Gestern habe ich meinen Kommentar zur aktuellen Entscheidung des DOSB veröffentlicht.
In den Nachrichten und in den sozialen Medien gab es tatsächlich überwiegend gute Kritik für den Inhalt, aber auch einige Fragen und Kritikpunkte.
Da die Diskussion zu dem Thema auf Twitter weitergeht, möchte ich ein paar Punkte hinzufügen und gleichzeitig ein paar Fragen klären, die viele Menschen in der Branche interessieren könnten.
- Nein, der DOSB entscheidet nicht, was Esport ist.
Das tut im Prinzip die Gesellschaft und letztlich entscheidet die Politik oder der Gesetzgeber und die Gerichte.
So bezieht sich beispielsweise § 22 der Verordnung über die Beschäftigung von Ausländern (Beschäftigungsverordnung – BeschV) gar nicht auf den Sport, sondern auf “Personen, einschließlich ihrer Hilfskräfte, die unter Beibehaltung ihres gewöhnlichen Aufenthalts im Ausland an Vorträgen oder an Darbietungen von besonderem wissenschaftlichem oder künstlerischem Wert oder an Aufführungstätigkeiten im Inland teilnehmen, wenn die Dauer der Tätigkeit innerhalb eines Zeitraums von 12 Monaten 90 Tage nicht überschreitet,[…]”.
Ein gutes Beispiel dafür ist, dass es für esports-Spieler in Deutschland jetzt einfacher (wenn auch nicht leicht) ist, ein Visum in Deutschland zu erhalten.
Das Auswärtige Amt hat vor kurzem eine Verwaltungsanweisung erlassen, die es eSports-Spielern aus Drittstaaten ermöglicht, in einem vereinfachten Verfahren für die Teilnahme an Turnieren, aber auch für Test- und Auswahlspiele, für kurze Zeit nach Deutschland einzureisen und sich dabei von der notwendigen Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit befreien zu lassen. - Ich habe vom DOSB selbst die Rückmeldung erhalten, mein Kommentar würde die Sache falsch einordnen, ja ich hätte nicht 100& richtig gelegen, denn die Profiligen wären auch außerhalb des DOSB.
Allerdings konnte ich die Kritik nicht verstehen, denn hier liegt wohl ein großes Missverständnis vor.
Wie ich eigentlich am Ende meines Kommentars ausdrücklich gesagt habe, bin ich der Meinung, dass kein Esport-Verband, sei es der game e.V. oder der ESBD, unbedingt Mitglied im DOSB sein muss.
Esport hat das nicht wirklich nötig.
Er ist in der Tat allein in der Lage, Strukturen aufzubauen.
Im Moment braucht er allerdings noch etwas Hilfe aus der Politik.
Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass ich das Argument, der Esport sei nicht akzeptabel, weil er auf kommerziellen Interessen beruhe, für falsch halte.
Das ist einfach nicht wahr oder es gibt einfach keinen Unterschied zu anderen großen Sportarten.
Im Esport gibt es Unternehmen, Ligen und Teams, die die Wirtschaftlichkeit ihres eigenen Handelns in den Vordergrund stellen.
Das ist richtig und auch wichtig.
Aber das Gleiche gilt auch für den Fußball.
Es gibt Sponsoren, Ligen und Vermarkter.
Dennoch würde niemand beim DOSB auf die Idee kommen, dem Fußball als solchem mit dem Argument des Kommerzes den Sportstatus abzusprechen.
Der Denkfehler ist besonders auffällig, wenn man sich den ESBD e.
V. Als Ziel des Vereins, die “Förderung des eSports.
eSports im Sinne von Der Zweck der Satzung ist das sportlich-kompetitive Spielen von Video- oder Video-Computerspielen, insbesondere auf Computern und Konsolen, nach festgelegten Regeln.” Sonstiges Der Inhalt der Satzung zeigt deutlich, dass es dem ESBD nicht um die kommerzielle Vermarktung von esports oder die Förderung von Wirtschaftsunternehmen geht, sondern um die Unterstützung des Gemeinwohls und die Förderung des esport im Allgemeinen.
Im Esport gibt es also ähnliche Strukturen und Abgrenzungen wie im Fußball zwischen DOSB, DFB oder DFL.
Allerdings heißt es, dass der esport selbst hauptsächlich von kommerziellen Interessen angetrieben wird.
Dass diese Aussage daher entweder nicht richtig oder zumindest nicht “das Ende der Fahnenstange” sein kann, ist eine Formalie. - Es ist schade, dass der DOSB versucht, sich in den sozialen Medien zu verteidigen und dabei das Hauptproblem nicht erkennt, nämlich dass esport ein gesellschaftlicher Trend ist und dass esport (ja, die einzelnen esport-Titel, denn im DOSB wird auch nicht von Ballsportarten gesprochen) daher getrennt von Unternehmen gesehen werden muss.
Esport muss als Trend gesehen werden, als eine Veränderung in der Freizeitgestaltung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die sowohl losgelöst von kommerziellen Ligen als auch verbunden mit kommerziellen Strukturen stattfindet.
Die Tatsache, dass der DOSB diese Unterscheidung und eine saubere Trennung nicht anerkennt oder nicht anerkennen will, führt in der Diskussion gerade dazu, dass die Meinung als das entlarvt oder zumindest als genau das wahrgenommen wird: Angst vor gesellschaftlichen Veränderungen und Unfähigkeit, sich an veränderte Nutzungsmuster und Interessen anzupassen. Letzteres wird sogar dadurch deutlich, dass man die Ausbreitung in den Vereinen verhindern will und offen zugibt, dass einfach nicht genug Mittel vorhanden sind, um sie mit esport zu teilen.
Diese Aussage zeigt für mich am deutlichsten, dass die Meinung des DOSB nicht das ist, was er vorgibt zu sein: “Eine ehrliche Meinung und eine einfache Analyse der Frage, ob esport in den Wertekanon des DOSB passt.”
Vielmehr ist die Stellungnahme – für mich – eine Aussage über die Art und Weise, wie Entscheidungen in traditionellen Verbandsstrukturen getroffen werden und worum es dabei wirklich geht: Geld und Verteilungskämpfe.
Meine Schlussfolgerung bleibt also bestehen:
Chance verpasst.
Ganz gleich, was die ursprüngliche Absicht der Stellungnahme des DOSB war.
Aus der Integration von esports, Streaming-Gewohnheiten und Sport hätte man so viel machen können.
Neue Medien und neue Gewohnheiten hätten sich mit dem klassischen Sport verbinden lassen und junge Menschen hätten sich von beidem inspirieren lassen können.
Was jetzt bleibt, ist ein Scherbenhaufen, zwei Strömungen, die vermeintlich unvereinbar sind und – meiner Meinung nach – ein wachsendes Problem des klassischen Sports im nächsten Jahrzehnt. Es wurde Wortklauberei betrieben und zumindest der Eindruck erweckt, dass Organisationen wie der DOSB nicht auf die Zukunft vorbereitet sind.