Worum geht es?
Aktuell macht das Gutachten, welches der DOSB in Auftrag gegeben hat, um zu bewerten, ob Esport als Sport angesehen werden kann, eine große Runde in sozialen Medien und den meisten Medienportalen. Die wenigsten, die das Gutachten kritisieren oder auch loben, werden jedoch in der Lage sein, es juristisch zu analysieren; oder es überhaupt kennen. Das möchte ich an dieser Stelle nachholen. Abschließen werde ich die Analyse mit meiner eigenen Meinung und freue mich über Feedback.
Im Rahmen dieses Artikels kann ich natürlich nicht das vollständige Gutachten bis in das letzte Detail erörtern. Dies ist meiner Meinung nach aber auch nicht nötig, denn wie man an meinem Fazit sehen wird, liegt das Problem der Esport-Branche und des DOSB an ganz anderen Stellen: Dem juristisch unsauberen Arbeiten im Rahmen einer eigentlich strikt juristischen Fragestellung.
Einleitung
Das Gutachten des DOSB wurde von Herrn Prof. Dr. Peter Fischer erstellt, Vorsitzender Richter am Bundesfinanzhof a.D., und umfasst immerhin 115 Seiten Text, bei denen auf 322 Fußnoten verwiesen wird. Es stammt vom 10. August 2019. Das Gutachten betrifft ausschließlich die Bewertung, ob Esport als gemeinnützig im Sinne von § 52 Abgabenordnung angesehen werden kann und berührt aus diesem Grund auch, jedoch nicht ausschließlich, die Frage ob Esport als Sport angesehen werden kann. Das Gutachten ist dabei von wechselnder Qualität. Juristisch sauber erarbeitete Passagen wechseln sich ab mit reinen Meinungsäußerungen, die wiederum nicht belegt werden, und die daher in einem Rechtsgutachten, meiner Meinung nach, nicht hineingehören. Dies lässt die Vermutung aufkommen, dass es sich bei dem Gutachten nicht um ein unabhängiges Gutachten handelt, sondern um ein solches, dessen Ergebnis durch den Auftraggeber vorgegeben wurde. Dies schmälert deutlich die Neutralität des Gutachtens, welches es selbst postuliert, um dem DOSB die Deutungshoheit über den Sportbegriff zuzusprechen. Meinungsäußerungen haben nichts in einem Rechtsgutachten verloren, sondern können gerne als private Meinung veröffentlicht werden. Die Bewertung ob Esport, oder eben einzelne Esport-Titel, in Sinne des Gesetzesgebers, unter § 52 AO zu subsumieren sind, ist eine Rechtfrage und grundsätzlich einer „Meinung” nicht zugänglich.
Schlechte Qualität
Dies ist auch daran zu erkennen, dass das Gutachten sich nicht mit den Argumenten der Gegenseite beschäftigt, wie dies, in einem regulären Verfahren am Bundesfinanzhof, notwendig wäre, um ein verfassungsrechtlich haltbares Urteil zu fällen. So werden Argumente beispielsweise der Sporthochschule Köln oder des Instituts für Ludologie von Prof. Junge komplett außer Acht gelassen, wenn es darum geht, ob bei einzelnen Esport-Titeln Bewegung und mit traditionellen Sportarten vergleichbare Aufgaben und „Tugenden“ notwendig sind. Auch wiederholt das Gutachten in seiner Einleitung ein wenig überzeugendes Argument des DOSB aus der Stellungnahme von Anfang des Jahres, das die Kommerzialisierung des Esport und somit eine kapitalgestützte Professionalisierung den Esport aus der „ausschließlich ideellen“ Zweckverwirklichung und des Zweckbetriebs (§ 65, § 67a AO) herausführen würden. So verweist, das Gutachten z.B. darauf, dass die Teilnahme von bezahlten Sportlern an Veranstaltungen grundsätzlich gemeinnützigkeitsschädlich (§ 67a Abs. 3 AO) sei. Dabei verliert sich das Gutachten leider auch in Platituden und versäumt es, wie im übrigen die gesamte Diskussion auf Seiten von Befürwortern und Kritikern, zwischen einzelnen Spielen auf der einen Seite und Breitensport und professionellen Sport auf der anderen Seite zu differenzieren. Auch eine Differenzierung von Gaming und Esport erfolgt nicht.
