Verträge zwischen Influencern und ihren Agenturen bzw. zwischen Managern und Künstlern basieren häufig auf einem engen Vertrauensverhältnis. Beide Seiten setzen auf eine langfristige Zusammenarbeit – doch genau dieses Vertrauen eröffnet nach deutschem Recht ein Schlupfloch für eine Kündigung ohne Frist. § 627 BGB erlaubt bei bestimmten Dienstverträgen eine außerordentliche Kündigung „jederzeit“ und ohne wichtigen Grund. Für Agenturen und Manager birgt dies ein erhebliches Risiko: Ein Influencer oder Künstler könnte sich unerwartet vom Vertrag lösen, obwohl die Kooperation langfristig geplant war.
In diesem ausführlichen Beitrag beleuchten wir die rechtliche Systematik des § 627 BGB und erläutern, unter welchen Voraussetzungen dieses Sonderkündigungsrecht greift. Vor allem aber geht es darum, wie und ob man § 627 BGB vertraglich ausschließen kann, um eine stabile Bindung zu gewährleisten. Dabei werden Grenzen und Zulässigkeit eines solchen Ausschlusses in langfristigen Verträgen analysiert – etwa durch Klauseln, die auf langfristige Zusammenarbeit und gegenseitiges Vertrauen abstellen. Unterschiede zwischen dem exklusiven Manager-Modell (ein Manager – ein Künstler) und dem Agenturmodell mit mehreren Influencern werden ebenso herausgearbeitet wie Parallelen zu Spielerberatern im Profifußball.
Rechtliche Systematik des § 627 BGB
§ 627 BGB ist Teil des Dienstvertragsrechts im Bürgerlichen Gesetzbuch und räumt bei bestimmten Dienstverhältnissen ein außerordentliches Kündigungsrecht ohne wichtigen Grund ein. Konkret betrifft es Dienstverträge besonderer Art, die „Dienste höherer Art“ zum Gegenstand haben und auf besonderem Vertrauen basieren. Typische Beispiele aus der Rechtspraxis sind Verträge mit persönlichem Charakter, etwa zwischen Mandant und Rechtsanwalt, Patient und Arzt, oder Künstler und Manager. In solchen Fällen soll kein Vertragspartner gegen seinen Willen an einer persönlichen Dienstbeziehung festgehalten werden, wenn das Vertrauensverhältnis erschüttert ist – selbst wenn kein klassischer „wichtiger Grund“ im Sinne von § 626 BGB vorliegt.
Die Vorschrift lautet vereinfacht: Besteht bei einem Dienstvertrag ein besonderes Vertrauensverhältnis und ist die Vergütung nicht in festen Zeitabschnitten bemessen, kann jede Partei den Vertrag jederzeit fristlos kündigen. Anders als § 626 BGB (der eine Kündigung aus wichtigem Grund erlaubt) benötigt § 627 BGB keine Begründung. Es handelt sich um ein gesetzliches Lösungsrecht, das die persönlichen Elemente der Vertragsbeziehung berücksichtigt. Der Klassiker ist das höchstpersönliche Dienstverhältnis: Das Gesetz schützt hier die Autonomie beider Seiten, indem es eine sofortige Trennung ermöglicht, wenn die Zusammenarbeit nicht mehr von Vertrauen getragen ist.
Wichtig sind zwei Voraussetzungen nach § 627 Abs. 1 BGB:
- Dienst höherer Art auf Vertrauensbasis: Der Vertragsgegenstand muss Dienste „höherer Art“ betreffen, was nach gängiger Definition Dienstleistungen mit persönlicher Vertrauensstellung meint. Es geht um Tätigkeiten, bei denen die Persönlichkeit, Fähigkeiten und Loyalität des Dienstleistenden für den anderen von besonderer Bedeutung sind. Dazu zählen z. B. künstlerische Agenturleistungen, Beratungs- oder Managementtätigkeiten, medizinische oder juristische Dienstleistungen usw., bei denen das Vertrauen in die Person zentral ist. Influencer-Manager-Verträge werden in der Rechtsprechung regelmäßig als solche Dienste höherer Art eingeordnet – der Manager erbringt eine sehr persönliche Dienstleistung für den Künstler, die stark auf individueller Betreuung und Loyalität beruht.
- Keine feste Vergütung nach Zeitabschnitten: Zudem gilt § 627 BGB nur, wenn die Vergütung nicht nach Zeitabschnitten bemessen ist. Das bedeutet: Ist das Honorar nicht als regelmäßiges Gehalt (z. B. monatlich) vereinbart, sondern abhängig vom Erfolg oder in Provisionen/Einmalzahlungen, greift diese Norm. Viele Dienstverträge auf Erfolgsbasis fallen darunter. Im Kontext Influencer-Agentur heißt das: Erhält der Manager etwa einen prozentualen Anteil an vermittelten Aufträgen (Provision) statt eines monatlichen Festgehalts, liegt „keine zeitabschnittsweise Vergütung“ vor. Somit erfüllt ein typischer Management- oder Agenturvertrag mit Umsatzbeteiligung genau diese Voraussetzung.
Treffen beide Bedingungen zu, erlaubt § 627 BGB beiden Seiten die jederzeitige fristlose Kündigung. Dieses Recht besteht zusätzlich zu anderen Beendigungsmöglichkeiten (wie einer ordentlichen Kündigung mit Frist oder einer Kündigung aus wichtigem Grund nach § 626 BGB). Praktisch relevant ist es vor allem für denjenigen, der sich schnell lösen will, ohne den strengen Maßstab des wichtigen Grundes erfüllen zu müssen. Häufig ist das der Klient (Influencer/Künstler), der mit der Leistung des Managers unzufrieden ist oder das Vertrauen verloren hat. Aber auch der Dienstleister könnte theoretisch davon Gebrauch machen, etwa wenn die Zusammenarbeit mit dem Künstler unzumutbar wird – beispielsweise wegen schwerer Vertrauensbrüche des Künstlers.
