Marian Härtel
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Drohnenaufnahmen und Panoramafreiheit: Eine juristische Kehrtwende

Einleitung: Was ist die Panoramafreiheit?

Die Panoramafreiheit, auch als Straßenbildfreiheit bekannt, ist ein zentraler Begriff aus dem Urheberrecht. Sie erlaubt es jedermann, Gebäude und Kunstwerke, die dauerhaft an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen positioniert sind, zu fotografieren oder zu filmen. Dies schließt auch die Veröffentlichung und Verbreitung dieser Aufnahmen ein, sei es in Printmedien, im Internet oder in Fernsehsendungen.

Die Panoramafreiheit ist in Deutschland im § 59 des Urheberrechtsgesetzes (UrhG) festgelegt und stellt eine wichtige Ausnahme vom grundsätzlichen Schutz des Urheberrechts dar. Sie ermöglicht es, das Stadtbild und die öffentliche Landschaft in ihrer aktuellen Form festzuhalten und zu teilen, ohne dass dafür eine Erlaubnis der Urheber oder Eigentümer der abgebildeten Werke eingeholt werden muss.

Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass die Panoramafreiheit nur für Werke gilt, die sich “bleibend” an öffentlichen Orten befinden. Dies bedeutet, dass temporäre Installationen oder Ausstellungen in der Regel nicht von der Panoramafreiheit erfasst sind. Ebenso sind Innenräume von Gebäuden, auch wenn sie öffentlich zugänglich sind, in der Regel nicht von der Panoramafreiheit abgedeckt.

Die Panoramafreiheit ist ein wichtiger Aspekt der Balance zwischen dem Schutz der Rechte der Urheber und dem öffentlichen Interesse an der freien Nutzung und Zirkulation von Bildern und Aufnahmen des öffentlichen Raums. Sie ermöglicht es uns, die visuelle Kultur unserer Städte und Gemeinden zu dokumentieren und zu teilen, ohne dabei in Konflikt mit dem Urheberrecht zu geraten.

Landgericht Frankfurt: Drohnenaufnahmen fallen unter die Panoramafreiheit

Im Jahr 2020 hat das Landgericht Frankfurt in einem bemerkenswerten Urteil festgestellt, dass die Panoramafreiheit auch für Luftbildaufnahmen mit Drohnen gilt. Der Fall betraf eine Drohnenaufnahme eines Grundstücks, die ohne die Zustimmung des Eigentümers gemacht und veröffentlicht wurde. Das Gericht entschied, dass solche Aufnahmen von der Panoramafreiheit gedeckt sind, solange sie von einem öffentlichen Platz aus gemacht werden und das abgebildete Objekt von dort aus sichtbar ist.

Diese Entscheidung wirft jedoch neue Fragen auf, insbesondere in Bezug auf andere Arten von Aufnahmen. Ein Beispiel sind Aufnahmen, die von Booten aus gemacht werden. Obwohl ein Boot sich auf öffentlichen Gewässern befinden kann, ist es unklar, ob solche Aufnahmen von der Panoramafreiheit gedeckt sind. Dies hängt davon ab, ob das Wasser als öffentlicher Platz im Sinne des Urheberrechtsgesetzes angesehen wird, was bisher noch nicht abschließend geklärt ist.

Darüber hinaus hat der Bundesgerichtshof (BGH) bereits entschieden, dass Aufnahmen, die von einer Leiter aus gemacht werden, nicht von der Panoramafreiheit gedeckt sind. Der BGH argumentierte, dass die Panoramafreiheit nur die Perspektiven abdeckt, die ein normaler Fußgänger vom Boden aus hat. Eine Leiter zu benutzen, um eine höhere Perspektive zu erlangen, geht über das hinaus, was die Panoramafreiheit erlaubt.  Auch Aufnahmen, die aus einem Fenster heraus gemacht werden, sind daher nicht von der Panoramafreiheit gedeckt.

Diese Fälle zeigen, dass die Anwendung der Panoramafreiheit in der Praxis oft komplex ist und von vielen Faktoren abhängt. Sie unterstreichen auch die Notwendigkeit einer klaren und konsistenten Rechtsprechung in diesem Bereich, um Rechtssicherheit für Fotografen und andere Urheber zu gewährleisten.

