Marian Härtel
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Gerichtsstandsvereinbarungen in Influencerverträgen

In meiner aktuellen anwaltlichen Praxis habe ich gerade einen Fall, der sich mit der Frage der Gerichtsstandsvereinbarungen in Influencerverträgen beschäftigt. Dieser Fall bietet aufschlussreiche Erkenntnisse über die rechtliche Behandlung solcher Vereinbarungen und die Einordnung von Influencern im Kontext des Handelsrechts.

Der Sachverhalt

In dem konkreten Fall wurde eine Gerichtsstandsvereinbarung in einem Influencer-Managementvertrag getroffen. So weit, so üblich. Als wir nun ausstehende Vergütungen einklagten, stand ich vor dem Problem, welches Gericht nun zuständig ist. Das zu erste angerufene Amtsgericht lehnte jedoch seine Zuständigkeit ab. Die Begründung des Gerichts fußte auf der Feststellung, dass im vorliegenden Fall der Influencer nicht als Kaufmann im Sinne des § 38 ZPO anzusehen sei.  Da wir auch nicht zum vollen Umfang der Tätigkeit des Influencer vorgetragen hätten, Ferner wurde bemängelt, dass ich als Anwalt nicht ausreichend zum Umfang der Tätigkeit des Influencers vorgetragen hätten, wäre die Zuständigkeit nur bei dem Gericht gegeben, wo die beklagte Agentur ihre Sitz hat.

Die rechtliche Bewertung

Die Entscheidung des Gerichts basiert auf der Interpretation des § 38 ZPO, der die Zuständigkeit eines Gerichts bei Vorliegen einer entsprechenden Vereinbarung zwischen Kaufleuten regelt. In diesem Kontext ist es entscheidend zu verstehen, dass § 38 ZPO eine Ausnahme von dem Grundsatz des gesetzlichen Gerichtsstandes darstellt und eine prorogative Wirkung entfaltet, die es den Parteien ermöglicht, ein an sich unzuständiges Gericht für zuständig zu erklären. Dies setzt jedoch voraus, dass beide Vertragsparteien Kaufleute im Sinne des Handelsgesetzbuches (HGB) sind.

Das Gericht stellte in seiner Entscheidung klar, dass der Status eines Unternehmers nach § 14 BGB nicht automatisch mit dem eines Kaufmanns nach HGB gleichzusetzen ist. Während § 14 BGB den Unternehmerbegriff weit fasst und jede natürliche oder juristische Person oder rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt, einschließt, ist der Kaufmannsbegriff im HGB enger definiert. Er bezieht sich spezifisch auf Personen, die ein Handelsgewerbe betreiben. Dies umfasst nicht nur die in das Handelsregister eingetragenen Gewerbetreibenden, sondern auch solche, deren Unternehmen nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert.

In Bezug auf Influencer ergibt sich daraus eine rechtliche Grauzone, da ihre Tätigkeit nicht immer klar den Kriterien eines Handelsgewerbes im Sinne des HGB entspricht. Viele Influencer agieren als Soloselbständige oder Kleinunternehmer, was die Anwendung des § 38 ZPO problematisch macht. Die Gerichtsentscheidung betont daher die Notwendigkeit einer differenzierten Betrachtung des einzelnen Falles, um festzustellen, ob ein Influencer als Kaufmann im Sinne des HGB angesehen werden kann.

Die Bedeutung für Influencer

Diese Entscheidung hat weitreichende Bedeutung für die Vertragsgestaltung im Bereich des Influencer-Marketings. Sie unterstreicht, dass Influencer nicht per se als Kaufleute im Sinne des Handelsrechts angesehen werden. Dies hat direkte Auswirkungen auf die Wirksamkeit von Gerichtsstandsvereinbarungen in entsprechenden Verträgen. In der Praxis bedeutet dies, dass solche Vereinbarungen in Influencerverträgen oft von begrenztem Nutzen sind und möglicherweise nicht die beabsichtigte rechtliche Sicherheit bieten.

Angesichts dieser rechtlichen Unsicherheit erscheinen Gerichtsstandsvereinbarungen in vielen Fällen als potenziell sinnlos. Noch gravierender ist, dass sie im Zweifel sogar unzulässig sein könnten. Dies ergibt sich aus der Tatsache, dass eine Gerichtsstandsvereinbarung, die nicht den Anforderungen des § 38 ZPO entspricht, als unwirksam angesehen werden kann. Darüber hinaus könnte eine solche Klausel, wenn sie gegenüber einem nicht als Kaufmann qualifizierten Influencer verwendet wird, als unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 BGB gewertet werden und somit abmahnfähig sein.

Es gibt jedoch spezifische Situationen, in denen die Aufnahme einer Gerichtsstandsvereinbarung in einen Influencervertrag sinnvoll sein kann. Dies betrifft insbesondere Fälle, in denen der Influencer seinen Sitz nicht in Deutschland hat oder wenn dessen Aufenthaltsort in Zukunft unbekannt sein könnte. In solchen Konstellationen kann eine Gerichtsstandsvereinbarung dazu beitragen, Rechtssicherheit zu schaffen und die Durchsetzung von Ansprüchen zu erleichtern. Sie dient dann als Instrument, um im Falle von Streitigkeiten einen vorhersehbaren und zugänglichen Gerichtsstand zu gewährleisten.

 

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Marian Härtel

Marian Härtel ist Rechtsanwalt und Unternehmer mit den Schwerpunkten Urheberrecht, Wettbewerbsrecht und IT/IP Recht und einen Fokus auf Games, Esport, Medien und Blockchain.

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