Generalanwalt beim EuGH zur Zulässigkeit von Cheat-Software
Über viele Jahre hinweg hatte ich die Gelegenheit, einen der bekanntesten Automationsbots für Online-Spiele bis vor das Bundesverfassungsgericht zu begleiten. Dieser Fall, bei dem es um den “Honorbuddy” von Bossland für das Spiel World of Warcraft ging, zeigt exemplarisch, wie komplex und weitreichend die rechtlichen Fragen rund um Cheat-Software sein können. Der Rechtsstreit zwischen Bossland und Blizzard, dem Hersteller von World of Warcraft, zog sich über mehrere Instanzen und warf grundlegende Fragen zum Verhältnis von Urheber- und Nutzungsrechten, dem Schutz von Geschäftsmodellen und der Reichweite von Unterlassungsansprüchen auf.
Nun hat sich, mehr als ein Jahrzehnt später, auch der Generalanwalt beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) mit der Thematik befasst und in seinen Schlussanträgen Stellung bezogen, ob die Verwendung von Cheat-Software in Online-Computerspielen generell zulässig ist. Hintergrund ist eine Vorlage des Bundesgerichtshofs (BGH), der dem EuGH Fragen zu Cheat-Software vorgelegt hat, mit dem Ziel herauszufinden, ob das bloße Überschreiben von Variablenwerten im Arbeitsspeicher eines Computerprogramms bereits eine Urheberrechtsverletzung darstellt. Diese Frage war auch im Fall Bossland vs. Blizzard relevant, wurde damals aber nicht abschließend geklärt.
Ende April 2024 hat der Generalanwalt nun seine mit Spannung erwartete Stellungnahme dazu abgegeben. Er vertritt darin die Auffassung, dass die reine Veränderung von Variablenwerten im Arbeitsspeicher noch keine unzulässige Umarbeitung eines Computerprogramms im Sinne des Urheberrechts sei. Damit stellt er sich gegen die bisherige Rechtsprechung des BGH und schlägt eine nutzerfreundlichere Auslegung vor, die auch Raum für Modifikationen und kreative Verwendungen lässt.Die Empfehlung des Generalanwalts ist zwar für den EuGH nicht bindend, in der Praxis folgen die Richter aber oft seiner juristischen Bewertung. Sollte sich der EuGH dieser Sichtweise anschließen, hätte dies weitreichende Auswirkungen auf die Zulässigkeit von Cheat-Tools und Mods in Computerspielen. Spielehersteller könnten dann deutlich schwerer gegen Anbieter solcher Software vorgehen, sofern diese nur auf den Arbeitsspeicher zugreift und den Programmcode selbst unangetastet lässt. Dies würde die Rechtsposition von Nutzern und Drittanbietern stärken und könnte zu mehr Wettbewerb und Innovation im Bereich der Spielemodifikationen führen.
Inhalt der Stellungnahme des Generalanwalts
Der Generalanwalt empfiehlt dem EuGH, die Fragen des BGH dahingehend zu beantworten, dass die bloße Veränderung von Variablenwerten im Arbeitsspeicher eines Computerprogramms nicht den Schutzbereich des Programms im Sinne der Richtlinie 2009/24/EG verletzt und keine Umarbeitung im Sinne des Urheberrechts darstellt. Er argumentiert, dass sich lediglich der Wert der Variablen ändert, die das Programm berücksichtigt, um verschiedene Aufgaben auszuführen. Der Quellcode und die Struktur des Programms selbst bleiben jedoch unverändert.
Der Generalanwalt betont, dass der Schutz von Computerprogrammen dem Schutz der Programmautoren vor unerlaubter Vervielfältigung und Verbreitung von “Raubkopien” diene, aber weder die Entwicklung konkurrierender oder kompatibler Software behindern, noch die Nutzung durch rechtmäßige Anwender im privaten Bereich einschränken dürfe. Er verweist dabei auf die Erwägungsgründe der Richtlinie 2009/24/EG, die klarstellen, dass der urheberrechtliche Schutz für Computerprogramme nicht dazu führen sollte, dass Monopole für Ideen und Grundsätze entstehen, die einem Programm zugrunde liegen.Konsequenterweise sei der urheberrechtliche Schutz auf Ausdrucksformen beschränkt, die eine vollständige oder teilweise Vervielfältigung des Computerprogramms ermöglichen, also letztlich den Objekt- und Quellcode. Eine reine Manipulation von Variablenwerten im flüchtigen Arbeitsspeicher falle nicht darunter. Andernfalls würde man den Schutzbereich überdehnen und die Rechte der Nutzer unverhältnismäßig einschränken.Der Generalanwalt zieht auch Parallelen zur Rechtsprechung des EuGH im Bereich der Schnittstellen und Interoperabilität. Dort hatte der Gerichtshof entschieden, dass die Funktionalität eines Computerprogramms und die Programmiersprache nicht vom urheberrechtlichen Schutz erfasst sind (Rechtssache C-406/10 – SAS Institute).
