Irreführende Produktbeschreibungen: Neue OLG-Urteile zeigen Fallstricke für Onlinehändler auf
Wer in Online-Shops Produkte verkauft, möchte sie natürlich bestmöglich beschreiben und anpreisen. Doch gewisse Formulierungen und Grafiken können rechtlich problematisch sein, wie aktuelle Urteile von Oberlandesgerichten verdeutlichen. Onlinehändler sollten die Grenzen des Erlaubten kennen, um teure Abmahnungen zu vermeiden.
In den vergangenen Wochen sind zwei interessante Urteile von Oberlandesgerichten ergangen, die für Onlinehändler bei der Gestaltung von Produktbeschreibungen relevant sein können. Sie zeigen typische Fallstricke auf, wo vermeintlich werbewirksame Formulierungen oder bildliche Darstellungen rechtlich unzulässig sein können.
OLG Hamburg: Irreführende Werbung für Sonnenschutz als “Innovation”
Das OLG Hamburg (Urteil vom 16.11.2022, Az. 5 U 42/22) hatte sich mit der Werbung für ein Sonnenschutzmittel einer Kosmetikfirma zu befassen. Die Beklagte pries dieses als “Innovation” an und stellte den Schutz vor “HEV Blue Light” mit einer auffälligen blauen Grafik besonders heraus. In der Werbung wurde HEV Blue Light optisch auf eine Stufe mit den UVB- und UVA-Strahlen gestellt.
Das Gericht sah hierin eine Irreführung der angesprochenen Verkehrskreise. Zwar sei ein Schutz der Haut vor HEV Blue Light grundsätzlich sinnvoll und werblich anpreisbar. Die konkrete Art der Werbung erwecke aber den falschen Eindruck, dieser Schutz sei genauso wichtig und erforderlich wie der vor UV-Strahlung.
Tatsächlich sei aber nach wissenschaftlichem Konsens die UV-Strahlung der mit Abstand bedeutsamere Faktor für schädliche Hautveränderungen wie Sonnenbrand, vorzeitige Alterung und Hautkrebs. HEV Blue Light spiele demgegenüber nur eine untergeordnete Rolle. Die Werbung mit “Innovation” sei ebenfalls irreführend, da sie suggeriere, es sei der erste Sonnenschutz mit HEV-Schutz überhaupt auf dem Markt. Der tatsächliche Innovationsgehalt des Produkts liege aber lediglich in einem neuartigen Filter gegen UV- und blaues Licht.
OLG Schleswig: Irreführende Angaben zu Motoröl
Das OLG Schleswig (Urteil vom 25.01.2023, Az. 6 U 73/21) befasste sich mit der Werbung eines Ölherstellers für ein Motoröl. Dieser verwendete die Begriffe “OEM” und eine Mercedes-Benz Kennzeichnung bei der Bewerbung des Öls auf der Verpackung und in Prospekten.
Hier sah das Gericht ebenfalls eine Irreführung der angesprochenen Verkehrskreise von Motorölbesitzern. Mit “OEM” (Original Equipment Manufacturer) werde die (falsche) Eigenschaft als Originalteil eines Fahrzeugherstellers behauptet. In Wahrheit stammte das beworbene Öl aber von einem Zulieferer, nicht von Mercedes selbst.
Die Verwendung der Mercedes-Benz Kennzeichnung war laut Gericht für sich genommen nicht per se irreführend. Ohne den Zusatz “Freigabe” werde sie vom Durchschnittskunden aber als Freigabe des Öls durch Mercedes verstanden. Tatsächlich beschriebe die Kennzeichnung aber nur die Spezifikationen, die das Öl erfülle.
Die Urteile zeigen: Vorsicht bei Superlativen und Bildeffekten
Daher
Beide Fälle machen deutlich, dass Online-Händler gerade bei der Bewerbung von Gesundheits- und Pflegeprodukten wie Sonnenschutzmitteln oder bei technischen Produkten wie Motorölen Vorsicht walten lassen sollten. Superlative wie “Innovation”, “Revolution” oder “unser neuer Standard” sind kritisch zu prüfen. Sie suggerieren oft einen nutzenstiftenden Fortschritt, der objektiv nicht gegeben ist.
Auch bildunterstützte Werbeaussagen sind heikel, da sie beim Betrachter einen oft falschen Gesamteindruck erzeugen können. So vermittelt die grafische Gleichstellung verschiedener Produktmerkmale (UV vs. Blaulicht; OEM vs. Zulieferer) einen irreführenden Eindruck über deren tatsächliche Bedeutung.
Stattdessen sollten Online-Händler auf eindeutige, konkrete und nachprüfbare Angaben über die Produkteigenschaften setzen. Blumige Werbesprache und Effekthascherei bergen die Gefahr einer Abmahnung. Das Ziel sollte sein, dem Kunden ein realistisches Bild vom Produkt zu vermitteln. Dann lassen sich auch rechtliche Fallstricke umschiffen.
Fazit: Werbung sollte Erwartungen nicht überzeichnen
Die neuen OLG-Urteile zeigen exemplarisch, dass Online-Händler ihre Werbeaussagen sorgfältig prüfen sollten. Speziell bei anpreisenden Formulierungen und vergleichenden bildlichen Darstellungen ist Vorsicht geboten. Diese können leicht eine Irreführung begründen, wenn dem Produkt Eigenschaften oder ein Nutzen zugeschrieben werden, die es objektiv gar nicht hat.
Insgesamt gilt: Werbung darf nicht mehr versprechen, als das Produkt tatsächlich hält. Werden Erwartungen überzeichnet, drohen kostspielige Abmahnungen. Deshalb sollten realistische Produktinformationen im Vordergrund stehen, nicht übertriebene Anpreisungen in Wort und Bild. So lässt sich erfolgversprechend und rechtssicher zugleich werben.