- Der Asset Deal ermöglicht den selektiven Erwerb von Vermögenswerten, vermeidet jedoch bestimmte Verbindlichkeiten.
- Im Share Deal werden alle Vermögenswerte und Verbindlichkeiten des Unternehmens übernommen.
- Die notarielle Beurkundung spielt eine entscheidende Rolle im Kontext von Asset Deals und Share Deals.
- Nach § 311b Abs. 3 BGB ist eine notarielle Beurkundung notwendig, wenn das gesamte Vermögen verkauft wird.
- „Catch-all-Klauseln“ können kompliziert sein und die Notwendigkeit der notariellen Beurkundung beeinflussen.
- Eine fehlende notarielle Beurkundung kann zu erheblichen rechtlichen Konsequenzen führen, einschließlich Nichtigkeit des Vertrags.
- Der Artikel hebt die Bedeutung der juristischen Details bei Asset Deals zur Vermeidung von Fallstricken hervor.
Unternehmenskäufe gehören zum Tagesgeschäft in der gesellschaftsrechtlichen Beratung. Zwei Gestaltungsformen dominieren die Praxis: Asset Deal und Share Deal. Beide sind etabliert, unterscheiden sich jedoch erheblich in ihrer rechtlichen Struktur, Risikoverteilung und steuerlichen Wirkung.
Während der Share Deal auf die Übertragung von Gesellschaftsanteilen zielt, betrifft der Asset Deal die selektive Übertragung einzelner Vermögenswerte. Für Käufer und Verkäufer ist die Wahl der Struktur kein bloßer Formalismus, sondern strategisch bedeutsam – sowohl im Hinblick auf die Transaktionssicherheit als auch auf Haftung, Finanzierung und steuerliche Optimierung.
Dieser Beitrag beleuchtet die Unterschiede der beiden Modelle, mit einem besonderen Fokus auf eine häufig übersehene, aber praxisrelevante Vorschrift: § 311b Abs. 3 BGB, der in bestimmten Konstellationen auch beim Asset Deal eine notarielle Beurkundung verlangt.
Grundlagen: Asset Deal vs. Share Deal
Share Deal
Beim Share Deal werden Anteile an einer Kapital- oder Personengesellschaft übertragen – in der Regel GmbH-Anteile (§ 15 Abs. 1, 3 GmbHG) oder Aktien (§ 67 AktG). Der Erwerber tritt in die Rechtsstellung des Gesellschafters ein und übernimmt damit das Unternehmen in seiner Gesamtheit – einschließlich aller Aktiva und Passiva, Verträge, Mitarbeiter und potenzieller Altlasten.
Vorteile:
- Einfache Übertragbarkeit durch einen einzigen Rechtsakt
- Erhalt bestehender Vertragsbeziehungen und Lizenzen
- Schnelle Umsetzung (bei klaren Eigentumsverhältnissen)
Risiken:
- Übernahme aller Verbindlichkeiten
- Mögliche steuerliche Belastungen beim Veräußerer
- Notarielle Form zwingend erforderlich (§ 15 Abs. 3 GmbHG)
Asset Deal
Der Asset Deal führt zur Einzelrechtsnachfolge. Gegenstand sind einzelne Wirtschaftsgüter oder ganze Geschäftsbetriebe, z. B. Maschinen, Kundenverträge, Lagerbestände oder immaterielle Rechte. Die operative Hülle (z. B. die GmbH als juristische Person) bleibt bestehen, sie wird lediglich „ausgeschlachtet“.
Vorteile:
- Selektive Übernahme: gezielte Ausklammerung von Risiken und Verbindlichkeiten
- Bessere steuerliche Strukturierungsmöglichkeiten
- Kein unmittelbarer Anteilserwerb
Risiken:
- Einzelübertragung jedes Vermögensgegenstands erforderlich (ggf. Zustimmung Dritter)
- Komplexität der Transaktionsstruktur
- Eventuell Zustimmung des Betriebsrats bei Betriebsübergang (§ 613a BGB)
Wichtig: Während der Share Deal stets der notariellen Beurkundung bedarf, ist dies beim Asset Deal nur ausnahmsweise der Fall – aber genau diese Ausnahme hat es in sich.