Was dazu führt….
Tut man dies jedoch nicht, müsste man wohl konsequenter Weise auch jedem Fußballverein die Gemeinnützigkeit versagen. Diese fehlende Differenzierung zieht sich durch das gesamte Gutachten und führt daher auch zu kritischen Tönen bezüglich der Suchtproblematik und des Gamedesigns. Da aber jedes Spiel so unterschiedlich ist, wie es einzelne Sportarten sind, verbietet sich schlicht eine Verallgemeinerung zu diesen Themen, denn einige Spiele mögen Suchtprobleme durch das Gameplay aufweisen, andere sind von dem Problem überhaupt nicht betroffen.
Mein Gutachten wird eine neutrale Analyse versuchen, die weder eine Bejahung noch eine Verneinung des Sportbegriffes im Hinterkopf hat, sondern die Gleichstellung der Jugendkultur Esport im Geiste des Grundgesetzes zu erreichen versucht. Dabei möchte ich keine Seite unnötig kritisieren. Im Prinzip ist dem DOSB gutzuhalten, die – juristische – Diskussion überhaupt anzustoßen.
Grundlage des Gutachtens
Richtig ist jedoch, dass Sport ein Rechtsbegriff ist und damit mit Mitteln der bewährten Rechtstheorien, wie der Auslegung bzw. der Methodenlehre, zu ermitteln ist. Richtig ist auch, dass der Rechtsbegriff durch den nationalen und den europäischen Gesetzgeber und durch die Rechtsprechung im Sinne eines traditionellen Verständnisses des Sports in der Weise festgelegt ist, das er die körperliche Komponente umfasst. Das Gutachten springt sodann jedoch gleich zu dem Ergebnis, dass deswegen jegliches Spiel an der Konsole aus dem rechtlichen Sportbegriff auszugrenzen sei, da die Rechtsordnung – “de lege lata” kein Einfallstor für anderweitige gesellschaftliche Überlegungen enthalte.
Dies entspricht nicht der Realität in zahlreichen als Esport klassifizierten Spielen. Das Gutachten versäumt hier, wie jedoch auch die Diskussion der Befürworter des Sportbegriffes, eine juristisch saubere Einteilung von Esport-Titeln in verschiedene Produkte (siehe dazu mein Fazit zu dieser Analyse).
Richtig ist, dass im europäischen und nationalen Recht aus Gründen der Widerspruchsfreiheit und der inneren Folgerichtigkeit der Rechtsordnung die rechtlichen Vorgaben des Art. 165 AEUV ebenso wie die verfassungsrechtlichen Grundsätze über den Schutz der Menschenwürde und der körperlichen Unversehrtheit in den nationalen Rechtsbegriff der „Förderung der Allgemeinheit“ des § 52 Abs. 1 und 2 Abgabenordnung eingeführt wurde, weswegen der nationale Gesetzgeber den Begriff des Sports anders als die autonomen Sportverbände definieren könnte.
Inhalt
Wie schon erwähnt ist die juristische Bewertung des Gutachtens schwer, da dieses keine Differenzierung vornimmt, sondern auch mit dem Gattungsbegriff Esport (in welcher Schreibweise auch immer) arbeitet. Ich will aber versuchen, einige Kernpunkte zu erwähnen, die für die weitere Diskussion relevant sind. Aus diesem Grund lasse ich auch ca. 20 Seiten des Gutachtens zum Meinungsstand unkommentiert, denn dieser hilft bei der rein juristischen Bewertung nicht weiter. Meinung sollte gerade nicht relevant sein, sondern eine Subsumption unter die Voraussetzungen einer Rechtsnorm erfolgen.