Rechtsfolge: Die Kündigung nach § 627 BGB wirkt sofort. Es gibt keine Frist; der Vertrag endet mit Zugang der Kündigungserklärung. Allerdings kennt das Gesetz einen gewissen Schutz vor Missbrauch: § 627 Abs. 2 BGB bestimmt, dass die kündigende Partei Schadenersatz leisten muss, wenn sie zur „Unzeit“ kündigt, d. h. zu einem für den anderen Teil ungünstigen Zeitpunkt. Dieser Schadensersatz soll z. B. verhindern, dass ein Dienstverpflichteter kurz vor Abschluss eines großen Projekts ohne Not abspringt. Für unseren Fall heißt das: Kündigt der Künstler seinen Manager genau während einer laufenden wichtigen Kampagne ohne sachlichen Grund, könnte er dem Manager eventuell Aufwendungsersatz oder entgangene Provisionen ersetzen müssen. Dennoch – der Kernpunkt bleibt: Der Vertrag selbst ist beendet; es geht nur noch um nachträgliche Ausgleichsansprüche.
Zusammengefasst verankert § 627 BGB gesetzlich die Fragilität von Vertrauensverhältnissen: Niemand soll zur Fortsetzung einer engen persönlichen Zusammenarbeit gezwungen sein, wenn das Fundament Vertrauen fehlt. Das wirkt sich massiv auf langfristige Influencer- und Künstlerverträge aus, da diese nahezu immer auf persönlicher Betreuung beruhen und oft erfolgsabhängig vergütet werden.
Anwendbarkeit auf Verträge zwischen Influencern und Agenturen
Schauen wir nun speziell auf Influencer-Agentur-Verträge bzw. Künstler-Manager-Verträge: Inwieweit fällt eine solche Geschäftsbeziehung unter § 627 BGB? Die Antwort der juristischen Praxis lautet: In der Regel vollständig.
Die typischen Vertragskonstellationen in der Medien- und Entertainmentbranche erfüllen meist die genannten Voraussetzungen:
- Persönliches Vertrauensverhältnis: Ein Künstler oder Influencer vertraut seinem Manager/Agenten sensible Bereiche seiner Karriere an – Vertragsverhandlungen, Öffentlichkeitsarbeit, strategische Entscheidungen. Diese Beziehung ist höchstpersönlich und vergleichbar mit klassischen Künstlermanager- oder Spielerberater-Verhältnissen. Die Gerichte haben wiederholt bestätigt, dass es sich um Dienste handelt, die aufgrund besonderen persönlichen Vertrauens übertragen werden. Der Erfolg eines Influencers hängt nicht nur von dessen Kreativität ab, sondern auch vom Geschick und Einsatz des Managers. Umgekehrt investiert der Manager Zeit und Reputation in den Schützling. Es entsteht zwangsläufig ein Vertrauensbund, ähnlich dem eines Unternehmers zu einem Unternehmensberater oder eines Sportlers zu seinem Agenten. Beispiel: Der Bundesgerichtshof (BGH) hat bereits in den 1980er-Jahren einen Künstler-Management-Vertrag als Dienst höherer Art qualifiziert und die grundsätzliche Anwendbarkeit des § 627 BGB bejaht. Diese Linie hat sich in der Folgejudikatur fortgesetzt.
- Keine Vergütung nach Zeitabschnitt: In der Praxis werden Influencer-Manager meist über Provisionen bezahlt – z. B. 20% aller von der Agentur vermittelten Aufträge oder Sponsoring-Einnahmen. Fixgehälter sind unüblich. Damit ist die Vergütung erfolgsabhängig und nicht an feste Zeitintervalle gebunden. Genau dies ist der Anwendungsbereich des § 627. Wäre der Manager hingegen auf fester monatlicher Pauschale angestellt, sähe es anders aus: Dann läge eine laufende Vergütung vor, und § 627 BGB käme nicht zur Anwendung. In vielen Agenturverträgen gibt es aber gerade keine solche feste Vergütung, was § 627 BGB im Grundsatz greift lassen würde.
Die Kombination aus persönlicher Betreuung und Provisionsmodell führt also dazu, dass Influencer-Verträge grundsätzlich unter § 627 BGB fallen, sofern man nichts Weiteres vereinbart hat. Für Agenturen und Manager bedeutet das: Ohne besondere vertragliche Vorkehrungen kann der Influencer den Vertrag jederzeit sofort kündigen. Und zwar unabhängig davon, ob vertraglich eigentlich eine bestimmte Laufzeit oder Kündigungsfrist vorgesehen ist. Selbst eine vertraglich vereinbarte mehrjährige Bindung würde durch eine § 627-Kündigung faktisch ausgehebelt – das Gesetz erlaubt es, diese Fesseln abzustreifen.
Ein einfaches Rechenbeispiel verdeutlicht die Problematik: Eine Agentur schließt mit einem Influencer einen Vertrag über zwei Jahre ab, der eine ordentliche Kündigung erst zum Ablauf vorsieht. Nach einem Jahr möchte der Influencer jedoch zu einer anderen Agentur wechseln. Gibt es keine Klausel zum Ausschluss von § 627 BGB, könnte er sich auf das gesetzliche Kündigungsrecht berufen und sofort aussteigen. Die Restlaufzeit von einem Jahr wäre hinfällig. Die ursprüngliche vertragliche Bindung – so sorgfältig sie auch formuliert war – würde durch das Gesetz durchbrochen. Die Agentur stünde unter Umständen ohne Kompensation da, abgesehen von einem möglichen Schadenersatzanspruch bei „Unzeit“, der in der Praxis aber ungewiss und schwer zu beziffern ist.
Aus Managersicht ist § 627 BGB damit ein Gefahrenherd: Er kann sämtliche Investitionen, die man in den Aufbau eines Talents gesteckt hat, unterlaufen. Besonders bitter: Auch Exklusivverträge mit fester Laufzeit sind nicht sicher. Es besteht also ein hohes Interesse, dieses jederzeitige Kündigungsrecht einzugrenzen oder auszuschließen, um Planungssicherheit zu schaffen.