Auch die Vervielfältigung eines Programmcodes oder die Übersetzung der Codeform können zulässig sein, wenn sie unerlässlich sind, um die erforderlichen Informationen zur Herstellung der Interoperabilität eines unabhängig geschaffenen Programms mit anderen Programmen zu erhalten (Rechtssache C-476/17 – Voss).Überträgt man diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall, spricht viel dafür, dass die bloße Veränderung von Variablenwerten im Arbeitsspeicher erst recht keine urheberrechtlich relevante Nutzungshandlung darstellt. Der Generalanwalt plädiert daher für eine zurückhaltende Auslegung der Richtlinie 2009/24/EG, die den Schutz von Computerprogrammen nicht überstrapaziert und Raum für Wettbewerb, Innovation und kreative Nutzungen lässt.
Bedeutung für die IT-Sicherheitsforschung
Die Stellungnahme des Generalanwalts hat nicht nur Auswirkungen auf Cheat-Software bei Games, sondern deutet eine grundsätzliche Aussage an, dass sämtliche Software, deren zur Veränderung bestimmte Inhalte im Arbeitsspeicher temporär modifiziert werden, urheberrechtlich zulässig ist. Das könnte insbesondere der IT-Sicherheitsforschung bei der Analyse von Software helfen, da beispielsweise Buffer-Overflow basierte “Angriffe” zur Untersuchung damit ausdrücklich erlaubt wären.
Solange es keine vollkommen sichere Software gibt, ist die bestmögliche Bereitstellung von Informationen über Schwachstellen ein wichtiger Faktor für die Stabilität der Informationsgesellschaft. Sicherheitsforscher sind dabei auf rechtliche Rahmenbedingungen angewiesen, die ihnen erlauben, potenzielle Schwachstellen und Exploits zu untersuchen, ohne sich selbst strafbar zu machen. Dazu gehört auch die Möglichkeit, Programmabläufe zu manipulieren und zu analysieren, wie sich veränderte Variablenwerte auf die Funktionsweise einer Software auswirken.Die koordinierte und verantwortungsbewusste Aufdeckung und Offenlegung von IT-Sicherheitslücken stellt dabei kein unlösbares Problem dar. Ein Mechanismus, der die Interessen von Wissenschaft, Gesellschaft und Produktverantwortlichen in Einklang bringen soll, ist die Coordinated Vulnerability Disclosure bzw. Responsible Disclosure. Dabei werden Sicherheitslücken zunächst vertraulich an die Hersteller gemeldet und erst nach einer angemessenen Frist zur Behebung veröffentlicht.Dieses Verfahren gibt den Herstellern die Möglichkeit, Sicherheitsupdates zu entwickeln und bereitzustellen, bevor die Schwachstellen von Angreifern ausgenutzt werden können. Gleichzeitig schafft es Anreize für Sicherheitsforscher, verantwortungsvoll mit ihren Erkenntnissen umzugehen und nicht leichtfertig Exploits zu veröffentlichen. Denn eine verfrühte Offenlegung von Sicherheitslücken kann erhebliche Risiken für die betroffenen Systeme und ihre Nutzer mit sich bringen.
