Schon seit 2016 existiert ein Urteil des Bundesfinanzhofes, welches erstaunlich vielen Rechtsanwälten – UND – Gerichten anscheinend nicht bekannt ist. Dieser hatte mit Urteil vom 21.12.2016 zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung von Abmahnungen nach dem UWG entschieden und geht seitdem davon aus, dass dabei eine umsatzsteuerpflichtigen Leistung des Abmahnenden an den Mitbewerber vorliegen würde. Die Leistung bestehe aus Sicht des BFH darin, dass eine gerichtliche Auseinandersetzung vermieden wird, das Entgelt sei der Aufwendungsersatz, den der Abgemahnte zahlt. Dies führt zu zahlreichen weiteren Punkten, die im Rahmen einer Prüfung einer Abmahnung zu beachten sind, aber natürlich auch beim Abmahnen selber.
Seit diesem, in der Realität und im Alltag sehr problematischen Entscheidung, die einen großen Rattenschwanz an weiteren Problemen aus dem Umsatzsteuerrecht nach sich zieht, wurde jedoch gestritten, ob das Urteil auf Abmahnungen nach dem Urhebergesetz bzw. auf Abmahnungen nach dem Markengesetz anwendbar ist. Dies hat der Bundesfinanzhof nun entschieden.
Der XI. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat durch Urteil vom 13. Februar 2019 XI R 1/17 seine ständige Rechtsprechung zu Abmahnungen nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb auf Abmahnungen nach dem Urheberrechtsgesetz übertragen und entschieden, dass Abmahnungen, die ein Rechteinhaber zur Durchsetzung eines urheberrechtlichen Unterlassungsanspruchs gegenüber Rechtsverletzern vornimmt, umsatzsteuerpflichtig sind. Gegenleistung für die Abmahnleistung ist auch hier der vom Rechtsverletzer gezahlte Betrag.
Die Klägerin, eine Tonträgerherstellerin, ließ mithilfe einer beauftragten Rechtsanwaltskanzlei Personen, die Tonaufnahmen im Internet rechtswidrig verbreitet hatten, abmahnen. Gegen Unterzeichnung einer strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung sowie Zahlung von pauschal 450 € (netto) bot sie an, von der gerichtlichen Verfolgung ihrer Ansprüche abzusehen. Sie ging dabei davon aus, dass die erhaltenen Zahlungen als Schadensersatz für die Urheberrechtsverletzungen anzusehen seien und daher keine Umsatzsteuer anfalle. Die ihr von der Rechtsanwaltskanzlei in Rechnung gestellte Umsatzsteuer zog sie – natürlich – gleichzeitig als Vorsteuer ab.
Dieser Auffassung zur Frage der Steuerbarkeit ist der BFH aber erneut nicht gefolgt. Er hat klargestellt, dass – unabhängig von der jeweiligen Bezeichnung durch die Beteiligten und der zivilrechtlichen Anspruchsgrundlage – Abmahnungen zur Durchsetzung eines Unterlassungsanspruchs als umsatzsteuerpflichtige Leistungen im Rahmen eines umsatzsteuerbaren Leistungsaustauschs zwischen dem Abmahner und den von ihm abgemahnten Personen zu qualifizieren seien. Die Abmahnung erfolge, so der BFH weiter, zumindest auch im Interesse des jeweiligen Rechtsverletzers, weil er die Möglichkeit erhalte, einen kostspieligen Rechtsstreit zu vermeiden. Dies sei als umsatzsteuerpflichtige sonstige Leistung anzusehen. Für das Ergebnis sei es zudem unerheblich, dass im Zeitpunkt der Abmahnung nicht sicher festgestanden habe, ob die Abmahnung erfolgreich sein werde: Auch wenn ungewiss sei, ob die abgemahnte Person ein Rechtsverletzer sei und zahlen werde, bestehe ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Abmahnung als sonstige Leistung und der dafür erhaltenen Zahlung.
Unternehmen können nun sowohl bei Abmahnungen aus dem UWG als auch aus dem Urheberrecht die Umsatzsteuer geltend machen, wenn die sonstigen Voraussetzungen, wie eine ordnungsgemäße Rechnungsstellung, vorliegen. Liegt eine solche nicht vor, könnte unter Umständen ein Zurückbehaltungsrecht für die zu zahlende Summe bestehen. Sowohl für Abmahnende als auch für Abgemahnte gibt es daher weitere Punkte zu beachten.
Übrigens: Das Urteil ist kein Orbiter Dictum und somit – rein juristisch – nicht auf das Markenrecht anwendbar. Einen wirklichen Grund für eine Differenzierung existiert aber nicht. Hier könnte sich gegen sture Abmahner eventuell eine Verteidigungsmöglichkeit bieten.