Kurz vor Weihnachten hier Teil 2 meiner Ausführungen zum Esport und die damit in Zusammenhang stehenden Verträge.
Wie angekündigt soll dieser Teil der Serie sich mit professionellen Spielern beschäftigen. In der Vergangenheit war es unüblich, dass Spieler eigene Verträge mit den Clubs, Vereinen bzw. Clans hatten. Ein Großteil der Esportszene bewegte sich im Hobbybereich. Im Höchstfall der Gefühle konnte das Ganze als semiprofessionell bezeichnet werden, weil der Spieler selber eigene Einnahmen über YouTube oder Twitch erzielt haben bzw. weil es unter Umständen eine Vereinbarung gab, dass Gewinne in Turnieren „fair“ geteilt werden würden.
Grundsätzlich gilt bei professionellen Spielern, dass unbedingt ein Vertrag aufgesetzt, verhandelt und unterschrieben werden sollte. Auch wenn dies in zahlreichen Fällen noch nicht üblich ist, so muss man als Jurist dringend davon abraten. Verträge bringen in aller Regel Sicherheit und regeln ein faires Miteinander.
Die folgende Aufzählung soll eine Liste von 10 Problemkreisen darstellen, die ich als Rechtsanwalt wichtig finde, zu diskutieren und zu regeln. Dabei kommt es nicht so sehr darauf an, ob wirklich jedes Problem einzeln geregelt wird. Es können auch Themenkomplexe zusammengefasst werden. Wichtig ist jedoch vor allem, dass man als Spieler Problembewusstsein für Vertragsgestaltung entwickelt – im Zweifel sollte jeder einen Rechtsbeistand kontaktieren. Für eine allgemeinere Zusammenfassung verweise ich dabei auf meinen ersten Artikel zu dem Thema. Unnötige Wiederholungen zu Parteien, Kündigungsfristen und dergleichen erspare ich mir daher in diesem Artikel.
1) Rechte und Pflichten
Geklärt werden sollten grundsätzliche Rechte und Pflichten. Dazu gehören neben dem Spiel, das gespielt wird bzw. für das der Spieler eingesetzt wird, auch seine Aufgaben und sein Zeitaufwand. Ebenso geregelt werden sollten gegebenenfalls Aktivitäten in Social Media Kanälen, Streaming-Plattformen und bei Events. Teilnahmeverpflichtungen bei Turnieren (ob Online oder Offline), samt Details wie Reisekosten, mögliche Krankheit, mögliche technische Störungen und Vorkehrungen, diese zu verhindern, gehören natürlich auch in diesen Abschnitt. Da sich Aufgaben und Organisationen stetig ändern können, sollten auch Änderungsmöglichkeiten, und wie diese vereinbart werden, geregelt werden. Vertragliche Folgen bei Verletzung von Pflichten sind ebenfalls zu zu beachten.
Natürlich sind auch die Rechte von Spielern mindestens genauso wichtig, wobei zwischen allgemeinen Rechten und Vergütung sinnvoller Weise getrennt werden sollte
2) Vergütung
Kommen wir gleich am Anfang zu einem der wichtigsten Aspekte. Wie, wann und von wem wird der Spieler bezahlt. Die Vergütung sollte sich aus einem Festgehalt für die Laufzeit des Vertrages und einem variablen Anteil ergeben. Der variable Anteil errechnet sich sodann in der Regel aus einen Prozentsatz der Werbeeinnahmen der gesamten Organisation, Turniereinnahmen und Sponsorengelder. Ist der Spieler auch noch erfolgreich selber als Streamer tätigt, sollte geregelt werden, wer welche Einnahmen aus den jeweiligen Plattformen erhält. Zur Vergütung gehören in sodann alle Zahlungsmodalitäten. Unter Umständen ist auch zu regeln, was im Falle von Vertragsverletzungen passiert oder wenn der Spieler allgemeinen Verhaltensregeln zu wider handelt oder den Verein in sonstiger Weise schadet. Zahlungsausfälle des Vereins, Zinsen, Klagemöglichkeiten und dergleichen gehören ebenfalls in einen seriös vereinbarten Vertrag. Natürlich sollten hier auch Boni geregelt werden, die beispielsweise fällig werden, wenn bestimmt Ziele erreicht werden, sei es in Turnieren oder in Social Media Kanälen. Wird ein „Gehalt“ vereinbart, sollten Regeln zu den jeweiligen Konditionen vorhanden sein. Dabei sind gesetzliche Regeln genauso wie beispielsweise Regeln von Spielbetreibern wie „Riot“ zu beachten. Auch zu beachten ist, was was bei Spielpausen für eine Gegenleistung geschuldet ist und wie sich eine Vergütung verändert, wenn das Team in Ligen absteigt oder aufsteigt?
3) Ort
Geregelt werden sollte wo und wie der Spieler für den Verein handelt. Gibt es ein „Clubhaus“? Findet alles digital statt? Wann finden Turniere statt? Gibt es Trainingslager? Gerade bei internationalen Vereinigungen schließen sich an diese Regelungen unmittelbar Fragen bzw. Klauseln bzgl. Gerichtstand, anwendbares Recht und dergleichen an. Denkbar ist natürlich auch, dass ein Spieler für einen neuen Vertrag seinen Wohnort wechselt und das Team sich an den dadurch entstehenden Kosten beteiligt.
