in Verzug. Schließlich ist die GmbH zahlungsunfähig, doch der Insolvenzantrag wird erst zwei Monate später gestellt. Die Folge: Der Geschäftsführer sieht sich wegen Insolvenzverschleppung strafrechtlichen Ermittlungen ausgesetzt. Zugleich verlangt der Insolvenzverwalter von ihm persönlich Ersatz für alle Zahlungen, die er ab Eintritt der Zahlungsunfähigkeit noch geleistet hat, darunter mehrere tausend Euro an einzelne Gläubiger, die hätten in die Insolvenzmasse gehören müssen.

2. Steuern und Sozialabgaben zweckentfremdet: Ein Startup-CEO und Mitgründer gerät in finanzielle Engpässe mit seiner UG (haftungsbeschränkt). Um die Gehaltszahlungen der verbliebenen drei Mitarbeiter zumindest netto weiter leisten zu können, entscheidet er sich, die fällige Umsatzsteuer und Lohnsteuer vorübergehend nicht ans Finanzamt abzuführen. Er geht davon aus, dies nach einer erwarteten Finanzierung innerhalb weniger Monate nachholen zu können. Die erhoffte Geldspritze bleibt jedoch aus. Das Ergebnis: Das Finanzamt leitet ein Verfahren ein und nimmt den Geschäftsführer persönlich in Haftung für rund 25.000 Euro ausstehende Steuern. Gleichzeitig prüft die Staatsanwaltschaft den Tatbestand der Steuerhinterziehung und das Vorenthalten von Sozialversicherungsbeiträgen. Dem Gründer drohen neben dem finanziellen Ruin also auch strafrechtliche Konsequenzen.

3. Fehlende Compliance und Aufsicht: Die Geschäftsführerin eines jungen Medizintechnik-Unternehmens konzentriert sich stark auf Produktentwicklung und Investorengespräche. Interne Abläufe und Kontrollen vernachlässigt sie derweil mangels Zeit und Know-how. Eines Tages stellt sich heraus, dass ein Mitarbeiter über längere Zeit gegen Datenschutzvorschriften verstoßen hat, indem er unverschlüsselte Patientendaten auf seinem privaten Laptop speicherte. Zudem wurden sicherheitsrelevante Prüfungen an einem Medizinprodukt nicht ordnungsgemäß dokumentiert. Die Konsequenz: Gegen die Firma wird ein hohes Bußgeld wegen Verstoßes gegen die DSGVO verhängt. Parallel wird der Geschäftsführerin persönlich vorgeworfen, ihre Compliance-Pflichten verletzt zu haben, da sie keine organisatorischen Maßnahmen traf, um solche Verstöße zu verhindern. Die Behörde verhängt auch gegen sie ein Bußgeld. Der Imageschaden ist erheblich und hätte durch frühe Beratung und ein internes Kontrollsystem weitgehend vermieden werden können.

4. Privatentnahmen aus der GmbH-Kasse: Ein junges Gründerteam führt eine UG (haftungsbeschränkt) mit minimalem Startkapital. Bereits kurz nach Gründung entnehmen die beiden Gesellschafter-Geschäftsführer jeweils mehrere Tausend Euro „Vorschuss“ aus dem Gesellschaftskonto, um ihre privaten Lebenshaltungskosten zu decken, ohne formellen Gesellschafterbeschluss oder ausreichend Gewinnbasis. Als das Unternehmen später in Schwierigkeiten gerät, fehlen diese Mittel der Gesellschaft. Folge: Die Entnahmen verstoßen gegen § 30 GmbHG (verbotene Auszahlungen). Die Geschäftsführer müssen das Geld der Gesellschaft zurückzahlen. Da sie privat nicht leistungsfähig sind, müssen sie im Endeffekt Privatinsolvenz anmelden. Die Haftungsbeschränkung der UG hat sie hier nicht geschützt.