Vertraglicher Ausschluss des § 627 BGB: Voraussetzungen und Grenzen
Angesichts der weitreichenden Folgen stellt sich die Kernfrage: Kann man § 627 BGB durch Vertrag ausschließen? Mit anderen Worten, dürfen die Parteien vereinbaren, dass dieses gesetzliche Kündigungsrecht nicht gelten soll, sodass nur die vertraglichen Kündigungsregelungen greifen? Die Antwort lautet grundsätzlich: Ja, ein Ausschluss ist möglich – aber nur unter bestimmten Bedingungen und mit gewissen Einschränkungen.
Dispositivität der Norm:
Zunächst ist festzuhalten, dass § 627 BGB keine zwingende Verbraucherschutznorm ist, sondern dispositives Recht darstellt. Das heißt, die Vertragsparteien können prinzipiell etwas Abweichendes vereinbaren. Insbesondere im unternehmerischen Verkehr (B2B) gilt der Grundsatz der Vertragsfreiheit. Ein Influencer, der seine Tätigkeit gewerblich ausübt, und eine Agentur können daher vereinbaren, auf das sofortige Kündigungsrecht zu verzichten. Auch in Fällen, in denen der Künstler rein formal noch als Verbraucher einzustufen wäre, ist § 627 BGB nicht als unbeschränkbar ausgewiesen – im Gegensatz zu manch anderen Kündigungsrechten steht kein ausdrückliches Verbot des Ausschlusses im Gesetz. Die herrschende Lehre in der Literatur vertritt daher: § 627 BGB ist abdingbar, solange nicht andere gesetzliche Grenzen verletzt werden.
Individualvereinbarung vs. AGB:
Entscheidend ist jedoch wie der Ausschluss vereinbart wird. Besteht ein ausgehandelter Individualvertrag, in dem z. B. ausdrücklich steht „Die Anwendung des § 627 BGB wird einvernehmlich ausgeschlossen“, so ist dies in der Regel wirksam. Beide Seiten verzichten damit bewusst auf das gesetzliche Lösungsrecht. Ein solcher Verzicht ist vergleichbar mit anderen vertraglichen Gestaltungen, etwa dem Ausschluss der ordentlichen Kündigung für eine gewisse Zeit. Solange der Influencer den Verzicht freiwillig und informiert eingeht (idealerweise mit anwaltlicher Beratung), ist das gültig.
Anders kann es aussehen, wenn der Ausschluss in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) versteckt ist. Agenturen nutzen oft Standardverträge für alle ihre Talents. Eine Klausel könnte lauten: „§ 627 BGB findet keine Anwendung. Ordentliche Kündigungen sind vor Ablauf der Mindestlaufzeit ausgeschlossen.“ Hier prüft das Gericht im Streitfall die Klausel nach den Maßstäben der §§ 305 ff. BGB (AGB-Kontrolle). Relevant ist insbesondere § 307 BGB, der Bestimmungen verbietet, die den Vertragspartner unangemessen benachteiligen. Ein kompletter Verzicht auf das gesetzliche Kündigungsrecht kann als erhebliche Benachteiligung des Influencers gewertet werden – schließlich wird ihm ein wichtiges Gestaltungsrecht genommen. Insbesondere, wenn der Vertrag eine lange Bindung vorsieht, wäre der Influencer bei Wegfall des § 627 ohne Notwehrmittel gegen eine zerrüttete Vertrauensbeziehung. Gerichte haben Klauseln, die dem Dienstberechtigten das § 627-Recht entziehen, in der Vergangenheit mit Skepsis betrachtet. So wurde etwa eine Vertragsklausel in einem Model-Agentur-Vertrag, die eine Kündigung vor Ablauf von 2 Jahren ausschloss, wegen Umgehung von § 627 BGB für unwirksam erklärt. Die Unangemessenheit liegt darin, dass der Influencer im Gegensatz zum dispositiven Gesetz weit strenger gebunden wird, ohne eine Kompensation oder besondere Rechtfertigung.
Transparenz spielt ebenfalls eine Rolle: Eine Klausel muss klar erkennen lassen, dass das sonst gegebene Kündigungsrecht entfällt. Versteckte Formulierungen oder Euphemismen („langfristige Bindung wird vereinbart“), die implizit § 627 ausschalten, genügen den Anforderungen nicht. Im Zweifel werden sie entgegen § 305c BGB überraschend und damit unwirksam sein. Die beste Praxis ist, den Verzicht explizit und deutlich zu regeln – z. B. in einem eigenen Paragraphen.
Gesetzliche Grenzen:
Selbst wenn formell wirksam vereinbart, trifft der vertragliche Ausschluss von § 627 BGB auf gesetzliche Schranken. Zu nennen sind hier insbesondere:
- § 626 BGB bleibt unberührt: Das Recht zur fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund kann nicht vertraglich ausgeschlossen werden. Auch wenn § 627 wegbedungen ist, darf natürlich weiterhin bei Vorliegen eines wichtigen Grundes (z. B. gravierende Pflichtverletzung, Vertrauensbruch, Straftat) fristlos gekündigt werden. Ein vollständiger Kündigungsverzicht für alle Fälle wäre unwirksam, da er auch § 626 aushebeln würde – das lässt die Rechtsordnung nicht zu. In der Praxis bedeutet das: Trotz Ausschluss von § 627 kann ein Influencer sich immer noch mit wichtigem Grund vom Vertrag lösen (oder der Manager umgekehrt), wenn die Voraussetzungen dafür erfüllt sind. Allerdings liegt die Messlatte dafür bekanntlich hoch.