Allerdings setzt eine erfolgreiche Coordinated Vulnerability Disclosure auch voraus, dass die Hersteller kooperativ und transparent mit den Sicherheitsforschern zusammenarbeiten. Dazu gehört, dass sie gemeldete Schwachstellen ernst nehmen, zeitnah beheben und die Öffentlichkeit über die ergriffenen Maßnahmen informieren. Leider zeigt die Praxis, dass dies nicht immer der Fall ist und manche Hersteller versuchen, Sicherheitslücken zu verschweigen oder deren Entdecker einzuschüchtern.Umso wichtiger ist es, dass die Rechtsordnung Sicherheitsforschern den Rücken stärkt und klarstellt, dass die Analyse von Softwareschwachstellen grundsätzlich zulässig ist, solange sie nicht missbräuchlich erfolgt. Die Stellungnahme des Generalanwalts könnte hier ein wichtiges Signal setzen, dass die Integrität und Sicherheit von IT-Systemen ein hohes Gut ist, das nicht durch überzogene Urheberrechtsansprüche gefährdet werden darf.Denn letztlich profitieren alle Beteiligten von einer robusten und vertrauenswürdigen IT-Infrastruktur. Hersteller können die Erkenntnisse der Sicherheitsforscher nutzen, um ihre Produkte zu verbessern und Haftungsrisiken zu minimieren. Nutzer können sich darauf verlassen, dass entdeckte Schwachstellen zeitnah behoben werden und ihre Daten sicher sind. Und die Gesellschaft insgesamt gewinnt, wenn kritische Infrastrukturen und sensible Informationen besser vor Angriffen geschützt sind.Es bleibt zu hoffen, dass der EuGH die Erwägungen des Generalanwalts aufgreift und mit seiner Entscheidung einen ausgewogenen Rechtsrahmen für die IT-Sicherheitsforschung schafft. Denn nur wenn die rechtlichen Spielregeln klar und innovationsfreundlich sind, können Sicherheitsforscher ihr volles Potenzial entfalten und einen wichtigen Beitrag für die digitale Sicherheit leisten.
Einfluss auf die Gaming-Branche
Sollte sich der EuGH den Empfehlungen des Generalanwalts anschließen, hätte dies weitreichende Auswirkungen auf die Gaming-Branche. Hersteller von Videospielen könnten dann nicht mehr so einfach gegen Anbieter von Cheat-Software vorgehen, solange diese nur auf den Arbeitsspeicher zugreifen und den Quellcode unangetastet lassen. Das könnte den Wettbewerb im Bereich der Spielemodifikationen und Zusatzprogramme beleben. Gleichzeitig müssten sich die Entwickler überlegen, wie sie Beschränkungen und Spielmechaniken implementieren, die nicht so leicht durch externe Tools umgangen werden können. Möglicherweise würde auch der Druck steigen, Cheat-Funktionen offiziell als Optionen oder Mods anzubieten, um die Kontrolle zu behalten. Spielehersteller argumentieren oft, dass Cheats die Integrität des Spielerlebnisses beeinträchtigen und für unfairen Wettbewerb zwischen Spielern sorgen. Andererseits gibt es viele Gamer, die Cheats und Mods als kreative Möglichkeit sehen, ein Spiel nach eigenen Vorstellungen zu gestalten. Die Entscheidung des EuGH könnte somit zu einer Neujustierung des Verhältnisses zwischen Spieleherstellern, Cheat-Anbietern und Gamern führen.
Einerseits müssten die Publisher akzeptieren, dass sie nicht jede Veränderung des Spielerlebnisses durch Dritte unterbinden können. Sie könnten sich gezwungen sehen, mehr Modding-Schnittstellen und Anpassungsoptionen anzubieten, um die Nutzer bei der Stange zu halten. Andererseits müssten sich Cheat-Entwickler darauf einstellen, dass ihre Tools zwar legal, aber nicht unbedingt erwünscht sind. Sie müssten möglicherweise mehr Überzeugungsarbeit leisten, dass ihre Angebote das Spielerlebnis bereichern und nicht zerstören. Letztlich wird es darauf ankommen, einen Interessenausgleich zwischen den beteiligten Akteuren zu finden. Spielehersteller haben ein berechtigtes Interesse daran, dass ihre Produkte fair und bestimmungsgemäß genutzt werden. Sie investieren viel Geld und Arbeit in die Entwicklung und müssen ihre Einnahmen schützen. Cheats und Hacks können dieses Geschäftsmodell untergraben, indem sie Spielinhalte verfälschen oder Bezahlschranken aushebeln. Auf der anderen Seite haben Spieler ein Interesse daran, mit den erworbenen Spielen im Rahmen der Gesetze nach Belieben verfahren zu können. Sie möchten ihre Kreativität ausleben, das Spielerlebnis personalisieren und sich mit anderen Gamern vernetzen.
