In den letzten Monaten habe ich mich ja schon des Öftern kritisch zu Fragen geäußert, die ich als sehr problematisch in den Bereichen Esport, im Streamingbereich und bei der redaktionellen Mithilfe von Esport- oder Spieletestportalen betrachte. Aus gegebenen Anlass, heute einmal ein kleiner Ausflug zum Thema Mindestlohn.
Die meisten Personen, die nicht regelmäßig mit Lohnzahlungen, Steuern oder sonstigen Human Ressource Themen zu tun haben, dürften die tatsächliche Reichweite des Mindestlohngesetzes unterschätzen.
Im Esport dürfte es wohl eher die Regel, als die Ausnahme sein, dass jemand für ein Team (oder welche juristische Konstruktion auch immer dahinter steht) kostenlos arbeitet. Sei es als Grafiker, als Social Media Manager oder eben als Spieler. Gleiches dürfte für hobbymäßig betriebene Newsseiten, Streams oder YouTube-Kanäle und ähnliche Projekte gelten. Schaut man sich jedoch die Gesetzeslage an, kann dies für die – juristischen – Betreiber aber durchaus schnell zum Bumerang werden. Oft wird das ganze dann sogar noch blumig mit Ehrenamt, Hobbytätigkeit oder ähnliches beschrieben. Dass in der Regel nur eingetragene Vereine, und dann auch nur den Mitgliedern, Ehrenämter, anbieten können, wird daher gerne vergessen. Zwar nimmt das Mindestlohngesetz in § 22 III ehrenamtlich Tätige Personen aus. Zum Ehrenamt wird eine Tätigkeit jedoch nicht, weil diese schlicht so beschrieben ist. Für die Abgrenzung zwischen Ehrenamt und Arbeitsverhältnis ist in den meisten Urteilen entscheidend, ob die Tätigkeit des ehrenamtlich Tätigen nicht von der Erwartung einer adäquaten finanziellen Gegenleistung, sondern vom Willen geprägt ist, sich für das Gemeinwohl einzusetzen. Auch wenn die Abgrenzung hier schwer und schwammig ist, so dürfte die gesetzgeberische Intention zur Ausnahme von Ehrenämter in aller Regel nicht auf einen Grafiker einen Esport-Teams, auf einen Redakteur eines Spieltestmagazins oder auf den Mitarbeiter eines Streamers Anwendung finden. Eine Personengesellschaft und erst recht eine Kapitalgesellschaft kann schon grundsätzlich kein Ehrenamt anbieten.
In sehr vielen Fällen dürften auch Arbeitsverhältnisse im Sinne des § 611a BGB vorliegen, da in der einen oder anderen Art und Weise eine Weisungsgebundenheit vorliegt, sei es durch den Chefredakteur eines Magazins, den “Geschäftsführer” des Esport-Teams oder sonstigen Personen.
Sollten also die Ausnahmetatbestände des § 22 I MiLoG
1. ein Praktikum verpflichtend auf Grund einer schulrechtlichen Bestimmung, einer Ausbildungsordnung, einer hochschulrechtlichen Bestimmung oder im Rahmen einer Ausbildung an einer gesetzlich geregelten Berufsakademie leisten,2. ein Praktikum von bis zu drei Monaten zur Orientierung für eine Berufsausbildung oder für die Aufnahme eines Studiums leisten,
3. ein Praktikum von bis zu drei Monaten begleitend zu einer Berufs- oder Hochschulausbildung leisten, wenn nicht zuvor ein solches Praktikumsverhältnis mit demselben Ausbildenden bestanden hat, oder
4. an einer Einstiegsqualifizierung nach § 54a des Dritten Buches Sozialgesetzbuch oder an einer Berufsausbildungsvorbereitung nach §§ 68 bis 70 des Berufsbildungsgesetzes teilnehmen
nicht gegeben sein und sollte eine Tätigkeit der Art und Weise nach als Dienstvertrag und nicht als Werkvertrag oder GbR zu qualifizieren sein, dürfte der Anwendungsbereich des Mindestlohngesetzes meist gegeben sein.
Dies könnte schnell dazu führen, dass jemand, der für ein Esport-Team ein Forum moderiert, für eine Liga Turniere managed, News auf einem Szeneportal schreibt oder sonstigen Tätigkeiten nachgeht, auch nach der Tätigkeit, rein juristisch, seinen Mindestlohnanspruch durchsetzen könnte. Das gilt vor allem, da der Mindestlohn weder durch Vereinbarungen umgangen werden kann, noch durch den “Arbeitnehmer” verwirkt werden kann. Auch Sachgegenleistungen, wie Spiele, Gutscheincodes, Messeeintritte, Hardware oder sonstige – nicht geldlichen – Gegenleistungen ändern an diesem Umstand in der Regel nichts. Zudem ist der Mindestlohn ab der ersten Stunde einer Tätigkeit zu zahlen. Jugendliche fallen, sofern es sich nicht um eine Ausbildung handelt, meist auch unter das Mindestlohngesetz.
Ich will ungern jemanden Angst machen, aber das Risiko ist gegeben. Natürlich können viele Projekte gut gehen, man verträgt sich und schafft etwas gemeinsam. Wenn es jedoch Streit gibt, dann kann ein potenzieller Mitarbeiter für ein große Zeit Nachforderungen stellen.
Im besten Falle steht man somit nur eine Nachforderung eines Arbeitnehmers gegenüber, die im Normalfall von Sozialversicherungskosten flankiert wird. Im schlimmsten Fall fallen solche Punkte im Rahmen von Prüfungen oder Meldungen durch Mitarbeiter auf, was zu Bußgeldern oder sogar strafrechtlichen Konsequenzen führen kann.
Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, diesem Problem aus dem Weg zu gehen, indem Vereinbarungen und/Verträge entsprechend formuliert werden. Ich kann über diese Möglichkeiten beraten und somit das Risiko minimieren.
Übrigens: Natürlich gilt das Thema für zahlreiche weitere ähnlich gelagerte Konstellationen und Themengebiete. Sofern jemand Leistungen irgend einer Art für jemanden anderes erbringt und dabei weder Freelancer, Selbständiger oder Mitgesellschafter (in welcher Form auch immer) ist, ist meist das Mindestlohngesetz anwendbar.