In der Coaching-Branche herrschte bislang eine spürbare Unsicherheit, insbesondere im Hinblick auf die Anwendbarkeit des Fernunterrichtsschutzgesetzes (FernUSG) auf B2B-Verträge. Viele Unternehmerinnen und Unternehmer konnten die Argumentation des OLG Hamm, das FernUSG sei auch auf solche Verträge anwendbar, nicht nachvollziehen. Nun bringt ein frisches Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt am Main endlich Klarheit in die Debatte. Das Gericht entschied, dass das FernUSG nicht auf Verträge zwischen zwei Unternehmern anwendbar ist, und widerspricht damit der bisherigen Rechtsauffassung des OLG Celle. Dieses Urteil bietet nun einen wichtigen Ansatzpunkt, um Ansprüche durchzusetzen und die bestehende Unsicherheit zu mindern.
Der Fall
Das Landgericht Frankfurt am Main hat in einem Urteil vom 15.9.2023 (Az. 2-21 O 323/21) eine wichtige Entscheidung getroffen, die das Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG) betrifft. Im Mittelpunkt des Falls stand eine Coaching- und Beratungsgesellschaft, die von einem Kunden auf Rückzahlung einer vereinbarten Vergütung in Höhe von 10.000 Euro aus einem Coachingvertrag in Anspruch genommen wurde. Der Kunde berief sich auf die Nichtigkeit des Vertrags gemäß FernUSG und zitierte dabei ein Urteil des OLG Celle vom 1.3.2023 (Az. 3 U 85/22). Das OLG Celle hatte in einer viel diskutierten Entscheidung festgestellt, dass das FernUSG auch auf B2B-Verträge anwendbar sei, was für erhebliche Unsicherheit in der Branche sorgte. Das Landgericht Frankfurt am Main widerspricht dieser Auffassung nun und bringt damit ein Stück Rechtssicherheit zurück in den Markt.”
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Die Entscheidung
Das Landgericht Frankfurt am Main ging in seiner Urteilsbegründung ausführlich auf die Nichtanwendbarkeit des FernUSG im vorliegenden Fall ein. Es betonte, dass das Gesetz in erster Linie dem Schutz von Verbrauchern dient. Das Gericht verwies auf den eindeutigen Wortlaut der Gesetzesbegründung zum FernUSG, nach dem das Gesetz nur auf Verträge zwischen Verbrauchern und Unternehmern anwendbar ist. Diese klare Positionierung des Landgerichts Frankfurt steht in deutlichem Widerspruch zur Entscheidung des OLG Hamm. Das OLG Hamm hatte in einem ähnlichen Fall das FernUSG als anwendbar auf B2B-Verträge angesehen, was für erhebliche Verwirrung und Unsicherheit in der Geschäftswelt gesorgt hatte. Die Entscheidung des Landgerichts Frankfurt könnte daher als ein wichtiger Schritt zur Klärung dieser rechtlichen Grauzone angesehen werden. Interessanterweise hatte bereits das Kammergericht Berlin im Juni 2023 einen ähnlichen Hinweisbeschluss gegeben, der ebenfalls die Anwendbarkeit des FernUSG auf B2B-Verträge verneinte. Dieser Beschluss stärkt die Position des Landgerichts Frankfurt und könnte ein Indikator für eine sich abzeichnende Rechtsprechungstendenz sein.
Was bedeutet das für die Praxis?
Diese Entscheidung könnte weitreichende Folgen für die Praxis haben. Insbesondere könnte sie dazu führen, dass Unternehmer in ähnlichen Fällen nicht mehr auf das FernUSG als Rechtsgrundlage für die Anfechtung eines Vertrags zurückgreifen können. Das könnte die Rechtssicherheit in B2B-Verträgen erhöhen, aber auch zu einer Verschärfung der Anforderungen an die Vertragsgestaltung führen. Für Coaching-Anbieter, die B2B-Kunden bedienen, ist dies eine besonders gute Nachricht. Sie können nun wohl endlich ihre Ansprüche durchsetzen, ohne das Risiko einzugehen, dass das FernUSG als Stolperstein fungiert. Zwar hat vielleicht irgendwann der Bundesgerichtshof (BGH) noch ein Wörtchen mitzureden, aber der Trend in der Rechtsprechung deutet klar darauf hin, dass das FernUSG keine Anwendung in B2B-Verträgen finden sollte. Dies legt nahe, dass das OLG Celle mit seiner gegenteiligen Auffassung schlichtweg falsch lag. Es könnte sogar sein, dass die Rechtsberater des Coachingunternehmens im Fall vor dem OLG Celle gravierende Fehler gemacht haben könnten, die zu dem irreführenden Urteil führten.
Fazit
Die Entscheidung des OLG Frankfurt könnte einen Wendepunkt in der Anwendbarkeit des FernUSG auf B2B-Verträge darstellen. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Rechtsprechung in diesem Bereich weiterentwickeln wird. Das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main ist bisher nicht rechtskräftig, und es bleibt abzuwarten, ob es in der nächsten Instanz Bestand haben wird.
Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass diese Entscheidung Coaching-Anbieter nicht von der Pflicht entbindet, korrekte Verträge und Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGBs) zu erstellen. Es könnten weiterhin Ansatzpunkte für Anfechtungen oder Rückforderungen geben, beispielsweise wenn die Coachings massiv überteuert sind oder vereinbarte Leistungen nicht erbracht werden. Das FernUSG scheint jedoch zunehmend aus dem Spiel zu sein. In diesem Kontext wird rechtliche Beratung wieder lohnenswerter, da die Unsicherheit, die bisher durch die divergierenden Gerichtsentscheidungen bestand, hoffentlich abnehmen wird