- Externe Finanzierung ist für wachstumsorientierte Unternehmen entscheidend, um in Bereichen wie Künstliche Intelligenz und eSport wettbewerbsfähig zu bleiben.
- Der richtige Zeitpunkt für Investorenbeteiligung kann entscheidend für das Wachstum eines Startups sein. Zu frühes oder zu spätes Eingreifen birgt Risiken.
- Frühzeitige Investoren können Kontrollverlust und Verwässerung der Anteile der Gründer zur Folge haben, während zu späte Investitionen Wachstumsverzögerung verursachen.
- Es gibt verschiedene Beteiligungsformen, wie stille Beteiligungen oder partiarische Darlehen, die spezifische rechtliche Rahmenbedingungen erfordern.
- Die Unterschiede zwischen dem deutschen und dem internationalen Investorenrecht sind bedeutend, insbesondere in Bezug auf Prospektpflicht und Lizenzanforderungen.
- Forschungsintensive und international skalierende Startups sollten spezielle Strategien nutzen, um geeignete Investoren zu finden und Herausforderungen zu bewältigen.
- In der Games- und eSport-Branche sind spezifische Finanzierungsmodelle und Herausforderungen zu beachten, da das Investorenklima oft zurückhaltend ist.
Früher oder später kommt in fast jedem wachstumsorientierten Unternehmen der Zeitpunkt, an dem eine substanzielle externe Finanzierung benötigt wird – sei es, um das Wachstum zu beschleunigen, die Expansion in neue Märkte zu ermöglichen oder schlicht um im technologischen Wettbewerb mithalten zu können. Besonders in innovativen Branchen wie Künstliche Intelligenz (KI), Software-as-a-Service (SaaS), Web3, Games und eSport stellt sich dann die Frage nach der Aufnahme von Investoren. Die Entscheidung, zu welchem Zeitpunkt und zu welchen Bedingungen externe Kapitalgeber ins Boot geholt werden, ist für Startups und Gründer von entscheidender Bedeutung. Hierbei geht es nicht nur um die finanzielle Seite, sondern auch um weitreichende juristische und strategische Konsequenzen.
Der richtige Zeitpunkt für eine Investorenbeteiligung kann über den weiteren Kurs eines Startups bestimmen. Ein verfrühter Einstieg von Venture Capital oder anderen Investoren kann beispielsweise zu einem Kontrollverlust der Gründer führen oder deren Anteile stark verwässern, wenn das Unternehmen noch mit geringer Bewertung in einer sehr frühen Phase Kapital aufnimmt. Andererseits kann ein zu spätes Suchen nach Investoren das Wachstum hemmen und zu Skalierungsverzögerungen führen – etwa wenn dem Unternehmen in einer kritischen Wachstumsphase die Mittel ausgehen, während Konkurrenzunternehmen bereits durch Finanzspritzen an Fahrt gewinnen. Im schlimmsten Fall droht bei falschem Timing der Verlust des ursprünglichen Entrepreneurship-Geistes, wenn externe Geldgeber das Ruder übernehmen oder das Startup durch ausbleibende Finanzierung die Innovationsführerschaft verliert.
Dieser Fachartikel beleuchtet umfassend die juristischen Herausforderungen und unternehmerischen Abwägungen bei der Aufnahme von Investoren in jungen Technologieunternehmen. Dabei werden zunächst die Fragen behandelt, wann der richtige Moment für eine Beteiligung ist und woran man einen falschen Zeitpunkt erkennt. Anschließend werden die zentralen Risiken diskutiert, die mit einer sehr frühen bzw. sehr späten Einbindung von Investoren einhergehen – von der Gefahr der Einflussnahme und Zweckentfremdung der Unternehmensvision bis hin zu strukturellen Problemen bei späteren Finanzierungsrunden.
Im weiteren Verlauf werden verschiedene Beteiligungsformen und Finanzierungsinstrumente vorgestellt, die insbesondere im deutschen Recht gängig sind: von der stillen Beteiligung über partiarische Darlehen und Nachrangdarlehen bis zu prospektpflichtigen Kapitalanlagen und modernen tokenisierten Beteiligungen via Blockchain. Für Gründer ist es essenziell zu verstehen, welche rechtlichen Rahmenbedingungen und Anforderungen mit jeder dieser Optionen verbunden sind – beispielsweise in Bezug auf die Ausgestaltung von Verträgen, Informations- und Kontrollrechte der Investoren oder die Einhaltung regulatorischer Pflichten (Stichwort BaFin-Prospektpflicht).
Zudem werden die Unterschiede zwischen dem deutschen und dem internationalen Investorenrecht herausgearbeitet. Hier spielen sowohl aufsichtsrechtliche Aspekte (BaFin vs. SEC in den USA) als auch gesellschaftsrechtliche Überlegungen (Beteiligung einer GmbH oder AG gegenüber der typisch US-amerikanischen Corporation-Struktur) eine Rolle. Internationale Wachstumsambitionen erfordern häufig angepasste Strategien, da ein Startup, das global skaliert, mit Investoren aus verschiedenen Rechtsräumen in Kontakt kommt und ggf. seine Unternehmensstruktur diesen Anforderungen anpassen muss.
Besondere Aufmerksamkeit widmen wir auch den Herausforderungen der Kapitalbeschaffung für Startups mit hohem Forschungs- und Entwicklungsaufwand (etwa im Bereich KI oder Life Sciences) sowie für Unternehmen, die von Beginn an international ausgerichtet sind. Diese Unternehmen müssen häufig früh erhebliche Summen aufbringen, ohne kurzfristig Einnahmen zu generieren – was besondere Finanzierungsstrategien erfordert und rechtliche Stolpersteine (z.B. beim Schutz geistigen Eigentums gegenüber Investoren) mit sich bringt.
Abschließend werden die Spezifika der Games- und eSport-Branche in Deutschland analysiert. Gerade in diesen Bereichen gelten oft eigene Regeln: Die Verfügbarkeit von Business Angels und privaten Investoren ist hierzulande begrenzt, das Investitionsklima gilt als schwierig, und es existieren branchenspezifische gesetzgeberische Hürden. Finanzierungsmodelle wie Publisher-Deals, Sponsoring oder Community-Funding spielen eine größere Rolle als klassisches Venture Capital. Wir betrachten, welche besonderen rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen Gründer in der Games- und eSport-Branche berücksichtigen müssen – von der staatlichen Förderung über aufsichtsrechtliche Aspekte bis zur Frage, wie sich diese Branchen im internationalen Vergleich positionieren.
Zielgruppe dieses Artikels sind juristisch interessierte Gründer und Startup-Teams, die eine fundierte Orientierungshilfe bei der strategischen Planung ihrer Finanzierung suchen. Der Artikel soll aufzeigen, worauf bei der Wahl und Gestaltung einer Investoreneinbindung zu achten ist, und dabei die Expertise aus der Sicht eines spezialisierten IT-Rechtsanwalts und Startup-Beraters einbringen. Die Darstellung erfolgt sachlich und praxisnah, mit Verweisen auf relevante Rechtsnormen und einer wirtschaftlichen Einordnung der verschiedenen Optionen. So sollen Gründer befähigt werden, informierte Entscheidungen zu treffen, um das Wachstum ihres Unternehmens rechtlich abgesichert und dennoch flexibel zu finanzieren.
Richtiger und falscher Zeitpunkt für die Aufnahme von Investoren
Die Frage, wann der optimale Zeitpunkt gekommen ist, um Investoren in ein Unternehmen aufzunehmen, lässt sich nicht allgemeingültig beantworten – sie hängt von vielen individuellen Faktoren ab, wie dem Geschäftsmodell, der Marktsituation und der bisherigen Entwicklung des Startups. Es gibt jedoch typische Konstellationen, in denen ein Einstieg von Kapitalgebern zu früh oder zu spät erfolgen kann und dadurch Probleme verursacht. Gründer sollten diese Szenarien kennen, um eine fundierte Entscheidung über das Timing zu treffen.
Zu frühe Beteiligung von Investoren
In der sehr frühen Phase eines Startups – etwa noch vor oder unmittelbar nach Markteintritt – kann die Aufnahme externer Investoren verlockend erscheinen. Ein hoher Kapitalbedarf für Produktentwicklung oder Markterschließung führt oft dazu, dass Gründer schon im Seed-Stadium Anteile an Venture-Capital-Geber oder Business Angels veräußern. Eine solche frühe Beteiligung bringt zwar frisches Geld und mitunter auch wertvolles Know-how ins Unternehmen, birgt jedoch erhebliche Risiken.
Risiken eines verfrühten Investoreneinstiegs:
- Kontrollverlust der Gründer: Wenn Investoren zu einem Zeitpunkt einsteigen, in dem die Unternehmensbewertung noch niedrig ist, müssen Gründer für vergleichsweise wenig Kapital einen großen Anteil ihrer Geschäftsanteile abgeben. Dadurch kann sich das Stimmgewicht der Gründer stark reduzieren. Externe Investoren sichern sich häufig Vetorechte oder Sitze im Beirat/Vorstand, was die Entscheidungsfreiheit der ursprünglichen Unternehmer einschränkt. Im Extremfall droht, dass Gründer die Kontrolle über die strategische Ausrichtung verlieren, weil Investoren andere Prioritäten setzen (z. B. schnelles Wachstum um jeden Preis oder baldiger Exit) als die Unternehmer selbst.
- Starke Verwässerung: Die frühe Ausgabe von Geschäftsanteilen führt zu einer Verwässerung der Anteilsquote der bestehenden Gesellschafter. Insbesondere bei mehreren Finanzierungsrunden in kurzen Abständen kann der prozentuale Anteil der Gründer rapide schrumpfen. Das birgt nicht nur psychologische Auswirkungen (das “eigene” Unternehmen gehört einem plötzlich vielleicht nur noch zur Minderheit), sondern kann auch die Motivation und langfristige Bindung der Gründer beeinträchtigen – vor allem, wenn sie das Gefühl haben, den größten Teil der Wertsteigerung später an die Investoren abtreten zu müssen.
- Verlust des „Entrepreneurship“-Geistes: Startups zeichnen sich in der Anfangsphase oft durch einen ausgeprägten Gründergeist, Flexibilität und schnelle Entscheidungswege aus. Holt man sehr früh Investoren an Bord, besteht die Gefahr, dass durch formalisierte Reporting-Pflichten, Zustimmungsvorbehalte und den Einfluss externer Geldgeber die agile Startup-Kultur gebremst wird. Die Gründer könnten gezwungen sein, mehr Zeit mit Investor Relations und administrativen Aufgaben zu verbringen als mit Produktentwicklung und Kundenakquise. Im schlimmsten Fall verändert sich die junge Firma durch die Investorenvorgaben so stark, dass die ursprüngliche Vision verwässert wird und die unternehmerische Freiheit erheblich eingeschränkt wird.
- Unreife Geschäftsmodelle unter externem Druck: Ein weiteres Risiko einer sehr frühen Finanzierung ist, dass das Geschäftsmodell noch nicht validiert oder markterprobt ist. Externe Investoren erwarten aber oft skalierbare Wachstumsstrategien und messbare Erfolge in kurzer Zeit. Dieser Druck kann dazu führen, dass Gründer vorschnell expandieren oder ein unausgereiftes Produkt lancieren, nur um den Erwartungen der Geldgeber zu genügen. Dadurch steigt das Scheiternrisiko. Ohne Investor hätten die Gründer womöglich mehr Zeit, das Produkt anzupassen oder das Konzept zu pivotieren, bevor sie sich auf Wachstumskurs begeben.
Trotz dieser Risiken gibt es auch Chancen bei einem frühen Investoreneinstieg. So können erfahrene Business Angels oder branchenerfahrene Venture-Capital-Manager dem Startup entscheidende Impulse geben. Sie bringen Netzwerke, Mentoring und Glaubwürdigkeit mit. Ein prominenter Frühphasen-Investor kann zum Beispiel anderen Marktakteuren (weiteren Investoren, potentiellen Kunden oder Partnern) signalisieren, dass das Geschäftsmodell Substanz hat. Die finanzielle Ausstattung von Anfang an kann zudem ermöglichen, einen technologischen Vorsprung auszubauen oder früh Marktanteile zu sichern, bevor Wettbewerber das Feld besetzen.
Der „richtige“ Zeitpunkt im frühen Stadium ist daher ein schmaler Grat: Gründer sollten einerseits nicht zu lange zögern, externe Unterstützung anzunehmen, wenn diese nötig ist, andererseits aber zuvor ein tragfähiges Fundament geschaffen haben – etwa einen funktionierenden Prototyp, erste zahlende Kunden oder zumindest valide Marktdaten. So lässt sich sicherstellen, dass die Unternehmensbewertung nicht unnötig niedrig ausfällt und dass man Investoren aus einer Position der Stärke und Überzeugung begegnet.
Zu späte Aufnahme von Investoren
Auch das andere Extrem – zu lange mit der Kapitalaufnahme zu warten – kann problematisch sein. Manche Gründer zögern, Anteile abzugeben, und finanzieren ihr Wachstum so lange wie möglich aus Eigenmitteln, laufenden Umsätzen oder kleinen öffentlichen Förderbeträgen. Diese Bootstrapping-Mentalität bewahrt zwar zunächst die Unabhängigkeit, stößt aber in kapitalintensiven Branchen oder bei rasant wachsenden Märkten schnell an Grenzen.
Risiken einer späten Investorenaufnahme:
- Skalierungsverzögerung: Das offensichtlichste Risiko ist, dass wertvolle Zeit verloren geht, in der das Unternehmen eigentlich schneller wachsen könnte. Fehlt externes Kapital, können wichtige Investitionen – z. B. in Personal, Marketing, internationale Expansion oder Forschungs- und Entwicklungsprojekte – nicht getätigt werden. Das Wachstum verläuft dann langsamer als möglich. In dynamischen Märkten (z. B. im KI- oder Plattform-Sektor) kann dies bedeuten, dass Konkurrenten mit besserer Finanzierung vorbeiziehen. Eine Marktchance könnte ungenutzt verstreichen, weil dem eigene Startup schlicht die Mittel fehlen, um aggressiv genug zu skalieren.
- Finanzielle Engpässe und ungünstige Konditionen: Wird der Gang zu Investoren zu lange aufgeschoben, kommt er oft in einer Situation, in der das Unternehmen bereits unter finanziellem Druck steht. Wenn die Liquiditätsreserven nahezu aufgebraucht sind und rasch Kapital benötigt wird, befindet sich das Startup in einer schlechten Verhandlungsposition (“Fire-Sale-Szenario”). Investoren, die zu diesem späten Zeitpunkt noch einsteigen, werden sich des dringenden Kapitalbedarfs bewusst sein und unter Umständen härtere Bedingungen diktieren – etwa einen deutlich höheren Anteil für die gleiche Investitionssumme oder besonders strenge vertragliche Auflagen. Im schlimmsten Fall findet sich gar kein Investor rechtzeitig, was die Insolvenzgefahr erhöht.