Im Übrigen wird das Dilemma fehlender Differenzierung schon daran klar, dass der Sportbegriff selbst ein Typusbegriff ist. Diese haben allein keine normative Steuerungsfunktion und führen zu einem Subsumtionsleerlauf, wenn
nicht zugleich ein Abgleichen mit dem hinter dem gesetzlichen Tatbestand liegenden
jeweils einschlägigen Bild stattfindet. Hierzu hat kürzlich Prof. Dr. Matties von der Universität Augsburg im Rahmen der ersten Tagung zum Esport-Recht einen sehr guten Vortrag unter Berücksichtigung von Erkenntnissen der juristischen Methodenlehre gehalten.
Da schon die Definition des Sportes selbst schwer ist und sich die Frage stellt, ob Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes oder des Bundesfinanzhofes für die Einteilung relevant sind, ist ein Abgleich und somit Versöhnung zweier Typenbegriffe faktisch unmöglich.
Die Öffnungsklausel
Das Gutachten zeigt im Rahmen von Ausführungen zur Öffnungsklausel des § 52 II 2 AO zahlreiche Unterschiede zwischen Sport und Esport auf, von denen einige nicht vollständig von der Hand zu weisen sind, andere konstruiert erscheinen und beim genauen Blick im klassischen Sport ebenso vorhanden sind und andere von Unkenntnis der Branche geprägt sind.
Nicht von der Hand zu weisen, ist z.B., dass bei Bridge und Schach es ausschließlich Sache des autonomen Sportes ist, der die Spielregeln und die ethischen Normen der Spiele vorgibt und überwacht. In die meisten relevanten Esport-Titel hingegen ist es der Hersteller der Spieler, die Sponsoren, die Ligenbetreiber oder ähnliche Betreiber mit kommerziellen Interessen. Allerdings fallen bei diesen Argumenten dem Gutachten natürlich auch die fehlende Differenzierung auf die Füße. So ist keineswegs jeder Hersteller gleich, bestimmte Produkte ermöglichen auch Turniere vollkommen unabhängig von Herstellerregeln und auch die Ausgestaltung im Breitensport und die kommerzielle Bedeutung ist keineswegs bei allen Esport-Titeln die selbe.
Kostenpflichtige Erweiterungen
In einem weiteren Punkt, nämlich dass die Spiele von den Publishern ständig mit kostenpflichtigen Erweiterungen fortentwickelt werden und die Kosten üblicherweise den Benutzern über monatliche Gebühren weitergegeben werden, offenbart der Gutachter hingegen sowohl Unkenntnis der meisten Spiele als auch Abstraktionsvermögen bezüglich der einzelnen Titel. So werden als Problem auch Lootboxen genannt, die aber für die allermeisten relevanten Esport-Titel wiederum irrelevant sind.
An zahlreichen Stellen wird darauf verweisen, dass die Rechtsprechung, bis hin zum EuGH auf die körperliche Aktivität abstellt. Dies ist nicht von der Hand zu weisen, jedoch stellen sich auch hier sowohl Abgrenzungsfragen zu Aktivitäten wie Schach als auch eine Differenzierung verschiedener Esport-Titel. Ein Problembewusstsein zeigt das Gutachten dabei nicht, ebenso wenig ein Willen (oder den Auftrag) bestimmte Esport-Titel und Profispiele fair zu bewerten oder mit sonstigen Sportarten fair zu vergleichen. Vielmehr wird auf Platituden und Vorurteile zurückgegriffen, woran natürlich auch die fehlende Unterscheidung von „Gaming” und „Esport” schuld ist. Das gilt auch, wenn das Gutachten die schädlichen Aspekte z.B. vom Sitzen vor einer Konsole betrachtet, dabei aber außer Acht lässt, dass auch analoger Sport zahlreiche Verletzungsrisiken und Belastungen von Knochen und Gelenken aufweisen kann.
Selbstlose Förderung?