- § 624 BGB – Fünf-Jahres-Grenze: Eine wenig bekannte, aber wichtige Vorschrift ist § 624 BGB. Sie besagt, dass bei einem Dienstvertrag, der für längere Zeit als fünf Jahre eingegangen wurde, nach fünf Jahren eine ordentliche Kündigung mit Frist von sechs Monaten möglich ist. Dies gilt als zwingende Obergrenze für Bindungen bei Dauerschuldverhältnissen. Wenn also ein Agenturvertrag z. B. auf 10 Jahre fest abgeschlossen würde und § 627 BGB ausgeschlossen ist, könnte der Influencer spätestens nach 5 Jahren ordentlich kündigen (auch ohne wichtigen Grund), trotz anderslautender Vertragsklausel. § 624 BGB greift hier als Schutz vor exzessiver langfristiger Knebelung. Diese Norm ist zwingend und kann ihrerseits nicht abbedungen werden. Bei der Vertragsgestaltung muss also bedacht werden, dass mehr als fünf Jahre Bindung nicht erzwingbar sind – egal ob § 627 ausgeschlossen wurde oder nicht. Viele Verträge behelfen sich, indem sie z. B. eine Grundlaufzeit von zwei oder drei Jahren mit automatischer Verlängerung vorsehen, aber über fünf Jahre hinaus kann man niemanden fixieren.
- Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB): In extremen Fällen könnte ein umfassender Kündigungsverzicht als sittenwidrig unwirksam sein. Das wäre etwa denkbar, wenn ein junger, geschäftlich unerfahrener Künstler von einer Agentur auf z.B. 10 Jahre exklusiv verpflichtet wird und jegliche vorzeitige Ausstiegsmöglichkeit genommen bekommt. Die Gerichte würden dann prüfen, ob ein solcher Vertrag einer übermäßigen Knebelung gleichkommt. Insbesondere wenn der Influencer faktisch in eine abhängige Stellung gerät ohne Gegenleistung oder besondere Vorteile, könnte § 138 BGB greifen. Allerdings ist die Hürde hoch: Nur besonders krasse Fälle ungleicher Verhandlungsmacht und Ergebnisungerechtigkeit fallen darunter. Die üblichen 2-3-Jahres-Verträge mit Ausschluss von § 627 gelten nicht per se als sittenwidrig, zumal die Influencer in der Regel als Unternehmer auftreten und selbst profitieren wollen. Dennoch: Es muss ein vernünftiges Verhältnis bestehen. Eine starre Langzeitbindung ohne Exit bei völliger Abhängigkeit würde an der Wirksamkeit zweifeln lassen.
Wirksame Gestaltung eines Ausschlusses:
Um § 627 BGB verlässlich auszuschließen, sollte also vertraglich klar und fair vorgegangen werden. Folgende Punkte sind empfehlenswert:
- Explizite Klausel: Etwa: „Die Parteien vereinbaren, dass § 627 BGB in Bezug auf dieses Dienstverhältnis keine Anwendung findet. Eine ordentliche Kündigung ist während der vereinbarten Vertragslaufzeit ausgeschlossen.“ Damit ist unmissverständlich geregelt, was gewollt ist.
- Transparenz durch Begründung: Viele Vertragsjuristen fügen erklärende Worte hinzu, um im Streitfall zu zeigen, dass die Klausel bewusst und aus beiderseitigem Interesse vereinbart wurde. Zum Beispiel: „Da dieses Vertragsverhältnis auf langfristige Zusammenarbeit angelegt ist und auf gegenseitigem Vertrauen basiert, verzichten beide Parteien auf das Recht zur fristlosen Kündigung gemäß § 627 BGB.“ – Genau diese Formulierung oder ähnlich ist in der Praxis gängig. Sie signalisiert: Der besondere Charakter der Beziehung ist erkannt, aber gerade deshalb wollen die Parteien Stabilität und keine jederzeitige Lösbarkeit. Eine solche Begründung kann in einer AGB-Klausel helfen, die Angemessenheit zu untermauern. Sie macht die Klausel weniger überraschend, da sie das Thema Vertrauensdienstleistung offen anspricht.
- Kompensation durch andere Rechte: Um einer möglichen Unwirksamkeit vorzubeugen, kann man dem Influencer zumindest andere Kündigungsmöglichkeiten einräumen. Z. B. könnte die Klausel vorsehen, dass nach einer gewissen Mindestlaufzeit doch ordentlich gekündigt werden darf mit längerer Frist, oder dass es Sonderkündigungsrechte bei bestimmten Ereignissen gibt. Dadurch wird der völlige Rechtsentzug etwas gemildert.
- Individuelle Absprache dokumentieren: Ideal ist es, wenn der Influencer die entsprechende Vertragspassage mitverhandelt oder zumindest bewusst akzeptiert (etwa durch separate Unterschrift unter dieser Klausel). Dann liegt im Zweifel keine AGB mehr vor, sondern eine Individualvereinbarung, die der Inhaltskontrolle entzogen ist. Manager sollten solche wichtigen Punkte im Vertrag offensiv ansprechen, um später nicht im Regen zu stehen.
Trotz aller vertraglichen Möglichkeiten bleibt jedoch ein Fakt: Man kann zwar § 627 BGB ausschließen, aber nicht das Problem des Vertrauensverlusts an sich lösen. Wenn die persönliche Chemie zerstört ist, wird kein Künstler und kein Manager auf Dauer zusammenarbeiten wollen – Vertrag hin oder her. In der Praxis führen daher Vertragsklauseln nur dazu, dass eine Partei, die vorzeitig raus will, sich auf Verhandlungen über eine Aufhebung oder Abfindung einlassen muss, statt sofort zu gehen. Rechtlich jedoch bringt ein gültiger Ausschluss erhebliche Vorteile für die Agentur: Der Influencer kann nicht einseitig und fristlos springen, ohne zumindest vertragliche Konsequenzen zu riskieren.
