Der BGH hat ein Urteil gefällt, das durchaus das Potenzial haben könnte, vielen Onlinehändlern und Anbietern von Onlinediensten Kopfschmerzen zu bereiten.
Und zwar geht es dabei um die Frage, ob das Zusenden einer Rechnung für eine Fakebestellung, also wenn jemand eine Bestellung abgibt, aber beispielsweise eine falsche Postadresse/E-Mail-Adresse mitteilt. Überprüft der Anbieter eine Bestellung in diesem Fall die Bestellung nicht korrekt und schickt eine Rechnung/Zahlungsaufforderung an eine Person, die in diese Leistung in Wirklichkeit gar nicht angefordert hat, begeht der Anbieter eine abmahnbare Wettbewerbsrechtsverletzung.
Die Aufforderung zur Bezahlung nicht bestellter Dienstleistungen sei laut dem Bundesgerichtshof als irreführende geschäftliche Handlung im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 2 Fall 1 UWG anzusehen, wenn der angesprochene Verbraucher der Aufforderung die Behauptung entnimmt, er habe die Dienstleistung bestellt. Schwer vorstellbar wie dies nicht der Fall sein könnte.
Besonders problematisch ist dabei, dass der BGH dabei seine bisherige Rechtsprechung zum Identitätsdiebstahl ausdrücklich aufgibt. Die Richter sind nun nämlich der Meinung, dass es einer Unlauterkeit nach § 5 Abs. 1 Satz 1 UWG nicht entgegenstehe, dass der Unternehmer bei der Zahlungsaufforderung in der ihm nicht vorwerfbaren irrtümlichen Annahme einer tatsächlich vorliegenden Bestellung gehandelt habe. Selbst wenn z.B. dem Onlinehändler also keine Schuld an der Fakebestellung trifft, handelt er mit der Zusendung einer Zahlungsaufforderung rechtswidrig. Ob beim Anbieter also ein Irrtum vorliegt, ist in Zukunft irrelevant. Das ist extrem weitgehend.
Die Aufforderung zur Bezahlung nicht bestellter, aber erbrachter Dienstleistungen falle laut dem BGH auch dann unter Nr. 29 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG, wenn der Unternehmer irrtümlich von einer Bestellung ausgeht und der Irrtum seine Ursache nicht im Verantwortungsbereich des Unternehmers hat.
Auch die EU-Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken ändere daran nichts.
Aus Art. 9 Buchst. c der Richtlinie 2005/29/EG, der ein bewusstes Handeln des Gewerbetreibenden voraussetzt, kann kein Erfordernis einer Kenntnis
des Gewerbetreibenden von einer fehlenden Bestellung abgeleitet werden. Dieser Tatbestand betrifft bestimmte Verhaltensweisen des Gewerbetreibenden,
die auf eine aggressive Geschäftspraktik schließen lassen können, wie das bewusste Ausnutzen von konkreten Unglückssituationen; ihm kann nicht entnommen werden, dass bei aggressiven Geschäftspraktiken stets ein subjektives
Element gegeben sein muss.
Egal wie groß der Sorgfaltsmaßstab des Anbieters also ist, er haftet trotzdem. Bestellvorgänge und Verifikationen sollten daher dringend überprüft und optimiert werden, um das Risiko zu verringern. Dabei sind sicher auch Sicherheitsabfragen zu optimieren und Datenschutzfragen zu beachten!