- Polizeibeamte durften keine Fotos von einer Versammlung in Essen-Steele machen und diese veröffentlichen.
- Das Oberverwaltungsgericht entschied, dass das Vorgehen der Polizei rechtswidrig war.
- Das Vorgehen der Polizei griff in das Versammlungsgrundrecht nach Art. 8 Abs. 1 GG ein.
- Polizeiliche Foto- und Videoaufnahmen könnten Teilnehmer einschüchtern und verhaltenslenkend wirken.
- Eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage für die Fotoaufnahmen besteht nicht.
- Das Versammlungsgesetz erlaubt Aufnahmen nur zur Gefahrenabwehr.
- Die Revision wurde an das Bundesverwaltungsgericht wegen der grundsätzlichen Bedeutung zugelassen.
Polizeibeamte des Polizeipräsidiums Essen waren nicht berechtigt, Fotos von einer Versammlung in Essen-Steele zu machen und diese auf dem Facebook-Profil der Polizei sowie auf Twitter zu veröffentlichen. Dies hat das Oberverwaltungsgericht mit Urteil vom heutigen Tag entschieden.
Auf den veröffentlichten Fotos waren zwei Personen als Teilnehmer der Versammlung zu sehen. Mit ihrer Klage begehrten diese die Feststellung, dass das Vorgehen der Polizei rechtswidrig war. Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hat der Klage stattgegeben. Die dagegen gerichtete Berufung des beklagten Landes hat keinen Erfolg.
In der mündlichen Urteilsbegründung hat der Vorsitzende des 15. Senats im Wesentlichen ausgeführt:
Das Anfertigen der Fotos, um diese im Rahmen der polizeilichen Öffentlichkeitsarbeit auf Twitter und Facebook zu publizieren, habe in das Versammlungsgrundrecht aus Art. 8 Abs. 1 GG eingegriffen. Polizeiliche Foto- und Videoaufnahmen von Versammlungen seien grundsätzlich geeignet, einschüchternd, abschreckend oder in sonstiger Weise verhaltenslenkend auf die Teilnehmer einer Versammlung zu wirken. Das gelte auch für Aufnahmen, die erklärtermaßen für die Öffentlichkeitsarbeit der Polizei Verwendung finden sollen. Eine zur Rechtfertigung des Grundrechtseingriffs erforderliche gesetzliche Ermächtigungsgrundlage bestehe nicht. Das Versammlungsgesetz erlaube Film- und Tonaufnahmen nur zum Zwecke der Gefahrenabwehr. Darüber hinaus könne das beklagte Land sich auch nicht erfolgreich auf das Kunsturhebergesetz oder auf die allgemeine Befugnis zu staatlichem Informationshandeln berufen. Eine effektive und zeitgemäße polizeiliche Öffentlichkeitsarbeit werde dadurch nicht unmöglich gemacht. Die Polizei könne über ein Versammlungsgeschehen auch ohne die in Rede stehenden Bilder informieren, ohne gänzlich auf eine Bebilderung zu verzichten. So könnte sie etwa ausschließlich ihre eigenen Einsatzkräfte und -mittel abbilden oder auf Archivfotomaterial zurückgreifen, auf dem der Versammlungsort zu sehen sei.
Der Senat hat die Revision an das Bundesverwaltungsgericht wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zugelassen.