Bereits im vergangenen Jahr habe ich auf die Problematik aufmerksam gemacht, dass Handwerker und Dienstleister, die ohne ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung agieren, erhebliche finanzielle Risiken eingehen ( siehe hier) . Leider hat sich nach meiner Erfahrung im letzten Jahr nichts an dieser Situation geändert. Die Handwerkskammern scheinen nicht ausreichend vor diesem Problem zu warnen, sodass immer wieder Handwerker auf diese Problematik “hereinfallen”. Es ist wichtig zu betonen, dass die Widerrufsbelehrung keine lästige Formalität ist, sondern eine gesetzliche Pflicht, deren Nichtbeachtung schwerwiegende Konsequenzen haben kann. Handwerker und Dienstleister müssen sich bewusst sein, dass sie ohne ordnungsgemäße Belehrung keinen Anspruch auf Vergütung haben und sogar bereits erhaltene Zahlungen zurückerstatten müssen.
Die Bedeutung der Widerrufsbelehrung für Handwerker
Die Widerrufsbelehrung ist für Handwerker und Dienstleister, die Verträge außerhalb ihrer Geschäftsräume abschließen, von entscheidender Bedeutung. Sie müssen ihre Kunden über das Widerrufsrecht informieren, das es Verbrauchern ermöglicht, binnen 14 Tagen ohne Angabe von Gründen vom Vertrag zurückzutreten. Diese Information muss schriftlich oder auf einem dauerhaften Datenträger erfolgen und klar und verständlich formuliert sein. Ein bloßer Hinweis auf der Website oder in den AGB reicht nicht aus. Die Widerrufsbelehrung muss den Kunden über die Bedingungen, Fristen und das Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts informieren. Wird diese Pflicht verletzt, hat dies erhebliche finanzielle Konsequenzen für den Handwerker. Er hat keinen Anspruch auf Vergütung und muss bereits erhaltene Zahlungen zurückerstatten, selbst wenn die Leistung bereits vollständig erbracht wurde.
Aktuelle Rechtsprechung und ihre Folgen
Die Bedeutung der Widerrufsbelehrung wurde durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in den letzten Jahren unterstrichen. Der EuGH hat in einem Urteil vom 17. Mai 2023 (Az.: C-97/22) klargestellt, dass bei fehlender Belehrung über das Widerrufsrecht bei einem außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossenen Vertrag mit einem Handwerksbetrieb der Verbraucher nach Widerruf des Vertrags vom Handwerksbetrieb bereits erbrachte Dienstleistungen nicht bezahlen muss. In dem entschiedenen Fall hatte ein Verbraucher einen Handwerksbetrieb mit Elektroinstallationsarbeiten beauftragt, um sein Haus diesbezüglich auszustatten. Nachdem der Handwerksbetrieb die Arbeiten durchgeführt und die Elektroinstallation eingebaut hatte, verlangte er die Zahlung der vereinbarten Vergütung. Da der Vertrag im Wege des sog. Fernabsatzes abgeschlossen wurde, der Verbraucher aber nicht vom Handwerksbetrieb über sein Widerrufsrecht belehrt wurde, widerrief der Verbraucher den Vertrag. Der EuGH entschied, dass der Handwerksbetrieb in diesem Fall die Kosten für die Erfüllung des Vertrags während der Widerrufsfrist tragen muss.Dieses Urteil zeigt deutlich, dass Handwerker und Dienstleister, die Verträge außerhalb ihrer Geschäftsräume abschließen, sei es über E-Mail, Telefon oder auch beim Verbraucher zuhause, den Verbraucher ordnungsgemäß über das Widerrufsrecht aufklären, die gesetzlichen Informationspflichten erfüllen und diese Informationspflichten und Belehrungen dem Verbraucher zwingend aushändigen müssen. Letzteres sollte sich der Handwerksbetrieb auch schriftlich bestätigen lassen.
Rechtsunsicherheit bei unklaren Widerrufsbelehrungen – Handwerksleistungen kostenlos?
