Das OLG Düsseldorf hat in seinem Urteil vom 25.04.2024 entschieden, dass die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) eines Unternehmens bei Offline-Bestellungen durch Verbraucher nicht Vertragsbestandteil werden, wenn lediglich ein Verweis auf die Webseite des Unternehmens erfolgt. Diese Entscheidung hat weitreichende Auswirkungen auf die Gestaltung von Verträgen zwischen Unternehmen und Verbrauchern. Sie unterstreicht die Wichtigkeit, Verbraucher umfassend über die geltenden AGB zu informieren. Das Urteil stellt klar, dass ein bloßer Hinweis auf die Webseite nicht ausreicht, um die AGB wirksam in den Vertrag einzubeziehen. Stattdessen müssen Unternehmen sicherstellen, dass Verbraucher tatsächlich die Möglichkeit haben, die AGB zur Kenntnis zu nehmen. Dies kann beispielsweise durch die Übersendung der AGB per E-Mail oder Post erfolgen. Das Urteil schafft somit mehr Transparenz und Sicherheit für Verbraucher bei Vertragsabschlüssen.
Sachverhalt
Im vorliegenden Fall hatte ein Verbraucher telefonisch einen Vertrag mit einem Unternehmen geschlossen. Während des Telefonats wies der Mitarbeiter des Unternehmens darauf hin, dass die AGB auf der Webseite des Unternehmens einsehbar seien. Der Verbraucher erhielt weder eine Ausfertigung der AGB noch bestätigte er, diese zur Kenntnis genommen zu haben. Dieser Sachverhalt ist typisch für viele Vertragsabschlüsse im Fernabsatz, bei denen der direkte Kontakt zwischen Unternehmen und Verbraucher fehlt. Gerade in solchen Situationen ist es wichtig, dass Verbraucher die Möglichkeit haben, sich umfassend über ihre Rechte und Pflichten zu informieren. Dazu gehört insbesondere die Kenntnisnahme der AGB, die oft wichtige Regelungen zum Vertragsinhalt, zur Haftung und zu Gewährleistungsrechten enthalten. Ohne effektive Möglichkeit zur Kenntnisnahme der AGB besteht die Gefahr, dass Verbraucher Verträge abschließen, ohne sich über die genauen Konditionen im Klaren zu sein.
Entscheidung des OLG Düsseldorf
Das OLG Düsseldorf entschied, dass die AGB des Unternehmens nicht wirksam in den Vertrag einbezogen wurden. Nach § 305 Abs. 2 Nr. 2 BGB müsse der Verwender bei Vertragsschluss außerhalb seiner Geschäftsräume die Möglichkeit verschaffen, in zumutbarer Weise von den AGB Kenntnis zu nehmen. Ein bloßer Hinweis auf die Webseite reiche hierfür nicht aus. Das Gericht begründete seine Entscheidung mit dem Schutzbedürfnis der Verbraucher. Diese seien im Gegensatz zu Unternehmern oft nicht geschäftserfahren und benötigten daher besondere Unterstützung, um ihre Rechte wahrnehmen zu können. Dazu gehöre auch die Möglichkeit, sich umfassend über die Vertragsbedingungen zu informieren. Ein bloßer Hinweis auf die Webseite genüge diesem Anspruch nicht, da nicht davon ausgegangen werden könne, dass alle Verbraucher über einen Internetzugang verfügen oder die Möglichkeit haben, die AGB online abzurufen.Das Gericht betonte, dass an die Einbeziehung von AGB bei Verbrauchern strenge Anforderungen zu stellen seien. Der Unternehmer müsse sicherstellen, dass der Verbraucher tatsächlich die Möglichkeit hatte, die AGB zur Kenntnis zu nehmen. Dies könne beispielsweise durch die Übersendung der AGB per E-Mail oder Post erfolgen. Auch eine ausdrückliche Bestätigung des Verbrauchers, die AGB erhalten und gelesen zu haben, könne als Nachweis dienen. Entscheidend sei, dass der Verbraucher eine reale Möglichkeit habe, sich mit den Vertragsbedingungen auseinanderzusetzen. Nur so könne sichergestellt werden, dass er eine informierte Entscheidung über den Vertragsabschluss treffen kann. Das Urteil stärkt somit die Position der Verbraucher und schafft klare Vorgaben für Unternehmen, die ihre AGB wirksam in Verträge einbeziehen möchten.
Unterschiede zum B2B-Bereich
Im Gegensatz dazu werden an die Einbeziehung von AGB im unternehmerischen Geschäftsverkehr (B2B) deutlich geringere Anforderungen gestellt. Hier kann bereits ein Hinweis auf die Geltung der AGB mit Angabe des Links zur Webseite ausreichen. Dies liegt daran, dass bei Verträgen zwischen Unternehmern von einer größeren Geschäftserfahrung und einem höheren Maß an Professionalität ausgegangen wird. Unternehmer sind es gewohnt, mit AGB umzugehen und wissen, worauf sie achten müssen. Sie verfügen in der Regel auch über die technischen Möglichkeiten, die AGB online abzurufen und zu prüfen. Zudem sind die Vertragsverhandlungen im B2B-Bereich oft individueller gestaltet, sodass die AGB eine geringere Rolle spielen als bei standardisierten Verbraucherverträgen. Dennoch sollten auch im unternehmerischen Geschäftsverkehr die AGB klar und verständlich formuliert sein und die Möglichkeit zur Kenntnisnahme gegeben werden.Der Grund für diese Unterscheidung liegt darin, dass bei Verträgen zwischen Unternehmern von einer Verhandlung “auf Augenhöhe” ausgegangen wird. Unternehmer sind im Gegensatz zu Verbrauchern geschäftlich erfahren und benötigen daher weniger Schutz. Sie können ihre Interessen in der Regel selbst wahrnehmen und sind nicht in gleicher Weise auf gesetzliche Schutzvorschriften angewiesen. Dennoch gilt auch im B2B-Bereich der Grundsatz von Treu und Glauben. Überraschende oder ungewöhnliche Klauseln in AGB können auch zwischen Unternehmern unwirksam sein, wenn sie den Vertragspartner unangemessen benachteiligen. Insgesamt sind die Anforderungen an die Einbeziehung von AGB im B2B-Bereich aber deutlich geringer als im Verhältnis zu Verbrauchern. Dies trägt den unterschiedlichen Schutzbedürfnissen und der größeren Vertragsfreiheit im unternehmerischen Geschäftsverkehr Rechnung.
