Marian Härtel
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Blockchain und KI im Recht – Neuland oder bewährtes Terrain?

Einleitung: Diskurse an der Schnittstelle von Technologie und Recht

Letzte Woche ergab sich an der Universität Hannover eine spannende Diskussion mit einer Doktorandin zum Thema Blockchain-Recht. Die Frage stand im Raum: Sind die rechtlichen Herausforderungen, die mit Blockchain und KI einhergehen, wirklich so neuartig, dass sie nicht mit bestehenden Gesetzen bewältigt werden können? Diese Fragestellung fand gestern erneut Beachtung, als ich im Rahmen meiner “Ask me anything”-Session auf dem People and Cultures Festival auf ähnliche Problemstellungen im Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI) stieß.

Blockchain: Traditionelles Recht trifft auf moderne Technik

Die Faszination für Technologien wie Blockchain ist groß – und mit ihr die Verunsicherung, ob unser aktuelles Rechtssystem diesen Innovationen gewachsen ist. Es entsteht oft der Eindruck, dass wir uns auf vollkommen unbekanntem Terrain bewegen. Doch ist das wirklich der Fall?

Betrachten wir die Blockchain: Hier geht es um Themen wie Vertragssicherheit, Transparenz und Nachvollziehbarkeit von Transaktionen. Diese Aspekte sind keineswegs neu für Juristen. Vielmehr sind es Grundpfeiler, auf denen das Vertragsrecht seit jeher aufbaut. Die Herausforderungen, die sich durch die Blockchain-Technologie ergeben, wie etwa im Bereich der MiCA-Verordnung (Markets in Crypto-Assets), sind zwar spezifisch, aber nicht unüberwindbar. Sie erfordern eine sorgfältige juristische Arbeit, aber keine grundlegend neuen Gesetze.

Erweitert man den Blickwinkel, zeigt sich, dass viele der aufkommenden Fragen mit den allgemeinen Grundsätzen des BGB-AT (Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Gesetzbuches) beantwortet werden können. Auch das Urheberrecht, Persönlichkeitsrecht, Markenrecht und Wettbewerbsrecht bieten bereits ein umfassendes Regelwerk, das auf die neuen Gegebenheiten angewendet werden kann, sofern es sauber interpretiert und angewendet wird. Zukünftige Urteile werden sich voraussichtlich vor allem um die konkrete Anwendung und Auslegung dieser bestehenden Gesetze drehen, ohne dass dafür grundlegend neue Rechtsfragen geschaffen werden müssen.

In der Praxis bedeutet dies, dass Juristen sich mit Fragen auseinandersetzen müssen, die zwar im Kontext der neuen Technologien stehen, aber durchaus mit traditionellen juristischen Methoden gelöst werden können. Es geht darum, die Rollen von Bote, Stellvertreter oder die Abgabe von Willenserklärungen im Rahmen von Smart Contracts zu definieren und zu klären, wann und unter welchen Umständen eine Erfüllung vorliegt. Diese und ähnliche Fragen erfordern eine tiefgehende Beschäftigung mit juristischen Grundlagen, die im Alltagsgeschäft vieler Rechtsanwälte möglicherweise nicht regelmäßig zur Anwendung kommen, aber dennoch das Fundament für eine sachgerechte Rechtsanwendung bilden.

Künstliche Intelligenz: Bestehendes Recht in neuem Licht

Im Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI) entstehen immer wieder Fragen, die auf den ersten Blick neu und komplex erscheinen. Eine dieser Fragen betrifft das Verwertungsrecht: Können durch KI geschaffene Werke Verwertungsrechte begründen? Und inwieweit können KI-Anbieter für die Verletzung von Rechten Dritter verantwortlich gemacht werden?

Es ist eine weit verbreitete Annahme, dass die rasante Entwicklung der KI-Technologie Gesetzesnovellen erfordert, um solche Fragen zu klären. Doch bei genauerer Betrachtung zeigt sich, dass das deutsche Rechtssystem – insbesondere die “alten” Gesetze – eine bemerkenswerte Flexibilität und Anpassungsfähigkeit an neue technologische Entwicklungen aufweisen.