Mods und Zusatztools können dabei helfen, die Langzeitmotivation zu erhöhen und neue Zielgruppen zu erschließen. Auch für die Spiele-Kultur insgesamt kann es bereichernd sein, wenn Anwender die Spiele nicht nur konsumieren, sondern aktiv mitgestalten. Es wird spannend sein zu beobachten, wie Spielehersteller und Cheat-Anbieter auf eine mögliche Liberalisierung durch den EuGH reagieren werden. Denkbar wäre etwa, dass Publisher verstärkt auf serverbasierte Spiele und Cloud-Gaming setzen, um die Kontrolle über die Spielumgebung zu behalten. Auch könnten sie versuchen, Cheat-Funktionen als kostenpflichtige DLCs anzubieten und so zu monetarisieren. Cheat-Entwickler hingegen könnten sich darauf konzentrieren, ihre Tools als kreative Modding-Plattformen zu vermarkten, die das Originalspiel respektieren und erweitern. Letztlich wird es darauf ankommen, dass alle Beteiligten aufeinander zugehen und nach konstruktiven Lösungen suchen. Denn eines ist klar: Die Leidenschaft und das Engagement der Spieler sind die Basis für den Erfolg der Gaming-Branche. Wenn es gelingt, diese Energie positiv zu kanalisieren und in eine fruchtbare Zusammenarbeit zu überführen, können am Ende alle profitieren – Spielehersteller, Cheat-Anbieter und vor allem die Gamer selbst.
Vergleich mit bisherigen Urteilen
Die Einschätzung des Generalanwalts steht im Kontrast zu früheren Urteilen deutscher Gerichte. So hatte das Landgericht Hamburg 2012 in einem einstweiligen Verfügungsverfahren zwischen Spielehersteller Blizzard und dem Cheat-Anbieter Bossland eine Wettbewerbsrechtsverletzung durch die Vertrieb von Bots bejaht (LG Hamburg, Beschluss v. 12.06.2012, Az. 312 O 322/12). Das Gericht sah in der Verwendung der Bots einen Verstoß gegen die Nutzungsbedingungen von Blizzard und damit eine gezielte Behinderung des Wettbewerbs.
In einem anderen Verfahren entschied das Oberlandesgericht Dresden 2015, dass der Vertrieb von Bots eine Urheberrechtsverletzung darstellt (OLG Dresden, Urteil v. 20.01.2015, Az. 14 U 1127/14). Das Gericht sah in den Bots eine unzulässige Umarbeitung der Spielsoftware, da sie in den Programmablauf eingriffen und den Code veränderten. Zudem würden die Bots technische Schutzmaßnahmen von Blizzard umgehen, was eine eigenständige Urheberrechtsverletzung sei.
Der Bundesgerichtshof hatte sich 2017 in einem Revisionsverfahren gegen Bossland positioniert (BGH, Urteil v. 12.01.2017, Az. I ZR 253/14). Dabei ging es um die Bots “Honorbuddy” und “Gatherbuddy 2”, die in World of Warcraft eingesetzt wurden. Der BGH bestätigte die Urteile der Vorinstanzen und sah in den Cheat-Bots sowohl eine wettbewerbswidrige Behinderung als auch eine Urheberrechtsverletzung durch unzulässige Umarbeitung und Umgehung technischer Schutzmaßnahmen. Bossland wurde daher zur Unterlassung und Schadensersatz verurteilt.
Allerdings betraf dieses BGH-Urteil andere Bots als die jetzt vom EuGH-Generalanwalt bewerteten. Während “Honorbuddy” und “Gatherbuddy 2” tief in die Spielmechanik eingriffen und auch Schutzmaßnahmen umgingen, beschränken sich die im Vorabentscheidungsverfahren relevanten Bots offenbar auf die Manipulation von Variablenwerten im Arbeitsspeicher. Insofern lassen sich die Fälle nicht ohne Weiteres vergleichen.
Es wird spannend sein zu sehen, ob der EuGH der Argumentation des Generalanwalts folgen und damit von der bisherigen Linie der deutschen Gerichte abweichen wird. Eine solche Entscheidung könnte zu einer Vereinheitlichung der bislang uneinheitlichen Rechtsprechung führen und mehr Rechtssicherheit für Cheat-Entwickler und Spielehersteller schaffen.
Allerdings wirft die Stellungnahme des Generalanwalts auch neue Fragen auf. So bleibt offen, wo genau die Grenze zwischen zulässiger Veränderung von Variablenwerten und unzulässiger Umarbeitung des Programmcodes verläuft. Auch ist unklar, inwieweit technische Schutzmaßnahmen der Spielehersteller zu berücksichtigen sind und ob deren Umgehung eine eigenständige Urheberrechtsverletzung darstellen kann.
