Kurzüberblick: KI-Bilder sind schnell erstellt, rechtlich aber vielschichtig. Entscheidend sind drei Ebenen: Erstens Urheberrecht (menschliche Autorenschaft, Schranken, Rechteketten), zweitens Kennzeichnung und Transparenz (AI Act, Plattform- und Produktpflichten) und drittens Publikationspraxis (Alt-Text/Barrierefreiheit, SEO, Metadaten). Wer Veröffentlichung, Lizenzen, Beschriftung und technische Provenance sauber verzahnt, reduziert Abmahnrisiken und erhöht Auffindbarkeit.
Urheberstatus und Rechtekette: Was an KI-Bildern geschützt ist – und was nicht
Der urheberrechtliche Werkbegriff setzt eine persönliche geistige Schöpfung voraus (§ 2 Abs. 2 UrhG). Urheber ist nur der Schöpfer des Werkes, also eine natürliche Person (§ 7 UrhG). Daraus folgt: Reine, vollständig automatisiert generierte Bilder ohne prägenden menschlichen Anteil erreichen regelmäßig keinen Werkstatus. Schutz kann entstehen, wenn der menschliche Beitrag eine eigenpersönliche Gestaltungshöhe aufweist – etwa durch gezielte Prompt-Sequenzen, kuratierte Varianten, Compositing, Retusche und ein schöpferisches Gesamtkonzept. Grenzfälle sind einzelfallabhängig.
Für die Veröffentlichungspraxis bedeutet das:
- Liegt keine menschliche Werkqualität vor, besteht kein Urheberrecht am Ergebnis. Das macht die Nutzung nicht „rechtelos“: Marken-, Design-, Wettbewerbs-, Persönlichkeits- und Vertragsrecht (z. B. Modell-AGB der Generatoren) bleiben relevant.
- Liegt menschliche Autorenschaft vor, gelten die klassischen Regeln: Urheberpersönlichkeitsrechte (z. B. Benennung), Nutzungsrechteübertragung, Zweckerreichungslehre (§ 31 Abs. 5 UrhG). Wer im Team arbeitet, sollte Miturheberschaft und Anteile klar regeln.
- Werden fremde Elemente eingebunden (Stock, Logos, Kauflizenzen), braucht es eine saubere Rechtekette: Rechteklärung zu Werken und Leistungsschutzrechten, Bearbeitungsrechte (§ 23 UrhG) sowie Freistellungen in Verträgen.
Schranken: Zitat (§ 51 UrhG) sowie Karikatur/Parodie/Pastiche (§ 51a UrhG) bleiben wichtige Korrektive. Ein Mem oder eine Montage kann also zulässig sein – allerdings eng begrenzt und nur zweckgebunden. Für Porträts realer Personen gilt zusätzlich das Bildnisrecht (§§ 22 ff. KUG): Regel ist die Einwilligung; Ausnahmen sind eng.
Praktischer Tipp: Bei externen Kreativen in Briefings festhalten, wie der menschliche schöpferische Beitrag erbracht wird (Prompting-Dokumentation, Auswahlentscheidungen, Versionierung). Das erleichtert später die Begründung von Urheberstatus oder – umgekehrt – die klare Einordnung als urheberrechtsfreies Ergebnis.
Kennzeichnungspflichten und Transparenz: Was 2025 tatsächlich gefordert ist
EU-weit gilt der AI Act. Für synthetische oder manipulierte Inhalte bestehen Transparenzpflichten: Nutzer müssen erkennen können, dass ein Inhalt künstlich erzeugt oder verändert ist. Für Anbieter allgemeiner KI-Modelle kommen zusätzliche Pflichten zur Urheberrechts-Compliance und zur Zusammenfassung der Trainingsinhalte hinzu. Der Digital Services Act (DSA) schafft daneben Plattformprozesse (Meldewege, Risikomitigation, Transparenzberichte). Nationale Spezialnormen zum „AI-Label“ existieren bislang nicht flächendeckend; maßgeblich sind daher AI-Act-Transparenz, Branchenstandards und Plattformvorgaben.
Konkrete Umsetzungsideen:
- Kennzeichnung im Frontend: Bei redaktionellen oder werblichen Inhalten deutlicher Hinweis „künstlich erzeugt/AI-Bild“ im unmittelbaren Umfeld des Bildes (z. B. Bildunterschrift oder Info-Icon mit Tooltip).
- Metadaten-Kennzeichnung: Nutzung von Content Credentials (C2PA) zur fälschungssicheren Herkunfts- und Bearbeitungsdokumentation. So bleibt der Nachweis auch bei Weiterverwendung erhalten, sofern Metadaten nicht entfernt werden.
- Interne Policy: Definieren, in welchen Produktflächen Kennzeichnungen obligatorisch sind (z. B. Kategorie-Aufmacher, Newsletter, Social-Ads). Für sensible Kontexte (Politik, Gesundheit) strengere Defaults.
