Unberechtigte Kündigung und Schadensersatzanspruch bei Influencer-Agenturen
Der vorzeitige Wechsel von Influencern zu anderen Agenturen stellt für Influencer-Agenturen ein erhebliches Problem dar. Die Akquise von Kunden und die Planung von Werbekampagnen können sich über mehrere Monate hinziehen, wobei die Agenturen in dieser Zeit bereits erhebliche Ressourcen investieren. Wenn ein Influencer dann kurz vor oder während einer Kampagne unberechtigt kündigt, kann dies zu erheblichen finanziellen Einbußen für die Agentur führen.
Provisionsbasierte Zusammenarbeit und Sunset-Klauseln
In vielen Fällen arbeiten Influencer-Agenturen auf Provisionsbasis, d.h. sie erhalten einen prozentualen Anteil der Einnahmen aus den Werbekampagnen. Wenn ein Influencer vorzeitig wechselt, entgehen der Agentur nicht nur die erwarteten Provisionen, sondern auch die Investitionen in die Kundenakquise und Kampagnenplanung. Selbst wenn der Vertrag sogenannte Sunset-Klauseln enthält, die dem Influencer eine Provision für einen bestimmten Zeitraum nach Vertragsende zusichern, greifen diese oft nicht weit genug, um die Verluste der Agentur auszugleichen.
Schadensersatzansprüche nach § 280 BGB
Eine Möglichkeit für Agenturen, sich gegen unberechtigt kündigende Influencer abzusichern, besteht darin, Schadensersatzansprüche geltend zu machen. Dabei ist zunächst zu prüfen, ob die Kündigung tatsächlich unberechtigt war, d.h. ob der Influencer den Vertrag ohne wichtigen Grund vorzeitig beendet hat. Ein wichtiger Grund könnte beispielsweise vorliegen, wenn die Agentur ihre vertraglichen Pflichten verletzt oder der Influencer aus persönlichen Gründen nicht mehr in der Lage ist, die vereinbarten Leistungen zu erbringen.
Liegt keine Berechtigung zur Kündigung vor, kann die Agentur Schadensersatz nach § 280 BGB verlangen. Hierbei sind insbesondere der entgangene Gewinn aus den geplanten Werbekampagnen sowie nutzlos gewordene Aufwendungen für die Kundenakquise und Kampagnenplanung zu berücksichtigen. Der Influencer haftet jedoch nur, wenn er die Vertragsverletzung zu vertreten hat, d.h. wenn er vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat.
Haftung wegen Verschuldens bei Vertragsverhandlungen (c.i.c.)
Neben Schadensersatzansprüchen aus § 280 BGB kommt auch eine Haftung des Influencers wegen Verschuldens bei Vertragsverhandlungen (culpa in contrahendo, c.i.c.) in Betracht. Diese greift ein, wenn der Influencer schon bei Vertragsschluss nicht die Absicht hatte, den Vertrag bis zum vereinbarten Ende zu erfüllen oder wenn er während der Vertragslaufzeit schuldhaft falsche Erwartungen bei der Agentur geweckt hat, auf die diese ihre Dispositionen gestützt hat.
Vertragsgestaltung und Dokumentation
Um Schadensersatzansprüche effektiv geltend machen zu können, sollten Influencer-Agenturen ihre Verträge sorgfältig ausgestalten und insbesondere Kündigungsfristen, Sunset-Klauseln und Vertragsstrafen für den Fall einer unberechtigten Kündigung durch den Influencer vorsehen. Auch eine detaillierte Dokumentation der Aufwendungen für Kundenakquise und Kampagnenplanung kann helfen, im Streitfall den entstandenen Schaden zu beziffern.
Fazit
Der vorzeitige Wechsel von Influencern stellt Agenturen vor große Herausforderungen. Um sich gegen finanzielle Verluste abzusichern, sollten Agenturen prüfen, ob eine unberechtigt ausgesprochene Kündigung Schadensersatzansprüche auslöst. Dabei sind insbesondere die Vorschriften des § 280 BGB und der c.i.c. zu beachten. Eine sorgfältige Vertragsgestaltung und Dokumentation kann die Durchsetzung von Ansprüchen erleichtern. Dennoch bleibt die Geltendmachung von Schadensersatz oft ein schwieriges Unterfangen, sodass Agenturen gut beraten sind, schon im Vorfeld durch eine sorgfältige Auswahl der Influencer und den Aufbau langfristiger Beziehungen das Risiko eines vorzeitigen Wechsels zu minimieren.