Ein unterschätzes Problem
Immer wieder bekomme ich mit, dass Mandanten von mir, die durchaus auch mit Fluktuationen bei Mitarbeitern kämpfen oder viele freie Mitarbeiter im Unternehmen haben, eine sogenannte catch-all-Adresse eingerichtet haben, die sämtliche E-Mails, auch an nicht eingerichtete Email-Accounts, z.B. an den Geschäftsführer oder Nachfolger auf der Position, weiterleiten. Der Grund dafür ist meistens, dass man verhindern will, dass Kommunikation von bestehende Kunden oder Anfragen von neuen Kunden nicht als unzustellbar vom eigenen E-Mail Server abgewiesen werden und dadurch Sponsoringanfragen, Vermarktungsmöglichkeiten und dergleichen verloren gehen. Ein verständliches Ansinnen!
Ein solches Vorgehen ohne die korrekten Betriebsvereinbarungen kann jedoch große Probleme mit dem Datenschutz und mit dem Arbeitsrecht provozieren.
Ich will in diesem Blogpost nicht zu sehr ins Arbeitsrecht abrutschen, denn die Rechtsprechung zu Frage wann und unter welchen Bedingungen ein Unternehmen, bzw. der zuständige IT-Verantwortliche, E-Mails von Mitarbeiter überhaupt mitlesen darf, ist deutlich umfangreicher, als man dies in einem Blogpost darstellen kann.
Entweder eine Betriebsvereinbarung
Im Grundsatz gilt jedoch, dass dies in aller Regel nur dann geht, wenn es entweder eine Betriebsvereinbarung dazu gibt, dass E-Mails nur zu dienstlichen Zwecken genutzt werden dürfen und wenn es auch keine sogenannte betriebliche Übung gibt, dass über dienstliche E-Mails auch private E-Mails erlaubt sind oder zumindest toleriert werden. Meiner Erfahrung nach ist gerade das Tolerieren bei vielen jungen Startups und IT-Unternehmen in aller Regel gegeben.
Aufgrund dieser Umstände gibt es wohl nur die Alternative zwischen rein dienstlicher Nutzung der E-Mail-Adresse, die dann, bei korrekten Vereinbarungen, die Weiternutzung der Adresse ermöglichen würde (egal ob als eingerichtete Adresse oder als catch-all) oder die private Nutzung der E-Mail-Adresse zu erlauben/dulden, was dann aber die anschließender Löschung bedingen würde und es kaum mögliche machen wird, dass man eine catch-all Einstellung auf dem Mailserver betreibt.
Oder…
Vorstellbar wäre im Falle einer zu vereinbarenden Umstellung, den Mitarbeitern eine Frist zur Löschung privater Inhalte und Umstellung ihrer Privatkontakte auf eine andere, private E-Mail-Adresse zu setzen. Gleichfalls kann man mitunter natürlich auch beim Ausscheiden eines Mitarbeiters eine Genehmigung einholen, wobei dazu keinen Anspruch für den Arbeitgeber gibt. Übrigens hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe 2013 entschieden, dass ein Mitarbeiter vielmehr einen Anspruch auf die vollständige Löschung eines E-Mail-Accounts habe, während das Oberlandesgericht Dresden ein Jahr vorher entschied, dass der Arbeitgeber hingegen einen Account erst dann löschen dürfte, wenn klar sei, dass der (Ex)-Mitarbeiter an möglichen privaten Inhalten auf dem Account kein Interesse mehr habe.
Umgang mit privaten E-Mails immer ein Problem
Wie man bereits an solch simplen Dingen wie einer catch-all-Einstellung auf dem E-Mailserver sehen kann, ist der Umgang mit privaten E-Mails von Mitarbeitern (ob nun frei oder angestellt) nicht unproblematisch und ich kann nur raten hierbei saubere Vereinbarungen zu nutzen und im Zweifel mit einem Rechtsanwalt zusammenzuarbeiten.
Ähnliche Rechtsfolgen sind auch gegeben bei sonstigen Mitarbeitern oder Helfern von Esport-Teams, Streamern, Agenturen oder anderen Startups. Die Rechtsfolgen und Probleme ergeben sich im Zweifel analog aus dem Arbeitsrecht bzw. aus dem Datenschutzrecht.
Im Grundsatz kann ich daher nur abraten, jemanden eine E-Mail-Adresse einzurichten, ohne dass klare Vereinbarungen dazu getroffen werden, wie damit umzugehen ist, wer Zugriffe auf dem Inhalte hat und was nach Ende der Zusammenarbeit mit den Inhalten und der Adresse passiert.