Die notarielle Beurkundung beim Asset Deal – § 311b Abs. 3 BGB im Fokus
Was regelt § 311b Abs. 3 BGB?
„Verpflichtet sich ein Unternehmer zur Veräußerung seines gesamten gegenwärtigen Vermögens, so bedarf der Vertrag der notariellen Beurkundung.“
Der Zweck der Norm liegt im Schutz des Veräußerers: Die vollständige Veräußerung seines Vermögens soll nicht leichtfertig und ohne rechtliche Kontrolle erfolgen. Die notarielle Beurkundung dient hier nicht nur der Form, sondern auch der rechtlichen Aufklärung und Absicherung.
Wann ist ein Asset Deal vom Beurkundungserfordernis betroffen?
Die Beurkundungspflicht greift nicht bereits dann, wenn der wirtschaftliche Effekt dem einer Unternehmensveräußerung gleichkommt. Entscheidend ist, ob sich der Veräußerer ausdrücklich zur Übertragung seines gesamten Vermögens verpflichtet.
Indizien für die Beurkundungspflicht:
- Catch-all-Klauseln wie: „Der Verkäufer überträgt alle im Eigentum stehenden Vermögenswerte, gleich ob aufgeführt oder nicht.“
- Veräußerung ohne explizite Einschränkung auf einzelne Aktiva
- Fehlen einer Vermögensreserve oder Fortführungsabsicht
Nicht beurkundungspflichtig ist hingegen:
- Die Übertragung ausdrücklich bezeichneter Einzelpositionen (selbst wenn sie faktisch das gesamte Vermögen ausmachen)
- Die Veräußerung eines klar abgegrenzten Geschäftsbereichs
- Die Veräußerung eines bestimmten Bruchteils oder Prozentanteils, sofern nicht auf das gesamte Vermögen abgestellt wird
Beispiele aus der Praxis
- ✅ Nicht beurkundungspflichtig: Ein Unternehmen verkauft alle Maschinen, Patente und Markenrechte – allerdings nur, soweit diese im Anhang 1 gelistet sind. Keine „Catch-all“-Klausel.
- ❌ Beurkundungspflichtig: „Veräußert werden alle dem Verkäufer gehörenden Aktiva und Forderungen.“ Keine Einschränkung, umfassender Vermögensübergang – § 311b Abs. 3 BGB greift.
Rechtsfolgen bei Formverstoß
Wird ein nach § 311b Abs. 3 BGB beurkundungspflichtiger Vertrag ohne Beurkundung abgeschlossen, ist er nichtig (§ 125 BGB).
Das kann in der Praxis zu erheblichen Rückabwicklungs- und Haftungsrisiken führen:
- Kein wirksamer Eigentumsübergang
- Rückforderung der bereits übertragenen Vermögensgegenstände
- Rückabwicklung von Kaufpreiszahlungen
- Haftung des Beraters bei fehlender Aufklärung
Strategische Hinweise für die Vertragsgestaltung
- Keine Pauschalklauseln: Vermeidung unbestimmter Formulierungen („alle Aktiva“)
- Exakte Auflistung der zu übertragenden Assets im Anhang
- Definition eines Restvermögens oder Fortführungszwecks zur Abgrenzung
- Vertraglich klarstellen, dass keine vollständige Entäußerung beabsichtigt ist
- Erstellung einer Vermögensübersicht zur Dokumentation des verbleibenden Vermögens
Fazit: Die notarielle Beurkundung im Asset Deal – oft übersehen, rechtlich aber hochrelevant
Die Vertragsgestaltung bei Unternehmenskäufen verlangt Sorgfalt – nicht nur inhaltlich, sondern auch formal. § 311b Abs. 3 BGB ist eine wenig beachtete, aber potentiell folgenschwere Norm: Ein vermeintlich einfacher Asset Deal kann bei unklarer Vertragsformulierung schnell zur Formnichtigkeit führen.
Wer rechtssicher handeln will, sollte:
- Vertragsgegenstände exakt bezeichnen
- keine Generalklauseln verwenden
- stets prüfen (lassen), ob eine Beurkundungspflicht besteht
Der Mehraufwand lohnt sich – denn die nachträgliche Heilung eines unwirksamen Vertrags ist in vielen Fällen nicht möglich.