Folgender Artikel wurde ursprünglich von Andrea Rizzi von www.insightlegal.it erstellt und nach Absprache von mir hier auf dem Blog in Deutsch veröffentlicht.
Italien hat kürzlich sein erstes staatliches System zur Altersfreigabe und Klassifizierung von Inhalten veröffentlicht. Am 12. April 2019 veröffentlichte die italienische Regulierungsbehörde für Kommunikation (AGCOM) die neuen Verordnungen, die sowohl (i) audiovisuelle Werke, die für den Online-Vertrieb bestimmt sind, als auch (ii) Videospiele umfassen.
Die neuen Verordnungen, die am 13. April 2019 in Kraft getreten sind, legen den allgemeinen Rahmen des neuen Klassifizierungssystems fest und überlassen es AGCOM, durch die weitere maßgeschneiderte Richtlinien praktische, operative und weitere wichtige Details zu regeln.
Am 1. August 2019 veröffentlichte AGCOM die Leitlinien, die glücklicherweise einige zweifelhafte Punkte im Text der Verordnungen selbst klären und die für die Einhaltung und Durchsetzung notwendigen operativen Leitlinien liefern.
Die Richtlinien wurden ab dem 2. August 2019 in Kraft gesetzt. Den Unternehmen wird jedoch bis zum 30. Oktober 2019 (d.h. 90 Tage ab dem Tag der Veröffentlichung der Leitlinien) Zeit eingeräumt, um die neuen Regeln und das neue Klassifizierungssystem einzuhalten.
DAS NEUE SYSTEM GILT FÜR VIDEOSPIELINHALTE, DIE DEN IN ITALIEN ANSÄSSIGEN VERBRAUCHERN ZUR VERFÜGUNG GESTELLT WERDEN.
Das neue Klassifizierungssystem gilt für Videospiele (definiert als “Multimedia-Werke mit Spielecharakter, die über jedes Kommunikationsmedium zur Verfügung gestellt wird, das sein Funktionieren ermöglicht”) und Videospielinhalte, aber die Vorschriften und Richtlinien schweigen sich bislang über den geografischer Geltungsbereich des neuen Systems aus.
Nach Meinung des Kollegen Andrea Rizzi sollte es für Videospiele gelten, die offline in Italien verteilt oder den in Italien ansässigen Verbrauchern online zur Verfügung gestellt werden, aber der Kollege hofft, dass AGCOM selbst genau diesen Punkt bald klären wird.
WER WIRD FÜR DIE EINHALTUNG SORGEN MÜSSEN?
Die Vorschriften besagen eindeutig, dass die Dienstleister, die der Öffentlichkeit Videospiele und Videospielinhalte zur Verfügung stellen, in erster Linie für die Einhaltung der neuen Regeln und des neuen Klassifizierungssystems verantwortlich sind. Insbesondere werden in den Verordnungen “Online-Dienstleister” (Bereitstellung von Videospielinhalten) definiert als (i) Dienstanbieter, die die redaktionelle Verantwortung für die Plattform tragen, auf der die Inhalte bereitgestellt werden, und (ii) Hosting-Anbieter im Sinne der E-Commerce-Richtlinie (d.h. der Richtlinie 2000/31/EG).
Was jedoch die Frage der Verantwortlichkeit betrifft, so ermöglichen die Leitlinien ein hohes Maß an Flexibilität für die Parteien, d.h. für die Anbieter von Inhalten auf der einen Seite und für die Plattformen, die Inhalte zur Verfügung stellen, auf der anderen Seite, sich vertraglich zu einigen, wer zwischen den beiden die Verantwortung im Hinblick auf die neuen Regeln trägt.
Dies sollte vermutlich bedeuten, dass AGCOM die spezifischen vertraglichen Vereinbarungen der Parteien berücksichtigen muss, um festzustellen, wer tatsächlich für die Einhaltung der Vorschriften verantwortlich ist, ohne dass AGCOM sich auf die gemeinsame und mehrfache Verantwortung sowohl des Inhaltsanbieters als auch der Plattform verlassen kann.
WAS IST DANN MIT PEGI?
Die Leitlinien haben bestätigt (wenn auch mit einem Wortlaut, der Unsicherheiten mit sich bringt), dass das neue AGCOM-Bewertungssystem nicht zusätzlich zum PEGI-Bewertungssystem, sondern lediglich eine Alternative dazu ist. Das bedeutet, dass Videospiele und Videospielinhalte, die auf dem italienischen Markt angeboten werden, entweder mit PEGI oder mit dem neuen AGCOM-System übereinstimmen müssen.
Das bedeutet, dass das neue AGCOM-Klassifizierungssystem nur insoweit relevant wird, als ein Videospiel (das für den Vertrieb in Italien bestimmt ist) kein PEGI-Rating hat.
Dazu die Leitlinien:
A) Videospiele, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Vorschriften (d.h. am 13. April 2019) bereits ein PEGI-Rating erhalten haben (oder ein PEGI-Rating beantragt haben), gelten als konform mit den neuen Vorschriften und können wie gewohnt auf dem italienischen Markt legal vertrieben werden (unabhängig davon, ob sie bereits in Italien vermarktet werden oder nach Inkrafttreten der Vorschriften in den italienischen Markt gebracht werden);
B) Videospiele, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnungen noch nicht in den PEGI-Klassifizierungsprozess eingetreten sind, sollten mit Wirkung zum 30. Oktober 2019 die angemessene Alterseinstufung gemäß der den Leitlinien beigefügten Tabelle anzeigen, die sowohl (und nur) die PEGI- als auch die italienischen / AGCOM-Altersgruppen und Inhaltsdeskriptoren enthält.