Langfristige Verträge und Formulierungstipps
Influencer- und Künstlerverträge sind häufig auf Langfristigkeit angelegt. Gerade in diesem Kontext stellt sich der Ausschluss von § 627 BGB als besonders sinnvoll, aber auch anfällig dar. Hier einige Aspekte, die bei langfristigen Verträgen relevant sind:
1. Intention der langfristigen Zusammenarbeit: In vielen Verträgen findet sich – oft am Anfang – eine Präambel oder Klausel, die betont, dass die Parteien eine vertrauensvolle, langfristige Kooperation anstreben. Ein Beispiel wurde oben schon genannt: „Dieses Vertragsverhältnis ist auf langfristige Zusammenarbeit angelegt und basiert auf gegenseitigem Vertrauen.“ Eine solche Formulierung unterstreicht den besondere Charakter der Beziehung. Allerdings: Für sich genommen reicht sie nicht, um § 627 auszuschalten. Im Gegenteil, sie beschreibt genau die Situation, in der § 627 BGB normalerweise gilt! Daher muss unbedingt zusätzlich klargestellt werden, dass dennoch kein jederzeitiges Kündigungsrecht bestehen soll.
2. Mindestlaufzeiten und Verlängerungen: Üblich ist es, bei langfristigen Verträgen eine Mindestlaufzeit festzulegen (z. B. 2 oder 3 Jahre), während der ordentlich – und dank Ausschluss von § 627 auch nicht außerordentlich ohne Grund – gekündigt werden kann. Nach Ablauf der Mindestzeit verlängert sich der Vertrag oft automatisch um ein weiteres Jahr, sofern nicht gekündigt wird. Diese Mechanik respektiert die 5-Jahres-Grenze des § 624 BGB, da nach spätestens fünf Jahren ja gekündigt werden kann, und schafft dennoch mittelfristige Bindung. Wichtig ist, dass die Mindestlaufzeit vernünftig bemessen ist: Je länger, desto eher könnte ein Gericht fragen, ob das noch angemessen ist, insbesondere wenn der Influencer in einer schwächeren Position war. Branchenüblich und akzeptiert sind Laufzeiten zwischen 1 und 3 Jahren. Alles darüber bedarf guter Gründe.
3. Vertrauensschutz vs. Planungssicherheit: Langfristige Zusammenarbeit im Vertrauensverhältnis ist ein zweischneidiges Schwert. Einerseits basiert sie auf Vertrauen – wenn dieses verloren geht, macht die weitere Kooperation wenig Sinn. Andererseits braucht gerade eine langfristige Strategie (z.B. für einen aufstrebenden Influencer) Stetigkeit und Planungssicherheit. Bei Vertragsschluss sind meist beide Parteien vom gemeinsamen Erfolg überzeugt und wünschen Stabilität. Diesen Willen sollte der Vertrag widerspiegeln, ohne die berechtigten Interessen beider Seiten völlig zu ignorieren. Es ist ratsam, einen gewissen Ausgleich zu schaffen: Zum Beispiel könnte im Vertrag ein Mechanismus vorgesehen sein, dass im Konfliktfall zunächst eine Mediation oder Gesprächsrunde versucht wird, bevor man auseinandergeht. Solche weichen Klauseln ersetzen zwar § 627 nicht, zeigen aber, dass nicht blind an der Bindung festgehalten wird, wenn das Verhältnis zerrüttet ist.
4. Beispiel für einen ausgewogenen Klauseltext: Eine musterhafte Vertragsklausel könnte so aussehen (vereinfacht):
„Die Parteien sind sich der besonderen vertrauensvollen Natur ihrer Zusammenarbeit bewusst. Sie vereinbaren gleichwohl, dass ein ordentliches Kündigungsrecht vor Ablauf der Vertragslaufzeit ausgeschlossen ist; § 627 BGB findet keine Anwendung. Die Vertragslaufzeit beträgt 24 Monate und verlängert sich jeweils um 12 Monate, sofern nicht mit einer Frist von 3 Monaten zum Laufzeitende gekündigt wird. Das Recht zur Kündigung aus wichtigem Grund bleibt unberührt. Bei erheblichen Vertrauensproblemen werden die Parteien zunächst ein klärendes Gespräch führen, um eine einvernehmliche Lösung zu finden.“
Diese Klausel (oder ähnliche) würde in einem langfristigen Influencer-Vertrag typischerweise die Interessen ausbalancieren: Kein kurzfristiger Absprung, aber immer noch Exit-Punkte und natürlich jederzeit die Möglichkeit, sich auf wichtigem Grund zu berufen. Wichtig: Selbst die beste Klausel nützt wenig, wenn sie am Ende unwirksam ist. Daher sollten Formulierungen, die einen zu harten Eindruck machen, vermieden werden. Worte wie „Vertrauen“ und „langfristig“ wirken positiv begründend und können die Akzeptanz einer strengen Kündigungsregel erhöhen (im Sinne von § 307 BGB, der die Gesamtumstände berücksichtigt).
5. Dokumentation der Langfristigkeit: In Marketing-Materialien oder mündlichen Verhandlungen betonen Agenturen oft die langfristige Betreuung. Achtung: Sollte es zum Rechtsstreit kommen, könnte der Influencer argumentieren, er habe gar nicht erkannt, dass er trotzdem keine Möglichkeit zum vorzeitigen Ausstieg hat. Daher ist es sinnvoll, bei Vertragsschluss schriftlich festzuhalten (etwa in einem Verhandlungsprotokoll oder der Präambel), dass die langfristige Bindung bewusst eingegangen wird. Dies erschwert es später zu behaupten, die Klausel sei überraschend oder man habe ihre Tragweite nicht verstanden.
Unterm Strich sind langfristige Verträge in der Branche üblich und notwendig. Der Ausschluss von § 627 BGB kann hier zum Game-Changer werden, denn er entscheidet, ob die geplante Laufzeit tatsächlich Bestand hat oder nicht das Papier wert ist, auf dem sie steht. Sorgfältige Formulierung und bewusste Übereinkunft der Parteien sind der Schlüssel, um die Langfristigkeit rechtlich durchzusetzen.