- Entgangene Synergien und Know-how: Kapital von außen bedeutet nicht nur Geld, sondern häufig auch strategische Unterstützung. Wer lange ohne Investoren agiert, verzichtet auf potenzielles externes Know-how, Branchenkontakte und Mentoring. Eine spätere Aufnahme von Investoren kann dann zutage fördern, dass bestimmte strateg# Investoren aufnehmen im Startup: Timing, Risiken und Rechtsrahmen
Früher oder später kommt in fast jedem wachstumsorientierten Unternehmen der Zeitpunkt, an dem eine substanzielle externe Finanzierung benötigt wird – sei es, um das Wachstum zu beschleunigen, die Expansion in neue Märkte zu ermöglichen oder schlicht um im technologischen Wettbewerb mithalten zu können. Besonders in innovativen Branchen wie Künstliche Intelligenz (KI), Software-as-a-Service (SaaS), Web3, Games und eSport stellt sich dann die Frage nach der Aufnahme von Investoren. Die Entscheidung, zu welchem Zeitpunkt und zu welchen Bedingungen externe Kapitalgeber ins Boot geholt werden, ist für Startups und Gründer von entscheidender Bedeutung. Hierbei geht es nicht nur um die finanzielle Seite, sondern auch um weitreichende juristische und strategische Konsequenzen.
Der richtige Zeitpunkt für eine Investorenbeteiligung kann über den weiteren Kurs eines Startups bestimmen. Ein verfrühter Einstieg von Venture Capital oder anderen Investoren kann beispielsweise zu einem Kontrollverlust der Gründer führen oder deren Anteile stark verwässern, wenn das Unternehmen noch mit geringer Bewertung in einer sehr frühen Phase Kapital aufnimmt. Andererseits kann ein zu spätes Suchen nach Investoren das Wachstum hemmen und zu Skalierungsverzögerungen führen – etwa wenn dem Unternehmen in einer kritischen Wachstumsphase die Mittel ausgehen, während Konkurrenzunternehmen bereits durch Finanzspritzen an Fahrt gewinnen. Im schlimmsten Fall droht bei falschem Timing der Verlust des ursprünglichen Entrepreneurship-Geistes, wenn externe Geldgeber das Ruder übernehmen oder das Startup durch ausbleibende Finanzierung die Innovationsführerschaft verliert.
Dieser Fachartikel beleuchtet umfassend die juristischen Herausforderungen und unternehmerischen Abwägungen bei der Aufnahme von Investoren in jungen Technologieunternehmen. Dabei werden zunächst die Fragen behandelt, wann der richtige Moment für eine Beteiligung ist und woran man einen falschen Zeitpunkt erkennt. Anschließend werden die zentralen Risiken diskutiert, die mit einer sehr frühen bzw. sehr späten Einbindung von Investoren einhergehen – von der Gefahr der Einflussnahme und Zweckentfremdung der Unternehmensvision bis hin zu strukturellen Problemen bei späteren Finanzierungsrunden.
Im weiteren Verlauf werden verschiedene Beteiligungsformen und Finanzierungsinstrumente vorgestellt, die insbesondere im deutschen Recht gängig sind: von der stillen Beteiligung über partiarische Darlehen und Nachrangdarlehen bis zu prospektpflichtigen Kapitalanlagen und modernen tokenisierten Beteiligungen via Blockchain. Für Gründer ist es essenziell zu verstehen, welche rechtlichen Rahmenbedingungen und Anforderungen mit jeder dieser Optionen verbunden sind – beispielsweise in Bezug auf die Ausgestaltung von Verträgen, Informations- und Kontrollrechte der Investoren oder die Einhaltung regulatorischer Pflichten (Stichwort BaFin-Prospektpflicht).
Zudem werden die Unterschiede zwischen dem deutschen und dem internationalen Investorenrecht herausgearbeitet. Hier spielen sowohl aufsichtsrechtliche Aspekte (BaFin vs. SEC in den USA) als auch gesellschaftsrechtliche Überlegungen (Beteiligung einer GmbH oder AG gegenüber der typisch US-amerikanischen Corporate-Struktur) eine Rolle. Internationale Wachstumsambitionen erfordern häufig angepasste Strategien, da ein Startup, das global skaliert, mit Investoren aus verschiedenen Rechtsräumen in Kontakt kommt und ggf. seine Unternehmensstruktur diesen Anforderungen anpassen muss.
Besondere Aufmerksamkeit widmen wir auch den Herausforderungen der Kapitalbeschaffung für Startups mit hohem Forschungs- und Entwicklungsaufwand (z. B. im Bereich KI, Biotechnologie) sowie für Unternehmen, die von Beginn an international ausgerichtet sind. Diese Unternehmen müssen häufig früh erhebliche Summen aufbringen, ohne kurzfristig Einnahmen zu generieren – was besondere Finanzierungsstrategien erfordert und rechtliche Stolpersteine (z. B. beim Schutz geistigen Eigentums gegenüber Investoren) mit sich bringt.
Abschließend werden die Spezifika der Games- und eSport-Branche in Deutschland analysiert. Gerade in diesen Bereichen gelten oft eigene Regeln: Die Verfügbarkeit von Business Angels und privaten Investoren ist hierzulande begrenzt, das Investitionsklima gilt als schwierig, und es existieren branchenspezifische gesetzgeberische Hürden. Finanzierungsmodelle wie Publisher-Deals, Sponsoring oder Community-Funding spielen eine größere Rolle als klassisches Venture Capital. Wir betrachten, welche besonderen rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen Gründer in der Games- und eSport-Branche berücksichtigen müssen – von der staatlichen Förderung über aufsichtsrechtliche Aspekte bis zur Frage, wie sich diese Branchen im internationalen Vergleich positionieren.
Zielgruppe dieses Artikels sind juristisch interessierte Gründer und Startup-Teams, die eine fundierte Orientierungshilfe bei der strategischen Planung ihrer Finanzierung suchen. Der Artikel zeigt auf, worauf bei der Wahl und Gestaltung einer Investoreneinbindung zu achten ist, und dabei die Expertise aus der Sicht eines spezialisierten IT-Rechtsanwalts und Startup-Beraters einbringen. Die Darstellung erfolgt hochprofessionell und sachlich, mit Verweisen auf relevante Rechtsnormen und einer wirtschaftlichen Einordnung der verschiedenen Optionen. So sollen Gründer befähigt werden, informierte Entscheidungen zu treffen, um das Wachstum ihres Unternehmens rechtlich abgesichert und dennoch flexibel zu finanzieren.
Richtiger und falscher Zeitpunkt für die Aufnahme von Investoren
Die Frage, wann der optimale Zeitpunkt gekommen ist, um Investoren in ein Unternehmen aufzunehmen, lässt sich nicht allgemeingültig beantworten – sie hängt von vielen individuellen Faktoren ab, wie dem Geschäftsmodell, der Marktsituation und der bisherigen Entwicklung des Startups. Es gibt jedoch typische Konstellationen, in denen ein Einstieg von Kapitalgebern zu früh oder zu spät erfolgen kann und dadurch Probleme verursacht. Gründer sollten diese Szenarien kennen, um eine fundierte Entscheidung über das Timing zu treffen.
Zu frühe Beteiligung von Investoren
In der sehr frühen Phase eines Startups – etwa noch vor oder unmittelbar nach Markteintritt – kann die Aufnahme externer Investoren verlockend erscheinen. Ein hoher Kapitalbedarf für Produktentwicklung oder Markterschließung führt oft dazu, dass Gründer schon im Seed-Stadium Anteile an Venture Capital-Geber oder Business Angels veräußern. Eine solche frühe Beteiligung bringt zwar frisches Geld und mitunter auch wertvolles Know-how ins Unternehmen, birgt jedoch erhebliche Risiken.
Risiken eines verfrühten Investoreneinstiegs:
- Kontrollverlust der Gründer: Wenn Investoren zu einem Zeitpunkt einsteigen, in dem die Unternehmensbewertung noch niedrig ist, müssen Gründer für vergleichsweise wenig Kapital einen großen Anteil ihrer Geschäftsanteile abgeben. Dadurch kann sich das Stimmgewicht der Gründer stark reduzieren. Externe Investoren sichern sich häufig Vetorechte oder Sitze im Beirat/Vorstand, was die Entscheidungsfreiheit der ursprünglichen Unternehmer einschränkt. Im Extremfall droht, dass Gründer die Kontrolle über die strategische Ausrichtung verlieren, weil Investoren andere Prioritäten setzen (z. B. schnelles Wachstum um jeden Preis oder baldiger Exit) als die Unternehmer selbst.
- Starke Verwässerung: Die frühe Ausgabe von Geschäftsanteilen führt zu einer Verwässerung der Anteilsquote der bestehenden Gesellschafter. Insbesondere bei mehreren Finanzierungsrunden in kurzen Abständen kann der prozentuale Anteil der Gründer rapide schrumpfen. Das birgt nicht nur psychologische Auswirkungen (das eigene Unternehmen gehört einem plötzlich vielleicht nur noch zu einem kleinen Teil), sondern kann auch die Motivation und langfristige Bindung der Gründer beeinträchtigen – vor allem, wenn sie das Gefühl haben, den größten Teil der Wertsteigerung später an die Investoren abtreten zu müssen.
- Verlust des „Entrepreneurship“-Geistes: Startups zeichnen sich in der Anfangsphase oft durch einen ausgeprägten Gründergeist, Flexibilität und schnelle Entscheidungswege aus. Holt man sehr früh Investoren an Bord, besteht die Gefahr, dass durch formalisierte Reporting-Pflichten, Zustimmungsvorbehalte und den Einfluss externer Geldgeber die agile Startup-Kultur gebremst wird. Die Gründer könnten gezwungen sein, mehr Zeit mit Investor Relations und administrativen Aufgaben zu verbringen als mit Produktentwicklung und Kundenakquise. Im schlimmsten Fall verändert sich die junge Firma durch die Investorenvorgaben so stark, dass die ursprüngliche Vision verwässert wird und die unternehmerische Freiheit erheblich eingeschränkt wird.
- Unreife Geschäftsmodelle unter externem Druck: Ein weiteres Risiko einer sehr frühen Finanzierung ist, dass das Geschäftsmodell noch nicht validiert oder markterprobt ist. Externe Investoren erwarten aber oft skalierbare Wachstumsstrategien und messbare Erfolge in kurzer Zeit. Dieser Druck kann dazu führen, dass Gründer vorschnell expandieren oder ein unausgereiftes Produkt auf den Markt bringen, nur um den Erwartungen der Geldgeber zu genügen. Dadurch steigt das Scheiternrisiko. Ohne Investor hätten die Gründer womöglich mehr Zeit, das Produkt anzupassen oder das Konzept zu pivotieren, bevor sie sich auf Wachstumskurs begeben.
Trotz dieser Risiken gibt es auch Chancen bei einem frühen Investoreneinstieg. So können erfahrene Business Angels oder branchenerfahrene Venture-Capital-Manager dem Startup entscheidende Impulse geben. Sie bringen Netzwerke, Mentoring und Glaubwürdigkeit mit. Ein prominenter Frühphasen-Investor kann zum Beispiel anderen Marktakteuren (weiteren Investoren, potenziellen Kunden oder Partnern) signalisieren, dass das Geschäftsmodell Substanz hat. Die finanzielle Ausstattung von Anfang an kann zudem ermöglichen, einen technologischen Vorsprung auszubauen oder früh Marktanteile zu sichern, bevor Wettbewerber das Feld besetzen.
Der „richtige“ Zeitpunkt im frühen Stadium ist daher ein schmaler Grat: Gründer sollten einerseits nicht zu lange zögern, externe Unterstützung anzunehmen, wenn diese nötig ist, andererseits aber zuvor ein tragfähiges Fundament geschaffen haben – etwa einen funktionierenden Prototyp, erste zahlende Kunden oder zumindest valide Marktdaten. So lässt sich sicherstellen, dass die Unternehmensbewertung nicht unnötig niedrig ausfällt und dass man Investoren aus einer Position der Stärke und Überzeugung begegnet.
Zu späte Aufnahme von Investoren
Auch das andere Extrem – zu lange mit der Kapitalaufnahme zu warten – kann problematisch sein. Manche Gründer zögern, Anteile abzugeben, und finanzieren ihr Wachstum so lange wie möglich aus Eigenmitteln, laufenden Umsätzen oder kleinen öffentlichen Förderbeträgen. Diese Bootstrapping-Mentalität bewahrt zwar zunächst die Unabhängigkeit, stößt aber in kapitalintensiven Branchen oder bei rasant wachsenden Märkten schnell an Grenzen.
Risiken einer späten Investorenaufnahme:
- Skalierungsverzögerung: Das offensichtlichste Risiko ist, dass wertvolle Zeit verloren geht, in der das Unternehmen eigentlich schneller wachsen könnte. Fehlt externes Kapital, können wichtige Investitionen – z. B. in Personal, Marketing, internationale Expansion oder Forschungs- und Entwicklungsprojekte – nicht getätigt werden. Das Wachstum verläuft dann langsamer als möglich. In dynamischen Märkten (etwa im KI- oder Plattform-Sektor) kann dies bedeuten, dass Konkurrenten mit besserer Finanzierung vorbeiziehen. Eine Marktchance könnte ungenutzt verstreichen, weil dem eigenen Startup schlicht die Mittel fehlen, um aggressiv genug zu skalieren.
- Finanzielle Engpässe und ungünstige Konditionen: Wird der Gang zu Investoren zu lange aufgeschoben, kommt er oft in einer Situation, in der das Unternehmen bereits unter finanziellem Druck steht. Wenn die Liquiditätsreserven nahezu aufgebraucht sind und rasch Kapital benötigt wird, befindet sich das Startup in einer schlechten Verhandlungsposition (man spricht vom “Fire-Sale-Szenario”). Investoren, die zu diesem späten Zeitpunkt noch einsteigen, werden sich des dringenden Kapitalbedarfs bewusst sein und unter Umständen härtere Bedingungen diktieren – etwa einen deutlich höheren Anteil für die gleiche Investitionssumme oder besonders strenge vertragliche Auflagen. Im schlimmsten Fall findet sich gar kein Investor rechtzeitig, was die Insolvenzgefahr erhöht.
- Entgangene Synergien und Know-how: Kapital von außen bedeutet nicht nur Geld, sondern häufig auch strategische Unterstützung. Wer lange ohne Investoren agiert, verzichtet auf potenzielles externes Know-how, Branchenkontakte und Mentoring. Eine spätere Aufnahme von Investoren kann zutage fördern, dass bestimmte strategische oder strukturelle Fehler in der Vergangenheit vermeidbar gewesen wären. Beispielsweise hätte ein erfahrener Investor vielleicht frühzeitig auf die Optimierung des Geschäftsmodells oder die Professionalisierung bestimmter Prozesse gedrungen. Ohne diesen Input können sich ineffiziente Strukturen verfestigen, die erst spät und unter hohem Aufwand korrigiert werden.
- Limitierte Wettbewerbsfähigkeit: In globalen Tech-Branchen kreieren große Finanzierungsrunden oft Öffentlichkeitswirkung und Vertrauen bei Kunden. Ein Startup, das lange ohne namhafte Investoren bleibt, wird von Außenstehenden bisweilen kritischer betrachtet: Potenzielle Großkunden oder Geschäftspartner fragen sich eventuell, warum kein Investor das Potenzial erkannt hat. Dies kann die Reputation beeinflussen. Zudem verfügen Wettbewerber mit starker Finanzierung über Mittel für aggressives Marketing, bessere Konditionen für Kunden oder schnellere Produktweiterentwicklung. Das eigene Unternehmen riskiert, trotz eines guten Produkts im Markt weniger sichtbar zu sein.