- Plattformregeln beachten: Große Plattformen prüfen zunehmend auf synthetische Inhalte und verlangen Labels. Einheitliche, wiederverwendbare Hinweise im Asset-Management sparen Nacharbeit.
Kennzeichnung ist kein Schuldeingeständnis. Sie erfüllt Transparenzpflichten, senkt Moderations- und Reputationsrisiken und stärkt die Beweisführung im Konfliktfall.
Veröffentlichungspraxis: Alt-Text, SEO, Barrierefreiheit und Metadaten
Alt-Texte sind kein Dekor, sondern Pflichtprogramm: Sie erschließen Bilder für Screenreader und Suchmaschinen. Gute Alt-Texte sind präzise, beschreiben Motiv und Funktion des Bildes im Kontext der Seite und verzichten auf Keyword-Fülllisten. Für umfangreichere Motive ergänzt eine erweiterte Beschreibung (Long-Desc). SEO-Side-Effects: Aussagekräftige Dateinamen, strukturierte Daten wo sinnvoll, umliegender Kontext und Bild-Sitemaps.
Checkliste für die Bildauslieferung:
- Alt-Text: Kurz, präzise, kontextbezogen. Bei dekorativen Elementen
alt=""
. - Erweiterte Beschreibung: Für komplexe Schaubilder im unmittelbaren Kontext erreichbar hinterlegen.
- Dateiname: Deskriptiv und konsistent (keine kryptischen Hashes in der Auslieferungsebene).
- Bild-Sitemaps: Relevante Attribute pflegen; medienreiche Seiten profitieren spürbar.
- IPTC-Felder: Creator/Credit, Copyright Notice, DigitalSourceType, Rights-Statements, Keywords – zentral im DAM pflegen. Seit 2021/2024 existieren dedizierte Accessibility-Felder (Alt Text/Extended Description) in der IPTC-Spezifikation; ihr Einsatz erleichtert die konsistente Ausleitung in CMS/CDN.
- C2PA/Content Credentials: Provenance-Manifest am Asset binden (Erstellungswerkzeuge, Bearbeitungsschritte, ggf. Kamera-Attest, Siegel/Time-Stamp). Für sensible Flächen zusätzlich robuste Wasserzeichen oder „durable credentials“, damit der Nachweis bei Metadatenverlust rekonstruiert werden kann.
Barrierefreiheit ist mehr als Alt-Text: Kontraste, Zoom-Tauglichkeit, Tastaturnavigation, Fokussichtbarkeit und ausreichende Tap-Targets gehören zum Gesamtbild. Für Bilder heißt das: Keine reine Farbkommunikation ohne textliche Wiederholung, keine essenziellen Infos ausschließlich im Bild.
Risiko-Matrix für KI-Bilder: TYPOLOGIEN, die in der Praxis zu Streit führen
Porträts realer Personen: Ohne Einwilligung problematisch. Selbst synthetisch erzeugte „Fotoclones“ können das allgemeine Persönlichkeitsrecht verletzen. Bei Auftragsarbeiten mit realen Modellen: Model-Release schriftlich, Umfang (Werbung/Redaktion), Territorien, Laufzeit, KI-Spezifika (Training/Face-Swap untersagt) verankern. Bei generativen „Lookalikes“ auf Marken, Namens- und Wettbewerbsrecht achten.
Logos/Marken/Designs: Auch aus KI stammende Abbildungen können Markenrechte verletzen, wenn sie herkunftshinweisend genutzt werden oder die Wertschätzung ausnutzen. In Werbe-Umfeldern zusätzlich an unlautere Rufausnutzung denken. Eigene Marken sollten in generativen Workflows bewusst verwendet werden (Freigabeprozess, Markenschutz-Guidelines).
Stock- und Drittlizenzen: Viele Bildgeneratoren enthalten Lizenzklauseln zu Output-Nutzungen; die Bandbreite reicht von sehr liberal bis restriktiv. Bei gemischten Werken (KI + Stock) sind die restriktivsten Lizenzbedingungen maßgeblich. Trainingsmaterialien sind hiervon getrennt zu betrachten: Ein zulässiges Training sagt nichts über die Zulässigkeit des späteren Outputs in einer bestimmten Nutzung (z. B. Logo-Verwendung in Werbung).
Referenzstile und Künstlernamen: Stilimitation ist urheberrechtlich selten als eigenständiger Schutzgegenstand justiziabel, kann aber lauterkeitsrechtlich oder namensrechtlich heikel werden (Irreführung über die Herkunft, unzulässige Ausnutzung der Wertschätzung). Bei Kampagnenkommunikation ist eine klare Distanzierung ratsam („inspiriert von“, keine Anmutungs-Täuschung).
Sensitive Kontexte: Politik, Gesundheit, Kinder. Hier gelten strengere interne Freigaben. Kennzeichnung von synthetischen Bildelementen frühzeitig einplanen und dokumentieren. Für Wahlkampf- oder Krisenkommunikation Provenance-Sicherung standardisieren (C2PA + qualifizierter Zeitstempel).