Unterschied: Exklusiv-Manager vs. Agentur mit mehreren Influencern
Nicht alle Betreuungsverhältnisse im Influencer- oder Künstlerbereich sind gleich gestrickt. Man kann grob zwei Modelle unterscheiden:
(a) Das exklusive „Manager-Modell“: Hier betreut ein Manager oder eine kleine Managementfirma einen einzelnen Künstler (oder sehr wenige) sehr intensiv und meist exklusiv. Beispiele: Ein Musikmanager, der nur eine Band managt, oder ein persönlicher Agent eines Top-Influencers. Das Verhältnis ähnelt oft einer persönlichen Geschäftsführung.
(b) Das „Agenturmodell“ mit vielen Klienten: Hier hat eine Agentur einen Pool von Influencern/Künstlern unter Vertrag. Jeder Influencer ist einer von vielen, und die Agentur erbringt für alle ähnliche Dienstleistungen (Vermittlung von Werbedeals, Kampagnenmanagement etc.). Die Betreuung ist persönlicher als bei rein automatisierten Plattformen, aber dennoch teilen sich die Agentur-Ressourcen auf viele Talents auf.
Worin liegen die Unterschiede hinsichtlich § 627 BGB und Kündigungsregelungen?
- Intensität des Vertrauensverhältnisses: Im Manager-Modell ist das Vertrauensverhältnis häufig noch ausgeprägter. Manager und Künstler arbeiten unter Umständen täglich eng zusammen; der Manager könnte fast als „verlängerter Arm“ des Künstlers auftreten. Hier ist unstreitig ein Dienst höherer Art gegeben. Eine Kündigung nach § 627 würde beide Seiten hart treffen, weil die Beziehung einzigartig ist. Die Motivation des Managers, § 627 auszuschließen, ist hier besonders hoch – der gesamte Lebensunterhalt des Managers hängt womöglich an diesem einen Klienten. Umgekehrt wird aber auch der Künstler sehr darauf achten, wen er sich als Manager aussucht, weil er sich quasi in dessen Hände begibt.Im Agenturmodell ist das Vertrauensverhältnis zwar ebenfalls wichtig (kein Influencer bleibt bei einer Agentur, der er nicht vertraut), aber es verteilt sich etwas: Der einzelne Influencer erhält Betreuung, doch oft nicht von einer einzigen Person, sondern einem Team. Falls eine einzelne Personalie ausfällt, kann die Agentur Ersatz stellen. Aus Sicht eines Gerichts liegt aber auch hier ein persönliches Dienstverhältnis vor – der Influencer vertraut der Agentur als Ganzes, bzw. der Ansprechpartner in der Agentur. Die Qualität des Vertrauens ist eher institutionell (Vertrauen in die Marke/Professionalität der Agentur) plus persönlich zum zuständigen Manager. Rechtlich macht das keinen Unterschied: § 627 BGB kann genauso greifen, da das Gesetz nicht zwischen individueller oder teamorientierter Betreuung differenziert.
- Standardisierung vs. Individualität: Einzelmanager-Verträge werden oft individuell ausgehandelt, maßgeschneidert auf den Künstler. Hier ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass der Vertrag kein AGB ist, sondern eine Individualabrede – was die Wirksamkeit eines § 627-Ausschlusses begünstigt (weil keine Inhaltskontrolle). Die Parteien können frei bestimmen, was sie wollen, solange keine Sittenwidrigkeit vorliegt.Bei Agenturverträgen mit vielen Influencern hingegen verwendet die Agentur meist Standardverträge. Diese enthalten identische Klauseln für alle Talents. Ein Influencer, insbesondere wenn er noch neu oder nicht so einflussreich ist, hat selten Verhandlungsmacht, um Änderungen durchzusetzen. Er wird den Vertrag „as is“ unterschreiben müssen. Das erhöht das Risiko, dass Klauseln – einschließlich eines etwaigen Kündigungsausschlusses – als AGB behandelt werden. Jede Fallgruppe, wo Gerichte schon mal ähnliche Klauseln geprüft haben, kann dann relevant werden. Zum Beispiel hat das Kammergericht Berlin in einem Fall mit einer Künstlermanagement-Agentur strenge Maßstäbe an einen Kündigungsausschluss gelegt, da der Vertrag eindeutig vorformuliert war. Fazit: Im Agenturmodell muss man noch sorgfältiger formulieren, damit die Klausel einer AGB-Prüfung standhält, während im Einzelmanager-Modell die Verhandlung individueller ist und damit rechtlich robuster.
- Mehrfachbindung und Wettbewerb: Ein weiterer Unterschied: Bei Exklusiv-Managern ist es üblich, dass der Künstler keine anderen Manager einschaltet – es besteht Exklusivität in beide Richtungen. Bei Agenturen kann es theoretisch sein, dass ein Influencer mehrere Agenturen für verschiedene Bereiche hat (z.B. eine Agentur für YouTube und eine für Model-Jobs). Verträge können Konkurrenzklauseln enthalten. Ein fristloser Ausstieg nach § 627 würde in einem Exklusivverhältnis alles beenden; im Agenturmodell könnte der Influencer eventuell noch andere Partner haben. Für den rechtlichen Aspekt des Kündigungsausschlusses macht dies zwar keinen direkten Unterschied, aber es beeinflusst die Vertragsstrategie: Exklusivmanager werden auf stärkere Bindung pochen (da ihr Schützling sonst komplett weg ist), während Agenturen wissen, dass ein Influencer notfalls sich andere Einkommensquellen suchen könnte.