Auch das Tatbestandmerkmal, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern (§ 52 Abs. 1 Satz 1 AO) geht das Gutachten natürlich sein, denn nach Absatz 1 ist als Förderung der Allgemeinheit u.a. “die Förderung des Sports” anzuerkennen. Ohne zu sehr in die juristischen Details dieser doch sehr schwammigen Tatbestandsvoraussetzung einzugehen, wird dabei natürlich vollständig ausgeblendet, ob die Förderung des Esport durch das Zuerkennen von Gemeinnützigkeit die Gesellschaft auf sonstiger Weise voranbringt, beispielsweise aufgrund von Aspekten der Völkerverständigung, der Stärkung der Medienkompetenz und der digitalen Rezeption von Inhalten, die in den nächsten Jahrzehnten vorherrschen sein wird.
Zugutehalten muss man den Gutachten, und das wird in der Diskussion der letzten Tage vernachlässigt, dass dieses durchaus auch Pro-Argumente für die Anerkennung von Esport aufführt, so die zunehmende Bedeutung als Wirtschaftsfaktor. Das Gutachten kommt dann aber zum Ergebnis, dass das Gemeinnützigkeitsrecht nicht zur Förderung wirtschaftlicher Zwecke instrumentalisiert werde könne. Das Wohlergehen und das Wachstum von Wirtschaftsunternehmen ist laut dem BFH ist kein gemeinnütziger Zweck. Dies ist natürlich verkürzt gedacht, um das Argument einfach abzuwürgen.
Die Medienkompetenz
Auch zur Bildung und Medienkompetenz äußert sich das Gutachten, um sodann auch dieses mit dem Argument abzuwürgen, dass Vereine diese Vorteile im einzelnen Nachweisen müssten; etwas das wohl sicher auch nicht jeder Fußballverein macht.
Über zahlreiche Seiten beschäftigt sich das Gutachten auch mit der Suchtproblematik, ohne freilich bezüglich verschiedener Spiele zu differenzieren und ohne vor allem das reine Gaming vom Esport abzugrenzen; ein Problem, dass vielfältig und der gesamten Diskussion auftritt und hinter der auch viel Halbwissen lauert.
Abschließend bezeichnet das Gutachten es auch als wenig lebensnah, dass Esport-Angebote “neue Wege zur Mitgliederbindung und -gewinnung in einem Verein öffnen”, “Zukunftsaussichten für Sportvereine erschließen” und Beiträge “für mehr Engagement und Partizipation im virtuellen Raum geleistet werden” bieten könnten.
Der reale Sport würde von einer Esport-Abteilung nicht profitieren. Von dem Umstand abgesehen, dass dies kein juristisches Argument für oder gegen Gemeinnützigkeit ist, kann auch die bloße Behauptung des Gutachters nicht überzeugen. Es handelt sich, einmal wieder, um eine Meinungsäußerung und nicht um eine wissenschaftliche Auswertung.
Das Gutachten bietet noch zahlreiche weitere Problemfelder und ist insgesamt sehr umfassend. Insgesamt krankt es jedoch immer wieder an den gleichen Problemfeldern, die ich bereits benannt habe.
Fazit
In meinen Augen kann das Gutachten nicht gut oder schlecht sein, egal wie der konkrete Inhalt ist. Dem Gutachten, wie auch die gesamte Diskussion, mangelt es an Differenzierung und somit dem juristischen Handwerkszeug für ein überzeugendes, und an verfassungsrechtlichen Maßstäben haltbaren, Ergebnis. Der Grund dafür ist, dass es sich nach intensiver Beschäftigung meinerseits mit den Grundlagen des Esports und der juristischen Bedeutung verbietet, überhaupt die Frage zu stellen, ob Esport als Sport betrachtet werden kann. Dies ist schlicht juristisch unmöglich, denn Esport selbst ist mit Sicherheit kein Sport, sondern ein Gattungsbegriff. Es würde auch niemand auf die Idee kommen, die Frage zu stellen, ob Ballsport Sport ist, ob Kartenspiele Sport sind oder ob Rennsport Sport ist. In sämtlichen Fällen des traditionellen Sportes und auch in den mir bekannten Urteilen des Bundesfinanzhofs erfolgt die rein juristische Einordnung anhand der konkreten Tätigkeit, beispielsweise Fußball, Poker, Bridge oder andere Tätigkeiten. Teilweise unterscheiden Gerichte in steuerrechtlichen Fragen sogar zwischen der professionellen und der hobbymäßigen Wahrnehmung der Tätigkeit.