Allerdings gibt es auch Vorteile, wenn man Investoren erst zu einem späteren Zeitpunkt ins Unternehmen holt. Das wohl wichtigste Argument ist der Erhalt der Unabhängigkeit in der frühen Phase: Die Gründer können ihr Produkt und ihre Marke aufbauen, ohne externe Einflussnahme, und das Unternehmen organisch wachsen lassen. Gelingt dies aus eigener Kraft, steigt in der Regel der Unternehmenswert – was bei einem späteren Einstieg von Investoren zu einer höheren Bewertung (höherer pre-money valuation) führt. Infolgedessen müssen weniger Anteile abgegeben werden und die Verwässerung hält sich in Grenzen. Zudem können Gründer, die ihr Geschäftsmodell bereits bewiesen haben (z. B. durch erste zahlende Kunden oder eine funktionierende Technologie), mit Investoren auf Augenhöhe verhandeln und brauchen sich weniger auf kompromissbehaftete Klauseln einzulassen.
Dennoch sollte der Zeitpunkt der ersten größeren Finanzierung nicht beliebig hinausgezögert werden. Ein bewährter Ansatz ist das Konzept des „Window of Opportunity„: Gründer identifizieren, wann ihr Unternehmen an einem Wendepunkt steht, an dem zusätzliches Kapital einen maximalen Wachstumsschub auslösen kann – zum Beispiel nach erfolgreichem Abschluss einer Entwicklungsphase oder kurz vor dem internationalen Roll-out eines Produkts. Genau dieses Zeitfenster gilt es zu nutzen. Wird es verpasst, kann spätere Finanzierung zwar immer noch nützlich sein, aber ein Teil des Marktpotenzials oder Wettbewerbsvorteils ist dann möglicherweise bereits verloren.
Zwischenfazitt: Weder ein dogmatisch früher Einstieg von Investoren noch ein prinzipielles Hinauszögern der Kapitalaufnahme ist per se optimal. Entscheidend ist eine ehrliche Bestandsaufnahme: Hat das Startup bereits ein Minimum Viable Product und belastbare Kennzahlen, die eine vernünftige Bewertung rechtfertigen? Oder droht ohne frisches Kapital innerhalb der nächsten Monate ein Kapitalengpass? Die Antworten auf solche Fragen liefern Anhaltspunkte für das richtige Timing.
Zudem können Zwischenformen wie etwa Wandeldarlehen (Convertible Loans) oder SAFE-Agreements (Simple Agreement for Future Equity) überbrückend eingesetzt werden: Sie ermöglichen eine Finanzierung schon vor einer offiziellen Bewertungsrunde, wobei die genaue Beteiligungsquote erst später – meist in der nächsten Equity-Runde – festgelegt wird. Solche Instrumente können helfen, das Timing flexibler zu gestalten und den Spagat zwischen “zu früh” und “zu spät” besser zu meistern.
Letztlich ist das Ziel, Investoren zum richtigen Zeitpunkt an Bord zu holen – nämlich dann, wenn der Nutzen des zusätzlich verfügbaren Kapitals die damit einhergehenden Abstriche (Anteilabgabe, Mitspracherechte der Investoren etc.) deutlich überwiegt.
Rechtliche Rahmenbedingungen und Anforderungen verschiedener Beteiligungsformen
Bei der Aufnahme von Investoren stehen Startups unterschiedliche Beteiligungsformen zur Verfügung, die jeweils spezifischen rechtlichen Regelungen und wirtschaftlichen Wirkungen unterliegen. Im Folgenden werden die wichtigsten Modelle vorgestellt und ihre juristischen Kernpunkte erläutert:
- Stille Beteiligung – der Investor tritt nicht offen in Erscheinung, erhält aber Gewinnanteile.
- Partiarisches Darlehen – eine Kreditform mit gewinnabhängiger Verzinsung, ggf. kombiniert mit Nachrang.
- Nachrangdarlehen – Darlehen, das im Insolvenzfall nachrangig ist und eigenkapitalähnlichen Charakter haben kann.
- Prospektpflichtige Kapitalanlagen – klassische öffentliche Beteiligungsangebote, die unter das Vermögensanlagen- oder Wertpapierprospektrecht fallen.
- Tokenisierte Beteiligungen via Blockchain – neue Modelle, bei denen Anteile oder Rechte in Form digitaler Token ausgegeben werden.
Jede dieser Formen hat Vor- und Nachteile sowie bestimmte rechtliche Erfordernisse. Wichtig ist, dass Gründer das jeweils passende Instrument für ihre Situation wählen und die damit verbundenen Verpflichtungen kennen.
Stille Beteiligung
Die stille Gesellschaft (§§ 230 ff. Handelsgesetzbuch, HGB) ist eine traditionelle Form der Unternehmensfinanzierung, bei der ein Investor – der stille Gesellschafter – einer bestehenden Firma Kapital zur Verfügung stellt, ohne nach außen als Gesellschafter aufzutreten. Rechtlich gesehen beteiligt sich der stille Gesellschafter mit einer Vermögenseinlage am Handelsgewerbe eines anderen (dem Geschäftsinhaber oder der Hauptgesellschaft) und erhält dafür einen vertraglich vereinbarten Anteil am Gewinn des Unternehmens.
Wesentliche Merkmale der stillen Beteiligung sind:
- Interne Beteiligung, keine gesellschaftsrechtliche Stellung: Der stille Gesellschafter wird nicht Gesellschafter im gesellschaftsrechtlichen Sinne (er hält also z.B. keine GmbH-Anteile). Seine Stellung beruht ausschließlich auf dem Beteiligungsvertrag. Nach außen bleibt der Investor anonym; das Grund- oder Stammkapital der Gesellschaft ändert sich nicht. Die Einlage des Stillen geht in das Vermögen des Unternehmens über, ähnlich wie eine Fremdkapitalzufuhr.
- Gewinn- (und Verlust-)Beteiligung: Typischerweise ist der stille Gesellschafter am Gewinn des Unternehmens beteiligt. Am Verlust nimmt er nur bis zur Höhe seiner Einlage teil (d.h. seine Einlage kann durch Verluste aufgebraucht werden, aber er haftet nicht darüber hinaus). Diese Ausgestaltung nennt man typisch stille Beteiligung. Es kann vertraglich auch eine weitergehende Verlustbeteiligung oder Teilhabe an den stillen Reserven/Vermögenswerten vereinbart werden – in solchen Fällen spricht man von einer atypisch stillen Beteiligung, die steuerlich den Status eines Mitunternehmers begründen kann (mit entsprechenden Konsequenzen bei der Besteuerung).
- Keine Leitungsbefugnis: Der stille Investor hat kein Mitspracherecht in der Geschäftsführung und tritt im Tagesgeschäft nicht in Erscheinung. Er hat jedoch ein gesetzliches Kontrollrecht (§ 233 HGB), das ihm Einsicht in Bücher und Papiere sowie in den Jahresabschluss erlaubt, um die Richtigkeit der Gewinnbeteiligung prüfen zu können. Im Beteiligungsvertrag können – je nach Verhandlungsmacht – erweiterte Informationsrechte und Zustimmungsvorbehalte vereinbart werden, aber grundsätzlich bleibt der Stille passiv. Für das Startup bedeutet dies: Es muss keine Stimmrechte oder Gesellschaftsanteile abgeben – ein deutlicher Vorteil gegenüber einer offenen Beteiligung.
- Vertragliche Flexibilität: Die stille Beteiligung bietet große Gestaltungsfreiheit. Laufzeit, Kündigungsrechte, Gewinnverteilungsschlüssel und weitere Rechte/Pflichten können frei vereinbart werden. So können bspw. Mindestlaufzeiten festgelegt werden, damit der stille Gesellschafter nicht kurzfristig abspringt. Auch Regelungen zum Ausscheiden (inkl. Abfindung des Stillen) und zur Nachfolgeregelung können individuell getroffen werden. Entscheidend ist, die Interessen beider Seiten auszubalancieren – der Investor will eine attraktive Beteiligung und Sicherheit für sein Kapital, das Unternehmen möglichst viel Freiheitsgrade und langfristige Nutzung des Kapitals.
- Bilanzielle Einordnung: In der Handelsbilanz des Unternehmens wird die Einlage eines typisch stillen Gesellschafters als Fremdkapital verbucht (Verbindlichkeit). Wirtschaftlich handelt es sich um sogenanntes Mezzanine-Kapital (eine Mischform zwischen Eigen- und Fremdkapital). Unter bestimmten Voraussetzungen – langfristige Kapitalüberlassung, Verlustbeteiligung, Nachrangigkeit – kann die stille Einlage jedoch bei der Überschuldungsprüfung wie Eigenkapital behandelt werden (Stichwort: qualifiziertes Nachrangkapital, vgl. § 19 InsO). Für das Startup kann eine stille Beteiligung daher die Bonität verbessern, ohne die formale Eigenkapitalquote (im engeren Sinne) zu erhöhen.
- Keine unmittelbare Verwässerung der Stimmrechte: Da der Stille formal kein Gesellschafter wird, behalten die bestehenden Anteilseigner ihre Stimm- und Kontrollrechte unverändert. Allerdings mindert natürlich die Gewinnbeteiligung des Stillen den Anteil am Gewinn, der den übrigen Gesellschaftern verbleibt. Im Erfolgsfall „teilen“ sich die Gründer also das Erwirtschaftete mit dem stillen Investor, aber sie teilen nicht die Macht im Unternehmen.
Für Investoren ist die stille Beteiligung interessant, wenn sie zwar am wirtschaftlichen Erfolg partizipieren möchten, jedoch kein operatives Engagement oder offizielles Mitspracherecht anstreben. Stille Gesellschafter können beispielsweise vermögende Privatpersonen sein, die Vertrauen in das Gründerteam haben und Rendite suchen, ohne selbst unternehmerisch aktiv zu werden. Auch institutionelle Investoren nutzen stille Beteiligungen, etwa zur Bilanzstrukturierung, da sie als Fremdkapital gelten (und beispielsweise keine Mitgesellschafter ausgeschlossen werden müssen).
Aus rechtlicher Sicht ist beim Aufsetzen einer stillen Beteiligung darauf zu achten, dass alle entscheidenden Punkte klar vertraglich geregelt sind: Gewinnermittlung und -ausschüttung, Informationsrechte, Dauer und Kündigungsmöglichkeiten, Umgang mit Verlusten, und Exit-Szenarien (z. B. was passiert mit der stillen Einlage, wenn das Unternehmen verkauft wird oder an die Börse geht). Zudem dürfen die Regelungen nicht dazu führen, dass der Stille doch wie ein echter Gesellschafter wirkt – sonst könnte es im Außenverhältnis zu einer abweichenden rechtlichen Einordnung kommen (z.B. Gefahr einer Scheingesellschaft). Ein gut ausformulierter stiller Gesellschaftsvertrag verhindert solche Unklarheiten.
Wichtig: Wenn eine stille Beteiligung nicht als Einzelfalllösung für einen Investor, sondern im größeren Stil (an eine Vielzahl von Anlegern) angeboten wird, greift das Kapitalmarktrecht. Eine öffentlich angebotene stille Beteiligung gilt als Vermögensanlage und kann prospektpflichtig sein (siehe Abschnitt „Prospektpflichtige Kapitalanlagen“). Die meisten Startup-Finanzierungen nutzen stille Beteiligungen jedoch in Form individueller Verträge mit wenigen ausgewählten Investoren, sodass diese Thematik beherrschbar bleibt.
Partiarisches Darlehen
Eine Alternative oder ein Zwischending zwischen Eigenkapital und klassischem Kredit ist das partiarische Darlehen. “Partiarisch” bedeutet, dass der Zins variable, nämlich vom Geschäftserfolg abhängig ist (lat. partiar = teilen, gemeint ist die Teilhabe am Gewinn). Rechtlich ist ein partiarisches Darlehen zunächst ein normaler Darlehensvertrag nach § 488 BGB: Der Investor (Darlehensgeber) gibt dem Startup (Darlehensnehmer) einen Geldbetrag, der grundsätzlich zurückgezahlt werden muss. Der Clou ist jedoch, dass als Entgelt kein fester Zins vereinbart wird, sondern eine Gewinnbeteiligung.
Charakteristika eines partiarischen Darlehens:
- Erfolgsabhängige Verzinsung: Der Darlehensgeber erhält als Gegenleistung für sein Kapital typischerweise einen prozentualen Anteil am Gewinn oder Umsatz des Unternehmens, statt eines festen Zinssatzes. Beispiel: „Der Darlehensgeber erhält jährlich 10% des Jahresüberschusses vor Steuern als Zins.“ In Jahren ohne Gewinn erhält er ggf. nichts (kein fester Mindestzins). Diese Vereinbarung bindet Investor und Unternehmer zusammen – der Investor profitiert vom Erfolg, trägt aber auch ein Stück weit das Risiko der Erfolglosigkeit, zumindest was die Rendite angeht.
- Rückzahlungspflicht: Im Unterschied zu einer stillen Beteiligung, bei der das Kapital auf unbestimmte Zeit im Unternehmen verbleiben kann, steht beim Darlehen die Rückzahlung der Darlehenssumme grundsätzlich fest (meist am Ende der Laufzeit oder nach Kündigung). Das Startup geht also die Verpflichtung ein, das erhaltene Kapital zu einem späteren Zeitpunkt wieder auszuzahlen. Dies kann z. B. nach einer festen Laufzeit von X Jahren sein oder an ein Ereignis geknüpft (z. B. Rückzahlung bei Erreichen bestimmter Finanzierungsrunden oder bei Eintritt in den profitablen Bereich).
- Keine Gesellschaftsrechte: Der Darlehensgeber wird nicht Gesellschafter und hat daher weder Stimmrechte noch Eigentumsrechte am Unternehmen. Sein Einfluss beschränkt sich auf vertraglich vereinbarte Zusagen. Es ist aber üblich, dem Darlehensgeber bestimmte Informationsrechte einzuräumen, damit er die Entwicklung verfolgen kann (vergleichbar wie ein stiller Beteiligter oder Gesellschafter). Manchmal werden auch Klauseln eingefügt, die das Unternehmen verpflichten, ohne Zustimmung des Darlehensgebers keine riskanten Veränderungen vorzunehmen (sogenannte negative covenants), z. B. keine Aufnahme weiterer Darlehen in gleicher Ranghöhe, keine Ausschüttung von Gewinnen an Gesellschafter bevor das Darlehen bedient ist etc. Diese sollen das Investment schützen, kommen aber in kleineren Startup-Konstellationen seltener vor als bei Bankkrediten.
- Nachrang und qualifizierter Rangrücktritt: Partiarische Darlehen werden häufig als Nachrangdarlehen ausgestaltet. Das bedeutet, der Darlehensgeber tritt im Insolvenzfall oder bei Liquidation mit seinen Rückzahlungsansprüchen hinter alle anderen (nicht nachrangigen) Gläubiger zurück. Diese Vereinbarung – schriftlich klar festzuhalten – führt dazu, dass das Darlehen bilanziell und insolvenzrechtlich eigenkapitalähnlich wird. Bei einem qualifizierten Nachrang erklärt der Darlehensgeber zusätzlich, dass er keine Rückzahlung verlangt, solange diese einen Insolvenzgrund für das Unternehmen auslösen würde (Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit). Solch ein qualifizierter Rangrücktritt ist wichtig, um insolvenzrechtlich als eigenkapitalersetzend eingestuft zu werden. Für den Investor heißt das: Er kann seine Forderung nicht geltend machen, wenn dadurch das Unternehmen in die Pleite rutschen würde – faktisch verzichtet er bis zur Gesundung des Unternehmens auf sein Geld.
