Blockchain Gaming und das französische Jonum Law im Lichte der EU-Verordnung MiCAR
Auf itmedialaw.com berichte ich normalerweise nicht oft über rechtliche Entwicklungen außerhalb Deutschlands. Gerade im Bereich Blockchain und Kryptowährungen ist es schon eine Herausforderung, die internationalen Aspekte auch nur im Ansatz zu berücksichtigen. Doch heute mache ich eine Ausnahme, denn in Frankreich hat sich mit dem sogenannten “Jonum Law” etwas getan, das auch für deutsche Blockchain Gaming Anbieter hochinteressant sein könnte. Das Jonum Law ist Teil des umfassenderen Gesetzes zur Regulierung des digitalen Raums (SREN) und wurde von der französischen Nationalversammlung mit 561 Stimmen verabschiedet. Es schafft einen speziellen regulatorischen Rahmen für Videospiele, die NFTs (Non-Fungible Tokens) und kryptobasierte Monetarisierungsstrategien einsetzen. Damit ist Frankreich das erste Land, das eine dedizierte Regulierung für diesen Bereich einführt.
Was ist das Jonum Law?
Das Jonum Law, oft auch als “Jonum-Regime” bezeichnet (für “Jeux à Objet Numérique Monétisable”, also “Spiele mit monetisierbaren digitalen Objekten”), zielt darauf ab, ein Gleichgewicht zu finden zwischen der Förderung von Innovation bei in Frankreich ansässigen Startups in der Spieleindustrie und dem Schutz der Nutzer. Einer der wichtigsten Aspekte dieses Gesetzes ist die formale Definition von “Jonum”, ein Begriff, der bisher rechtlich nicht klar gefasst war. Diese Definition öffnet die Tür für einen potenziellen neuen regulatorischen Rahmen, der speziell auf Krypto-Spiele zugeschnitten ist und sie von traditionellen Videospielen und Glücksspielaktivitäten abgrenzt.
Das Gesetz definiert Jonum als jedes Online-Spiel, das es Spielern ermöglicht, vom Spielebetreiber ausgegebene, einlösbare digitale Vermögenswerte zu gewinnen. Ein Jonum ist demnach jedes Spiel, das folgende Kriterien erfüllt:
– Ein Online-Spiel
– Verbunden mit einem finanziellen Einsatz
– Basierend auf einem Zufallsmechanismus
– Mit der Erwartung einer Belohnung, die aus einem monetisierbaren digitalen Vermögenswert besteht – unter Ausschluss jeglicher Geldgewinne.
Ein monetisierbarer digitaler Vermögenswert ist “ein Spielelement, das den Spielern allein ein oder mehrere mit dem Spiel verbundene Rechte verleiht und das direkt oder indirekt gegen Entgelt an Dritte übertragen werden kann”.
Interessant ist hier die Frage, inwieweit das Jonum-Regime mit der EU-Verordnung über Märkte für Krypto-Assets (Markets in Crypto-Assets Regulation – MiCAR) kompatibel ist. MiCAR zielt darauf ab, einen harmonisierten europäischen Rechtsrahmen für Krypto-Assets zu schaffen, der Innovation fördert und die Nutzung des Potenzials von Krypto-Assets ermöglicht und gleichzeitig die Finanzstabilität und den Anlegerschutz gewährleistet. Während MiCAR nicht speziell auf Blockchain-Spiele ausgerichtet ist, könnte es dennoch Auswirkungen auf das Jonum-Regime haben, insbesondere wenn es um die Definition und Regulierung von Utility-Token und anderen Krypto-Assets geht, die in Spielen verwendet werden.
Pflichten für Jonum-Anbieter
Jonum-Unternehmen werden ähnlichen Verpflichtungen unterliegen wie Anbieter von Glücksspielen und Gewinnspielen. So müssen sie ihren Hauptsitz innerhalb der EU oder in einem anderen Mitgliedstaat des Europäischen Wirtschaftsraums haben, der ein Abkommen mit Frankreich geschlossen hat, das eine Klausel über Amtshilfe zur Bekämpfung von Steuerbetrug und Steuerhinterziehung enthält. Außerdem müssen sie Vertreter benennen, die in Frankreich ansässig sind, um die lokale Verantwortlichkeit und eine Anlaufstelle für regulatorische Angelegenheiten zu gewährleisten.
Da Jonum für Minderjährige verboten sind, müssen die Betreiber robuste Altersverifikationsmechanismen implementieren – wie bei Glücksspielen und Gewinnspielen. Dazu gehören deutliche Warnhinweise zu Altersbeschränkungen, die Verpflichtung zur Kontoeröffnung für den Spielzugang mit Altersverifikationsschritten und die Sicherstellung, dass Minderjährige kein Werbematerial im Zusammenhang mit Jonum erhalten. Werbliche Kommunikation durch Influencer (im Sinne des französischen Gesetzes vom 9. Juni 2023 zur Regulierung des kommerziellen Einflusses) ist auf Online-Plattformen nur dann zulässig, wenn es technische Möglichkeiten gibt, Minderjährige vom Publikum auszuschließen.
Die Betreiber sind außerdem verpflichtet, die Nutzer über die mit übermäßigem Spielen verbundenen Risiken zu informieren. Dazu gehören die Verbreitung von Warnhinweisen und die Einführung von Transparenzmaßnahmen, um zwanghaftes oder pathologisches Spielverhalten zu verhindern. Sie müssen auch Funktionen wie Selbstausschluss und Ausgabenlimits integrieren sowie den Nutzern Zusammenfassungen der Spielaktivitäten zur Verfügung stellen.
