Worum geht es?
Wie hier im Blog schon oft zu lesen war, stellen Blockchains (egal von welchem Anbieter und auf welcher technischen Basis), deren Technologie und Ideologie uns Juristen in Deutschland vor große Herausforderungen. Das fängt bei Token und der Frage an, ob und welches Aufsichtsrecht nun anwendbar ist, geht über die spannenden Fragen, wie genau “Smart Contracts” eigentlich zu behandeln sind oder welche Rechtsnatur NFTs haben, und endet bei hochkomplexen Rechtsproblemen rund um DAOs.
Auf ein ähnlich lustiges Problem bin ich gestoßen, als ich den gerade veröffentlichten Abschlussbericht des Bundesministeriums der Justiz zum Thema “DIE ANWENDUNG DER BLOCKCHAIN-TECHNOLOGIE IM GESELLSCHAFTS- UND GENOSSENSCHAFTSRECHT” gelesen habe. Das vollständige Dokument finden Sie hier. Der Bericht geht vielen spannenden Fragen nach, welche gesellschaftsrechtlichen Dinge auf einer Blockchain (oder generell mit Hilfe von DLT) abgebildet werden könnten.
Blockchain und GmbH-Recht?
Unter anderem wird diskutiert, ob so etwas wie eine Blockchain-GmbH möglich wäre. Nun dürfte den meisten Lesern bekannt sein, dass eine GmbH nur unter Mitwirkung eines Notars gegründet, geändert und im weitesten Sinne verwaltet werden kann. Eine Übertragung von Geschäftsanteilen durch Übergabe z.B. eines Wertpapiers ist eben nicht vorgesehen. Dies wäre unter Umständen nur bei einer Aktiengesellschaft möglich, mit der ich mich demnächst beschäftigen werde. Allerdings besteht für die Regelungen im Innenverhältnis der GmbH nach §§ 46 ff. GmbHG eine weitgehende Gestaltungsfreiheit. Dinge wie die Beteiligung Dritter z.B. über Treuhandkonstruktionen oder stille Beteiligungen, die auch das Stimmrecht der im Handelsregister eingetragenen Gesellschafter beeinflussen können, wären also durchaus auf einer Blockchain abbildbar. Zumindest wenn man die Problematik der Eintragung in das Transparenzregister oder aufsichtsrechtliche Fragen wie das Vermögensanlagengesetz zunächst außer Acht lässt.
Für Startups könnte dies also durchaus interessant sein, um Investoren an das Unternehmen zu binden, ohne sie zu vollwertigen Gesellschaftern zu machen. Auch Geschäftspartner könnten auf diese Weise an das Unternehmen gebunden werden, z.B. Influencer/Streamer bei einer Influencer-Agentur (Anmerkung: Etwas ähnliches evaluiere ich gerade mit einer Mandantin).
Aber auch die sonstige Gesellschafterliste könnte auf einer Blockchain geführt werden, auch wenn das Gesetz die Geschäftsführer – noch – nicht von der Pflicht zur Erstellung befreien würde. Dies könnte der Gesetzgeber aber ändern. Das könnte sinnvoll sein, weil zum Beispiel eine Autorisierung bei der bisherigen Einreichung beim Notar mittels Blockchain-Technologie gelöst werden könnte.
Blockchain für den internen Gebrauch?
Spannend ist, dass der Abschlussbericht auf die interne Nutzbarkeit der Blockchain-Technologie in einer GmbH eingeht. Neben den dort genannten Stimmrechten wäre auch die Nutzung einer Satzung in Form eines Smart Contracts durchaus denkbar. In letzter Konsequenz könnten so unter anderem Dinge wie Gewinnverteilung, Zuständigkeiten im Rahmen einer Geschäftsordnung, interne finanzielle Grenzen eines Geschäftsführers oder Gesellschafterversammlungen (inklusive Einladungen zu diesen) + Stimmrechte automatisiert und sicher abgebildet werden. Auch wenn wir hier wohl noch einige Jahre von der Umsetzung entfernt sind, ist das hoch spannend.
Fazit
Die im Abschlussbericht genannten Möglichkeiten mögen für gestandene Gesellschaftsrechtler noch sehr futuristisch klingen. Als “juristischer Nerd” finde ich die Möglichkeiten aber sehr spannend und bin überzeugt, dass sich sowohl der Gesetzgeber als auch Juristen – und natürlich Startups – ernsthaft mit den Möglichkeiten auseinandersetzen sollten.