Das Oberlandesgericht Hamm hat entschieden, dass Herstellergarantieerklärungen in Bedienungsanleitungen einen UWG-Unterlassungsanspruch gegen den Einzelhändler begründen können, wenn dieser über die Herstellergarantie bei einem Verkauf über Amazon ungenügend informiert.
Das Problem an dieser Sache war, dass der Onlinehändler zwar nicht explizit mit der Garantie geworben hat (wobei das LG Bochum selbst dies nicht fordert, sie diesen Beitrag), jedoch von der Artikelseite bei Amazon auf die Bedienungsanleitung verlinkt hat.
Im Grundsatz gilt
Nach § 312d Abs. 1 Satz 1 BGB iVm Art, 246a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 EGBGB ist der Unternehmer bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und bei Fernabsatzverträgen u.a. verpflichtet, den Verbraucher über das Bestehen und die Bedingungen von Garantien zu informieren. Eine gleichlautende Verpflichtung enthält die – allgemein für Verbraucherverträge geltende – Regelung in § 312a Abs. 2 Satz 1 BGB iVm Art. 246 Abs. 1 Nr. 5 EGBGB. Aus § 312a Abs. 2 Satz 3 BGB folgt indes, dass bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und bei Fernabsatzverträgen die Regelung in § 312d Abs. 1 Satz 1 BGB iVm Art. 246a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 EGBGB die speziellere und vorrangige Regelung ist. Gegen diese Regelung hat die Beklagte verstoßen.
und dabei gilt:
aa) Die Regelung in § 312d Abs. 1 Satz 1 BGB iVm Art. 246a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 EGBGB knüpft (allein) an die Existenz einer Garantieerklärung (des Produktverkäufers oder eines Dritten) an (vgl. Senat, Urteil vom 25.08.2016 – 4 U 1/16 – , Rdnr. 58).
Das OLG Hamm schließt sich dann der Meinung des Landgerichts Bochum an:
Eine besondere werbliche Hervorhebung der Garantie ist weder nach dem Wortlaut der Regelung noch nach ihrem Sinn und Zweck, nämlich der möglichst umfassenden Information des Verbrauchers über das Für und Wider eines Vertragsschlusses (vgl. hierzu Senat, Urteil vom 25.08.2016 — 4 U 1/16 – , Rdnr. 57), erforderlich, um den Anwendungsbereich der vorbezeichneten Regelung zu eröffnen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der vorzitierten Entscheidung des Senats: Dort hat der Senat lediglich ausgeführt, dass die Regelung in $ 312d Abs. 1 Satz 1 BGB iVm Art. 246a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 EGBGB auch dann gilt, wenn es sich bei den zu beurteilenden Angaben (nur) um bloße Werbung mit einer Garantie handelt (Senat, Urteil vom 25.08.2016 – 4 U 1/16 – , Rdnr. 56); eine Beschränkung des Anwendungsbereiches der Regelung in § 312d Abs. 1 Satz 1 BGB iVm Art. 246a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 EGBGB auf besondere werbliche Hervorhebungen von Garantien lässt sich den Ausführungen in der genannten Senatsentscheidung nicht entnehmen.
Letztlich drückt sich die Kammer jedoch um eine Entscheidung wie das Landgericht Bochum:
Es kann dahinstehen ob § 312d Abs. 1 Satz 1 BGB iVm Art. 246a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 EGBGB den Verkäufer einer Ware in jedem Falle verpflichtet, aktiv nach dem Bestehen von {Hersteller-)Garantien für die angebotene Ware zu forschen, um seine Kunden sodann näher über diese Garantien informieren zu können. Die Informationspflicht des Verkäufers greift indes nach ihrem Sinn und Zweck jedenfalls dann ein, wenn das Warenangebot – wie im vorliegenden Falle – einen Hinweis (in welcher Form auch immer) auf das Bestehen einer Garantie enthält.
Gegen die Entscheidung ist Revision zum Bundesgerichtshof eingelegt worden (I ZR 241/19). Nachdem die Gerichtsverfahren bzgl. Abmahnungen wegen Herstellergarantien wirklich überhandnehmen, bleibt zu hoffen, dass der BHG ein paar Grundsätze aufstellt, damit Onlinehändler endlich mehr Rechtssicherheit haben.
Wenn das Ergebnis ist, dass der Vertrieb jeder mit einer Herstellergarantie versehenen Ware, bei der die Herstellergarantieerklärung die gesetzlichen Anforderungen nicht erfüllt, unlauter und abmahnbar sein wird, müssen Onlinehändler deutlich vorsichtiger sein, wenn diese ihre Produktbeschreibungen erstellen.