Das Problem des Gattungsbegriffes
Wie soll es sodann möglich sein, ein Gattungsbegriff juristisch sauber, korrekt und gerichtsfest unter eine Norm zu subsumieren, wenn es nicht einmal eine einheitliche Definition des Gattungsbegriffes Esport gibt? Counter-Strike oder Call of Duty ist weder vom Gameplay, vom Handling, von den motorischen Anforderungen oder vom Umgang in Teams, aber auch nicht von den gesellschaftspolitischen Auswirkungen, vom Jugendschutzaspekt, von den Statuten der Spielehersteller oder von der Suchtproblematik mit beispielsweise einem Hearthstone oder einem Clash Royale und natürlich auch nicht mit einem FIFA oder mit einem League of Legends vergleichbar. Nicht einmal Spielgeräte (Konsole vs. PC) sind wirklich vergleichbar. Trotzdem wollen all diese Titel offiziell Esport sein (und sind es auch), und ohne jede Differenzierung als gemeinnützig gelten.
Die fehlende Differenzierung führt jedoch dazu, dass die Kritiker des Esports Argumente und Kritikpunkte überhaupt aufführen können, die in anderen Spielen gar nicht vorhanden sind. Sie führen dazu, dass Hersteller nicht reagieren können, dass Vereine verunsichert und letzten Endes der Gesetzgeber blockiert ist.
Keine Differenzierung
Ohne Differenzierung ist eine juristische Bewertung in diesem Bereich, jedenfalls nach meiner Auffassung, genauso wenig möglich, wie dies bei der Frage der Fall ist, ob ein konkretes Spiel als Glückspiel zu subsumieren ist.
Nichtsdestotrotz bietet das Gutachten sehr viel Zündstoff und auch Argumentationsmaterial für Kritiker der Esport-Branche und für diejenigen, die bei einer formalen Anerkennung sicher eigene finanzielle Einbußen oder Machtverlust in den autonomen Sportverbänden fürchten. Das Gutachten, und es kann davon ausgegangen werden, dass die Ausführungen die politische Diskussion massiv komplizieren und Meinungsbildungen beeinflussen, zumindest aber stark in die Länge ziehen werden. Daher ist auch davon auszugehen, dass dies – und nicht eine saubere juristische Bearbeitung des Themas – die Intention des Auftraggebers war. Es dürfte dem DOSB, aufgrund des Umfangs des Gutachtens, gelungen sein, die Intention zu verwirklichen.
Wie kann man dieses Problem also umgehen?
Ich mag mich wiederholen, aber man sollte auf beiden Seiten juristisch sauber arbeiten. Es ist eine Verständigung darüber nötig, welche Kriterien einer globalisierten und digitalisierten Welt vorliegen müssen, um einen gesellschaftlichen Zweck zu dienen, den die Abgabenordnung und somit der Gesetzgeber fördern will. Dies sind mit Sicherheit auch die im Gutachten erwähnten Aspekte des Jugendschutzes, der Jugendförderung, der Kommerzialisierung, der Unabhängigkeit von Teams und Spieler vom Hersteller, den Umfang und Ausgestaltung der Körperlichkeit und vieler weiterer Punkte. Anhand dieser Kriterien könnte sodann jedes einzelne Esport-Spiel dahin gehend bewertet werden, ob es unter den bereits etablierten Sportbegriff fällt oder ob der Auffangtatbestand des § 52 AO zum Erreichen der Gemeinnützigkeit notwendig ist. Unter Umständen muss dazu auch eine Erweiterung der Abgabenordnung hin zu digitalen Tätigkeiten erfolgen, um zugleich auch andere Tätigkeiten zu umfassen. In rechtstechnischer Hinsicht könnte der Gesetzgeber auch mit einer Fiktion arbeiten, wer er dies bereits mit Schach macht. Daran wären autonome Sportverbände nicht gebunden (allerdings Behörden und Gerichte), Breitensportvereine im Esport würden aber, unter den Bedingungen des sonstigen Rechts der Gemeinnützigkeit, die Möglichkeit zum rechtssicheren Agieren erhalten. Eine solche Erweiterungen des § 52 AO ist unter Umständen auch verfassungsrechtlich geboten.
