Der Bundesgerichtshof hat die vollständige Begründung der Adblock II Entscheidung ( I ZR 154/16 ) veröffentlicht. Der Tenor lautete
a) Das Angebot einer Software, die Internetnutzern ermöglicht, beim Abruf mit Werbung finanzierter Internetangebote die Anzeige von Werbung zu unterdrücken, ist keine unlautere zielgerichtete Behinderung im Sinne des § 4 Nr. 4 UWG. Dies gilt auch, wenn das Programm die Freischaltung bestimmter Werbung solcher Werbetreibender vorsieht, die dem Anbieter des Programms hierfür ein Entgelt entrichten.
b) Das Angebot einer Werbeblocker-Software stellt auch keine aggressive geschäftliche Handlung im Sinne des § 4a Abs. 1 UWG gegenüber den Unternehmen dar, die an der Schaltung von Werbung
Der BGH begründet dies mit damit, dass die Software Adblock die Klägerin, den Axel Springer Verlang, nicht in der wirtschaftlichen Entfaltung behindere und der Anbieter von Adblock auch keine Schädigungsabsicht inne hätte.
3. Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass Angebot, Vertrieb und Pflege des Programms A. durch die Beklagten keine zielgerichtete Behinderung gemäß § 4 Nr. 4 UWG (§ 4 Nr. 10 UWG aF) darstellen.
a) Nach der Vorschrift des § 4 Nr. 4 UWG, die mit Wirkung vom 10. Dezember 2015 ohne Änderung in der Sache an die Stelle des § 4 Nr. 10 UWG aF
getreten ist (vgl. BGH, Urteil vom 12. Januar 2017 – I ZR 253/14, GRUR 2017, 397 Rn. 48 = WRP 2017, 434 – World of Warcraft II, mwN), handelt unlauter, wer Mitbewerber gezielt behindert. Eine unlautere Behinderung von Mitbewerbern setzt eine Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltungsmöglichkeiten der Mitbewerber voraus, die über die mit jedem Wettbewerb verbundene
Beeinträchtigung hinausgeht und bestimmte Unlauterkeitsmerkmale aufweist.
Unlauter ist die Beeinträchtigung im Allgemeinen dann, wenn gezielt der Zweck verfolgt wird, Mitbewerber an ihrer Entfaltung zu hindern und sie dadurch zu verdrängen, oder wenn die Behinderung dazu führt, dass die beeinträchtigten Mitbewerber ihre Leistung am Markt durch eigene Anstrengung nicht mehr in angemessener Weise zur Geltung bringen können. Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, lässt sich nur aufgrund einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Interessen der Mitbewerber, Verbraucher und sonstiger Marktteilnehmer sowie der Allgemeinheit beurteilen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 12. März 2015 – I ZR 188/13, GRUR 2015, 607 Rn. 16 = WRP 2015, 714 – Uhrenankauf im Internet; Urteil vom 23. Juni 2016 – I ZR 137/15, GRUR 2017, 92 Rn. 14 = WRP 2017, 46 – Fremdcoupon-Einlösung; BGH,
GRUR 2017, 397 Rn. 49 – World of Warcraft II).
Für mich als Gamesanwalt ist diese Begründung besonders interessant, da der BGH zwar die von mir angestrengte Entscheidung “World of Warcraft II” zitiert, jedoch keine Abgrenzung vornimmt, bzw. Stellung nimmt, wo genau nun der Unterschied zu einer Botsoftware sei. Insbesondere, da, neutral gesprochen, wirklich bezweifelt werden kann, ob Adblock Webseitenbetreiber NICHT schädigt und auch NICHT in ihrer wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit einschränkt.
Dies gilt inbesondere bezüglich dieses Satzes:
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, eine Schädigungsabsicht könne nicht festgestellt werden, weil wirtschaftliche Schäden, die Mitbewerber durch Angebote von Konkurrenten erleiden, wettbewerbsimmanent seien und auch keine Vermutung für eine Schädigungsabsicht bestehe.
Dies gilt natürlich ebenso für Botsoftware für Onlinespiele, die umso erfolgreicher angeboten werden können, je erfolgreicher das Onlinespiel selber ist.
Gleiches gilt für die Feststellung des BGH:
Nicht anders als in den Fällen der Werbebehinderung (vgl. BGH, GRUR 2017, 92 Rn. 21 – FremdcouponEinlösung) stellt eine Beeinträchtigung, die sich erst aufgrund der freien Entscheidung eines weiteren Marktteilnehmers ergibt, grundsätzlich keine unlautere Behinderung dar.
Auch in Fällen der Nutzung von Botsoftware tritt eine autononome Entscheidung eines dritten Marktteilnehmers, nämlich des Nutzer der Botsoftware, dazwischen.
Ein Unterschied zu der Entscheidung World of Warcraft II ist die mögliche Unterlaufung einer Schutzvorkehr.
Unlauter ist regelmäßig auch die Bereitstellung eines Produkts, das auf das Produkt eines Mitbewerbers einwirkt, wenn dabei eine Schutzvorkehrung unterlaufen wird, die eine solche Einwirkung auf das Produkt
verhindern soll (vgl. BGH, Urteil vom 22. Juni 2011 – I ZR 159/10, GRUR 2011, 1018 Rn. 67 bis 70 = WRP 2011, 1469 – Automobil-Onlinebörse; GRUR 2014, 785 Rn. 37 – Flugvermittlung im Internet; GRUR 2017, 397 Rn. 68 – World of Warcraft II).
Die vollständige Begründung findet man hier (BGH – I ZR 154-16 – Werbeblocker II). Die weitere Abgrenzung zu ähnlichen Fällen und Geschäftsmodellen und somit die Weiterentwicklung des Behinderungstatbestandes, dürfte in den nächsten Jahren sehr spannend bleiben.