- Exit-Klauseln (Bonuszins): In Startup-Darlehensverträgen findet man oft spezielle Vereinbarungen für den Exit-Fall. Sollte das Unternehmen während der Darlehenslaufzeit verkauft werden (Trade Sale) oder an die Börse gehen oder eine sonstige Bewertungssprung-Transaktion stattfinden, erhält der Darlehensgeber zusätzlich zu seiner Gewinnbeteiligung einen einmaligen Bonus (auch „Kicker“ genannt). Zum Beispiel: „Im Falle eines Verkaufs der Gesellschaft vor vollständiger Rückzahlung des Darlehens erhält der Darlehensgeber zusätzlich 2% des Veräußerungserlöses.“ Dadurch partizipiert er an der Wertsteigerung ähnlich einem Eigenkapitalgeber, was den an sich festgelegten Rückzahlungsanspruch ergänzt. Dies motiviert den Investor und kann als Kompensation dafür dienen, dass er keine Anteile hält, die im Exitfall an Wert gewinnen würden.
Vorteile für das Startup: Das partiarische Darlehen bietet Kapitalzufuhr ohne Stimmrechtsabgabe. Zinszahlungen fallen nur an, wenn das Unternehmen erfolgreich ist (was die Liquidität schont in der Anfangszeit). Durch Nachrangklauseln zählt es wirtschaftlich zum sog. wirtschaftlichen Eigenkapital, was die Bonität aus Sicht anderer Gläubiger erhöhen kann. Es kann flexibel und schnell vereinbart werden (kein Notar, keine Registereintragung). Auch steuerlich kann es attraktiv sein: Zinszahlungen (hier Gewinnbeteiligungen) sind Betriebsausgaben, während Dividenden an Gesellschafter nicht abzugsfähig wären.
Risiken/Nachteile: Für das Startup besteht die Verpflichtung zur Rückzahlung – irgendwann muss also genügend Liquidität vorhanden sein, um den Darlehensbetrag abzulösen. Das kann in der Wachstumsphase eine Last sein, wenn nicht rechtzeitig neue Eigenkapitalinvestitionen oder Gewinne erwirtschaftet werden. Außerdem kann bei starkem Erfolg die Summe der gewinnabhängigen Zinszahlungen über die Jahre höher sein als ein fester Zins gewesen wäre (das stört aber in der Regel nicht, da dann ja genügend Gewinn vorhanden war – allerdings aus Gründerperspektive „teuer erkauftes“ Kapital).
Für Investoren ist das Ausfallrisiko hoch: Sie stehen im Zweifel ganz hinten, müssen unternehmerisches Risiko tragen, bekommen aber formal keinen Eigentumsanteil. Daher werden partiarische Darlehen oft von Investoren genutzt, die entweder dem Gründer vertrauen, aber (noch) keine Anteile möchten, oder als Zwischenlösung vor einer geplanten späteren Eigenkapitalrunde (um z.B. Zeit zu überbrücken oder eine bestimmte Entwicklung abzuwarten, bevor die Bewertung festgelegt wird).
Rechtlich ist wichtig, sauber zu regeln, wie der Gewinnanteil berechnet wird (damit es später keine Diskussionen gibt, welche Bilanzpositionen einzubeziehen sind), und wie und wann der Darlehensgeber Einblick in die Bücher erhält. Die Nachrangklausel muss eindeutig formuliert sein, um im Insolvenzfall anerkannt zu werden. Zudem darf ein solches Darlehen nicht als verdeckte Einlage gewertet werden – im Kern muss erkennbar sein, dass ein Rückzahlungsanspruch besteht (auch wenn nachrangig), andernfalls könnte man in den Bereich der prospektpflichtigen Vermögensanlagen geraten.
Wie bei der stillen Beteiligung gilt: Wenn ein solches partiarisches Darlehen öffentlich von vielen Anlegern eingesammelt wird (z.B. via Crowdfunding), greift das Vermögensanlagegesetz. Tatsächlich wurden in der Anfangszeit des Crowdinvestings in Deutschland sehr oft partiarische Nachrangdarlehen an die Crowd vergeben, um Prospektpflicht zu umgehen und kein Gesellschaftsbeteiligungschaos zu erzeugen. Dabei bekamen Kleinanleger z.B. 1% vom Gewinn pro 100 € Darlehen plus einen Bonuszins bei Exit. Durch die Schwarmfinanzierungsregeln (§ 2a VermAnlG) ist das heute in Grenzen zulässig (bis 6 Mio. €), aber es sind eben gewisse Formalien (VIB, Anlagegrenzen) einzuhalten.
Zusammenfassung: Das partiarische Darlehen ist ein flexibles Mezzanine-Instrument, das sich in bestimmten Situationen anbietet, etwa wenn kurzfristig Kapital benötigt wird, aber eine reguläre Beteiligung (noch) nicht gewünscht ist. Es überbrückt die Interessen von Investoren und Unternehmen, kann aber keine langfristige Ersatz für echtes Eigenkapital sein, wenn das Startup extrem wachsen will (spätestens bei großen VC-Runden werden Darlehen meist abgelöst und in Eigenkapital umgewandelt, um die Kapitalstruktur zu bereinigen).
Nachrangdarlehen (Mezzanine-Kapital)
Das Konzept des Nachrangdarlehens wurde bereits angeschnitten. Prinzipiell kann jede Darlehensform (partiarisch oder festverzinst) mit einem Nachrang versehen werden. Der Rangrücktritt bewirkt, dass die Forderung im Insolvenzfall oder bei Liquidation erst nach allen anderen Gläubigerforderungen bedient wird. Ein qualifizierter Rangrücktritt – häufig bei Startups vereinbart – bedeutet zusätzlich, dass der Gläubiger auf die Geltendmachung seiner Forderung so lange verzichtet, wie sie einen Insolvenzgrund herbeiführen würde (Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit).
Für Startups sind Nachrangdarlehen insbesondere aus zwei Gründen interessant:
- Eigenkapitalersatz im Insolvenzrecht: Nach dem deutschen Insolvenzrecht (§ 19 InsO) kann ein qualifiziertes Nachrangdarlehen bei der Überschuldungsprüfung als eigenkapitalähnlich behandelt werden. Das Unternehmen gilt also trotz bilanzieller Überschuldung als nicht überschuldet, wenn ausreichend qualifiziert nachrangiges Kapital vorhanden ist, weil diese Schulden im Ernstfall nicht geltend gemacht werden. Das gewährt Unternehmen in Krisen mehr Zeit, ohne Insolvenzantragspflicht agieren zu können. Für junge, noch unrentable Startups kann dies wichtig sein, um nicht wegen buchhalterischer Verluste (z.B. Forschungsaufwendungen) in Schwierigkeiten zu geraten.
- Kein Einlagengeschäft: Würde ein Startup von vielen Personen Geld einsammeln und diesen eine feste Rückzahlung versprechen, läge ein verbotenes Bankgeschäft (Einlagengeschäft) vor, da nur Banken solche Gelder annehmen dürfen (Schutz der Anleger). Durch den Nachrang und den unternehmerischen Charakter (z.B. partiarische Verzinsung) werden solche Darlehen aus dem Begriff der “Einlage” herausgenommen. Deshalb waren Nachrangdarlehen in der Crowdfunding-Szene beliebt: Sie ermöglichten es, von der Crowd Geld zu leihen, ohne Banklizenz, da jeder Investor im Worst Case das Totalverlustrisiko trägt (ähnlich einer Beteiligung).
Ein Startup, das etwa eine neue Produktlinie vorfinanzieren möchte, könnte z.B. über eine Plattform ein Nachrangdarlehen zu 8% Festzins anbieten. Die Investoren wissen, wenn es schiefgeht, sehen sie ihr Geld erst nach allen anderen Gläubigern (wahrscheinlich gar nicht). Solche Konstrukte sind riskant, weshalb der Gesetzgeber wie erwähnt die Summen begrenzt hat und Informationsblätter verlangt.
In bilanztechnischer Hinsicht werden Nachrangdarlehen natürlich als Verbindlichkeit ausgewiesen. Aber bei Ratings oder Bonitätsbetrachtungen werden sie oft dem wirtschaftlichen Eigenkapital zugerechnet. Für weitere Investoren kann es also ein positives Signal sein, wenn Gründer selbst oder Nahestehende dem Unternehmen Nachrangmittel zuführen – es zeigt Vertrauen und polstert das Unternehmen gegen Insolvenzen etwas ab.
Vertragsgestaltung: Ein Nachrangdarlehensvertrag enthält explizit die Rangrücktrittsklausel. Oft wird darin formuliert, dass der Rückzahlungs- und Zinsanspruch des Darlehensgebers “hinter allen gegenwärtigen und zukünftigen nicht nachrangigen Forderungen anderer Gläubiger” zurücktritt. Der qualifizierte Nachrang fügt hinzu: “und solange und soweit die Rückzahlung/Renditezahlung einen Grund zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens herbeiführen würde, besteht kein Anspruch.” Es sollte auch geregelt sein, ob während des Rangrücktritts Zinsen auflaufen (in der Regel nicht, sie verfallen oder werden gestundet) und ob der Nachrang entfällt, sobald das Unternehmen saniert ist.
Praxis: Nachrangdarlehen werden oft von Altgesellschaftern oder Förderinstitutionen gegeben. Beispielsweise wandeln Business Angels manchmal offene Gesellschafterdarlehen in Nachrangdarlehen um, um dem Startup die Möglichkeit zu geben, neues Fremdkapital aufzunehmen (Banken fordern oft, dass Gesellschafterdarlehen nachrangig sind, bevor sie selbst Kredite geben). Oder ein Gründer lässt seine Gewinnansprüche aus einem früheren Unternehmen dem neuen Startup als Nachrangdarlehen zukommen. Auch öffentliche Förderdarlehen (z. B. von Landesförderbanken) haben mitunter Nachrangcharakter, um die Hausbankkredite zu erleichtern.
Für klassische VC-Investoren sind Nachrangdarlehen selten eine Endlösung – sie bevorzugen echte Anteile (mit allen Rechten). Aber bis eine große Runde zustande kommt, können Nachrangdarlehen ein Überbrückungs- oder Ergänzungsmittel sein.
Abgrenzung stille Beteiligung vs. partiarisches Darlehen vs. Nachrangdarlehen: Diese Begriffe überschneiden sich, daher hier eine Klarstellung:
- Ein stiller Gesellschafter kann gewinn- und verlustbeteiligt sein, hat aber keine Rückzahlung seines Kapitals garantiert (er hängt vom Erfolg ab und bekommt bei Verlust ggf. nichts zurück).
- Ein partiarischer Darlehensgeber hat Anspruch auf Rückzahlung seiner Summe, aber kein fester Zins, sondern gewinnabhängig.
- Ein Nachrangdarlehen (qualifiziert) kann sowohl stille Züge haben (bei Verlust wird nicht zurückgezahlt) als auch partiarische Elemente (variable Vergütung). Es zeichnet sich aber primär durch den Rangrücktritt aus, egal ob Zins fest oder variabel.
In der modernen Finanzierungssprache werden alle drei oft unter Mezzanine-Kapital zusammengefasst. Was man wählt, hängt von Feinheiten ab: Steuerlich kann es Unterschiede geben (Gewinnanteile vs. Zinsen), Haftung (der stille trägt Verlustrisiko, der Darlehensgeber eigentlich nicht außer im Insolvenzfall), und Motivation des Geldgebers (will er irgendwann sicher raus oder länger beteiligt bleiben?).
Prospektpflichtige Kapitalanlagen
Sobald Startups über den Rahmen individueller Verhandlungen hinausgehen und öffentliche Angebote an potenziell zahlreiche Investoren machen möchten, stoßen sie an die Grenzen des Kapitalmarktrechts. In Deutschland sind hierbei vor allem das Vermögensanlagegesetz (VermAnlG) und das Wertpapierprospektgesetz/EU-Prospektverordnung relevant.
Typische Fälle, in denen dies tangiert wird:
- Crowdinvesting-Kampagnen, bei denen z.B. 500 Kleinanleger je 1.000 € investieren sollen.
- Öffentlich beworbene Genussrechte, stille Beteiligungen oder Anleihen.
- Token Sales (ICOs/STOs) an die breite Allgemeinheit.
Das Vermögensanlagegesetz betrachtet als Vermögensanlagen unter anderem: Anteile an Personengesellschaften (KG, GbR), stille Beteiligungen, partiarische Darlehen, Nachrangdarlehen, Genussrechte, Namensschuldverschreibungen und sonstige Anlageformen, die eine Verzinsung und Rückzahlung versprechen (außer sie sind Wertpapiere oder Investmentfonds).
Grundsatz der Prospektpflicht: Wer eine solche Vermögensanlage öffentlich anbietet, muss vorher einen Verkaufsprospekt veröffentlichen, der von der BaFin gebilligt wurde (§ 6 VermAnlG). Öffentlich heißt: Das Angebot oder entsprechende Werbung richtet sich an einen nicht individuell begrenzten Personenkreis. Ein Aushang auf einer Website oder eine Pressemitteilung zu einem Investmentangebot ist also öffentlich. Ein persönliches Gespräch oder eine Mail nur an bekannte Investoren hingegen wäre nicht öffentlich.
Ein Verkaufsprospekt ist ein ausführliches Dokument (häufig 50-150 Seiten), das alle Angaben zum Anbieter, zur Anlage, Geschäftsmodell, Risiken, Finanzdaten etc. enthält. Es soll dem Schutz der Anleger dienen, indem es volle Transparenz herstellt. Die BaFin prüft primär Vollständigkeit und Widerspruchsfreiheit, aber nicht die inhaltliche Qualität des Investments.
Die Erstellung eines Prospekts ist kostspielig (ein mittlerer fünfstelliger Betrag mindestens, plus einige Monate Zeit). Für ein typisches Startup in früher Phase lohnt sich das selten. Daher hat der Gesetzgeber verschiedene Ausnahmen vorgesehen, die gerade Startups und KMU helfen sollen:
- Privatplatzierungsausnahme: Angebote, die nicht öffentlich sind, brauchen keinen Prospekt. Man kann also bis zu einer gewissen Grenze selected investors ansprechen. Konkret nennt das VermAnlG, dass es kein öffentliches Angebot ist, wenn man z.B. nur an Leute mit mindestens 100.000 € Anlagebetrag herantritt oder an insgesamt weniger als 20 Anleger (siehe § 2 VermAnlG). In der Praxis heißt das: Ein Startup kann beispielsweise 15 Business Angels je 50.000 € Beteiligung ohne Prospekt ins Boot holen, sofern es diese individuell anspricht (und nicht per Anzeigenkampagne wirbt).
- Bagatellgrenzen (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 VermAnlG): Kein Prospekt nötig, wenn weniger als 20 Anteile angeboten werden oder der Gesamtbetrag aller angebotenen Anteile 100.000 € in 12 Monaten nicht übersteigt oder jeder Anleger mindestens 200.000 € investiert. Diese Bedingungen sind Alternativen – es reicht, eine davon einzuhalten. Für Startups ist meist die 100.000 € Grenze zu klein, aber die „unter 20 Anleger“ Regel ist oft nützlich (das deckt viele Business-Angel-Runden ab). Die 200.000 € pro Investor-Regel zielt auf professionelle Anleger ab, die keiner Prospektpflicht bedürfen.