5. Persönliche Bürgschaften und Verträge im eigenen Namen: Ein Start-up benötigt für Büroausstattung und einen Firmenwagen Kredite. Die Bank und der Leasinggeber bestehen aufgrund der geringen Kapitaldecke der GmbH auf persönlichen Bürgschaften des Geschäftsführers. Zudem unterschreibt der Geschäftsführer einen wichtigen Liefervertrag versehentlich nicht mit dem Zusatz „i.V.“ (in Vollmacht für die GmbH), sondern nur mit seinem Namen. Einige Monate später scheitert das Geschäft und die GmbH kann die Verbindlichkeiten nicht bedienen. Auswirkung: Die Bank nimmt den Gründer aus der persönlichen Bürgschaft voll in Anspruch, und auch der Lieferant behauptet, er habe mit dem Gründer persönlich einen Vertrag geschlossen (wegen der unklaren Unterschrift). Der Gründer haftet somit für Schulden in sechsstelliger Höhe, obwohl die GmbH eigentlich eine Haftungsbeschränkung hatte. Hier zeigt sich deutlich: Ein leichter formaler Fehler oder eine übereilte persönliche Zusage kann die ganze Schutzfunktion der GmbH aushebeln.

Absicherung und Prävention: Wie Geschäftsführer ihr Risiko minimieren

Die beschriebenen Risiken können zwar erhebliche Folgen haben, doch es gibt zahlreiche Maßnahmen, mit denen sich Geschäftsführer gegen Haftungsansprüche schützen oder das Risiko deutlich reduzieren können. Für Gründer und Start-up-CEOs sind insbesondere folgende Ansatzpunkte wichtig:

D&O-Versicherung abschließen

Eine D&O-Versicherung (Directors-and-Officers-Versicherung, auch Managerhaftpflichtversicherung) ist eine spezielle Haftpflichtversicherung für Organe eines Unternehmens, also z.B. Geschäftsführer einer GmbH oder Vorstände einer AG. Sie übernimmt im Schadensfall die Kosten für Haftpflichtansprüche gegen den versicherten Manager. Typischerweise geht es dabei um Schadensersatzforderungen der Gesellschaft (Innenhaftung) oder von Dritten (Außenhaftung), soweit kein Vorsatz vorliegt. Gerade bei Vermögensschäden durch Fehlentscheidungen ist die D&O-Versicherung Gold wert: Sie übernimmt Anwalts- und Gerichtskosten zur Abwehr unberechtigter Forderungen und zahlt im Ernstfall den Schadensersatz. Für Start-ups kann eine D&O finanziell belastend sein, doch angesichts der steigenden Anforderungen und Risiken sollte jeder Geschäftsführer prüfen, ob er sich zumindest für wesentliche Risiken absichert. Wichtig ist, die Deckungssummen und Ausschlüsse im Blick zu haben. Nicht jede Police deckt z.B. Ansprüche aus allen erdenklichen Pflichtverletzungen (oft ausgeschlossen sind etwa bewusste Gesetzesverstöße oder bestimmte Arten von Steuerschulden).

Internes Kontrollsystem und Compliance

Ein robustes internes Kontrollsystem (IKS) hilft, Fehler und Versäumnisse frühzeitig zu erkennen und zu vermeiden. Dazu zählen zum Beispiel regelmäßige Finanz- und Liquiditätsüberprüfungen, damit drohende Zahlungsengpässe und eine mögliche Überschuldung zeitnah erkannt werden. Ein gutes Controlling alarmiert den Geschäftsführer rechtzeitig, wenn sich eine Krise abzeichnet, sodass er früh gegensteuern oder im Ernstfall rechtzeitig Insolvenzantrag stellen kann, bevor persönliche Haftung entsteht.

Zum internen Kontrollsystem gehört auch die Einhaltung von Compliance-Richtlinien: Der Geschäftsführer sollte für sein Unternehmen klare Regeln aufstellen (z.B. für den Umgang mit Kundendaten, für Produktsicherheit, für die Abnahme wichtiger Veröffentlichungen durch eine juristische Prüfung etc.). Er muss Zuständigkeiten festlegen und Mitarbeiter regelmäßig schulen, damit alle wissen, welche Vorschriften es zu beachten gilt. Gerade Start-ups schenken dem Thema Compliance anfangs oft wenig Aufmerksamkeit, doch ein Mindestmaß an organisatorischer Vorsorge ist unerlässlich, um später nicht wegen einfacher Versäumnisse zur Rechenschaft gezogen zu werden.