Insgesamt zeigt die kontroverse Diskussion um Cheat-Software, dass das Urheberrecht im digitalen Zeitalter vor neuen Herausforderungen steht. Es gilt, einen angemessenen Ausgleich zwischen den Interessen der Rechteinhaber, der Nutzer und der Allgemeinheit zu finden. Dabei müssen auch die technischen Besonderheiten von Computerprogrammen und die Bedeutung von Interoperabilität und Wettbewerb berücksichtigt werden. Es bleibt abzuwarten, wie der EuGH entscheiden und welche Konsequenzen dies für die Gaming-Branche haben wird. Klar ist jedoch, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen für Cheats und Mods auch in Zukunft ein spannendes und umstrittenes Thema bleiben werden. Letztlich wird es darauf ankommen, einen fairen Interessenausgleich zu finden, der die Rechte aller Beteiligten wahrt und zugleich Raum für Innovation und kreative Entfaltung lässt.
Kritikpunkte und Gegenmeinungen
Fazit und Ausblick
Es bleibt spannend, wie sich der EuGH positionieren wird. Die Entscheidung hätte jedenfalls das Potenzial, die rechtlichen Rahmenbedingungen für Cheat-Tools, Mods und Spielemodifikationen nachhaltig zu prägen. Einerseits geht es um den Schutz der Urheber und die Integrität der Spielerfahrung, andererseits um die Freiheit der Nutzer und einen lebendigen Wettbewerb. Auch für die IT-Sicherheitsforschung könnte der Richterspruch wichtige Impulse liefern.Der Fall Blizzard vs. Bossland zeigt exemplarisch, wie komplex und langwierig solche Auseinandersetzungen sein können. Womöglich braucht es ein Umdenken bei Spieleherstellern und Gesetzgebern, um einen angemessenen Interessenausgleich zu finden. Statt jede Veränderung zu verbieten, könnten offizielle Schnittstellen für Modding und kreative Spielgestaltung ein Weg sein.
Zugleich müssen Spieler wirksam vor Betrug und unfairen Praktiken geschützt werden.Als Rechtsanwalt mit über einem Jahrzehnt Erfahrung im Urheber- und Wettbewerbsrecht sowie in der Vertragsgestaltung für die Gaming-Branche kann ich sagen, dass die anstehende Entscheidung des EuGH von großer praktischer Relevanz sein wird. In meiner Laufbahn hatte ich bereits die Gelegenheit, an vielen hochkomplexen Gerichtsprozessen zu Cheat-Software und Spielemodifikationen mitzuwirken, unter anderem auch im Verfahren Blizzard vs. Bossland vor dem BGH.Dabei habe ich die Erfahrung gemacht, dass es oft schwierig ist, einen Ausgleich zwischen den berechtigten Schutzinteressen der Spielehersteller und den Freiheitsrechten der Nutzer zu finden. Die Rechtslage ist bislang alles andere als eindeutig, was zu langwierigen und kostspieligen Rechtsstreitigkeiten führt.
Eine klarstellende Entscheidung des EuGH könnte hier für mehr Rechtssicherheit sorgen.Allerdings wird auch der EuGH nicht alle Detailfragen klären können. Es wird weiterhin eine Aufgabe für nationale Gerichte, Gesetzgeber und nicht zuletzt die Spielebranche selbst sein, praxistaugliche und interessengerechte Lösungen zu entwickeln. Dabei sollte man auch die Chancen und Potenziale von Mods und nutzergenerierten Inhalten im Blick behalten, die ein wichtiger Innovationsmotor sein können.Aus meiner Sicht wäre es wünschenswert, wenn Spielehersteller und Cheat-Entwickler stärker miteinander in Dialog treten würden, statt sich nur vor Gericht zu streiten. Wenn es gelingt, gemeinsame Standards und Spielregeln zu definieren, die Kreativität und Wettbewerb fördern, ohne Rechtsverletzungen Tür und Tor zu öffnen, wäre schon viel gewonnen. Dafür braucht es aber auch den Mut, alte Denkmuster zu hinterfragen und neue Wege zu gehen
Ich werde die Entwicklung weiter beobachten und über die finale Entscheidung des EuGH berichten. Es bleibt zu hoffen, dass der Richterspruch eine gute Basis für die weitere Diskussion liefern wird. Als Experte für Rechtsfragen rund um Gaming und E-Sport werde ich die Branche jedenfalls auch in Zukunft eng begleiten und unterstützen. Denn eines ist sicher: Das Thema Cheating wird uns noch lange beschäftigen.