Nicht selten bereuen Verbraucher bereits geschlossene Verträge. Hierzu kann es insbesondere kommen, wenn diese Verträge außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen werden, denn Verbraucher werden in diesen Fällen häufig psychisch unter Druck gesetzt und überrascht. Aufgrund der Gefahr von so genannten Überrumpelungssituationen hat der europäische Gesetzgeber schon vor vielen Jahren einen europaweiten Standard für den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz und bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen geschaffen. Verbraucher sollen mit dem Widerrufsrecht vor einer spontanen Entscheidung geschützt werden.Das Widerrufsrecht außerhalb von klassischen Kauf- und Darlehensverträgen ist Verbrauchern in vielen Fällen nicht bewusst, denn Unternehmen belehren oft gar nicht oder nur falsch über das Widerrufsrecht. Anders als oft geglaubt wird, steht Verbrauchern nicht nur bei Käufen über das Internet ein Widerrufsrecht zu. Dies zeigt auch die Entscheidung des EuGH, in der es um Elektroinstallationsarbeiten am Haus ging. Heutzutage können die meisten Verträge, die nicht im Geschäft des Vertragspartners abgeschlossen werden, widerrufen werden. Auch wenn bereits Zahlungen geleistet wurden, können diese nach einem Widerruf zurückverlangt werden.
Praktische Tipps zur Vermeidung von Zahlungsausfällen
Um Zahlungsausfälle zu vermeiden, sollten Handwerker einige wichtige Punkte beachten. Zunächst ist es unerlässlich, dass die Widerrufsbelehrung schriftlich oder auf einem dauerhaften Datenträger erfolgt. Hierfür können die Musterformulare verwendet werden, die im Anhang des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) bereitgestellt werden. Es empfiehlt sich, sich vom Kunden schriftlich bestätigen zu lassen, dass er die Widerrufsbelehrung erhalten hat. Dies kann durch eine Unterschrift auf einem entsprechenden Formular geschehen.Ein weiterer wichtiger Punkt ist der Zeitpunkt des Arbeitsbeginns. Handwerker sollten mit den Arbeiten erst nach Ablauf der 14-tägigen Widerrufsfrist beginnen, es sei denn, der Kunde wünscht ausdrücklich einen früheren Beginn. In diesem Fall sollte der Kunde schriftlich bestätigen, dass er auf sein Widerrufsrecht verzichtet. Um rechtliche Sicherheit zu gewährleisten, ist es ratsam, sich von einem Rechtsanwalt oder der Handwerkskammer beraten zu lassen. So können teure Fehler vermieden und alle gesetzlichen Anforderungen erfüllt werden.
Fazit
Die ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung ist für Handwerker und Dienstleister von größter Wichtigkeit. Die aktuelle Rechtsprechung des EuGH hat gezeigt, dass Verstöße gegen diese Pflicht schwerwiegende finanzielle Folgen haben können. Handwerker sollten daher größte Sorgfalt walten lassen, wenn es um die Belehrung ihrer Kunden geht. Es ist ratsam, Verträge zu überprüfen und im Zweifel rechtlich beraten zu lassen, um sicherzustellen, dass alle gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden. Nur so können Handwerker vermeiden, dass sie für ihre erbrachten Leistungen nicht bezahlt werden und auf den Kosten sitzen bleiben.Es bleibt zu hoffen, dass die Handwerkskammern in Zukunft verstärkt auf dieses Problem aufmerksam machen und ihre Mitglieder entsprechend sensibilisieren. Denn nur durch eine flächendeckende Information und Aufklärung kann verhindert werden, dass Handwerker immer wieder auf die Problematik der fehlenden Widerrufsbelehrung “hereinfallen” und dadurch erhebliche finanzielle Einbußen erleiden. Verbraucher sollten sich ihres Widerrufsrechts bewusst sein und im Zweifelsfall rechtlichen Rat einholen, um ihre Rechte durchzusetzen.