4) Urlaub und Arbeitszeiten
Auch Urlaub und Arbeitszeiten (bei internationalen Vereinen sollten Zeitzonen beachtet werden) sollten zu einem wirklich professionellen Team und Spieler dazu gehören. Erholungsphasen gehören nicht nur bei herkömmlichen Arbeitsverträgen zu einem wichtigen Instrument, um die Leistungsfähigkeit zu erhalten, sondern auch beim Esport. Natürlich können diese durchaus variabel gestaltet werden, sowie Überstunden und dergleichen beinhalten. Gegebenenfalls müssen jedoch auch gesetzliche Vorgaben beachtet werden, die die tägliche Stundenzahl, Pausen und dergleichen – zumindest formell – einschränken. Dies gilt auch für Anforderungen an Mindestmengen bei Urlaubstagen.
5) Ausstattung des Teams und Regeln
Mit der immer mehr zunehmenden Professionalisierung des Esports kommen auch Regeln und Möglichkeiten in Betracht, die man bisher nur aus den traditionellen Sportarten kannte. Gibt es Trainer, Coaches oder Lehrer? Gibt es ein Trainingsgelände? Da es inzwischen sogar schon Anbieter von Ernährung speziell für Esportspieler gibt, könnte sich auch die Frage stellen, ob es Ernährungsvorgaben gibt. Auch Regeln zu Fragen des Schlafes vor Turnieren, die Art und Weise der Anreise und dergleichen könnten explizit geregelt werden. Wenn es bereits einen Verhaltenskodex oder dergleichen im gesamten Team geht, kann natürlich auch einfach auf einen solchen Verwiesen werden bzw. dieser zu einem Teil des Arbeitsvertrages gemacht werden.
6) Nebenbeschäftigung/Nebeneinnahmen
In Zeiten eines „Football-Leak“ sollten auch Regelungen aufgenommen werden, ob Verträge mit eigenen Sponsoren erlaubt sind und wie Einnahmen aus Tätigkeiten gehandhabt werden, die nicht das eigentliche Spielen betreffen? Sind diese überhaupt erlaubt? In welchem Umfang? Unter welchen Bedingungen?
7) Sozialversicherung und sonstige Gesetze
Zum Teil habe ich es schon angesprochen, aber in so gut wie jedem Land sollten geltende Sozialversicherungsgesetze beachtet werden. Auch wenn dies im Zweifel hauptsächlich das Team betrifft, so sind mitunter Urlaubsansprüche, Arbeitszeiten sowie Krankenversicherung, Lohnfortzahlung und Rentenansprüche zu prüfen bzw. zu regeln. Einige Europäische Länder, wie beispielsweise Deutschland, haben auch Systeme, dass Steuerverpflichtungen und Sozialversicherungszahlungen geteilt werden. Dies wäre sowohl bei den Regelungen zur Vergütung zu beachten, als auch beispielsweise bei der Frage, wer Vertragspartner der Streaming Portale ist.
8) Vertragsübergang
Eine Mischung aus Fragen des Vertragspartners und Vertragsbeendigung stellen sich im Falle von Investments, die gerade vermehrt in der Esportszene getätigt werden. Was passiert im Falle einer Verschmelzung von Teams bzw. Unternehmen? Was passiert in dem Fall, dass die Betreibergesellschaft des Teams einen neuen Eigentümer erhält? Oder wenn ein neuer Eigentümer andere Schwerpunkte setzen will?
9) Beendigung des Vertrages
Neben der regulären Kündigung eines Vertrages, oder der fehlenden Verlängerung bei einer Befristung, stellen sich beim Esport nun auch Fragen von Ablösesummen. Soll ein anderer Club das Recht haben, einen Spieler unter Vertrag zu nehmen, obwohl der aktuelle Vertrag noch läuft? Wenn ja, welche vertraglichen Folgen hat das für den aktuellen Vertrag, welche Entschädigung erhält das aktuelle Team? Auch müssten bei einem Vertragsübergang Fragen geklärt werden, was mit aktuellen Ligen, Turnieren, Platzierungen und dergleichen passiert. Neben Regeln zu Kündigung können auch Regelungen betreffende Nachkommen (beim Tod eines Vertragspartners) wichtig sein, auch wenn letzteres gerne immer verdrängt wird.
10) Sonstiges
Sonstige Regeln, die es zu beachten gibt betreffen Gerichtsorte, anwendbares Recht, Laufzeiten, Verschwiegenheit, Schriftformerfordernisse und sonstige Formalien und Vertragsabläufe. Dies klingt für juristisch ungebildete Personen meist extrem langweilig. Solche Details können oftmals aber besonders entscheidend sein. Meist gerade dann, wenn es zum Streit kommt oder wenn eine Partei den Vertrag nicht mehr sich gegenüber gelten lassen möchte. Die Frage des anwendbaren Rechte betrifft oft auch massiv die Kosten, denn während in einigen Ländern, wie in Deutschland, Rechtsanwaltskosten limitiert sind, können diese in anderen Jurisdiktionen, wie Großbritannien oder den USA auch schnell aus dem Ruder laufen.
Am wichtigsten bei allen Punkten ist aber, dass all diese Probleme verhandelt, besprochen und bei Bedarf geregelt werden. Weder sollte ein Vertrag unnötig ausufern und unsinnige Regelungen enthalten, noch sollten wichtige Aspekte außer Acht gelassen werden. Als Spieler dürfte der wichtigste Hinweis zudem sein, den Vertrag zu lesen und die Folgen zu verstehen, um bei Zweifel oder Unsicherheit fachkundigen Rat einzuholen.