- Schwarmfinanzierung (Crowdfunding, § 2a VermAnlG): Um Crowdinvesting zu ermöglichen, gibt es eine spezielle Ausnahme: Bei partiarischen Darlehen, Nachrangdarlehen, Genussrechten und bestimmten anderen Anlagen entfällt die Prospektpflicht bis zu einem Gesamtbetrag von 6 Mio. € pro Emittent innerhalb von 12 Monaten, sofern das Angebot über eine entsprechende Internetplattform erfolgt und bestimmte Auflagen eingehalten werden. Diese Auflagen umfassen insbesondere: Erstellung eines Vermögensanlagen-Informationsblatts (VIB), das maximal 3 DIN-A4-Seiten umfasst und in verständlicher Form die Anlage beschreibt; Einreichung dieses VIB bei der BaFin (die es genehmigungsfrei nur “gestattet”); Einhaltung von Anlagebetragsgrenzen je Kleinanleger (normalerweise 1.000 € pro Anleger, höher nur, wenn der Anleger gewisse Einkommens-/Vermögensverhältnisse nachweist oder Selbstauskunft erteilt, maximal 25.000 € bei Vermögenden); Verbot von kombinierten Angeboten (kein gleichzeitiges Crowdfunding und anderes Prospekt-freies Angebot für dasselbe Projekt). Durch diese Regelung können Startups heutzutage rechtssicher Crowdinvesting nutzen, ohne Prospekt, solange sie unter 6 Mio. € bleiben und über eine registrierte Plattform gehen.
- EU-Prospektverordnung und Wertpapiere: Wenn ein Startup statt einer Vermögensanlage ein Wertpapier anbietet (z.B. echte Aktien, Anleihen, oder bestimmte tokenisierte Rechte, die als Wertpapier gelten), greift die EU-Prospektverordnung. Diese hat eigene Schwellen: EU-weit sind öffentliche Angebote unter 1 Mio. € prospektfrei, und die Mitgliedstaaten dürfen zwischen 1 und 8 Mio. € nationale Erleichterungen schaffen. Deutschland hat mit dem Wertpapier-Informationsblatt (WIB) ähnlich wie beim VIB eine Möglichkeit eingeführt: Unter 8 Mio. € kann man ein 10-seitiges Informationsblatt nutzen (mit BaFin-Billigung), statt eines Riesenprospekts. Für Aktien- oder Anleihe-Emissionen kleiner Startups ist das relevant. Allerdings begeben Startups selten Aktien öffentlich, bevor sie groß sind. Das WIB kam eher für Mittelständler-Anleihen zum Tragen.
In Summe bedeutet dies: Will ein Startup viele Investoren ansprechen (z.B. über eine Online-Kampagne), sollte es entweder das Crowdinvesting nutzen oder streng die Grenzen beachten. Überschreitet es diese, muss es rechtzeitig einen Prospekt erstellen lassen. Illegal ohne Prospekt öffentlich Geld einzusammeln, kann gravierende Folgen haben: Die BaFin kann das Angebot untersagen, ein Zwangsgeld verhängen, und die Verträge mit Anlegern wären anfechtbar (Stichwort zivilrechtliches Rückabwicklungsrisiko). Zudem macht man sich unter Umständen haftbar (Prospekthaftung, wenn doch Infos publik gemacht wurden und Anleger vertrauen drauf ohne Prospekt).
Für Gründer heißt das praktisch: In der Frühphase beschränkt man sich besser auf private Finanzierungsrunden. Öffentlichkeitswirksame Aufrufe à la “Investiert alle in unser Startup!” sind tabu ohne Prospekt. Bei Crowdfunding-Projekten geht man über etablierte Plattformen (die ihrerseits den Prozess kennen und die rechtlichen Anforderungen sicherstellen). Und wenn das Geschäftsmodell es irgendwann erfordert, eine breite Öffentlichkeit als Investor zu gewinnen (z.B. bei einer großen Finanzierungsrunde mit vielen Beteiligten, oder wenn man Kunden eine Beteiligung ermöglichen will), muss man im Zweifel den Aufwand eines Prospektes einkalkulieren und entsprechende Experten (Kapitalmarktrechtler) hinzuziehen.
In den letzten Jahren haben manche Startups Umgehungskonstrukte genutzt, etwa die Ausgabe von Genussrechten über die 8 Mio. € via Wertpapier-Info-Blatt, oder den Weg ins Ausland gesucht (zum Beispiel in Luxemburg oder Liechtenstein einen Vehikelprospekt passaportieren). Doch solche Ansätze sind komplex und lohnen meist erst bei höheren Summen.
Zusammenfassend: Das Kapitalmarktrecht schränkt die freie Wahl der Finanzierungsformen etwas ein, wenn Kleinanleger ins Spiel kommen. Wer sich auf professionelle Investoren konzentriert, hat diese Hürde praktisch nicht. Wer jedoch die Crowd oder den freien Markt als Kapitalquelle nutzen will, muss Transparenzpflichten erfüllen. Mit entsprechender Vorbereitung kann das aber auch eine Chance sein – etwa um neben Kapital auch Aufmerksamkeit und Kundenbindung (bei Crowdfunding oft ein Nebeneffekt) zu erzielen. Ein Prospekt kann zudem die Seriosität unterstreichen, da er testiert ist; die Kehrseite sind die Kosten und Haftungsrisiken bei falschen Angaben.
Tokenisierte Beteiligungen via Blockchain
Ein modernes Phänomen der letzten Jahre ist die Tokenisierung von Unternehmensanteilen oder Anlageformen. Dabei werden Rechte der Investoren (z. B. Gewinnansprüche, Stimmrechte oder Schuldverschreibungen) in Form digitaler Token auf einer Blockchain dargestellt. Das bekannteste Beispiel ist das Initial Coin Offering (ICO), bei dem ein Unternehmen eigene digitale Token verkauft, um Kapital zu erhalten. Je nach Ausgestaltung können solche Token als reine Nutzungsrechte (Utility Token) oder als Investment (Security Token) ausgestaltet sein.
Aus rechtlicher Sicht ist entscheidend, dass ein Token zwar technisch neuartig ist, ökonomisch aber meist einem bereits bekannten Finanzinstrument entspricht. Das hat zur Folge, dass – je nach Einordnung – die gleichen Vorschriften wie bei herkömmlichen Anlageprodukten gelten können.
Security Token (Wertpapier-Token)
Verbrieft ein Token Mitgliedschaftsrechte (ähnlich Aktien), Schuldverschreibungen (Rückzahlungsanspruch und Zins) oder Genussrechte, behandelt die BaFin diesen wie das jeweilige traditionelle Instrument. Das bedeutet insbesondere Folgendes:
- Prospektpflicht: Handelt es sich bei dem Security Token um ein öffentlich angebotenes Wertpapier oder eine Vermögensanlage, greifen die Vorgaben der Prospektgesetze (Wertpapierprospektgesetz/EU-Prospektverordnung oder Vermögensanlagengesetz). Ein umfassender Prospekt ist erforderlich, sofern keine der gesetzlichen Ausnahmen (z. B. Privatplatzierung, Kleinanleger-Ausnahme) greift.
- Erlaubnispflichten: Werden Token als Finanzinstrumente eingestuft, können für bestimmte Aktivitäten – etwa Verwahrung, Handel oder Vermittlung – Lizenzanforderungen bestehen, zum Beispiel eine Kryptoverwahrungslizenz oder die Erlaubnis zum Betreiben eines multilateralen Handelssystems (MTF).
- Klassifizierung als Vermögensanlage: Die BaFin hat früh klargestellt, dass ein Token, der Inhabern einen Gewinnanteil an einem Unternehmen zusichert, rechtlich eine Vermögensanlage (etwa in Form eines partiarischen Darlehens oder einer stillen Beteiligung) darstellen kann. Bei öffentlicher Platzierung muss hierfür ein Verkaufsprospekt gebilligt werden.
Utility Token
Gewährt ein Token seinem Käufer lediglich ein Nutzungsrecht am Produkt oder an einer Plattform (z. B. als Gutschein oder Zahlungsmittel für eine künftige Dienstleistung), ohne dass eine Renditeerwartung wie bei einem klassischen Wertpapier besteht, kann er außerhalb der strengen Finanzmarktregulierung liegen. Allerdings ist hier Vorsicht geboten:
- Tatsächliche Nutzung vs. Investmentcharakter: Sobald ein „Utility Token“ überwiegend aus Spekulationsgründen gekauft wird oder in seiner wirtschaftlichen Ausgestaltung stark einem Investment ähnelt (z. B. durch erwartete Wertsteigerung oder Ausschüttungen), wird die Aufsicht ihn eher als Security Token einstufen.
- Klare Darstellung im Whitepaper und Vertrag: Damit ein Utility Token rechtssicher als solcher gelten kann, sollte unmissverständlich dokumentiert sein, dass er dem Käufer einen konkreten Nutzwert vermittelt und keine Gewinnbeteiligung oder vergleichbare Vermögensrechte verknüpft sind.
Rechtsentwicklung: eWpG und MiCA
In Deutschland hat der Gesetzgeber mit dem Gesetz über elektronische Wertpapiere (eWpG) einen ersten Schritt unternommen, um die tokenisierte Ausgabe von Schuldverschreibungen (und perspektivisch auch anderen Wertpapieren) ohne die bisher übliche Urkundenerstellung zu ermöglichen. Auf EU-Ebene soll die neue Markets in Crypto-Assets Regulation (MiCA) für eine einheitliche Regulierung sorgen und Rechtsklarheit schaffen.
Voraussichtlich werden mit MiCA und weiteren Reformen (z. B. Erweiterung des eWpG) auch tokenisierte Aktien besser geregelt. Damit steigt die Chance, dass Gründer und Investoren künftig Security Token Offerings (STOs) rechtssicher umsetzen können – allerdings unter Einhaltung aller aufsichtsrechtlichen Vorgaben (Prospektpflicht, Transparenzanforderungen etc.).
Chancen und Risiken
Vorteile einer tokenisierten Beteiligung liegen in der potenziell schnellen und globalen Ansprache von Investoren, der möglichen Handelbarkeit von Token auf entsprechenden Sekundärmärkten und der innovativen Community-Bindung (z. B. direkte Mitbestimmung durch Token-Inhaber).
Demgegenüber stehen Risiken und Hürden:
- Regulatorische Unsicherheit: Die Einstufung eines Tokens kann sich ändern, wenn dessen Funktionen oder Vermarktungspraxis sich wandeln.
- Erlaubnispflicht und Prospekthaftung: Verstöße gegen die Prospekt- oder Erlaubnispflichten können zu Untersagungen, Geldbußen und Schadensersatzansprüchen führen.
- Internationale Compliance: Ein globales Token-Angebot löst in vielen Staaten jeweils eigene Regulierungsvorschriften aus (z. B. SEC in den USA, BaFin in Deutschland). Das erhöht den Abstimmungsaufwand und die Kosten für Rechtsberatung.
- Technologische Risiken: Smart-Contract-Fehler, Sicherheitslücken oder Marktvolatilität können zu signifikanten Wertverlusten führen und das Vertrauen der Anleger schädigen.
Fazit
Die Blockchain-Technologie eröffnet innovativen Unternehmen neue Wege, um Kapital einzusammeln. Die Tokenisierung ersetzt jedoch keineswegs die gründliche juristische Absicherung und sorgfältige Strukturierung der Finanzierung. Für Gründer, die ein ICO oder STO planen, empfiehlt es sich dringend, spezialisierten Rechtsrat einzuholen und die Prospektpflicht ebenso wie etwaige Lizenzerfordernisse frühzeitig zu prüfen. Eine enge Abstimmung mit den Aufsichtsbehörden und eine transparente Ausgestaltung (z. B. im Whitepaper) sind essenziell, um Rechtsverstöße und spätere Haftungsrisiken zu vermeiden.
Trotz aller Herausforderungen kann die tokenisierte Finanzierung eine ergänzende Option zur klassischen Venture-Capital- oder Privatplatzierungsrunde darstellen – vorausgesetzt, sie wird rechtssicher konzipiert und sinnvoll ins Gesamtkonzept eingebettet. Nur so lassen sich die Potenziale der Blockchain-Technologie nutzen, ohne dabei das Unternehmen aufs Spiel zu setzen.
Exkurs: Abgrenzung und Kombination von Beteiligungsformen
In der Praxis kombinieren Startups mitunter mehrere Finanzierungsinstrumente, um den jeweiligen Bedürfnissen gerecht zu werden. Beispielsweise kann eine Wandelanleihe (Convertible Note) Elemente eines Darlehens mit der Option auf spätere Eigenkapitalbeteiligung verbinden – dies ermöglicht Investoren, zunächst wie Darlehensgeber aufzutreten und später bei Erfolg in Anteile zu tauschen. Solche hybriden Formen sind besonders im internationalen Kontext (z. B. SAFE Agreements im Silicon Valley) beliebt, da sie schnelle Deals ohne sofortige Unternehmensbewertung erlauben.
Juristisch gilt es bei hybriden Verträgen klar festzulegen, wann und wie der Wechsel der Rechtsnatur erfolgt (etwa automatische Umwandlung des Darlehens in Geschäftsanteile bei nächster Kapitalrunde zu definierten Konditionen). In Deutschland müssen GmbHs beispielsweise vorsichtig sein, SAFEs oder Wandeldarlehen so auszugestalten, dass das Bezugsrecht der Altgesellschafter gewahrt bleibt oder wirksam ausgeschlossen wird (um anfechtungsfeste Kapitalerhöhungen durchführen zu können). Ebenso darf ein ESOP (Mitarbeiterbeteiligungsprogramm) – oft als virtuelles Beteiligungsprogramm (VSOP) umgesetzt – sich nicht ungewollt mit Rechten der Investoren überschneiden. Diese Querschnittsthemen zeigen: Die Architektur der Finanzierung will ganzheitlich geplant sein. Jedes zusätzliche Instrument (sei es ein Nachrangdarlehen, ein Token, ein Optionsprogramm) sollte mit Blick auf das große Ganze integriert werden, damit am Ende kein Baustein dem anderen widerspricht.
Nachdem nun die gängigen Modelle und ihre rechtlichen Eckpunkte erläutert sind, wenden wir uns den Unterschieden zwischen deutschem und internationalem Investorenrecht zu, sowie den spezifischen Herausforderungen bestimmter Branchen und Geschäftsmodelle.
Unterschiede zwischen deutschem und internationalem Investorenrecht
Startups mit internationalen Ambitionen oder Investoren stoßen schnell auf unterschiedliche Rechtskulturen und Vorschriften. Zwei wesentliche Bereiche sind hier hervorzuheben: Zum einen die Unterschiede in der aufsichtsrechtlichen Behandlung von Finanzierungen (etwa Anforderungen der BaFin vs. der US-Börsenaufsicht SEC), zum anderen die Unterschiede im Gesellschaftsrecht (deutsche Rechtsformen vs. internationale Corporate-Strukturen). Diese Aspekte beeinflussen, wie Finanzierungsrunden strukturiert und Verträge gestaltet werden.
Aufsichtsrecht: BaFin vs. SEC und Co.