- Auswirkungen eines Vertrauensbruchs: In einem One-on-One-Verhältnis (Manager und einziger Künstler) bedeutet ein Bruch meist das Ende der Existenzgrundlage des Managers oder die Karrierekrise des Künstlers – es ist also „alles oder nichts“. Bei Agenturen ist der Impact eines einzelnen Abgangs meist geringer: Die Agentur verliert einen Klienten von vielen; der Influencer verliert einen Dienstleister, kann aber evtl. eine andere Agentur finden. Diese pragmatische Überlegung spiegelt sich in der Vertragsgestaltung: Einzelmanager neigen dazu, längere Vertragslaufzeiten und stärkere Kündigungsbeschränkungen zu vereinbaren, weil sie mehr zu verlieren haben, wenn der Künstler geht. Agenturen kalkulieren eher mit einer Fluktuation und setzen oft kürzere Laufzeiten (manchmal nur 1 Jahr mit automatischer Verlängerung) an – allerdings ebenfalls gepaart mit Klauseln, die während der Laufzeit Kündigungen ausschließen, um wenigstens diese Periode sicher zu haben. Tatsächlich sieht man bei großen Agenturen gelegentlich moderate Klauseln wie „Der Vertrag kann erstmals zum Ablauf des ersten Jahres ordentlich gekündigt werden“ – was de facto § 627 für 1 Jahr ausschließt. Einzelmanager hingegen streben z.B. 3-5 Jahre Bindung an, weil sie exklusive Zeit investieren.
Zusammengefasst sind Manager-Verträge meist individueller zugeschnitten und potenziell strenger in der Bindung, während Agentur-Verträge standardisiert und tendenziell kürzer befristet sind. § 627 BGB ist aber im Prinzip in beiden Szenarien gleichermaßen relevant. Aus Sicht des betroffenen Influencers mag es psychologisch einen Unterschied machen, ob er „nur einer von vielen“ in einer Agentur ist – dann wird er sich eher trennen, wenn unzufrieden – oder ob er einen persönlichen Manager hat, dem er auch Loyalität schuldet. Juristisch allerdings bleibt das Recht zur freien Kündigung bestehen, sofern nicht gültig verzichtet.
Für Manager und Agenturen bedeutet das: Egal in welchem Modell man operiert, der vertragliche Ausschluss von § 627 sollte geprüft werden. Die Durchsetzung und Kontrolle mag je nach Vertragsart unterschiedlichen Regeln folgen (AGB-Kontrolle vs. Individualvertrag), aber die Notwendigkeit, sich gegen plötzliche Abgänge abzusichern, ist universell.
Exkurs: Profifußballer und Spielerberater – Parallelen und Unterschiede
Ein anschauliches Vergleichsbeispiel bietet die Welt des Profifußballs. Auch dort bestehen zwischen Spielern und ihren Beratern/Agenten eng vertrauliche Dienstverträge. Viele Fußballprofis mandatieren einen Spielerberater, der Transfers aushandelt, Sponsoringverträge vermittelt und als karrierebegleitender Ratgeber fungiert. Die Situation ähnelt der von Künstler-Managern in vielerlei Hinsicht:
- Vertragsnatur: Spielerberater-Verträge sind in aller Regel Dienstverträge besonderer Art. Ein Spieler wählt seinen Berater des Vertrauens; dieser erbringt persönliche Beratungs- und Vertretungsleistungen. Die Vergütung erfolgt meist durch eine Provision bei erfolgreichem Abschluss eines Spielervertrags oder einer Verlängerung (oft in Form eines Prozentsatzes des Spielergehalts oder einer festen Prämie pro Vertragsabschluss). Es gibt selten ein festes monatliches Honorar. Damit liegen die Voraussetzungen von § 627 BGB auch hier vor – persönliches Vertrauensverhältnis und keine feste Vergütung. Der Spieler könnte also nach BGB seinen Berater jederzeit vor die Tür setzen, ohne Kündigungsfrist.
- Vertragslaufzeiten und Regularien: Allerdings ist das Profifußball-Geschäft international und reguliert. In Deutschland gab/gibt es Verbandsregeln (DFB-Spielerberaterordnung, FIFA-Reglement), die die Vertragslaufzeit zwischen Spielern und Beratern beschränken – häufig auf zwei Jahre maximal. Beispielsweise sah eine frühere DFB-Regelung vor, dass Beraterverträge nicht länger als 2 Jahre laufen dürfen, um Spieler nicht zu lange zu binden. Auch FIFA-Regeln empfahlen ähnliche Grenzen. Diese Vorgaben wirken praktisch wie ein erzwungener Kündigungstermin: Nach 2 Jahren kann der Spieler den Berater wechseln (oder neu unterschreiben). Rechtlich handelt es sich hierbei zwar um Verbandsrecht und nicht staatliches Recht, aber es zeigt den Grundgedanken: Lange Bindungen in einem Vertrauensverhältnis gelten als problematisch.
- Ausschluss von § 627 in Beraterverträgen: In vielen Spielerverträgen mit Beratern findet sich – analog zu Künstlerverträgen – eine Klausel, die eine ordentliche Kündigung während der Laufzeit ausschließt. Z.B.: „Der Vertrag läuft bis zum 30.06.2025 und kann während dieser Zeit nicht ordentlich gekündigt werden.“ Damit wird im Umkehrschluss § 627 BGB ausgeschlossen (da eine fristlose Kündigung ohne Grund ja eine Art ordentliche Kündigung darstellen würde). Spieler, die unzufrieden sind, sollen nach dem Willen der Berater zumindest bis Vertragsende gebunden bleiben. Ob solche Klauseln halten, wurde in der Vergangenheit teils strittig diskutiert. Ein bekannt gewordener Fall betraf einen Spieler, der seinen Berater vorzeitig verlassen hat, um von einem anderen vertreten zu werden – der ursprüngliche Berater klagte auf entgangene Provision für einen späteren Transfer. Das Gericht prüfte, ob der Vertrag durch Spielerkündigung nach § 627 beendet war oder nicht. In jenem Fall wurde die Ausschlussklausel als wirksam erachtet, da der Spieler als Profiunternehmer galt und den Vertrag mit Unterstützung seines Vereins bewusst geschlossen hatte. Somit musste er Schadensersatz leisten, weil er zur Unzeit gekündigt hatte. Dieser Fall zeigt, dass auch im Sport vertragliche Bindung mit Verzicht auf das freie Kündigungsrecht möglich ist, aber es kommt auf die Umstände an.