Finanzielle und juristische Vorsorge

Ein guter Geschäftsführer plant nicht nur das Business, sondern auch den Notfall. Dazu gehört, finanzielle Reserven (im Sinne einer „Kriegskasse“) zu schaffen, um kurzfristige Krisen überbrücken zu können, ohne sofort in Rechtsverletzungen zu geraten. Beispielsweise kann es sinnvoll sein, eine Linie für Liquiditätskredite zu vereinbaren oder frühzeitig mit Gesellschaftern über Nachschüsse in der Krise zu sprechen. So verhindert man, dass Steuern oder Beiträge aus Mangel an Geld nicht gezahlt werden.

Ebenfalls ratsam ist die präventive Konsultation von Experten: Regelmäßige Abstimmung mit einem Steuerberater stellt sicher, dass alle steuerlichen Pflichten erfüllt werden und Warnsignale (wie rückliegende Steuerzahlungen) ernst genommen werden. Ein erfahrener Rechtsanwalt kann helfen, Geschäftsprozesse rechtssicher zu gestalten, zum Beispiel durch Prüfung von Verträgen, Beratung zum Arbeitsrecht oder Datenschutz, und gezielte Hinweise auf gesetzliche Neuerungen, die das Unternehmen betreffen. Gerade wenn ein Unternehmen zu wachsen beginnt, sollte der Geschäftsführer die eigenen Grenzen erkennen: Nicht alle Risiken lassen sich alleine überblicken, und rechtzeitig Rat einzuholen ist kein Zeichen von Schwäche, sondern gelebtes Risikomanagement.

Zudem kann es hilfreich sein, im Geschäftsführeranstellungsvertrag mit den Gesellschaftern gewisse Haftungsfreistellungen oder Unterstützungszusagen zu vereinbaren. Häufig beschließen Gesellschaften jährlich eine Entlastung des Geschäftsführers für das vergangene Geschäftsjahr, was zumindest intern signalisiert, dass keine Ansprüche wegen bekannter Pflichtverletzungen geltend gemacht werden sollen. Zwar schützt eine Entlastung nicht gegenüber externen Ansprüchen oder bei vorsätzlichem Verhalten, aber sie schafft Vertrauen und reduziert das Konfliktpotential mit den Gesellschaftern.

Trennung von Privat- und Unternehmenssphäre

Last but not least: Disziplin im Umgang mit Unternehmensvermögen und -risiken bewahrt vor den meisten Durchgriffshaftungs-Fällen. Gründer sollten von Anfang an strikt zwischen dem Geld der Firma und ihrem privaten Geldbeutel trennen. Keine Privatentnahmen ohne saubere vertragliche Grundlage, keine Vermögensvermischung, keine Nutzung der GmbH wie eine Privatbank. Ebenso sollten Geschäftsführer sich gut überlegen, wann sie persönliche Garantien oder Bürgschaften abgeben. Auch wenn Kreditgeber oft darauf drängen: Jede persönliche Haftungsübernahme hebelt die Begrenzung der Haftung aus und kann im Ernstfall existenzbedrohend werden. Es lohnt sich, hart zu verhandeln, ob nicht andere Sicherheiten gestellt werden können oder zumindest die Haftung begrenzt wird. Verträge sollten stets im Namen der Gesellschaft abgeschlossen werden und auch als solche kenntlich sein (durch entsprechende Unterschrift mit Firmenzusatz), um Missverständnisse über die Haftung zu vermeiden.