Deutschland (BaFin): Wie oben ausgeführt, legt die BaFin Wert auf Prospektpflicht bei öffentlichen Angeboten und auf Erlaubnispflichten für gewisse Finanzdienstleistungen. Grundsätzlich können Startups in Deutschland frei mit professionellen Investoren verhandeln, solange es keine öffentliche Werbung gibt. Die Prospektpflicht greift primär zum Schutz von Kleinanlegern. Die BaFin agiert hierbei relativ strikt und kann bei Verstößen empfindliche Maßnahmen ergreifen (Bußgelder, Untersagungen). Dennoch hat Deutschland mit den Ausnahmeregeln (20 Anleger, Crowdfunding bis 6 Mio. €) Mechanismen geschaffen, um Startup-Finanzierungen ohne übermäßige Bürokratie zu ermöglichen.
USA (SEC): In den USA ist die Gesetzeslage etwas anders strukturiert: Nach dem Securities Act von 1933 muss jedes Angebot von Wertpapieren registriert (d.h. mit Prospekt bei der SEC hinterlegt) sein, sofern nicht eine Ausnahme (Exemption) greift. Die am häufigsten genutzte Ausnahme ist Regulation D Rule 506(b), welche es erlaubt, unbegrenzte Beträge von akkreditierten Investoren (z. B. vermögende Privatpersonen, professionelle Investmentgesellschaften) einzusammeln, ohne Prospekt, solange kein öffentliches Werben erfolgt. Auch bis zu 35 nicht-akkreditierte Investoren wären zulässig, aber faktisch verzichtet man meist darauf. Eine Variante, Rule 506(c), erlaubt sogar öffentliche Werbung, verlangt aber dann die Überprüfung der Akkreditiertheit jedes Investors. Daneben existiert in den USA eine Crowdfunding-Regel (Reg CF), die ähnlichen Zwecken wie § 2a VermAnlG dient, aber ebenfalls betragsmäßig limitiert ist (aktuell ca. $5 Mio. pro Jahr).
Für ein deutsches Startup mit US-Investoren bedeutet das: Will es US-Anleger (etwa Business Angels aus dem Silicon Valley) beteiligen, muss es darauf achten, in den USA nicht als unregistriertes Angebot dazustehen. Praktisch wird man solche Investoren ebenfalls über eine Reg D-konforme Privatplatzierung einbinden – das heißt, man beschränkt sich auf akkreditierte US-Investoren und sorgt dafür, dass keine allgemeine Werbung in den USA stattfindet. Viele Startup-Finanzierungsrunden nehmen im Subscription Agreement entsprechende Klauseln auf, in denen die Investoren bestätigen, akkreditiert zu sein und dass kein öffentliches Angebot vorliegt.
Ein weiterer Unterschied: Die SEC kennt (anders als die BaFin) kein Konzept wie das Vermögensanlagen-Informationsblatt. Entweder man erstellt einen kompletten Offering Prospectus oder man operiert unter den erwähnten Ausnahmen. Allerdings sind US-Prospekte insbesondere für Börsengänge und SPAC-Deals relevant; im reinen Startup-VC-Bereich werden fast immer die Private Placement-Exemptions genutzt.
Europa und andere Jurisdiktionen: Viele Länder haben eigene Besonderheiten – z. B. der britische Financial Conduct Authority (FCA) Ansatz ähnelt dem europäischen, hat aber z. B. höhere Schwellen für Prospektfreiheit nach dem Brexit. Schweiz hat ebenfalls Prospektpflicht mit Ausnahmen (die weitgehend den EU-Regeln entsprechen). Für international tätige Startups lohnt es sich, eine jurisdiktionsweise Analyse zu machen, wo potenzielle Investoren sitzen und wie man sie regelkonform anspricht.
Erlaubnispflichten: Über Prospekte hinaus gibt es das Thema Lizenzierung: Wer z.B. als Plattform Finanzanlagen vermittelt, braucht in Deutschland eine Lizenz (Finanzanlagenvermittler nach § 34f GewO oder gleich als Wertpapierinstitut). In den USA braucht man Broker-Dealer-Registrierungen. Ein Startup in Eigenregie wird selten selbst zum Finanzdienstleister, aber wenn es z.B. eigene Token international vertreibt, kann es in Graubereiche kommen (wird das als Wertpapierhandel gewertet?). Auch hier differieren die Rechtsordnungen. Die USA betrachten manche Token als Wertpapiere (Securities), die SEC geht aggressiv gegen nicht registrierte Krypto-Börsen und -Emittenten vor. Deutschland hat Krypto spezifisch reguliert (Kryptoverwahrung als Finanzdienstleistung etc.). Insgesamt müssen internationale Finanzierungsprojekte multi-compliant sein, d.h. die strengsten Anforderungen beachten oder den jeweiligen Markt ausschließen.
Zusammengefasst: In Deutschland ist der rechtliche Rahmen für Startup-Finanzierung gut austariert, mit klaren – wenn auch strengen – Linien zwischen privater Runde und öffentlichem Angebot. International müssen Gründer diese Linien für jedes Land kennen. Gerade bei größeren Runden mit internationalen Fonds geschieht dies üblicherweise unter professioneller Begleitung (jeder größere VC-Fonds kennt die SEC-Regeln etc.). Die Herausforderung liegt eher bei innovativen Modellen (wie grenzüberschreitendes Crowdinvesting oder Token Sales), wo man Neuland betritt. Hier sollten Startups nicht versuchen, „unter dem Radar“ zu fliegen, sondern bewusst entscheiden, welche Rechtsordnung maßgeblich sein soll und ggf. Angebote geografisch begrenzen (z. B. US-Personen konsequent ausschließen, um keinen Ärger mit der SEC zu riskieren).
Gesellschaftsrecht: Deutsche Rechtsformen vs. internationale Strukturen
Neben dem Aufsichtsrecht spielt die Rechtsform des Unternehmens eine enorme Rolle dafür, wie Investoren beteiligt werden können. Ein deutscher Gründer startet typischerweise mit einer GmbH oder Unternehmergesellschaft (UG). In den USA hingegen ist der Standard für skalierbare Startups die Delaware C-Corporation. Auch britische Ltd. oder die französische SAS sind Beispiele für ausländische Kapitalgesellschaften mit eigenen Regeln. Diese Unterschiede wirken sich praktisch wie folgt aus:
- Mindestkapital und Gründungsaufwand: Die GmbH erfordert 25.000 € Stammkapital (UG nur 1 €, aber dann ohne volle Rechte einer GmbH). Eine AG sogar 50.000 € und komplexe Gründungsformalitäten. Eine Delaware-Corp kann mit sehr geringem Kapital (z. B. 1.000 autorisierten Aktien à $0.0001 Nennwert) gegründet werden und ist binnen eines Tages registriert. Das geringere Anfangskapital macht US-Gründungen leichter und schneller – daher verlegen manche deutsche Gründer ihren Incubator/Wachstumsvehikel nach Delaware, um Investoren den Einstieg zu erleichtern. Allerdings genießt die GmbH unter deutschen Investoren hohes Vertrauen und ist hierzulande Standard.
- Anteilsübertragungen und Kapitalerhöhungen: Bei der GmbH sind Geschäftsanteile nicht ohne weiteres frei übertragbar – jeder Verkauf bedarf notarielle Beurkundung, und jeder neue Gesellschafter muss in der Gesellschafterliste eingetragen werden. Kapitalerhöhungen benötigen Gesellschafterbeschlüsse (75% Mehrheit) und ebenfalls notariellen Vorgang mit Handelsregisteranmeldung. Das macht häufige Finanzierungsrunden aufwändig. Demgegenüber kann eine Delaware-Corp relativ flexibel neue Aktien ausgeben: Solange es im Rahmen des genehmigten Kapitals liegt, beschließt das Board of Directors die Ausgabe und aktualisiert den Cap Table. Es ist kein Notar oder staatliche Eintragung für jede Änderung nötig (nur jährliche Franchise Tax Meldungen etc.).
Auch die Übertragbarkeit ist unterschiedlich: GmbH-Anteile können vertraglich nur mit Zustimmung übertragen werden (Vinkulierung) oder es gelten satzungsmäßige Vorkaufsrechte; in einer AG/Corp sind Aktien in der Regel frei handelbar (außer es gibt separate Lock-up-Vereinbarungen). Für Startups, die Exit durch Aktienverkauf oder Mitarbeiterbeteiligungen anstreben, kann eine aktienähnliche Struktur vorteilhafter sein. Deshalb erwägen wachsende Startups oft die Rechtsformwechsel (GmbH -> AG) oder den sogenannten Delaware Flip (die Gründung einer US-Holding über der GmbH).
- Vorzugsrechte und Anteilsklassen: Deutsche GmbHs kennen im Gesetz keine Aktienklassen. Es gibt die Möglichkeit, verschiedene Geschäftsanteile mit unterschiedlichen Rechten auszustatten, aber das erfordert sehr detaillierte Satzungsregelungen und führt zu einer unübersichtlichen Struktur. In der Praxis behelfen sich deutsche Startups, indem alle Anteile gleich bleiben und investorenspezifische Rechte über einen Beteiligungsvertrag (Shareholders’ Agreement) gewährt werden. In einer US-Corp ist es üblich, dass Investoren Preferred Stocks erhalten, die per Satzung besondere Rechte genießen (Liquidationspräferenz, Anti-Dilution, Stimmrechtsmehrheiten bei bestimmten Entscheidungen, Dividendenvorzüge etc.). Diese Rechte sind dort im Gesellschaftsrecht fest verankert und teil des Wertpapiers. In einer GmbH hingegen gelten die im Nebenvertrag gegebenen Rechte nur schuldrechtlich zwischen den Parteien. Im Konfliktfall kann das Vollziehen solcher Rechte schwieriger sein (z. B. ein Vetorecht im Vertrag hindert formal nicht, dass im Handelsregister eine Kapitalerhöhung eingetragen wird – es begründet aber Schadenersatz, falls unberechtigt). Mit steigendem Investorenkreis erhöht dies die Komplexität.
- Corporate Governance: Eine GmbH hat ein oder mehrere Geschäftsführer und die Gesellschafterversammlung als Entscheidungsorgan. Es gibt keinen verpflichtenden Aufsichtsrat in kleinen GmbHs. Das heißt, Investoren, die nicht Geschäftsführer werden, bleiben oft auf indirekte Kontrolle angewiesen (Zustimmungsvorbehalte in der Gesellschaftervereinbarung für bestimmte Geschäftsführungsmaßnahmen). In einer AG oder Corp existiert ein Board of Directors/Aufsichtsrat, in dem Investoren Sitze einnehmen können, um unmittelbar an der Überwachung mitzuwirken. Viele internationale Investoren bevorzugen diese klaren Strukturen, da sie ihnen formale Mitsprache sichern. In Reaktion darauf haben manche größere deutsche Startups freiwillig Beiräte installiert oder sind sogar zur AG (Aktiengesellschaft) geworden, um etwa einen Vorstand/Aufsichtsrat einrichten zu können, der mit Investorenvetreten besetzt wird. Die AG bietet rechtlich z. B. auch die Möglichkeit, Vorzugsaktien ohne Stimmrecht auszugeben, oder junge Aktien leichter zu platzieren – deshalb wird die AG-Form oft kurz vor einem Börsengang oder größerer VC-Runde gewählt. Allerdings ist der Verwaltungsaufwand einer AG höher (Hauptversammlungspflichten, Prüfung etc.).
- Minderheitenschutz: In Deutschland verleiht schon ein Anteil von 25% + 1 Aktie in einer GmbH oder AG eine Sperrminorität für satzungsändernde Beschlüsse (weil dafür 75% erforderlich sind). Das heißt, ein großer Investor, der mehr als 25% erhält, kann wichtige Entscheidungen blockieren. In US-Corps gibt es typischerweise keine gesetzliche Sperrminorität; hier werden stattdessen in den Investmentverträgen Protective Provisions definiert, welche Handlungen nur mit Zustimmung der Mehrheit der Preferred-Aktionäre zulässig sind (z. B. Änderung der Satzung, Ausgabe neuer Aktien, Verkauf des Unternehmens etc.). Faktisch läuft beides auf ähnlichen Schutz hinaus, aber das deutsche System gewährt gewisse Rechte automatisch, während im US-System vertraglich stärker differenziert wird (z. B. zwischen verschiedenen Investorenrunden – Series A vs Series B – können unterschiedliche Vetorechte gelten). Für Gründer heißt das: Sie müssen in Deutschland darauf achten, mit einem Großinvestor (25%+) klar abzustimmen, wann er seine Sperrminorität einsetzt. Im US-Fall müssen sie verhandeln, welche Vetos er explizit bekommt.
- Mitarbeiterbeteiligung (ESOP/VSOP): Wie bereits kurz angedeutet, ist die Umsetzung von Mitarbeiterbeteiligungen in einer GmbH schwierig. In den USA kann eine Corporation relativ unkompliziert Stock Options an Mitarbeiter ausgeben, die – wenn ausgeübt – einfach den Cap Table erweitern. In einer deutschen GmbH würde jeder neue Mitarbeiter als Mitgesellschafter aufgenommen, was unpraktikabel ist. Daher greifen deutsche Startups zu virtuellen Beteiligungen (VSOP): Die Mitarbeiter bekommen einen schuldrechtlichen Bonus, der so getan ist, als hielten sie X% der Anteile im Exit-Fall. Diese Konstruktion verwässert die echten Anteile nicht und erfordert keine Änderung im Register. Nachteil: Mitarbeiter haben währenddessen keine echten Gesellschafterrechte und nur ein Versprechen auf Auszahlung. Internationale Investoren akzeptieren VSOPs meist, verlangen aber, dass diese Pools klar definiert sind (etwa 10% virtual pool) und im Exit-Fall vor Verteilung der Kaufpreissumme berücksichtigt werden. In US-Settings ist es üblich, den ESOP bereits vor einer Runde einzurichten, damit Investoren nicht von späteren Verwässerungen betroffen sind. In Deutschland wird der VSOP oft ebenfalls pre-money einkalkuliert, aber die Mechanik ist anders. Für global agierende Teams kann das ein Hürde sein: Sie müssen zwei Systeme parallel managen (für deutsche Mitarbeiter VSOP, für evtl. US-Mitarbeiter echte Optionen via Tochtergesellschaft oder so). Hier ist Weitsicht gefragt – eventuell erwägt man, zu gegebener Zeit eine Muttergesellschaft im Ausland einzuziehen, über die ein einheitliches Aktienoptionsprogramm läuft.
- Steuerliche Aspekte und Exitfähigkeit: Investoren betrachten auch, wie steuereffizient eine Beteiligung ist. Deutschland hat beispielsweise die „Teileinkünfteverfahren“-Besteuerung für Veräußerungsgewinne aus GmbH-Anteilen (60% steuerpflichtig) und bestimmte Hinzurechnungen bei Streubesitzdividenden etc. In den USA greifen wieder andere Regeln. Für ausländische Investoren kann es manchmal sinnvoll sein, dass ein deutsches Startup eine ausländische Holding hat, um z.B. Doppelbesteuerung bei Dividenden zu vermeiden oder im Exit eine klare jurisdiktionszugehörigkeit zu haben (viele VCs haben Klauseln, dass Portfoliofirmen in Delaware sein müssen für einen US-Börsengang). Das erklärt, warum einige der größten deutschen Erfolge letztlich als US-Entitäten endeten (Beispiel: Viele Berliner Startups gründen früh eine Delaware Inc., um im Silicon Valley Geld zu holen). Das sogenannte “Delaware Flip” ist mittlerweile ein bekanntes Vorgehen: Die Anteile der deutschen GmbH werden auf eine neu gegründete US-Corp übertragen, die Investoren steigen in die Corp ein, und die GmbH bleibt als operative Tochter in Deutschland bestehen. Für die Gründer kann dies steuerneutral sein, wenn richtig strukturiert, erfordert aber kompetente steuerliche und rechtliche Beratung. Ebenso ist zu berücksichtigen, dass bei wechselseitigen Auslandsbeziehungen (US-Parent, DE-Sub) die Compliance-Aufwände steigen (zwei Buchhaltungen, Konzernabschlüsse, rechtliche Abstimmung, unterschiedliche Arbeitnehmerrechte für Mitarbeiter in verschiedenen Ländern, etc.).