- Vertrauensbrüche im Sport: Manchmal entsteht eine Situation, in der ein Spieler seinem Berater nicht mehr vertraut (etwa wegen Vorwürfen der Pflichtverletzung oder einfach Unzufriedenheit mit ausgebliebenen Transfers). Hier könnte objektiv ein wichtiger Grund vorliegen, der auch trotz Ausschluss zur fristlosen Kündigung berechtigen würde – z.B. wenn der Berater nachweislich gegen die Interessen des Spielers gearbeitet hat. Oftmals wird aber schlicht die Chemie schlecht, ohne dass der Berater pflichtwidrig wurde. In solchen Fällen greifen die gleichen Mechanismen wie bei Künstlern: Ohne § 627-Ausschluss könnte der Spieler einfach kündigen; mit Ausschluss ist er theoretisch gebunden, praktisch wird aber meist eine Aufhebungsvereinbarung getroffen (oft gegen Verzicht auf Provisionen oder Zahlung einer Abstandssumme).
- Marktunterschied: Im Fußball wechseln Spielerberater relativ häufig; es ist fast „normal“, dass ein Spieler alle paar Jahre den Agenten wechselt, sei es nach Vertragsende oder manchmal auch vorher. Daher sind viele Beraterverträge bewusst kurz befristet (ein Jahr oder zwei Jahre). Der Spieler kann sich dann legal neu orientieren. Berater setzen statt auf Vertragszwang oft auf Kundenzufriedenheit, um verlängert zu werden. Im Influencer-Bereich hingegen ist der Markt noch weniger geregelt und standardisiert. Influencer-Verträge laufen teils deutlich länger, weil man den „Kunden“ länger halten will und kein Verband dem einen Riegel vorschiebt.
Zusammenfassend sind Spielerberater-Verträge ein Parallelfeld, in dem § 627 BGB theoretisch genauso gilt und praktisch durch clevere Vertragsgestaltung entschärft wird. Die Erfahrungen dort lehren: Kurze Vertragslaufzeiten, kombiniert mit (wo zulässig) Ausschluss des freien Kündigungsrechts, sind gängige Praxis. Sie werden von der Branche akzeptiert, weil alle wissen, dass Vertrauen zentral ist, aber auch, dass man niemanden ewig zwingen kann. Auch hier ist anwaltliche Beratung üblich – Top-Spieler lassen ihre Verträge von Juristen checken, ebenso die Berater. Das sollten sich Influencer und Manager abschauen: Es lohnt sich, die Vertragsbedingungen professionell zu verhandeln, um Klarheit zu schaffen.
Fazit: Verträge sorgfältig gestalten – Anwaltliche Hilfe nutzen
Die rechtliche Analyse zeigt deutlich: § 627 BGB kann für Agenturen und Manager zum Stolperstein werden, wenn er unbeachtet bleibt. Im unregulierten Zustand erlaubt diese Norm einem Künstler oder Influencer, die vermeintlich feste Bindung kurzfristig aufzulösen, sobald er das Vertrauen verliert oder bessere Angebote wittert. Für das Management bedeutet dies Unsicherheit – Investitionen in die Karriere des Talents könnten sich nicht auszahlen, weil der Vertrag vorzeitig endet.
Die gute Nachricht: Mit vorausschauender Vertragsgestaltung lässt sich dieses Risiko beherrschen. Ein wirksamer Ausschluss oder zumindest eine Beschränkung des § 627 BGB ist machbar und in der Branche üblich. Allerdings ist die Formulierung einer solchen Klausel ein Balanceakt. Sie muss klar, rechtlich einwandfrei und fair sein, damit sie im Ernstfall hält. Insbesondere bei Verwendung von Standardverträgen (AGB) ist Sorgfalt geboten, um nicht an § 307 BGB zu scheitern. Auch darf man andere Kündigungsrechte (wie § 626 BGB oder die 5-Jahres-Klausel des § 624 BGB) nicht aus den Augen verlieren.
Agenturen und Manager sollten sich nicht scheuen, professionellen juristischen Rat einzuholen, wenn sie Verträge mit Influencern oder Künstlern aufsetzen. Ein im Medien- und Vertragsrecht spezialisierter Rechtsanwalt – wie der Verfasser dieses Blogbeitrags – kennt die Fallstricke und weiß, welche Klauseln von der Rechtsprechung akzeptiert werden und welche nicht. Er kann individuell passende Lösungen vorschlagen: etwa Kombinationen aus Laufzeit, Kündigungsverzicht und Sonderkündigungsrechten, die die Geschäftsbeziehung absichern, ohne den Vertragspartner unangemessen zu beschneiden.
Aus Sicht der Agenturen ist es essenziell, vertragliche Planungssicherheit zu schaffen. Das bedeutet: Wenn man in einen Influencer investiert, sollte der Vertrag so gestaltet sein, dass dieser nicht von heute auf morgen abspringen kann. Gleichzeitig muss der Vertragspartner das Gefühl behalten, fair behandelt zu werden – denn ein völlig einseitiger Vertrag provoziert erst recht die nächste Kündigung (zur Not mithilfe eines findigen Gerichts). Juristische Präzision und ausgewogene Gestaltung zahlen sich hier aus.
Zum Abschluss sei betont: Vertrauensverhältnisse sind sensible Gebilde. Kein Vertrag der Welt kann garantieren, dass eine zerrüttete Beziehung fortgesetzt wird – und das soll er auch nicht. Die Vertragskunst besteht vielmehr darin, klare Spielregeln für den Ernstfall festzulegen. So wissen beide Seiten, woran sie sind, und im Fall einer Trennung gibt es einen geordneten Prozess (statt eines rechtlichen Vakuums oder Hauruck-Aktionen). Wer als Manager oder Agentur seine Verträge in diesem Sinne optimiert, schützt sein Geschäft und signalisiert Professionalität. Und Influencer/Künstler, die solche Verträge unterschreiben, wissen im Voraus, worauf sie sich einlassen – auch das fördert letztlich ein stabiles Vertrauensverhältnis.