Nehmen wir das Verwertungsrecht: Es ist im Urheberrechtsgesetz verankert und schützt die wirtschaftlichen Interessen der Urheber von Werken. Die Frage, ob KI-generierte Inhalte solche Rechte begründen können, hängt davon ab, ob sie als “Werke” im Sinne des Urheberrechtsgesetzes angesehen werden können. Hier kommt es auf die schöpferische Leistung an, die nach aktueller Rechtslage eine menschliche Tätigkeit voraussetzt. KI als Werkzeug kann demnach – nach heutigem Stand – keine eigenen Verwertungsrechte begründen. Allerdings könnte der menschliche Schöpfer, der die KI einsetzt, durchaus Verwertungsrechte an den Ergebnissen geltend machen, sofern seine eigene schöpferische Leistung erkennbar ist.

Bei der Frage der Haftung von KI-Anbietern für Rechtsverletzungen wird es komplizierter, aber auch hier bieten bestehende Gesetze einen Rahmen. Das deutsche Recht kennt verschiedene Haftungskonzepte, die von der direkten über die mittelbare bis hin zur Störerhaftung reichen. Diese Konzepte können auf Situationen angewendet werden, in denen KI-Systeme Rechte Dritter verletzen. Es geht also nicht darum, neue Haftungsregeln zu schaffen, sondern darum, die bestehenden Regeln auf den jeweiligen Sachverhalt anzuwenden und gegebenenfalls weiterzuentwickeln.

Die Herausforderung liegt nicht in der Schaffung neuer Gesetze, sondern in der wissenschaftlich sauberen Arbeit mit dem, was bereits vorhanden ist. Die deutschen Gesetze sind oft sehr gut darin, sich neuen technischen Entwicklungen anzupassen – vorausgesetzt, wir sind bereit, diese Anpassung vorzunehmen. Dies erfordert eine tiefgehende Auseinandersetzung mit der Materie und eine präzise juristische Argumentation.

Es ist also nicht die Gesetzgebung, die hinterherhinkt, sondern es ist die Interpretation und Anwendung der Gesetze, die mit Bedacht und Sachverstand erfolgen muss. In diesem Sinne können und sollten die “alten” Gesetze als solide Basis dienen, um auch in der Ära der KI Rechtssicherheit und Gerechtigkeit zu gewährleisten.

Juristische Präzisionsarbeit: Die Anwendung bestehender Gesetze

Natürlich gibt es bei der Anwendung dieser Gesetze auf neue Technologien Interpretationsspielräume und Unsicherheiten. Doch genau hier liegt die Kunst der Jurisprudenz: die saubere Subsumtion und Auslegung bestehender Gesetze, um sie auf neue Sachverhalte anzuwenden. Dies erfordert eine präzise juristische Arbeit, die – wie die Erfahrung zeigt – selbst für viele Juristen eine Herausforderung darstellt, ganz zu schweigen von juristischen Laien.

In diesem Kontext ist es entscheidend, dass Juristen nicht nur die Buchstaben des Gesetzes, sondern auch dessen Geist und die dahinterstehenden Prinzipien verstehen. Dies ermöglicht es, Gesetze, die in einer Zeit vor der digitalen Revolution verfasst wurden, effektiv auf moderne Technologien wie Blockchain und KI anzuwenden. Es geht darum, die zugrundeliegenden Rechtsprinzipien zu erfassen und sie auf die heutigen, technologisch fortgeschrittenen Sachverhalte zu übertragen. Dies erfordert nicht nur juristisches Fachwissen, sondern auch ein tiefes Verständnis für die Technologien selbst und ihre Auswirkungen auf Gesellschaft und Wirtschaft. Eine interdisziplinäre Herangehensweise, die rechtliche, technische und ethische Aspekte vereint, ist hierbei unerlässlich, um zu ausgewogenen und zukunftsfähigen Lösungen zu gelangen.

Fazit: Bewährte Gesetze als Fundament für technologische Innovationen

Die Lösung liegt nicht darin, reflexartig nach neuen Gesetzen zu rufen, sondern darin, die vorhandenen Gesetze intelligent und sorgfältig auf neue Technologien anzuwenden. Es ist eine Frage der juristischen Handwerkskunst, die sich in 25 Jahren Erfahrung als Unternehmer und Rechtsanwalt immer wieder bestätigt hat.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Die Rechtsfragen, die Blockchain und KI aufwerfen, sind durchaus mit den Mitteln des bestehenden Rechtsrahmens zu bewältigen. Es bedarf keiner großflächigen neuen Gesetzgebung, sondern einer fundierten juristischen Auseinandersetzung mit den Technologien und einer präzisen Anwendung

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Marian Härtel

Marian Härtel ist Rechtsanwalt und Unternehmer mit den Schwerpunkten Urheberrecht, Wettbewerbsrecht und IT/IP Recht und einen Fokus auf Games, Esport, Medien und Blockchain.

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