Der BFH hatte das Thema schon
Dabei kann natürlich Bezug auf den Bundesfinanzhof genommen werden, der bereits entschied:
Eine ‚entsprechende‘ Förderung i.S. des § 52 Abs. 2 Satz 2 AO verlangt, dass der
Zweck die Allgemeinheit in vergleichbarer Weise fördert wie die in § 52 Abs. 2 Satz 1
Nr. 1 bis 25 AO genannten Zwecke. Das Gesetz verlangt keine Zweckidentität, sondern eine Gleichartigkeit (Vergleichbarkeit) der Zwecke. Die Entscheidung über die Gemeinnützigkeit dieses Zwecks ist damit auf der Grundlage der Wertungen des § 52 Abs. 2 Satz 1 AO zu treffen. Dabei muss sich die Entscheidung an Art. 3 Abs. 1 des
Grundgesetzes (GG) messen lassen. Der von der Körperschaft verfolgte Zweck muss
sich folgerichtig in das Förderprogramm des Gesetzes einpassen, wie es in § 52 Abs. 2
Satz 1 AO zum Ausdruck kommt.
Auch beim Turnierbridge hat der BFH letztlich die Öffnungsklausel des § 52 II 2 AO angewendet.
Einzelne Titel könnten somit auch an Argumente der Befürworter gemessen werden, z.B. dass ein bestimmtes Spiel viel mehr Bewegung und Konzentration erfordert, als von Kritikern behauptet wird. Einzelne Vereine könnten sodann auch bestimmte Spiele anbieten und den zuständigen Behörden aufzeigen, dass sehr wohl konkrete Jugendarbeit vorliegt, der Vereinszweck die Anforderung des § 52 AO erfüllt und vieles weiteres. Andere Spiele könnten dann im Rahmen der sonstigen Tätigkeit im Verein erfüllt werden, wobei nur noch der Streit zu beantworten wäre, ob und in welchem Umfang dafür ideelle Mittel des Vereins benutzt werde können.
Der Vorteil an der Differenzierung
Ein solches Vorgehen, auch der Interessenvertreter des Esport, würde eventuell den Sportbegriff opfern, den Beteiligten im Esport jedoch juristisch und somit auch finanziell helfen. Dass bestimmte Titel eventuell, auch mit der gesellschaftlichen Weiterentwicklung, irgendwann doch noch unter den Sportbegriff subsumiert werden können, und somit beispielsweise verschiedenen Förderprogrammen autonomer Sportorganisationen zugänglich sind, ist damit nicht ausgeschlossen.
Der weitere Verzicht auf Differenzierung wird hingegen, trotz des aktuellen Koalitionsvertrages, mit Sicherheit zu weiterer Unsicherheit von Breitensportvereinen im Esport führen und dass sich zwei Parteien unversöhnlich gegenüberstehen. Gedient ist damit sodann weder den Befürwortern der Esport-Branche noch den Kritikern und den ihnen angeschlossenen Vereinen, die ihrerseits den Zugang zu einer sehr relevanten Jugendkultur und somit auch Zustimmung an der eigenen Basis riskieren.
Und daher!
Fehlende Differenzierung und fehlendes sauberes juristisches Arbeiten in dieser Rechtsfrage, werden auch in den nächsten Monaten und Jahren vielmehr zu einer Spaltung der Gesellschaft und nicht zu einer Versöhnung von klassischem Sport mit einem unaufhaltbaren Jugendtrend führen.
Eine zielorientierte, juristisch saubere und politisch sinnbehaftete Diskussion und Lösung würde hingegen beiden Parteien vorteile bringen. Ich jedenfalls freue mich über konstruktives Feedback zu meiner Analyse und weitere Diskussionen zum Thema.