Checkliste: So reduzieren Gründer-Geschäftsführer ihr Haftungsrisiko

  • Informieren & Schulen: Mache dich frühzeitig mit den zentralen Pflichten eines GmbH/UG-Geschäftsführers vertraut (Buchführung, Termine für Steuerzahlungen, arbeitsrechtliche Pflichten, etc.). Besuche Schulungen oder Seminare zu Geschäftsführerpflichten, um typische Fallstricke zu kennen.
  • Finanzüberwachung einrichten: Behalte die Liquidität im Blick. Nutze ein Finanz-Controlling, das dir jederzeit zeigt, wie lange dein Kapital reicht. Drohen Engpässe, handle sofort (Kostenreduktion, Investorengespräche, Insolvenzantrag in Erwägung ziehen).
  • Steuer- und Abgabendisziplin: Richte ein System ein (z.B. Treuhandkonto oder automatisierte Abbuchungen), damit Umsatzsteuer, Lohnsteuer und Sozialabgaben pünktlich abgeführt werden. Im Zweifel sprich frühzeitig mit dem Finanzamt über Stundungen, statt die Zahlung einfach auszusetzen.
  • Compliance-Management: Etabliere firmeninterne Richtlinien für alle relevanten Bereiche (Datenschutz, Arbeitsschutz, IT-Security, etc.). Benenne Verantwortliche im Team und prüfe regelmäßig, ob Prozesse eingehalten werden. Führe eine Dokumentation, um im Ernstfall nachweisen zu können, dass du deinen Aufsichtspflichten nachgekommen bist.
  • Externe Beratung nutzen: Habe einen Steuerberater für die laufende Finanz- und Lohnbuchhaltung. Nutze einen Juristen für komplizierte Verträge, Gesellschaftsrecht und Compliance-Fragen. Eine kurze Rückfrage kann größere Probleme oft verhindern.
  • D&O-Versicherung prüfen: Gerade wenn dein Startup Investoren an Bord hat oder hohe Wachstumsziele verfolgt, steigert sich auch dein persönliches Risiko. Kalkuliere die Kosten einer D&O-Versicherung ein und vergleiche Angebote. Achte darauf, welche Risiken abgedeckt sind.
  • Keine Experimente mit Kapital: Halte dich strikt an die Regeln der Kapitalerhaltung. Zahl dir als Gesellschafter keine vorschnellen Gewinnausschüttungen oder Darlehen aus dem Gesellschaftsvermögen aus. Diese werden womöglich rückabgewickelt und führen zu Haftung.
  • Privat und Firma trennen: Vermeide es, private Ausgaben über die Firma abzuwickeln oder umgekehrt Firmenmittel privat zu nutzen. Führe ordnungsgemäß getrennte Konten und Buchhaltung. Diese klare Trennung schützt vor dem Vorwurf der Vermögensvermischung.
  • Vertragsgestaltung bewusst handhaben: Unterschreibe Verträge immer im Namen der GmbH/UG und prüfe, ob Klauseln dich persönlich verpflichten (z.B. persönliche Garantien). Lass im Zweifel Verträge juristisch prüfen, bevor du Verpflichtungen eingehst, die du später bereuen könntest.

Fazit

Für Gründer und Geschäftsführer einer GmbH oder UG ist das Thema Haftung von zentraler Bedeutung. Die Rechtsform der Gesellschaft mit beschränkter Haftung schützt zwar grundsätzlich das Privatvermögen der Gesellschafter, doch der Geschäftsführer als Organ steht in vielerlei Hinsicht in der Verantwortung. Gesetzliche Pflichten wie die Insolvenzantragspflicht, die Abführung von Steuern und Sozialabgaben oder die Organisation eines gesetzeskonformen Betriebs müssen unbedingt ernst genommen werden, denn hier droht persönliche Haftung bis hin zur Durchgriffshaftung im Ausnahmefall. Gerade Start-up-CEOs sollten die beschriebenen typischen Risiken kennen und aktiv gegensteuern. Die gute Nachricht: Mit einer bewussten Compliance-Kultur, solidem Finanzmanagement und Rückendeckung durch Versicherung und Beratung lassen sich die meisten Haftungsfallen umschiffen. So können sich Gründer auf den Aufbau ihres Unternehmens konzentrieren, ohne ständig um ihr Privatvermögen fürchten zu müssen.

Marian Härtel
Author: Marian Härtel

Marian Härtel ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für IT-Recht mit einer über 25-jährigen Erfahrung als Unternehmer und Berater in den Bereichen Games, E-Sport, Blockchain, SaaS und Künstliche Intelligenz. Seine Beratungsschwerpunkte umfassen neben dem IT-Recht insbesondere das Urheberrecht, Medienrecht sowie Wettbewerbsrecht. Er betreut schwerpunktmäßig Start-ups, Agenturen und Influencer, die er in strategischen Fragen, komplexen Vertragsangelegenheiten sowie bei Investitionsprojekten begleitet. Dabei zeichnet sich seine Beratung durch einen interdisziplinären Ansatz aus, der juristische Expertise und langjährige unternehmerische Erfahrung miteinander verbindet. Ziel seiner Tätigkeit ist stets, Mandanten praxisorientierte Lösungen anzubieten und rechtlich fundierte Unterstützung bei der Umsetzung innovativer Geschäftsmodelle zu gewährleisten.

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