Der Kollege weist jedoch darauf hin, dass der Wortlaut der Leitlinien noch etwas unklar ist, wie die neuen Regeln auf den Status von Videospielen anzuwenden sind, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnungen nicht in den PEGI-Klassifizierungsprozess eingetreten sind. In Anbetracht des Grundsatzes der Gleichwertigkeit zwischen der PEGI und den AGCOM-Bewertungssystemen, wie in Artikel 11.2 der Vorschriften dargelegt und in Abschnitt 2 der Leitlinien zum Ausdruck gebracht, sollte es seiner Meinung nach jedoch keinen Zweifel daran geben, dass, sofern ein Videospiel eine PEGI-Bewertung hat, unabhängig davon, wann die PEGI-Bewertung beantragt oder tatsächlich erhalten wurde oder alternativ die AGCOM-Bewertung anzeigt, legal auf dem italienischen Markt vertrieben werden darf.
WIE FUNKTIONIERT DER ITALIENISCHE ZERTIFIZIERUNGSPROZESS FÜR DAS NEUE AGCOM-SYSTEM?
Das italienische Klassifizierungssystem für Videospiele basiert auf dem Konzept der Selbstzertifizierung. Die Parteien, die die Last und Verantwortung für die Einhaltung der Vorschriften tragen, müssen Art und Art der Inhalte bewerten und die geeignete Alterseinstufung auf der Grundlage der Angaben in der Tabelle im Anhang der AGCOM-Richtlinien und der für jede der italienischen / AGCOM-Altersgruppen geltenden Beschränkungen festlegen.
AGCOM ist berechtigt, im Rahmen seiner Überwachungs- und Durchsetzungsaktivitäten die Partei, die die Last und Verantwortung für die Einhaltung der Vorschriften trägt, aufzufordern, Informationen und zugehörige Unterlagen vorzulegen, die es AGCOM ermöglichen, die Richtigkeit der von der Partei vorgenommenen Alterseinstufung zu überprüfen.
Diese Informationen und Unterlagen sollten Folgendes umfassen:
i) den Titel des Videospiels, die der Öffentlichkeit zugängliche Version der Software und alle anderen Informationen, die es ermöglichen, die beteiligten Parteien zu identifizieren, und die Überprüfung des Falles durch AGCOM (z.B. Informationen über den Entwickler, den Herausgeber, die Plattform, das Veröffentlichungsdatum);
ii) die Angabe aller kritischen Inhalte, auf die sich die Alterseinstufung stützt (z.B. schlechte Sprache, Diskriminierung und Hassreden, Drogen, Angst, Glücksspiel, Sex, Gewalt sowie In-App-Käufe);
iii) Inhaltsmaterial (Bilder und / oder Videomaterial) zur Erläuterung und Unterstützung der von der Partei vorgenommenen Alterseinstufung.
UNTERSCHEIDET SICH DAS NEUE ITALIENISCHE KLASSIFIZIERUNGSSYSTEM FÜR VIDOEGAMES GRUNDLEGEND VON PEGI?
Die beiden Systeme weisen signifikante Ähnlichkeiten auf, z.B. sind die Kriterien zur Bestimmung der für ein Spiel geeigneten Altersklasse und die zu verwendenden relevanten Deskriptoren nahezu identisch.
Der Hauptunterschied zwischen den beiden Systemen besteht darin, dass das italienische System eine zusätzliche Altersklasse für Kinder zwischen 4 und 6 Jahren beinhaltet, die PEGI nicht hat. Ansonsten sind die Altersklassen, Piktogrammfarben und Inhaltsbeschreibungen mit PEGI identisch.
Diese Klasse wurde – soweit dies der Kollege beurteilen kann – gegen die Empfehlung von PEGI / ISFE und der italienischen Publisher and Developer Association (AESVI) hinzugefügt, um den Schutz der jüngsten Spieler zu erhöhen, da Computerspiele deutlich mehr Interaktivität aufweisen.
Auch die von AGCOM in den Leitlinien gegebenen praktischen/operativen Leitlinien, in denen es darum geht, wo und wie die Piktogramme und Deskriptoren bei physischen und digitalen Produkten angezeigt werden sollen, was natürlich und unvermeidlich auch Esports sowie die Werbung und den Online-Vertrieb betrifft, bestätigen, dass das AGCOM-System im Wesentlichen auf das PEGI-System ausgerichtet ist.
Insbesondere git:
– Wann immer das Videospiel nach PEGI bewertet wird, sollte die Einhaltung der neuesten Version des PEGI-Verhaltenskodex in Bezug auf Kennzeichnung, Werbung und Verkaufsförderung für die Einhaltung der neuen italienischen Vorschriften ausreichen;
– Wann immer das Videospiel nach dem italienischen / AGCOM-Klassifizierungssystem bewertet wird, stellen die Leitlinien klar, dass (i) in Bezug auf die Kennzeichnung einige spezifische – aber nicht besonders belastende – Kennzeichnungsvorschriften (z.B. spezifische Piktogrammgröße), die denen ähneln, die bereits für PEGI gelten, eingehalten werden sollten, während (ii) in Bezug auf Werbung und Verkaufsförderung auf die relevanten Abschnitte des jüngsten Verhaltenskodex der PEGI verwiesen wird.
HABEN DIE NEUEN VORSCHRIFTEN ZÄHNE?
Im Falle einer Nichteinhaltung kann AGCOM den Verletzer innerhalb von 10 Tagen benachrichtigen, um sich zur Verteidigung zu äußern, und dann entscheiden, ob eine oder mehrere Bußgelder in Höhe von 25.000 bis 350.000 Euro verhängt werden sollen.