Zusammengefasst: Das deutsche Gesellschaftsrecht bietet Verlässlichkeit und starken Gläubigerschutz (durch Stammkapital, notarielle Kontrolle), kann aber bei sehr schnell wachsenden, international finanzierten Startups etwas unflexibel sein. Internationale Investoren sind mit ihren heimischen Strukturen vertrauter, weshalb sie nicht selten darauf drängen, dass ein Startup sich diesen anpasst – sei es durch Wahl einer international üblichen Rechtsform oder entsprechende vertragliche Simulation in der GmbH. Gründer sollten diese Unterschiede kennen und früh abwägen: Wenn primär deutsches Kapital kommt, kann man gut mit der GmbH arbeiten. Wenn man jedoch zielt, namhafte US-Investoren oder einen IPO in Übersee zu erreichen, lohnt es sich möglicherweise, rechtzeitig eine entsprechende Struktur aufzusetzen. Dabei sind Kosten und Nutzen abzuwägen; nicht jedes zehnköpfige Startup muss sofort eine duale Holding-Struktur implementieren. Oftmals kann ein erfahrener Rechtsberater aufzeigen, wie weit man mit dem bestehenden Setup kommt und ab welchem Punkt (z. B. Series B Finanzierung mit Beteiligung eines US-Fonds) ein Wechsel anzuraten ist.
Herausforderungen bei der Kapitalbeschaffung für forschungsintensive und international skalierende Startups
Nicht alle Startups sind gleich: Insbesondere Geschäftsmodelle mit hohem Forschungs- und Entwicklungsbedarf sowie solche, die von Anfang an global gedacht sind, stehen vor speziellen Finanzierungsproblemen. Hier müssen juristische und ökonomische Strategien angepasst werden, um passende Investoren zu finden und die Unternehmensziele zu erreichen.
Frühphasige, forschungsintensive Startups (Deep Tech, KI, SaaS)
Startups im Bereich Künstliche Intelligenz, Biotechnologie, Hardware-Entwicklung, Cleantech oder allgemein Deep Tech haben häufig lange Vorlaufzeiten, bis ihr Produkt marktreif und profitabel ist. Das bedeutet:
- Hoher Kapitalbedarf vor Markteintritt: Es müssen oft erhebliche Summen in Entwicklung, Prototypen, Labor, Tests oder Zertifizierungen gesteckt werden, bevor überhaupt Umsätze generiert werden können. Klassisches Beispiel: Ein KI-Startup entwickelt eine neue Machine-Learning-Architektur – es braucht teure Spezialisten, Rechenkapazität und vielleicht Datenpartnerschaften, alles Kosten, aber der zahlende Kunde kommt erst viel später ins Spiel. Solche Startups sind auf frühe Investoren angewiesen, die an die Vision glauben und bereit sind, über Jahre zu finanzieren. In Deutschland springen hier oft öffentlich kofinanzierte Investoren ein (z. B. High-Tech Gründerfonds, der mit staatlichen Mitteln arbeitet, oder strategische Investoren aus der Industrie). Auch Förderprogramme wie EXIST (Gründungsstipendium) oder die Forschungszulage (steuerlicher F&E-Zuschuss) spielen eine Rolle. Gründer sollten systematisch alle Fördermöglichkeiten ausschöpfen: von Landes-Gründerstipendien über EU-Förderprojekte (Horizont Europa) bis hin zu branchenspezifischen Grants (etwa vom BMBF für Biotech). Juristisch ist sicherzustellen, dass die Annahme solcher Fördermittel nicht zu Konflikten mit späteren Investoren führt – etwa müssen Förderauflagen (Nutzung zweckgebunden, Veröffentlichungspflichten etc.) offen gelegt werden und sollten nicht so restriktiv sein, dass sie die Kommerzialisierung behindern.
- IP-Rechte und Patente: In High-Tech-Startups stellt sich unmittelbar die Frage nach Patentschutz und geistigem Eigentum. Einerseits sind Patente für Investoren attraktiv, weil sie Eintrittsbarrieren für Konkurrenten schaffen und das Unternehmen wertvoller machen (Studien belegen, dass patentstarke Startups leichter Kapital erhalten). Andererseits kosten Patente Zeit und Geld, was das junge Unternehmen belasten kann. Hier gilt es, eine IP-Strategie zu entwickeln: Welche Erfindungen melden wir an? Wo (nur national, europäisch, international)? Wie finanzieren wir die Patentierung (gibt es z.B. WIPANO-Patentförderung)? Und ganz wesentlich: Wem gehören die Rechte? – Oft kooperieren Deep-Tech-Startups mit Universitäten oder nutzen Ergebnisse aus vorherigen Forschungsprojekten. Gründer müssen darauf achten, dass alle wesentlichen IP-Rechte beim Unternehmen liegen: Durch Erfinderübertragungsverträge, Klarheit in Kooperationsverträgen mit Hochschulen (Stichwort: Hochschulerfindungen), und Vereinbarungen mit Mitarbeitern/Freiberuflern (jede Codezeile, jeder Prototyp, der fürs Startup geschaffen wird, muss dem Startup rechtlich zustehen). Versäumnisse hier können in Due-Diligence-Prüfungen später zum Dealbreaker werden.
- Langer Atem der Investoren: Ein VC-Fonds hat typischerweise einen Anlagehorizont von 5-10 Jahren. Deep-Tech-Projekte können diesen Rahmen sprengen. Daher kommen hier oft spezialisierte Investoren zum Zug, etwa Corporate Venture Arms (große Konzerne, die strategisch investieren und längere Zeit warten können) oder Family Offices, die nicht an Fonds-Laufzeiten gebunden sind. Auch öffentliche Beteiligungsgesellschaften (wie bspw. der Europäische Innovationsrat EIC Fund) engagieren sich. Für Gründer heißt das, die Investorensuche noch gezielter zu betreiben: Nicht jeder klassische VC ist geeignet, dafür vielleicht neue Finanzierungspfade (eine Kombination aus Subventionen, Angels, strategischen Partnern und einzelnen VC-Investments). Die Vertragsgestaltung kann hier flexibler sein: Strategische Investoren wollen evtl. Exklusivlizenzen oder Vorkaufsrechte auf Ergebnisse – darauf muss man sich vorbereiten und abwägen, ob man solche Rechte gewährt oder lieber reines Finanzkapital sucht.
- Kooperation statt Exit: In forschungsintensiven Bereichen ist der Exit häufig der Verkauf an einen Großkonzern (Trade Sale), weil ein Börsengang in früher Phase unrealistisch ist. Das beeinflusst die Finanzierung: Investoren wissen, dass am Ende wahrscheinlich ein Industriekonzern kauft, evtl. sogar ein bereits involvierter strategischer Partner. Das kann Konflikte bringen, falls ein Investor maximale Bewertung will, der Partner aber günstig übernehmen möchte. Hier hilft transparente Governance: Zum Beispiel offenlegen, wenn es bereits unverbindliche Interessensbekundungen gibt, oder klar regeln, ob ein strategischer Investor später sein Engagement aufstocken darf (Rights of First Refusal für Bestandsinvestoren vs. Drag-Along für einen Verkauf an einen Dritten etc.). Rechtlich müssen solche Szenarien in den Beteiligungsverträgen adressiert werden, damit es im Ernstfall nicht zum Patt zwischen unterschiedlichen Investoreninteressen kommt.
- Regulatorische Unsicherheit: Forschung bedeutet oft auch Neuland im rechtlichen Sinne. Ein Medtech-Startup steht vor Medizinprodukte-Gesetzen, ein KI-Startup muss vielleicht Datenschutz und künftige KI-Regulierung (EU AI Act) im Blick haben. Diese Unwägbarkeiten machen Investoren nervös. Gründer sollten zeigen, dass sie Compliance ernst nehmen: etwa früh eine klinische Beratung einholen, ein Regulatory-Roadmap aufstellen, bei KI die Ethik- und Datenschutzfragen mit Experten adressieren. So kann man Investoren signalisieren, dass die rechtlichen Risiken handhabbar sind.
International skalierende Startups
Für Unternehmen, deren Produkt oder Service von Anfang an auf Global Scaling ausgelegt ist (z. B. eine Social Media-App, ein SaaS-Tool mit weltweitem Zielmarkt, oder ein eCommerce-Marktplatz mit internationaler Community), stellt sich die Finanzierung doppelt herausfordernd: Man benötigt Geld nicht nur zur Produktentwicklung, sondern auch, um parallel mehrere Märkte zu erobern.
Herausforderungen und Lösungen:
- Frühe Expansion vs. Fokus: Investoren sind oft zwiegespalten: Einerseits soll ein Startup schnell international wachsen, andererseits wird zu früher Expansionsdrang auch kritisch gesehen („Focus on your core market first!“). Gründer müssen hier einen überzeugenden Roll-out-Plan präsentieren. Etwa: Erst DACH-Region validieren und Umsatz erzielen, dann mit Series A Finanzierung auf UK und Frankreich ausweiten, später USA mit einem strategischen US-Investor in Series B. Diese Phasen sollten in den Finanzmodellen berücksichtigt sein. Das Timing der Kapitalrunden muss zu den Markteintrittskosten passen. Juristisch relevant: Bei jedem Markteintritt müssen etwa Lizenzverträge, Niederlassungsgründungen, lokale Compliance bedacht werden. Das kostet nicht nur Geld, sondern bedarf vorausschauender Planung (z. B. rechtzeitig Marken anmelden in den Zielmärkten, Domain sichern, lokales Arbeitsrecht verstehen, ggf. Terms of Service an jeweiliges Recht anpassen).
- Internationales Fundraising: Ein weltweit ausgerichtetes Startup wird auch versuchen, internationales Kapital anzuziehen. Das heißt, Pitchdecks auf Englisch, Präsenz in Startup-Hubs (San Francisco, London, Singapur je nach Branche), Teilnahme an Acceleratoren im Ausland etc. Juristisch muss das Startup dann „investor-ready“ nach internationalen Standards sein. Dazu gehört z. B., dass der Cap Table verständlich und clean ist (keine komplizierten stillen Beteiligungen, die ein ausländischer Investor nicht einordnen kann), das IP geklärt ist (sonst schrecken insbesondere US-Investoren schnell zurück), und die Gesellschaftsstruktur gegebenenfalls schon so gestaltet ist, dass ein ausländischer Investor bequem rein investieren kann (siehe oben, evtl. Holding in einem investorenfreundlichen Land). Häufig werden Konvertible Instrumente genutzt, um unterschiedliche Investoren synchronisieren: z. B. investiert ein deutscher Angel per Wandeldarlehen in Euro, ein US-Angel per SAFE in Dollar – beide wandeln dann in der nächsten Equity-Runde zu denselben Konditionen in die jeweiligen Anteile um. Hier müssen die Dokumente so aufgesetzt sein, dass sie zusammenpassen und bei der nächsten Runde kein Chaos entsteht.
- Währungsrisiken und Finanzströme: Ein international operierendes Startup kann Einnahmen in verschiedenen Währungen erzielen und Ausgaben in verschiedenen Ländern haben. Das erfordert eine Finanzplanung, die Wechselkursschwankungen berücksichtigt. Für Investoren, die in einer bestimmten Währung (z.B. Euro) investieren, ist interessant, wie das Unternehmen Währungsrisiken managt. Zwar ist dies eher eine betriebswirtschaftliche Aufgabe, aber es kann auch vertraglich Berücksichtigung finden, etwa dass bestimmte Milestones in EUR definiert werden oder dass bei einer Neuberechnung einer Investmenttranche Wechselkurse adjustiert werden. Zudem muss ein Startup darauf achten, dass Kapitalflüsse zwischen verschiedenen Landesgesellschaften steuerlich sauber gestaltet sind (Transfer Pricing, Lizenzgebühren etc.), was gerade dann relevant wird, wenn Investoren in der Holding sitzen und die Umsätze in den operativen Töchtern anfallen.
- Rechtliche Fragmentierung: Jedes Land bringt eigene Rechtsregeln: Verbraucherschutz, Steuerrecht, gegebenenfalls Meldepflichten (z. B. Register für ausländische Direktinvestitionen). Ein Beispiel: Betreibt ein Startup eine Online-Plattform in den USA, kann es in Kalifornien ab einer Nutzerzahl X dem CCPA (California Consumer Privacy Act) unterliegen; in Europa natürlich der DSGVO; in Brasilien gäbe es die LGPD, usw. Für die Finanzierung bedeutet das, man muss eventuell Geld für juristische Beratung in mehreren Jurisdiktionen einplanen. Investoren werden fragen: „Habt ihr rechtlich alles im Griff, wenn ihr in Land Y startet?“ – eine kluge Antwort wäre, dass man bereits eine international tätige Kanzlei an Bord hat oder eine interne Compliance-Struktur etabliert.
- Struktur des Unternehmens: Für internationale Aktivitäten gründen Startups oft Tochtergesellschaften in wichtigen Märkten (z. B. Inc. in USA als Vertriebseinheit, Ltd. in UK für dortige Kunden). Alternativ arbeitet man mit lokalen Distributoren oder Partnern. Je nach Modell kann das Einfluss auf die Finanzierung haben: Investoren investieren meistens in die Muttergesellschaft; es sollte sicher gestellt sein, dass diese Mutter sämtliche Rechte an den Auslandsaktivitäten hält (z. B. über 100% Töchter oder vertragliche Regelungen mit Partnern). Falls lokale Co-Investoren in einem Markt aufgenommen werden (z. B. ein Joint Venture in Asien mit einem dortigen Investor), braucht es abgestimmte Gesellschafterverträge, damit die Kontrolle über die Gesamtgruppe nicht verloren geht. Solche Strukturen sind hochkomplex und bedürfen intensiver rechtlicher Betreuung. Manche Startups vermeiden das, indem sie zentral von einem Land aus international agieren (z. B. alles über die deutsche GmbH, ohne lokale Einheiten). Das ist einfach in der Struktur, kann aber geschäftlich limitiert sein (Mitarbeiter einstellen im Ausland wird schwer, lokale Kunden wollen vielleicht lokalen Vertragspartner). Investoren bevorzugen in der Regel eine klare, stringente Konzernstruktur, bei der sie wissen: Ihr Geld fließt in die Holding und von dort kontrolliert in alle Märkte, ohne fremde Einflüsse.
- Kulturelle Unterschiede und Investor Relations: Auch die Erwartungshaltung von Investoren kann international variieren. Ein US-Investor könnte aggressiveres Wachstum erwarten („Go big or go home“), während ein deutscher Investor stärker auf Effizienz und frühen Break-even achtet. Wenn beide im Cap Table sitzen, muss das Gründerteam kommunikativ sehr geschickt sein, um ein gemeinsames Verständnis zu schaffen. Im Gesellschaftervertrag können unterschiedliche Vorstellungen über z.B. Liquidation Preferences oder Exit-Timing aufeinandertreffen – hier ist Kompromiss gefragt (vielleicht eine abgestufte Liquidationspräferenz, die sowohl US- als auch EU-Standards genügt). Gutes Stakeholder-Management und transparente Kommunikation helfen, Konflikte gar nicht erst entstehen zu lassen.
