Schon ein paar mal hab ich unterschwellig in Blogbeiträgen auf das Problem hingewiesen, was NFT eigentlich sind und was nicht.
Was sind NFT (was alle denken)?
NFT steht für “non-fungible tokens”. Es handelt sich dabei um Einheiten, die einzigartig sind und nicht austauschbar. Anders als bei fungible Wertpapieren (z.B. Aktien), bei denen es unerheblich ist, welche Einheit man besitzt, ist jede NFT einzigartig und kann nicht getauscht werden. Die erste Anwendung für NFTs ist die Cryptokitty-Serie von Ethereum. Diese digitalen Katzen sind ein gutes Beispiel für “non-fungible tokens”, da jede einzigartig ist und nicht austauschbar. Jede Cryptokitty hat ihre eigene Geschichte, Persönlichkeit und Ausrüstung. Andere Anwendungen für NFTs könnten sein: digitale Kunstwerke, digitales Eigentum oder auch digitale Gesundheitsinformationen.
Was sind NFT (juristisch)?
Nun, die ehrliche Antwort ist (zumindest in Deutschland), dass wir Juristen es noch nicht so genau wissen. Juristen und Autoren streiten sich um die Details, Rechtsprechung gibt es noch kaum. Tatsächlich stellen sich im Zusammenhang mit NFT zahlreiche neue Rechtsfragen, die nach innovativen Antworten verlangen. Zivilrechtlich könnten NFT zwar als “sonstiges Recht” nach § 823 Abs. 1 BGB deliktischen Schutz genießen, sie stellen aber – jedenfalls nach ganz überwiegender Auffassung – keine absoluten Rechte dar und sind mangels Körperlichkeit auch keine Sachen im Sinne der §§ 90, 903 BGB. Die konkrete rechtliche Bedeutung einzelner NFTs bleibt daher im Wesentlichen der vertraglichen Ausgestaltung durch die Parteien überlassen. Und genau hier liegt das Problem, auf das ich in diesem Blogbeitrag eingehen möchte.
Für die Rechtsbeziehungen zwischen Erwerber und Veräußerer eines NFT sowie für die mit dem NFT verbundenen Rechte, die sich auf das Referenzobjekt beziehen, kommt es daher vor allem darauf an, welche absoluten Rechte nach der jeweiligen Rechtsordnung an dem Referenzobjekt bestehen und was die Parteien hinsichtlich der Rechteübertragung vereinbaren. Bei den absoluten Rechten handelt es sich im Rahmen des derzeit besonders aktiven digitalen Kunstmarktes vor allem um Urheberrechte und bei den übertragenen Rechten um urheberrechtliche Nutzungsrechte, die häufig auch als Lizenzen oder Lizenzrechte bezeichnet werden.
Was ist nun mit den Urheberrecht?
Auch aus urheberrechtlicher Sicht stellen sich eine Reihe von Fragen, die beantwortet werden müssen, z.B. wie NFTs in den Katalog der Nutzungsarten einzuordnen sind und welche Rechte mit dem Verkauf eines NFTs auf den Käufer übergehen. Hier sind vor allem die Ersteller von Allgemeinen Geschäftsbedingungen gefordert, die AGB korrekt zu formulieren, was nach meiner Erfahrung derzeit selten der Fall ist.
Es ist denkbar, dass die Herstellung und Vermarktung eines NFT aus einem urheberrechtlich geschützten Werk ein (noch) unbekanntes Recht zur öffentlichen Wiedergabe im Sinne des § 15 Abs. 2 UrhG voraussetzt. Diese Einordnung ist jedoch keineswegs zwingend; ebenso gut ist denkbar, dass NFT überhaupt keine urheberrechtliche Relevanz haben, sondern das (ggf. eigentumsähnliche) Eigentum am “digitalen Original” isoliert von etwaigen Urheberrechten zu sehen ist. Insofern erwirbt auch der Käufer eines physischen Gemäldes lediglich das Recht auf freien Werkgenuss. Das ist ein Gedanke, mit dem ich persönlich, und ich denke auch viele Kollegen, sympathisieren können. Es bedeutet aber, dass das, was der Nichtjurist unter NFT versteht, und das, was wir Juristen unter NFT verstehen, auseinander fallen würden. Nach meinem Verständnis wäre der NFT also nur ein 3-KB-Speicher, der zwar technisch eine Art Zuordnung eines Rechts zu der Person, die Zugriff auf den NFT hat, ermöglicht, aber juristisch eben nichts ist, solange das darin verkörperte Recht nicht richtig formuliert ist oder überhaupt existiert.
Das finde ich auch denklogisch richtig, denn auch wenn NFT oft mit Bildern, Affen oder Computerspielen in Verbindung gebracht werden, kann der Token eigentlich mehr, wie man in der folgenden Grafik sieht.
Apropos Affen
Gelangweilte Affen (Bored Apes) ist übrigens ein gutes Stichwort, denn sie sind der Anlass für den heutigen Blogpost. In einem Gerichtsverfahren in den USA geht es nämlich genau um die Frage, ob der Anbieter der “Bored Apes” die “Copyrights” registriert hat bzw. ob er diese überhaupt besitzt. Auch wenn sich das rechtliche Problem sehr stark auf einen Aspekt des US-Urheberrechts, nämlich die Registrierung von Urheberrechten, konzentriert, den das europäische Urheberrecht nicht kennt, gibt es doch Anlass, über die Gestaltung von AGB und die Art und Weise von NFT nachzudenken. Denn nur weil Ihnen jemand ein digitales Bild in einem NFT verkauft, heißt das noch lange nicht, dass Sie damit auch die Rechte an dem Bild übertragen bekommen. Schon gar nicht ist damit klar, was man mit dem Bild machen darf, ob man es zum Beispiel auf T-Shirts drucken und die T-Shirts dann verkaufen darf oder ähnliches. All das können nur Lizenzverträge regeln, die oft einen umfangreichen Rechtekatalog enthalten. Die Käufer von NFT-Kunst glauben oft genau das Gegenteil.
Übrigens auch in Computerspielen
Gleiches gilt übrigens auch für NFT in Computerspielen. Nur weil man z.B. ein virtuelles Schwert als NFT erhalten hat, ist – jedenfalls ohne Kenntnis der AGB oder des Lizenzvertrages – noch nicht geklärt, was man mit dem NFT machen darf, z.B. ob man es auch in anderen Spielen verwenden darf, ob man es “verkaufen” darf etc.
Was muss man beachten?
Käufer von NFT sollten unbedingt darauf achten, was sie kaufen und welche Rechte sie kaufen. Nur so kann man sich über den möglichen Wert der NFT sicher sein. Verkäufer von NFT sollten sehr darauf achten, die AGB und Lizenzverträge von Spezialisten überprüfen zu lassen, um ebenfalls auf der sicheren Seite zu sein und später nicht unnötigen Frust bei den Käufern und schlechte PR hinnehmen zu müssen.