Oberlandesgericht Hamm: Drohnenaufnahmen fallen nicht unter die Panoramafreiheit

Im April 2023 hat das Oberlandesgericht Hamm in einer wegweisenden Entscheidung festgestellt, dass Drohnenaufnahmen nicht von der Panoramafreiheit gedeckt sind. Der Fall betraf einen Rechtsstreit zwischen der Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst und einem Verlag aus dem Ruhrgebiet. Der Verlag hatte in zwei Büchern Drohnenfotos von Kunstwerken auf Bergehalden im Ruhrgebiet veröffentlicht, ohne eine Lizenz von der Verwertungsgesellschaft zu erwerben.

Das Gericht entschied, dass die Panoramafreiheit nur die Perspektiven einschließt, die von öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen aus bestehen. Es stellte klar, dass der Luftraum nicht dazu gehört. Der Einsatz von Hilfsmitteln wie Drohnen zur Erlangung einer anderen Perspektive sei daher nicht von der Panoramafreiheit gedeckt.

In seiner Begründung betonte das Gericht, dass die Panoramafreiheit eine Ausnahme vom Urheberrecht darstellt und daher eng ausgelegt werden muss. Es wies darauf hin, dass der Gesetzgeber mit der Panoramafreiheit nur die unentgeltliche Nutzung von Perspektiven erlauben wollte, die von öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen aus bestehen. Der Luftraum gehöre nicht dazu.

Das Gericht stellte außerdem fest, dass der Einsatz von Drohnen eine völlig andere Perspektive ermöglicht als diejenige, die ein Fußgänger vom Boden aus hat. Es argumentierte, dass die Erlaubnis zur Nutzung solcher Perspektiven weit über das hinausgehen würde, was der Gesetzgeber mit der Panoramafreiheit beabsichtigt hat.

Darüber hinaus wies das Gericht darauf hin, dass der Bundesgerichtshof bereits für den Einsatz einer Leiter entschieden hat, dass diese nicht von der Panoramafreiheit gedeckt ist. Es sah keinen Grund, warum für den Einsatz einer Drohne etwas anderes gelten sollte.

Diese Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm markiert eine deutliche Kehrtwende in der Rechtsprechung zur Panoramafreiheit und hat weitreichende Implikationen für die Nutzung von Drohnenaufnahmen. Sie unterstreicht die Notwendigkeit einer sorgfältigen Abwägung zwischen den Rechten der Urheber und den Interessen der Öffentlichkeit bei der Nutzung und Verbreitung von Bildmaterial.

Fazit: Juristischer Konsens?

Trotz der Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm ist das letzte Wort in dieser Angelegenheit noch nicht gesprochen. Da es noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung zu Drohnenaufnahmen im Rahmen der Panoramafreiheit gibt, hat das Gericht die Revision der Beklagten zugelassen. Die Beklagte hat Revision zum Bundesgerichtshof eingelegt, so dass das Urteil des Oberlandesgerichts Hamm noch nicht rechtskräftig ist. Es bleibt abzuwarten, wie der Bundesgerichtshof in dieser Angelegenheit entscheiden wird. Bis dahin bleibt die Rechtslage in Bezug auf Drohnenaufnahmen und Panoramafreiheit unklar.

Interessanterweise bin ich auf das Urteil des OLG Hamm gestoßen, als ich Recherchen zum neu angekündigten “Blender Earth Modeller Add-on” durchführte. Dieses Add-on, das in einem YouTube-Video vorgestellt wurde, ermöglicht es, 3D-Stadt- und Geländemodelle aus fast jedem Ort der Welt in Blender-Projekte zu integrieren. Es stellt eine beeindruckende Entwicklung in der Welt der 3D-Modellierung dar und hat das Potenzial, die Art und Weise, wie wir digitale Umgebungen erstellen und interagieren, zu revolutionieren.

Allerdings könnten die rechtlichen Implikationen, insbesondere im Hinblick auf die Panoramafreiheit, für Computerspielentwickler und andere Nutzer des Add-ons komplex sein. Während die Nutzung von Satellitenbildern und ähnlichen Datenquellen in vielen Fällen durch entsprechende Lizenzvereinbarungen geregelt ist, könnten die Nutzung von Drohnenaufnahmen und anderen Formen der Luftbildfotografie rechtliche Herausforderungen darstellen. Dies gilt insbesondere in Ländern wie Deutschland, wo die Rechtsprechung in Bezug auf die Panoramafreiheit und Drohnenaufnahmen noch in der Entwicklung ist.

Ich plane, diese und andere Fragen in einem zukünftigen Artikel darzustellen.

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Marian Härtel

Marian Härtel ist Rechtsanwalt und Unternehmer mit den Schwerpunkten Urheberrecht, Wettbewerbsrecht und IT/IP Recht und einen Fokus auf Games, Esport, Medien und Blockchain.

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