Vor dem Angebot von Jonum-Diensten müssen die Betreiber ihre Absichten der französischen Glücksspielbehörde ANJ (Autorité Nationale des Jeux) melden, können ihre Dienste aber ohne vorherige Genehmigung anbieten. Diese Erklärung ist ein grundlegender Schritt für die behördliche Aufsicht und unterscheidet sich von dem vollständigen Genehmigungsverfahren, das für traditionelle Glücksspiel- und Gewinnspielanbieter erforderlich ist. Die ANJ ist für die Überwachung der Einhaltung der Vorschriften zuständig.
Diese Verpflichtungen für Jonum-Anbieter scheinen weitgehend mit den Anforderungen von MiCAR vereinbar zu sein, insbesondere in Bezug auf den Verbraucherschutz, die Prävention von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung sowie die Aufsicht durch Regulierungsbehörden. Allerdings bleibt abzuwarten, wie sich MiCAR letztendlich auf spezifische Aspekte des Jonum-Regimes auswirken wird. Insbesondere die Frage, ob und wie die in Jonum-Spielen verwendeten digitalen Assets unter MiCAR einzuordnen sind, wird entscheidend sein. MiCAR unterscheidet zwischen Krypto-Assets, die als Finanzinstrumente gelten und solchen, die nicht als Finanzinstrumente eingestuft werden. Letztere fallen unter den Anwendungsbereich von MiCAR. Die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) wird bis zum 30. Dezember 2024 Leitlinien zu den Kriterien und Bedingungen für die Einstufung digitaler Assets als Finanzinstrumente oder Nicht-Finanzinstrumente herausgeben. Diese Leitlinien werden auch für die Einordnung der in Jonum-Spielen verwendeten digitalen Assets relevant sein.
Offene Fragen und Ausblick
Während der Dialog zwischen dem französischen Gesetzgeber und der Europäischen Kommission lobenswert ist, hat er zu einer Verzögerung bei der Verabschiedung des SREN-Gesetzes geführt, was dem Grundsatz der Rechtssicherheit abträglich ist. Gerade dieser Grundsatz hatte den Gesetzgeber jedoch dazu veranlasst, rasch einen geeigneten Rechtsrahmen zu schaffen, damit französische Jonum-Unternehmen schnell ehrgeizige Projekte entwickeln können.
Darüber hinaus werden zahlreiche Bestimmungen, die für Jonum gelten, nach der Verkündung des Gesetzes an die Regulierungsbehörde verwiesen. Dazu gehören die Festlegung der Merkmale der Belohnungen und der Obergrenzenkriterien für bestimmte Belohnungskategorien, die keine monetisierbaren digitalen Vermögenswerte sind, die Liste der zulässigen Spielkategorien, die Liste der Informationen, die das Unternehmen der ANJ bei der Abgabe seiner Erklärung vorlegen muss, die Verfahren für die Eröffnung, Verwaltung und Schließung von Spielerkonten, die Informationen, die der ANJ während des Spielbetriebs zu übermitteln sind, und die Bedingungen, unter denen die Kontrollen der ANJ durchgeführt werden.
Die sich entwickelnde Rechtslage unterstreicht die Notwendigkeit eines stabilen und transparenten regulatorischen Umfelds, um Vertrauen und Innovation im Web-3.0-Markt zu fördern. Das Jonum Law und das Jonum-Regime zielen darauf ab, ein reguliertes Umfeld für den wachsenden Sektor der kryptobasierten Videospiele zu schaffen. Dieser Rechtsrahmen schafft nicht nur Klarheit, sondern führt auch Schutzmaßnahmen für die Nutzer und die Branche als Ganzes ein. Auch wenn der Weg des Gesetzes noch nicht abgeschlossen ist und es möglicherweise noch Hürden im Verfassungsrat zu überwinden gilt, stellt es einen bedeutenden Schritt zur Anerkennung und Regulierung der Krypto-Gaming-Industrie in Frankreich dar.
Spannend wird sein, wie sich das Jonum-Regime mit MiCAR vereinbaren lässt. Während MiCAR einen umfassenden Rahmen für die Regulierung von Krypto-Assets in der EU schaffen soll, ist das Jonum-Gesetz speziell auf Blockchain-Spiele zugeschnitten. Es bleibt abzuwarten, ob und wie diese beiden Regelwerke harmonisiert werden können, um ein kohärentes regulatorisches Umfeld für die europäische Krypto-Gaming-Branche zu schaffen. Insbesondere die Frage, wie die in Jonum-Spielen verwendeten digitalen Assets unter MiCAR einzuordnen sind, wird entscheidend sein. Hier bleibt die weitere Entwicklung, insbesondere die angekündigten Leitlinien der ESMA, mit Spannung zu erwarten.
Für deutsche Blockchain Gaming Anbieter empfiehlt es sich in jedem Fall, die Entwicklungen in Frankreich und auf EU-Ebene im Auge zu behalten. Auch wenn das Jonum Law hier nicht direkt gilt, zeigt es doch eine mögliche Richtung auf, in die sich die Regulierung entwickeln könnte. Im Idealfall führt es langfristig zu einem europaweit harmonisierten Rechtsrahmen, der Innovationen in diesem spannenden Zukunftsmarkt fördert und gleichzeitig den Verbraucherschutz gewährleistet. Dabei wird MiCAR als EU-Verordnung eine zentrale Rolle spielen. Deutsche Anbieter sollten sich frühzeitig mit den Anforderungen von MiCAR vertraut machen und prüfen, ob und wie ihre Geschäftsmodelle davon betroffen sind.