Fazit in diesem Bereich: Ein Startup mit globaler Ausrichtung benötigt eine Kapitalstrategie, die so international ist wie sein Geschäftsmodell. Das heißt, Finanzierungsrunden sollten zum Fahrplan der Internationalisierung passen, die Vertragswerke müssen international verträglich sein, und die Unternehmensstruktur muss das Wachstum in mehreren Ländern erlauben. Aus rechtlicher Sicht empfiehlt es sich, früh Standardwerke aufzusetzen, die flexibel genutzt werden können – z. B. ein Master-Beteiligungsvertrag mit modularen Klauseln für verschiedene Investortypen, oder Standardverträge für Vertriebspartner, die in jedem neuen Markt angepasst werden können. So vermeidet man, jedes Mal bei Null anzufangen und schafft Vertrauen bei Investoren, die sehen, dass Professionalität und Skalierbarkeit im Unternehmen verankert sind.
Spezifika der Games- und eSport-Branche in Deutschland
Abschließend werfen wir einen gezielten Blick auf zwei eng verwandte Sektoren, die zwar zur Digitalwirtschaft gehören, aber einige Eigenheiten aufweisen: die Computerspiel-Branche (Games) und der eSport. Beide sind geprägt von rasantem Wachstum und hoher öffentlichen Aufmerksamkeit – doch gerade in Deutschland haben sich spezifische Herausforderungen bei Finanzierung und rechtlichem Rahmen gezeigt.
Investorenklima und Finanzierung in der Games-Branche
Deutschland ist ein großer Markt für Konsum von Videospielen, aber lange Zeit kein einfaches Pflaster für Entwicklerstudios und Games-Startups. Privates Wagniskapital hielt sich zurück. Gründe dafür waren unter anderem:
- Ruf als hit-or-miss Branche: Spieleentwicklung galt als volatil – ein Spiel kann ein Millionenhit oder ein Flop werden. Viele Investoren scheuten dieses Risiko, zumal sie oft wenig Verständnis für Spiele als Produkt hatten (die erforderliche Branchenkompetenz fehlte). Anders in Ländern wie USA, Japan, Südkorea oder Kanada, wo es etliche auf Games spezialisierte Investoren gibt.
- Kleine Szene von Business Angels: Hierzulande gab es nur wenige bekannte Investoren, die in Games-Startups investierten. Einige Ausnahmen wie die Förderbank-invest### Investorenklima im Games-Sektor (Fortsetzung)
Förderbank-finanzierte Fonds sowie einzelne Family Offices sprangen in Einzelfällen ein, doch insgesamt blieb das Venture-Capital-Volumen gering. Viele Studios griffen daher auf Publisher-Modelle zurück: Anstatt Anteile zu verkaufen, finanziert ein Publisher die Entwicklung gegen spätere Umsatzbeteiligungen und abgetretene Verwertungsrechte (IP-Rechte am Spiel). Rechtlich dominieren dann Lizenz- und Produktionsverträge, jedoch kein klassischer Beteiligungsvertrag. Die Folge: Das Studio erhält zwar Geld, ohne Anteile abzugeben, gibt aber unter Umständen die Kontrolle über das Projekt aus der Hand. Für Gründer kann das eine gravierende Einschränkung bedeuten – insbesondere, wenn der Publisher etwa Einfluss auf kreative Entscheidungen nimmt oder Fortsetzungen einer Spieleserie an sich zieht. Es gilt also abzuwägen, ob man diese Form der Finanzierung der Abgabe von Unternehmensanteilen vorzieht.
Um die Situation zu verbessern, hat die Bundesregierung 2019 eine Computerspiele-Förderung des Bundes eingeführt, die seither zahlreiche Projekte mit Zuschüssen unterstützt (inzwischen stehen jährlich rund 50 Millionen Euro bereit). Diese nicht-verwässernde Finanzierung trägt dazu bei, dass mehr Prototypen und Spiele „Made in Germany“ realisiert werden können. Allerdings war die Nachfrage so groß, dass die Mittel zeitweise erschöpft waren (2023 kam es zu einem vorübergehenden Antragsstopp). Die Förderung ist kein Ersatz für privates Kapital, erhöht aber die Attraktivität von Studios für Investoren, da das finanzielle Risiko pro Projekt sinkt und bereits ein Proof of Concept existiert.
Trotz solcher Fortschritte bleibt das Investorenklima hierzulande vorsichtig. Branchenkenner bemerken, dass deutsche Entwickler oft zögern, mit einer bloßen Idee Finanzierung zu suchen, während internationale Konkurrenten mutiger ihre Vision „verkaufen“ und dafür Kapital erhalten. Hier findet langsam ein Wandel statt: Durch erfolgreiche Exits (Verkäufe von deutschen Spiele-Startups ins Ausland) entsteht eine Generation finanzstarker Brancheninsider, die als Business Angels zurückinvestieren. Zudem vernetzt sich die Szene stärker – Initiativen des game-Verbands oder spezielle Investorentreffen (z. B. Gamesweek in Berlin) schaffen Sichtbarkeit.
Für ein Games-Startup in Deutschland bedeutet all das: Eine kluge Finanzierungsstrategie kombiniert verschiedene Bausteine – öffentliche Förderung, Crowdfunding/Community-Support, Publishing-Deals und wo möglich privates Beteiligungskapital. Juristisch muss man darauf achten, die verschiedenen Verträge aufeinander abzustimmen: So dürfen etwa Fördermittel-Bedingungen (z. B. Zweckbindung der Gelder) nicht mit den Rechten eines Publishers kollidieren. Ebenso müssen Gewinn- oder Umsatzbeteiligungen eines Publishers mit eventuellen Ansprüchen von Crowd-Investoren oder stillen Beteiligten vereinbar sein. Sorgfältige Vertragsgestaltung und Abstimmung der Beteiligten sind hier essenziell, um Konflikte zu vermeiden.
Spezielle Herausforderungen im eSport-Bereich
Im eSport-Sektor zeigen sich teils vergleichbare Finanzierungsprobleme. Professionelle eSport-Teams und Ligen benötigen Kapital für Spielergehälter, Infrastruktur und Turnierteilnahmen. Klassische Einnahmen (Sponsoring, Medienrechte, Preisgelder, Merchandising) reichen oft nicht aus, um ein stetiges Wachstum zu finanzieren. Doch viele Investoren zögern, da eSport-Unternehmen schwer zu bewerten sind: Ihre wichtigsten „Assets“ sind die Spieler und die Fan-Community, immaterielle Vermögenswerte wie in der Games-Entwicklung (z. B. eigene IP) gibt es kaum. Zudem ist die rechtliche Anerkennung des eSports noch im Fluss – eSport ist in Deutschland (noch) nicht als Sportart im vereinsrechtlichen Sinne anerkannt. Dadurch fehlen etwa gemeinnützige Strukturen für den Breitensport, was die öffentliche Förderung erschwert und steuerliche Vorteile (wie sie traditionelle Sportvereine genießen) verwehrt.
In den letzten Jahren sind zwar namhafte Investoren und Prominente in eSport-Teams eingestiegen (beispielsweise engagierten sich Fußball-Bundesligavereine zeitweise im eSport, oder es investierten Tech-Unternehmer in eSport-Startups), dennoch bleibt die Szene stark auf Sponsoring und strategische Partnerschaften angewiesen. Die Struktur vieler eSport-Organisationen ähnelt eher Medienunternehmen oder Eventveranstaltern als klassischen Startups. Entsprechend kommen Finanzierungen häufig aus der Medien- und Unterhaltungsbranche oder durch Querfinanzierung bestehender Unternehmen zustande, weniger durch unabhängige Venture-Capital-Fonds.
Rechtliche Neuerungen, wie das 2020 eingeführte eSportler-Visum (das den Zuzug ausländischer Profi-Spieler erleichtert) oder die schrittweise Einbindung von eSport in bestehende Sportfördermechanismen, zeigen, dass sich der Rahmen langsam verbessert. Doch es bestehen weiterhin Unsicherheiten, z. B. bei der arbeitsrechtlichen Einordnung von Spielern (häufig werden sie als Freelancer engagiert, was aber sozialversicherungsrechtlich heikel sein kann) oder im Bereich Compliance (Themen wie Dopingkontrollen, Match-Fixing-Prävention, Jugendschutz bei jungen eSportlern).
Für Investoren sind solche ungeklärten Verhältnisse Risikofaktoren. Gleichzeitig bietet die rasante globale Popularität des eSports enormes Potenzial – die Zahl der Zuschauer und Sponsoring-Mittel steigt weltweit kontinuierlich. Einige speziell auf eSport/Gaming fokussierte Investmentfonds (wie etwa der weltweit aktive BITKRAFT Ventures, gegründet von einem deutschen Branchenpionier) investieren bereits in Startups entlang der Wertschöpfungskette: von Analytik-Plattformen über Coaching-Apps bis zu Turnier-Organisatoren. Diese Entwicklung kommt auch hiesigen Gründern zugute, sofern sie international ausgerichtete Geschäftsmodelle haben.
Ein eSport-Gründer in Deutschland sollte genau prüfen, welche Finanzierungsmethode zu seinem Konzept passt. Oft können strategische Allianzen mit etablierten Sport- oder Medienunternehmen sinnvoller sein als die frühe Jagd nach VC-Geld. Wenn doch Venture Capital angestrebt wird, empfiehlt sich die Ansprache spezialisierter Fonds oder ausländischer Investoren, die die eSport-Ökonomie verstehen. Das rechtliche Fundament muss in jedem Fall solide sein: Verträge mit Spielern sollten sowohl Bindung als auch Ausstiegsklauseln (für Transfers zu anderen Teams) regeln, Lizenzen mit Spiele-Publishern (für Liga-Betrieb) müssen gesichert sein, und Markenrechte (Teamname, Logos) sind zu schützen. Diese Hausaufgaben schaffen Vertrauen und Professionalität – unerlässliche Voraussetzungen, um das anfänglich skeptische Investorenklima zu verbessern.
Fazit
Dieser Artikel hat verdeutlicht, dass juristische Fallstricke und strategische Überlegungen bei Startup-Finanzierungen Hand in Hand gehen. Eine vorausschauende Rechtsplanung ermöglicht es dem Gründerteam, die unternehmerische Freiheit zu bewahren und zugleich Investoren den notwendigen Rahmen für ihr Engagement zu bieten. Es gibt keine Patentlösung, die für alle Startups gleichermaßen gilt – zu unterschiedlich sind Branchen, Geschäftsmodelle und Wachstumspläne. Dennoch lässt sich festhalten: Der beste Zeitpunkt für die Aufnahme von Investoren ist jener, zu dem das Startup aus eigener Stärke sein Potenzial so weit entwickelt hat, dass eine realistische Bewertung und Verhandlungsposition besteht, aber noch rechtzeitig vor dem Eintritt von Engpässen, sodass frisches Kapital effektiv für den nächsten Wachstumsschub eingesetzt werden kann.
Gründer tun gut daran, sich frühzeitig mit den unterschiedlichen Beteiligungsformen vertraut zu machen und kritisch abzuwägen, welche Struktur zu ihren Zielen passt. Ob eine flexible stille Beteiligung, ein erfolgsabhängiges Darlehen, eine klassische Eigenkapitalrunde oder ein innovatives Token-Modell – jede Option hat spezifische rechtliche Konsequenzen für Kontrolle, Haftung, Regulierung und Steuerlast. Ein tieferes Verständnis dieser Mechanismen erlaubt es, im Dialog mit Investoren auf Augenhöhe zu agieren. So können etwa Verwässerungsschutzklauseln oder Vetorechte proaktiv und fair gestaltet werden, anstatt später unangenehme Überraschungen zu erleben.
Besonders beim Sprung in internationale Gewässer – sei es durch ausländische Investoren oder die Erschließung globaler Märkte – sollten Startups die unterschiedlichen Rechtsordnungen berücksichtigen. Die Anforderungen der BaFin und der SEC, die Divergenzen zwischen einer deutschen GmbH und einer Delaware-Corp oder die Vielfalt an lokalen Vorschriften in Zielmärkten bestimmen mit, wie reibungslos ein Unternehmen skalieren kann. Hier zahlt es sich aus, rechtliche Strukturen zu wählen, die perspektivisch Wachstum und weitere Finanzierungsrunden erleichtern. Ein vorausschauender Umbau in eine geeignete Holding oder eine frühzeitige Implementierung internationaler Compliance-Standards kann später kostspielige Umwege ersparen.
Nicht zuletzt zeigt der Blick auf Spezialbranchen wie Games und eSport, dass neben den allgemeinen Regeln stets auch branchenspezifische Faktoren eine Rolle spielen. Erfolgreiche Gründer kennen ihr Ökosystem genau: Sie wissen, wo es Fördermöglichkeiten gibt, welche Gepflogenheiten Investoren in diesem Bereich erwarten und wie man eventuellen Vorbehalten begegnet. Dieses Wissen kombinieren sie mit solider juristischer Absicherung – mit Verträgen, die geistiges Eigentum schützen, Finanzierungsvereinbarungen, die kreativen Spielraum lassen, und Strukturen, die auch bei späteren Exits oder Umstrukturierungen Bestand haben.
Abschließend lässt sich sagen: Recht ist im Startup-Kontext kein lästiges Hindernis, sondern ein Werkzeug, um Wachstum nachhaltig zu gestalten. Wer die juristischen Rahmenbedingungen versteht und geschickt nutzt, verschafft seinem Unternehmen einen Vorsprung im Wettbewerb um Kapital. Die Kunst besteht darin, unternehmerische Vision und rechtliche Realität in Einklang zu bringen. Dazu gehört der Mut, zu verhandeln und zu gestalten – beispielsweise neuartige Finanzierungsformen oder Vertragskonstrukte zu entwickeln – ebenso wie die Weisheit, in komplexen Fragen spezialisierte Beratung hinzuzuziehen. Die Unterstützung durch einen erfahrenen IT-Rechtsanwalt und Startup-Berater kann entscheidend dazu beitragen, Fehler zu vermeiden und langfristig tragfähige Lösungen zu implementieren.
So vorbereitet können Gründer selbstbewusst in Gespräche mit Investoren gehen, in dem Wissen, dass sie ihr Unternehmen sowohl betriebswirtschaftlich attraktiv als auch rechtlich robust präsentieren. Investoren ihrerseits schätzen es, wenn Startups professionelle Strukturen vorweisen und die gemeinsamen Spielregeln klar definiert sind – dies schafft Vertrauen und legt den Grundstein für eine erfolgreiche Partnerschaft.
In Summe ist die Aufnahme von Investoren kein einzelnes Ereignis, sondern ein Prozess, der Planung, Anpassung und Kompromissbereitschaft erfordert. Startups, die diesen Prozess strategisch und juristisch fundiert angehen, erhöhen ihre Chancen, nicht nur Kapital zu erhalten, sondern dieses auch effektiv in nachhaltiges Wachstum umzusetzen. Mit dem richtigen Timing, der passenden Beteiligungsform und einem klaren Verständnis der rechtlichen Rahmenbedingungen wird aus der Herausforderung der Investorensuche eine große Chance – nämlich die, das eigene Unternehmen auf das nächste Level zu heben, ohne die eigene Identität und Kontrolle zu verlieren.