Praxisrelevanz und Beispiele
Die Entscheidung des OLG Düsseldorf hat weitreichende Auswirkungen auf verschiedenste Branchen, in denen Verträge außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen werden. Neben klassischen Online-Shops und Fernabsatzverträgen betrifft dies auch viele Dienstleistungsunternehmen, die ihre Verträge oft direkt beim Kunden vor Ort abschließen. Ein Beispiel hierfür sind Handwerker, die Reparaturen oder Installationen in den Räumlichkeiten des Kunden durchführen. Auch hier müssen die AGB wirksam einbezogen werden, wenn sie Vertragsbestandteil sein sollen. Ein bloßer Verweis auf die Webseite des Handwerksbetriebs, sei es mündlich oder auf der Rechnung bzw. Auftragsbestätigung, reicht nach der aktuellen Rechtsprechung nicht aus. Stattdessen müssen die AGB dem Kunden in Textform überlassen werden, beispielsweise durch Aushändigung einer Ausfertigung oder Übersendung per E-Mail. Gleiches gilt für andere Dienstleister wie IT-Techniker, Reinigungsfirmen oder Gartenbaubetriebe, die ihre Leistungen ebenfalls häufig beim Kunden erbringen. Auch sie müssen sicherstellen, dass ihre AGB wirksam in den Vertrag einbezogen werden, indem sie dem Kunden eine Möglichkeit zur Kenntnisnahme in Textform verschaffen. Ein weiteres Beispiel sind Verträge, die auf Messen oder Ausstellungen geschlossen werden. Hier reicht es nicht aus, die AGB am Messestand auszulegen oder auf der Anmeldung zu verweisen. Vielmehr müssen die AGB dem Kunden aktiv überlassen werden, beispielsweise durch Aushändigung eines Exemplars oder Zusendung per E-Mail im Nachgang zur Messe. Auch in anderen Branchen wie der Versicherungswirtschaft oder bei Verträgen zur Energielieferung ist die wirksame Einbeziehung von AGB ein wichtiges Thema. Hier kommt es oft zu Vertragsabschlüssen am Telefon oder an der Haustür, bei denen die AGB ebenfalls ordnungsgemäß zur Verfügung gestellt werden müssen. Ein Verweis auf der Police oder der Vertragsbestätigung genügt auch hier nicht. Unternehmen sollten daher ihre Vertriebsprozesse kritisch überprüfen und sicherstellen, dass sie die gesetzlichen Anforderungen an die Einbeziehung von AGB in allen Vertriebskanälen erfüllen. Andernfalls riskieren sie, dass wichtige Vertragsklauseln unwirksam sind und im Streitfall nicht durchgesetzt werden können.
Fazit
Das Urteil des OLG Düsseldorf zeigt, dass Unternehmen bei Vertragsschlüssen mit Verbrauchern außerhalb ihrer Geschäftsräume besondere Sorgfalt walten lassen müssen, wenn sie ihre AGB wirksam einbeziehen wollen. Ein bloßer Verweis auf die eigene Webseite genügt den strengen Anforderungen des § 305 Abs. 2 Nr. 2 BGB nicht. Stattdessen müssen sie sicherstellen, dass der Verbraucher tatsächlich die Möglichkeit hatte, die AGB zur Kenntnis zu nehmen. Dies kann durch die Übersendung der AGB per E-Mail oder Post erfolgen. Auch eine ausdrückliche Bestätigung des Verbrauchers, die AGB erhalten und gelesen zu haben, kann als Nachweis dienen. Unternehmen sollten ihre Prozesse entsprechend anpassen, um Rechtssicherheit zu schaffen und spätere Streitigkeiten zu vermeiden. Verbraucher hingegen können sich darauf verlassen, dass sie bei Offline-Bestellungen nicht an AGB gebunden sind, die ihnen nicht ordnungsgemäß zur Verfügung gestellt wurden.Im B2B-Bereich sind die Hürden dagegen deutlich niedriger. Hier reicht in der Regel bereits die Angabe des Links zu den AGB aus, um diese wirksam in den Vertrag einzubeziehen. Unternehmer sollten sich dennoch vergewissern, dass die AGB klar und verständlich formuliert sind und keine überraschenden Klauseln enthalten. Auch im unternehmerischen Geschäftsverkehr gilt der Grundsatz von Treu und Glauben. Insgesamt zeigt das Urteil des OLG Düsseldorf, dass die Einbeziehung von AGB je nach Vertragspartner unterschiedlichen Anforderungen unterliegt. Unternehmen müssen ihre Prozesse entsprechend anpassen und die Schutzbedürfnisse ihrer Kunden berücksichtigen. Nur so können sie rechtssichere Verträge schließen und langfristig erfolgreich am Markt bestehen.