Arbeitsabläufe, die rechtssichere Publikationen ermöglichen
A. Rechte- und Belegführung
- Projektakte anlegen: Prompt-Historie, Zwischenschritte, finale Auswahl, Bearbeitungsschritte.
- Rechtekette erfassen: Eigene Beiträge, zugekaufte Elemente, Releases, Lizenz-IDs, Output-Rechte laut Tool-AGB.
- Schrankenprüfung dokumentieren: Wenn Zitat/Parodie/Pastiche in Anspruch genommen wird, Zweck und Umfang festhalten.
B. Kennzeichnung und Metadaten
- Frontend-Labeling definieren (Ort, Wortlaut, Icon).
- IPTC-Felder im DAM pflegen, Accessibility-Felder verwenden (Alt-Text/Extended Description).
- C2PA-Manifest erzeugen; wo möglich mit eIDAS-Zeitstempel/-Siegel koppeln, um Beweiswert zu erhöhen.
C. Review & Freigabe
- Juristische Reviewliste: Urheberstatus, Persönlichkeitsrechte, Marken/Design, AGB-Konflikte.
- Redaktionelles Vier-Augen-Prinzip bei sensiblen Motiven.
- Freigabe protokollieren; bei Social-Ads regionale Besonderheiten beachten.
D. Betrieb & Incident-Response
- Takedown-Pfad und Gegendarstellungsprozesse vorhalten.
- Für beanstandete Bilder: Sofortmaßnahme (Depublizieren/Dämpfen), Sachverhalt klären, Nachweise aus der Projektakte ziehen, Entscheidung dokumentieren.
- Lessons Learned in die Bild-Policy zurückspielen (z. B. zusätzliche Kennzeichnung, Blacklist für heikle Motive).
FAQ für die tägliche Praxis
Ist jedes KI-Bild zu kennzeichnen?
Nicht jedes – aber überall dort, wo die Herkunft wesentlich ist oder Verwechslungen mit echten Aufnahmen naheliegen, empfiehlt sich eine Kennzeichnung. Der AI Act verlangt Transparenz für künstlich erzeugte/manipulierte Inhalte; viele Plattformen fordern Labels ohnehin. In redaktionellen Kontexten entscheidet die Einordnung (Bildjournalismus vs. Illustration).
Darf ein KI-Bild ohne Urheberstatus „frei“ genutzt werden?
Vorsicht. Auch urheberrechtsfreie Ergebnisse können Rechte Dritter berühren (Marken, Designs, Persönlichkeitsrechte, Vertragsrecht). Fehlen eigene Exklusivrechte, ist die Exklusivität des Motivs zudem nicht gesichert.
Wie wird der Alt-Text formuliert?
Aufgabenorientiert und kontextbezogen: Was zeigt das Bild und warum steht es hier? Keine Keyword-Ketten, keine redundanten Phrasen. Für dekorative Bilder alt=""
. Für komplexe Bild-Infos eine erweiterte Beschreibung im Fließtext oder via verlinkter Detailbeschreibung.
Wie sichere ich die Beweisführung?
C2PA-Manifeste an die Datei binden, Hash/Protokolle im DAM archivieren und – wo möglich – mit qualifiziertem Zeitstempel/Siegel versehen. So lassen sich Entstehung, Bearbeitung und Veröffentlichung gerichtsfest untermauern.
Muster-Policy (Kurzfassung) für Teams
- Definitionen: „KI-Bild“ = ganz oder teilweise mittels generativer Verfahren erzeugt; „synthetischer Anteil“ = Bildinformation ohne reale Vorlage.
- Kennzeichnung: Für Medien-, Politik-, Gesundheits- und Werbeumfelder obligatorisch; sonst abhängig vom Kontext. Platzierung nahe am Bild; Wortlaut kurz und klar.
- Rechte: Vor Veröffentlichung Rechtekette prüfen; Porträts nur mit Release; Logos/Marken nur mit Freigabe.
- Metadaten: IPTC-Felder vollständig pflegen, Alt-Text obligatorisch, Bild-Sitemaps nutzen.
- Provenance: C2PA verpflichtend für Eigenproduktionen in redaktionellen/werblichen Umfeldern; bei Zukauf bevorzugt Anbieter mit Content-Credentials.
- Review: Heikle Motive durch Legal/Redaktion freigeben.
- Incident-Response: Takedown-Pfad, Korrekturhinweise, Dokumentationspflichten.
Fazit
Rechtssicher veröffentlichen heißt: Menschliche Autorenschaft korrekt einordnen, Rechteketten absichern, transparente Kennzeichnungen setzen und Barrierefreiheit sauber umsetzen. Alt-Text, IPTC-Metadaten und C2PA-Provenance sind keine „Nice-to-have-Extras“, sondern das Rückgrat einer skalierbaren Bild-Governance. Wer diese Bausteine standardisiert, veröffentlicht schneller, streitsicherer und sichtbarer.